07.03.2022

„Warnschuss“ für eine oppositionelle Mutter

Von Mona Aranea

Titelbild

Foto: Feliphe Schiarolli via Unsplash / CC0

Schulkinder müssen sich Coronatests unterziehen. Stellen Eltern das in Frage, drohen ihnen vor Gericht Maßnahmen bis zum Kindesentzug. Erfahrungsbericht einer betroffenen Mutter.

Es ist bitterkalt und verregnet an diesem Freitagvormittag, dem 10. Dezember 2021. Trotzdem haben sich rund ein Dutzend Menschen vor dem Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt eingefunden. Sie zünden Kerzen an, umarmen mich und klopfen mir auf die Schulter. Es sind Verwandte, Nachbarn, Freunde, andere Eltern und Menschen, die regelmäßig mit mir coronamaßnahmenkritische Kundgebungen in Mönchengladbach organisieren. Die Menschen vor dem Gerichtsgebäude machen mir Mut, denn sie teilen meine Kritik an den Coronamaßnahmen in unseren Schulen. Die Pandemiepolitik hat unsere Kinder zu Objekten der Volksgesundheit degradiert und beschwört gebetsmühlenartig die Tapferkeit der kleinen Frontkämpfer im Kampf gegen das Virus. Kinder tragen nun die Verantwortung für die Gesundheit der Erwachsenen.

Ich muss mich heute vor dem Amtsgericht in Mönchengladbach verantworten, weil ich den unerhörten Versuch unternommen habe, meine Kinder der ihnen von der Politik zugedachten Rolle zu entziehen. Im April 2021 schloss die Grundschule meine damals siebenjährige Tochter vom Präsenzunterricht aus, weil ich schriftlich Widerspruch eingelegt hatte gegen anlasslose, unverhältnismäßige und nicht zielführende medizinische Tests in der Schule. Im August erneuerte ich anlässlich der Einschulung ihrer Schwester für beide Kinder meinen schriftlichen Widerspruch und stellte klar: „Ich wünsche für meine Kinder ausdrücklich eine Teilnahme am Präsenzunterricht und bedaure sehr, dass die Schulleitung meine Kinder aufgrund meines Widerspruchs gegen die Covid-Tests vom Präsenzunterricht ausschließen muss. […] Selbstverständlich werden meine Kinder alle notwendigen Leistungsnachweise erbringen und alle Anforderungen des Distanzlernens erfüllen.“

Der Distanzunterricht erschien mir als annehmbarer Kompromiss zwischen dem (in der Landesverfassung garantierten) Recht meiner Kinder auf Bildung und auf körperliche und seelische Unversehrtheit und den (verfassungswidrigen) Zugangsbeschränkungen der Coronabetreuungsverordnung des Landes NRW, laut denen nur getestete Kinder am Präsenzunterricht teilnehmen dürfen. Die Lehrkräfte stellten von Anfang an Lehrmaterial zur Verfügung, welches wir zuhause bearbeiteten und in der Schule einreichten. Die Regelungen für den Distanzunterricht meiner Kinder blieben provisorisch, funktionierten aber dafür erstaunlich reibungslos. Ich hatte Hilfe, natürlich. Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen. Doch gegen die große Politik hat ein kleines Dorf keine Chance.

Jugendamt im Nacken

Ich betrete das Gerichtsgebäude allein, weise mich aus und setze eine Maske auf. In öffentlichen Gebäuden braucht es aktuell noch keinen negativen Testnachweis, weshalb auch meine Begleiter sich im Flur des Gerichtsgebäudes aufwärmen können. Ich gehe allein in den obersten Stock zum Sitzungssaal. Dazu stoßen kurz darauf eine zierliche junge Sachbearbeiterin des Jugendamtes und eine schlanke, großgewachsene Rechtsanwältin, die meinen Kindern als Rechtsbeistand beigeordnet wurde. Jenseits der üblichen Höflichkeiten machen wir kaum Anstalten zu einem Gespräch, obwohl noch etwas Zeit bis zum Beginn des Termins ist. Unsere Kommunikation in den letzten Wochen war konfus bis kafkaesk und sicherlich für keine von uns erbaulich. Wir ziehen es vor, zu schweigen, während wir warten.

Wahrscheinlich wäre es nie zu der Vorladung des Gerichts gekommen, hätte ich Mitte September einfach die Einladung des Jugendamtes zum Gespräch über die Schulsituation meiner Kinder ignoriert. Stattdessen schrieb ich in Bestätigung des Termins überschwänglich: „Es freut mich sehr, dass ich als Mutter Gelegenheit zu einem konstruktiven Austausch mit dem Jugendamt erhalte. Ich erlebe mit großer Besorgnis, dass die Rechte und Bedürfnisse meiner Kinder im Kontext der Pandemiepolitik vollkommen aus dem Blick geraten, und auch die Schulen ihrem öffentlichen Bildungsauftrag nicht mehr gerecht werden.“

„Das Jugendamt kann natürlich eine Kindeswohlgefährdung prüfen, wenn Bildung oder soziale Kontakte ausbleiben. Was bei meinen Kindern nie der Fall war.“

Es war vielleicht naiv von mir, anzunehmen, das Jugendamt sei die zuständige staatliche Institution für die Durchsetzung von Kinderrechten. Die freundliche junge Sachbearbeiterin wollte sich in unserem Gespräch zu den Auswirkungen von Infektionsschutzmaßnahmen auf das Kindeswohl nicht äußern. Immerhin gestand sie mir zu, dass jeder das Recht auf eine eigene Meinung zu diesen Maßnahmen habe. Eine Schulpflichtverletzung könne allerdings für mich gerichtliche Folgen haben. Die mitgebrachten Lernunterlagen, Lernstanderhebungen und Leistungsnachweise meiner Kinder würdigte sie keines Blickes. Ich verwies auf das Zeugnis meiner achtjährigen Tochter, welches auch nach Monaten im Distanzunterricht keine unentschuldigten Fehlstunden aufwies, eben weil ihre Abwesenheit begründet war. Für die Verfolgung einer möglichen Schulpflichtverletzung wäre ohnehin allein das Schulamt zuständig. Das Jugendamt kann natürlich eine Kindeswohlgefährdung prüfen, wenn Bildung oder soziale Kontakte ausbleiben. Was bei meinen Kindern nie der Fall war. Das Jugendamt verließ ich etwas enttäuscht, aber insgesamt entspannt.

Rund zwei Monate nach dem Termin beim Jugendamt erhielt ich die Vorladung zum Erörterungstermin beim Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt. Im Text der Vorladung hieß es kryptisch: „In der Familiensache lade ich Sie auf Anordnung des Gerichts zum Erörterungstermin“, gefolgt von Details zu Ort und Zeit, sowie einer Aufführung der Hygieneregeln im Gerichtsgebäude. Über den eigentlichen Inhalt der „Familiensache“, also den Anlass oder die Rechtsgrundlage des familiengerichtlichen Erörterungstermins, gab die Vorladung keine Auskunft, ordnete dafür allerdings klar und deutlich mein persönliches Erscheinen vor Gericht an. Hinweise darauf, was eigentlich vor Gericht „erörtert“ werden sollte, fand ich in einem Schreiben des Jugendamtes an das Amtsgericht, das der Vorladung als Anlage beigefügt war.

Ich musste mich setzen, während ich den Bericht des Jugendamtes las. Die Sachbearbeiterin teilte darin dem Amtsgericht mit, dass den Kindern „seit der angeordneten Testpflicht zur Teilnahme am Unterricht der Schulbesuch durch die Kindeseltern verweigert wird.“ Die Mutter, also ich, wolle laut eigener Aussage nicht „die Verantwortung dafür tragen, Teil eines Systems zu sein und ihre Kinder Teil dieses Systems zu machen, an welchem sie aktuell zweifle“. Als promovierte Akademikerin und Kommunalpolitikerin mit ehemals grünem Parteibuch war ich baff, dass man mich der Bildungsverweigerung und der „Zweifel am System“ verdächtigte.1

„Ich spürte zum ersten Mal in meinem Leben Angst vor willkürlicher Staatsgewalt.“

Ich startete einen letzten Versuch der kooperativen Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Per E-Mail wies ich die Sachbearbeiterin erneut auf den Schulausschluss meiner Kinder hin und hängte das entsprechende Schreiben der Schulleitung an. Bezüglich des Vorwurfs, ich wolle meine Kinder einem „System“ entziehen, bat ich um Konkretisierung. Die freundliche junge Sachbearbeiterin antwortete unbeeindruckt, sie habe ihre Stellungnahme „auf Grundlage unserer Gesprächsinhalte formuliert“ und es stehe mir frei, ihrer Darstellung vor dem Amtsgericht zu widersprechen. Was ich heute auch tun werde. Wir haben uns entsprechend wenig zu sagen. 

Kindeswohlgefährdung?

Die meinen Kindern durch das Amtsgericht beigeordnete Rechtsanwältin widmet sich ihrem Mobiltelefon, was mir Recht ist. Meine Nerven flattern. Ich kann nicht anders, als ihre Beiordnung als Provokation zu empfinden, denn sie, nicht ich, vertritt heute meine Kinder. Die Vorladung des Amtsgerichts nennt keine Gründe für die Beiordnung eines Rechtsbeistands für meine Kinder, erwähnt allerdings als Rechtsgrundlage § 158 FamFG. Der Paragraf hat es in sich: „Die Bestellung eines Verfahrensbeistandes ist in der Regel erforderlich, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht, eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet, Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt“. Ich bin also, obwohl weiter fürsorgepflichtig, formal-juristisch aus dem Spiel, denn die von mir vertretenen Interessen sind, de jure, nicht die meiner Kinder. Eine Sachgrundlage brauchte die Amtsrichterin für diese Beurteilung offensichtlich nicht. Ich spürte zum ersten Mal in meinem Leben Angst vor willkürlicher Staatsgewalt. Das Gefühl hat mich verändert.

Meine Kommunikation mit der Rechtsanwältin im Vorfeld des Gerichtstermins trug leider wenig dazu bei, mein Misstrauen auszuräumen. Zunächst arrangierten Mitarbeiterinnen der Anwaltskanzlei telefonisch einen Gesprächstermin zwischen mir und der beigeordneten Rechtsanwältin sowie ein Treffen zwischen ihr und meinen Kindern. Durch die Erfahrung mit dem Jugendamt sensibilisiert, bestätigte ich die mündlich vereinbarten Termine schriftlich per E-Mail und kündigte an, das persönliches Gespräch mit der Rechtsanwältin in unser beider Interesse aufzuzeichnen. Prompt erfolgte die Absage unseres Termins ebenso wie des geplanten Treffens mit meinen Kindern, mit der Begründung, es bestehe „kein Einvernehmen, das Gespräch aufzuzeichnen“.

Ich weiß nicht, wie Überprüfungen möglicher Kindeswohlgefährdungen normalerweise ablaufen, war aber bisher immer davon ausgegangen, dass ein juristischer Vorgang, an dessen Ende ein Kindesentzug stehen kann, durchgehend transparent dokumentiert werden muss. Meine reale Erfahrung war nun, dass die beteiligte Behörde und die Kanzlei nicht einmal den Anschein einer professionellen Arbeitsweise zu erwecken versuchten. Ihre bevorzugten Mittel waren Gespräche ohne Zeugen oder Aufzeichnung, deren einseitige, nicht mit mir abgestimmte Ergebnisprotokolle dem Amtsgericht dann als alleinige Verfahrensgrundlage zugingen beziehungsweise zugehen sollten. Die Weigerung beider Frauen, transparent und nachvollziehbar zu arbeiten, nahm mir jede Hoffnung auf ein faires Verfahren. Ich verfiel in einen latenten, nervenaufreibenden Panikmodus.

„Meine Kinder schauten zweimal die Woche zu, wie andere Kinder an Teststäbchen lutschen, während die Lehrkraft das Lied ‚Lollipop‘ abspielt.“

In den Wochen vor dem Gerichtstermin räumte ich ständig alle Zimmer auf, in banger Erwartung eines Überraschungsbesuchs durch übereifrige Mitarbeiter des Jugendamtes. So konnte es nicht weitergehen. Am Elternsprechtag bat ich die Lehrkräfte, die Kinder wieder in die Klassengemeinschaft aufzunehmen. Anfang Dezember, rund eine Woche vor dem Gerichtstermin, machten beide Kinder zum ersten Mal in einem schulnahen Testzentrum einen Antigen-Speicheltest. Am folgenden Tag zog ich beiden Kindern am Tor zur Schule medizinische Masken über Mund und Nase und schickte sie mit ihren negativen Testergebnissen in der Hand zum Unterricht.

Am ersten Schultag sah ich in der Pause nach den Kindern. Meine achtjährige Tochter kam an den Zaun und fragte, ob ich auch dem Desinfektionsmittel widersprechen könne, damit ihre Hände nicht so brennen. Ich kaufte ein Handgel. Am zweiten Schultag nahm meine sechsjährige Tochter am PCR-Pooltest teil, aus Versehen. Das Teststäbchen schmeckte bitter. Ich bat die Schule nochmals freundlich um Kommunikation meines Testwiderspruchs an alle Lehrkräfte. Meine Kinder schauten zweimal die Woche zu, wie andere Kinder an Teststäbchen lutschen, während die Lehrkraft das Lied „Lollipop“ abspielt. Aber wenigstens zuhause waren sie sicher vor dieser Politik des profitablen Wahnsinns.2

Und so stehe ich hier vor dem Gerichtssaal mit zwei unscheinbaren Frauen, die entspannt schweigen, weil sie wissen, dass sie bereits gewonnen haben. Drei Tage vor dem Erörterungstermin habe ich die beigeordnete Rechtsanwältin schriftlich über die Wiedereingliederung meiner Kinder in den Unterricht informiert, in deutlichen Worten: „Mein formaler Widerspruch gegen die Durchführung medizinischer Tests an meinen Kindern bleibt bestehen. Durchsetzen kann ich diesen Widerspruch leider nicht. Die per Beiordnung eines Verfahrensbeistandes erfolgte richterliche Androhung staatlicher Zwangsmaßnahmen nach § 158 FamFG macht mir als fürsorgepflichtige Mutter schlicht und ergreifend Angst.“ Ich erhalte keine Antwort. Der Gerichtstermin findet trotzdem statt.

Im Gerichtssaal

Die vorsitzende Richterin stößt zu uns und wir betreten zu viert den Saal. Die Richterin trägt ihr volles blondes Haar offen über ihrer Robe und hat weiche, jugendliche Gesichtszüge rund um ihre FFP2-Maske. Im Verlauf des Erörterungstermins wird sie regelmäßig das Diktiergerät bedienen, um Gesprächsergebnisse festzuhalten. Eine transparente Dokumentation des Vorgangs, endlich. Dabei nennt sie mich jedes Mal nur „die Kindesmutter“. Damit ist meine gesellschaftliche Stellung klar.

Die Richterin eröffnet das Gespräch mit dem lapidaren Hinweis, wir wüssten alle, warum wir hier sind. Ich schüttele vehement den Kopf, woraufhin sie leicht genervt erläutert, sie habe mich vorgeladen, weil ich meine Kinder „wegen der Masken“ nicht zur Schule schicke. Perplex stelle ich klar, dass ich niemals der Verpflichtung meiner Kinder zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung während des Unterrichts widersprochen habe. Dazu war auch nie Gelegenheit, denn meine Kinder waren seit April beziehungsweise August 2021 vom Unterricht ausgeschlossen, also vor Einführung der durchgehenden Maskenpflicht an Grundschulen. Ich lege der Richterin meinen schriftlichen Widerspruch gegen die Durchführung unnötiger medizinischer Tests an beiden Kindern sowie den offiziellen Ausschluss vom Präsenzunterricht seitens der Schule vor. Die Richterin zuckt mit den Schultern, als wolle sie sagen: „gehüpft wie gesprungen“. Auf meinen Hinweis, dass ich den rechtsförmlichen Prozess hinter meiner Vorladung nicht nachvollziehen kann, erwidert die Richterin, in Deutschland bestehe nun mal Schulpflicht – „rechtsförmlicher Prozess hin oder her“.

„Keine der Frauen in diesem Gerichtssaal hat Interesse an den realen Lernfortschritten meiner Kinder oder an ihrer Bewertung durch die Klassenlehrerinnen.“

Die Sachbearbeiterin des Jugendamtes schaltet sich ein mit dem Hinweis, wenn Schulen mitteilten, dass Kinder nicht zur Schule gehen, dann müsse das Jugendamt tätig werden. Mein Einwand, dass ein Ausschluss vom Präsenzunterricht keine Schulpflichtverletzung ist und selbst eine Schulpflichtverletzung nicht per se eine Kindeswohlgefährdung darstellt, beeindruckt niemanden. Kinder benötigten eben den sozialen Kontakt Klassenkameraden. Ich versuche einige vorsichtige Anmerkungen zu gesundheitlichen Gefahren durch PCR-Pool-Tests und Antigen-Schnelltests in Schulen, erwähne das Desinfektionsmittel auf den Teststäbchen. Die Richterin winkt ab. Sie könne sich schon denken, von welchen Corona-Leugner-Seiten meine Informationen stammten.3 Keine der Frauen in diesem Gerichtssaal hat Interesse an den realen Lernfortschritten meiner Kinder oder an ihrer Bewertung durch die Klassenlehrerinnen. Mein mitgebrachter Aktenordner voller bearbeiteter Lehrmaterialen und Zeugnisse bleibt unbeachtet.

Ich fühle mich drei Frauen ausgeliefert, die sich nicht auf eine eigene Urteilskraft berufen, aber eifrig auf dem Rücken meiner Kinder Karriere machen wollen. Der guten Ordnung halber teile ich diesen Eindruck der versammelten Runde mit, was reihum resigniertes Schulterzucken und verdrehte Augen erntet. Die beigeordnete Rechtsanwältin wirft mir ihrerseits vor, meine Kinder für politische Zwecke zu missbrauchen. Die Auseinandersetzung um die Maßnahmen sei reine Hysterie – sie Masken seien schließlich nur „aus Papier“. Ich resigniere. Die studierten Frauen vor mir sind tatsächlich politisch wie sachlich vollkommen unbedarft. Die Richterin kürzt das Gespräch mit der Feststellung ab, die Kinder seien ja nun in der Schule, und daher seien keine familiengerichtlichen Maßnahmen erforderlich.

Ich frage vorsichtig, warum der heutige Erörterungstermin überhaupt stattfinden musste, obwohl doch beide Kinder wieder zur Schule gehen. Die Amtsrichterin antwortet: „Sehen Sie es als Warnschuss!“ Ich notiere mir den wunderbar ehrlichen Satz. Abschließend frage ich, ob sie mich denn wieder vorladen werde, sollte die Coronaimpfung Voraussetzung für den Schulbesuch werden, und ich für meine Kinder auch diesen medizinischen Eingriff ablehne. Sie stellt klar, dass sie mich „natürlich“ wieder vorladen wird, sollte ich die Kinder erneut „aus der Schule nehmen“. Damit beendet sie die Sitzung und wir verabschieden uns höflich. Zivilisatorische Gepflogenheiten sind gesellschaftliche Stabilisatoren, auch und gerade inmitten eines implodierenden Rechtsstaates. Bereits auf der Treppe vor dem Saal erwarten mich andere oppositionellen Frauen, die mich fest umarmen. Die Wartenden sind wie ich erleichtert, dass mögliche Sorgerechtseinschränkungen vom Tisch sind. Während ich draußen allen berichte, zittere ich von Kopf bis Fuß. Es ist wirklich ein bitterkalter Tag.

Kapitulation und Protest

Das offizielle Protokoll des Amtsgerichts erreicht mich am Silvesternachmittag und lässt keine Fragen offen. „Die Kindesmutter erklärt: Ich beuge mich der Pflicht, meine Kinder nur mit Tests und Masken in die Schule zu schicken. Derzeit ist es so, dass ich dreimal wöchentlich mit meinen Kindern einen Spucktest durchführe.4 Dieser wird in einem Testzentrum durchgeführt. […] Meine Kinder tragen auch die Masken in der Schule, soweit dies erforderlich ist.5“ Es ist das Protokoll einer mütterlichen Kapitulationserklärung. Die staatlich beauftragten Damen runden meine Demütigung ab mit einer vorläufigen Absolution: „Es wird sodann erörtert, dass vor diesem Hintergrund familiengerichtliche Maßnahmen nicht erforderlich sind. […] Die Kindesmutter wird dazu angehalten, die Kinder weiterhin zur Schule zu schicken und die entsprechenden Voraussetzungen hierfür zu erfüllen.“

„Für das Jugendamt Mönchengladbach ist die elterliche Akzeptanz der Pandemiepolitik Bedingung für die Ausübung des Sorgerechts.“

Vielleicht war das, was mir passiert ist, tatsächlich kein rechtsförmlicher Prozess, sondern schlicht rechtswidrige Willkür. Doch wen, frage ich mich, sollte ich als Schuldigen ausmachen, wenn doch bei den beteiligten Frauen beim besten Willen kein Vorsatz erkennbar ist. Sie hatten offensichtlich kaum die Akte gelesen, geschweige denn eines meiner zahlreichen Musterschreiben für Eltern, die Test, Masken, oder Arzneimittelwerbung in den Schulen ihrer Kinder widersprechen wollen.6 Die Sachbearbeiterin des Jugendamtes, die Rechtsanwältin und die Amtsrichterin sind in ihrer schwer erträglichen Banalität tatsächlich vollkommen unschuldig. Sie arbeiten nur Vorgänge ab, die andere auf ihre Schreibtische legen.

Gegen die überzeugte Unvernunft der Pandemiepolitik kann kein sinnhaftes Argument bestehen. Auseinandersetzungen mit dem Jugendamt können nur wenige Eltern gewinnen, nämlich solche mit exzellenten Anwälten, einem Zweitwohnsitz im Ausland und einer gehörigen Portion Kampfeswille. Laut Grundgesetz Artikel 6 Absatz 2 sind zu allererst die Eltern berechtigt und verpflichtet zur Pflege und Erziehung der Kinder. Für das Jugendamt Mönchengladbach ist die elterliche Akzeptanz der Pandemiepolitik Bedingung für die Ausübung des Sorgerechts. Die Argumente einer namenlosen Kindesmutter sind unbedeutende Störgeräusche für eifrige Staatsdiener mit politischem Erziehungsauftrag. Die Tränen einer Mutter unterstreichen nur ihre Position auf verlorenem Posten. Die rohe Staatsgewalt und ihre Bürokratie zur Räson bringen kann allein die Wucht des kollektiven, zornigen Widerstands. Der Protest muss lauter sein. Rechtförmlicher Prozess hin oder her.

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