09.12.2015

Klimaschutz im Wirrwar der Subventionen

Analyse von Thilo Spahl

Energie wird weltweit subventioniert. Aber Subvention ist nicht gleich Subvention. Sie kann zugunsten der Erzeuger erfolgen oder zugunsten der Verbraucher. Manchmal nutzt sie auch nur dem guten Gewissen. Es lohnt sich, über Subventionsabbau nachzudenken, meint Thilo Spahl.

Wir dachten immer, den Klimawandel zu bremsen sei eine Jahrhundertaufgabe. Seit 20 Jahren folgen Gipfel und Zwischengipfel und Gipfelvorbereitungskonferenzen in enger Folge aufeinander. Die CO2-Emissionen steigen nichtsdestotrotz immer weiter an. Aber jetzt erfahren wir endlich: Es ist alles ganz einfach. „Subventionen sind der größte Klimakiller: Energiewende wäre leicht machbar“, titelt RTL Next .1 Laut IWF 2, erfahren wir, werden fossile Brennstoffe weltweit jährlich mit 550 Milliarden Dollar direkt subventioniert. Dazu kämen sogenannte „post tax subsidies“ in Höhe von 5,3 Billionen Dollar. Notwendig für die globale Energiewende seien jedoch nur schlappe 100 Milliarden im Jahr. Alles also kein Problem.

Warum haben die Regierungschefs der Welt und ihre paar zehntausend Berater es noch nicht gemerkt, wie einfach die ganze Sache ist, wenn doch der RTL-Redakteur es sofort geschnackelt hat, als er die IWF-Zahlen in einem Artikel der taz 3 entdeckt hat? Man streiche also einfach die Subventionen für die böse Form der Energieerzeugung und schon hat man mehr als genug Geld für die gute Form der Energieerzeugung. Wo liegt der Denkfehler? Machen wir eine kleine Rechnung auf: Wenn man die Kosten für die Energieerzeugung verdoppelt, wie groß müssten dann die Subventionen sein, damit sich die Leute trotzdem noch Strom und Benzin leisten können? Schwer zu beziffern? Also fragen wir einfacher: Wenn die Energieerzeugung teurer ist, muss sie dann mit mehr oder mit weniger Geld subventioniert werden, wenn der Verbraucher nicht mehr bezahlen soll? Wenn der Bäcker das Brot für zwei Euro anbieten kann, man dem Verbraucher aber nur 1,50 Euro zumuten will, subventioniert man mit 50 Cent. Wenn das Brot in der Herstellung vier Euro kostet, mit wieviel Cent muss man dann subventionieren?

„Nach Erneuerbare-Energien-Gesetz werden die Mehrkosten für den teuren Ökostrom sowie für Netzausbau, Reservekraftwerke, usw. einfach auf alle Stromkunden umgelegt“

Subvention ist nicht gleich Subvention

Wenn etwas subventioniert wird, muss man immer fragen, weshalb. Weil es nicht konkurrenzfähig ist? Oder weil man aus politischen Gründen ein Produkt billiger anbieten möchte, als es hergestellt werden kann? Ich erläutere das am Beispiel des Kohlepfennigs. Der wurde 1975 eingeführt und 1995 als verfassungswidrige Sonderabgabe wieder abgeschafft. Diente er zur Subventionierung der nicht wettbewerbsfähigen Kohleverstromung? Nein, die Kohlekraftwerke waren wettbewerbsfähig. Er wurde erhoben, damit die Kraftwerke teure deutsche Steinkohle statt billiger ausländischer Steinkohle einsetzten. Gestützt wurde also der nicht wettbewerbsfähige Bergbau. Es war auch keine Subvention, sondern – wie die heutige EEG-Umlage auch – eine Sonderabgabe, die von den Stromkunden erhoben wurde, nicht vom Staat zugeschossen. Die eigentliche Kohlesubventionierung wurde erst 1995 eingeführt. Seitdem wird der Kohlepfennig nämlich aus Steuermitteln beglichen. Er dient immer noch der Stützung des deutschen Bergbaus, nicht der Elektrizitätserzeugung. Das unterscheidet ihn von der EEG-Umlage, mit der er oft vergleichen wird. Die dient der Stützung der ineffizienten Energieerzeugung. Wenn man zusätzlich noch einen Solarpfennig einführen würde, der es erlaubte, Solarzellen aus deutscher und nicht chinesischer Produktion zu verwenden, dann wäre das das Äquivalent zum früheren Kohlepfennig.

„Kohle wird weltweit subventioniert, um Energie für die Verbraucher billiger zu machen. Solarenergie wird gefördert, um Energie für den Verbraucher teurer zu machen.“

Subventioniertes Gewissen

Es gibt also einen wichtigen Unterschied: Kohle wird weltweit subventioniert, um Energie für die Verbraucher billiger zu machen. Solarenergie wird gefördert, um Energie für den Verbraucher teurer zu machen. „Wieso teurer?“, fragt sich der Ökostromkunde. „Ich bezahle doch auch nicht mehr als die gewissenlosen Normalverbraucher, die irgendeinen Dreckstromtarif beim erstbesten Stromkonzern haben.“ Stimmt, er bezahlt auch nicht mehr. Das liegt daran, dass der gewissenlose Normalverbraucher für das gute Gewissen des Klimaretters mitbezahlt. Nach Erneuerbare-Energien-Gesetz werden die Mehrkosten für den teuren Ökostrom sowie für Netzausbau, Reservekraftwerke, usw. einfach auf alle Stromkunden umgelegt. In 2015 kostet der deutsche Ökostrom zum Beispiel etwa 23 Milliarden Euro.4 Die Erlöse aus dem Verkauf an der Strombörse liegen aber nur bei rund 1,8 Milliarden Euro. Damit ergibt sich eine Summe von insgesamt 21,2 Milliarden Euro, die über die EEG-Umlage finanziert werden muss.

Tatsächlich beziehen aber beide Verbraucher – der erleuchtete Lichtblickkunde und ich als ordinärer Vattenfallkunde – das identische Produkt, nämlich voneinander ununterscheidbaren „Mischstrom“, der aus der Steckdose kommt. Der Kunde des als grün deklarierten Stroms erhält aber noch ein zweites Produkt: gutes Gewissen. Und das ist zu 100 Prozent subventioniert. Insofern kann man der Forderung nach Subventionsabbau im Zusammenhang mit der Stromerzeugung durchaus etwas abgewinnen.

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