Schon immer gab es Tendenzen, soziale Probleme, wie z.B. Jugendkriminalität, auf „schlechte Elternschaft“ zurückzuführen. So wurde die allgemeine Schulpflicht auch damit begründet, dass Kinder zuhause „unzivilisiert“ aufwüchsen. Ellen Richards, eine der Begründer der modernen Sozialarbeit, schrieb 1918, dass „die Schulen bald die Aufgabe der Eltern übernehmen müssten, nicht, weil sie es wollten, sondern, weil das Elternhaus seine Pflichten nicht erfülle“. Heute scheint diese Forderung weitestgehend Realität. Aus Bildungsinstitutionen werden zunehmend Erziehungsinstitutionen mit sozialarbeiterischem Anspruch. Selbst in Gymnasien geht es heute weniger um die Vermittlung von Wissen und Bildungsinhalten als um das Erlernen von „Kompetenzen“ für das spätere Berufsleben. Dass gute Schulbildung die Grundlagen für ein freies und autonomes Erwachsenenleben schaffen kann, hört man hingegen kaum noch. Es gilt, die Bildung als Zweck an sich selbst zu verteidigen.