04.11.2024
Die Transgender-Ideologie hat schon vielen geschadet
Gegen das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz sprach sich Sabine Beppler-Spahl auf einer Demo in Berlin aus. Es geht um Wahrheit und darum, wie Kinder aufwachsen.
So unbeliebt und zum Teil ziellos diese Bundesregierung auch sein mag, schafft sie es doch, uns eines zu ermöglichen: Die Änderung unseres Geschlechts und das sogar jährlich, wenn wir es wollen. Das mag lächerlich, verrückt oder harmlos, klingen, ist es aber nicht, denn das neue Gesetz befördert ein Klima der Unwahrheit.
Das am 1. November in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz wird von denen, die es unterstützt haben, in höchsten Tönen gelobt. Fast erhält man den Eindruck, es sei das Beste seit Einführung des Frauenwahlrechts. Auf einer Webseite der Grünen heißt es, das Gesetz sei ein „Meilenstein für die Würde und Freiheit aller Menschen“. Es mache unsere Gesellschaft offener, demokratischer und vielfältiger, wird dort auch behauptet. Daran ist so gut wie alles falsch.
Was kann an einem Gesetz, das uns faktisch von oben aufgedrängt wurde, demokratisch sein? Es ist nicht das Ergebnis einer breiten Bürgerbewegung, sondern das ideologische Projekt von zahlenmäßig kleinen, aber einflussreichen Aktivistengruppen. Die meisten normalen Bürger dürften nicht einmal wissen, was genau es regelt. Und wie kann ein Gesetz, das mit Bußgeldern droht, als freiheitlich gelten?
Eines der besorgniserregendsten Teile des Gesetzes ist das sogenannte Offenbarungsverbot. Hierzu schreibt das Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSJ): „Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, soll es […] weiterhin verboten sein, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und zu offenbaren. Wird eine betroffene Person durch die Offenbarung absichtlich geschädigt, soll der Verstoß bußgeldbewehrt sein“.
Der Begriff „Offenbarung“ ist dabei das wohl einzig Ehrliche an diesem Gesetz. Offenbarung besagt nichts anderes, als dass man eine Wahrheit ausspricht oder sichtbarmacht, Das ist in diesem Fall die Wahrheit des eigentlichen und ursprünglichen Geschlechts. Das Aussprechen – oder die Offenlegung – dieser Wahrheit aber kann von nun an bestraft werden. Und weil der Begriff so viel mit Wahrheit zu tun hat, passt er nicht zu einer Ideologie, die mit der Lüge und der Täuschung agiert. Deshalb wird in der Szene für die Offenbarung des eigentlichen Geschlechts der Kunstbegriff des „Deadnaming“ bevorzugt.
„Es ist ein Gesetz, das uns alle zwingt, in der Öffentlichkeit Dinge zu sagen, von denen wir wissen, dass sie falsch sind und die wir im Inneren nicht glauben können.“
Nichts macht deutlicher, um was es bei diesem Gesetz geht, als die Androhung dieses Bußgeldes von bis zu 10.000 Euro. Es geht nicht um den Schutz von Transpersonen. Der steht ihnen sowie zu (wir haben alle möglichen Strafgesetze, inklusive Antidiskriminierungsgesetzen, die selbstverständlich auch für Transpersonen gelten). Vielmehr geht es darum, dass der Staat mit all seiner Macht von uns allen verlangt, einer Ideologie zu huldigen.
Die Transgender-Lobbyisten sind bemüht, den autoritärsten Kern dieses Gesetzes herunterzuspielen. Das Bußgeld greife nur, sagen sie, wenn jemand z.B. bewusst und wiederholt falsche Pronomen verwendet oder die alte Identität einer Person anspricht. Trotzdem ist es ein Gesetz, das uns alle zwingt, in der Öffentlichkeit Dinge zu sagen, von denen wir wissen, dass sie falsch sind und die wir im Inneren nicht glauben können.
Somit dient das Gesetz auch nicht dem sozialen Fortschritt, sondern stellt – ganz im Gegenteil – einen Angriff auf die Werte der Aufklärung dar. Die Aufklärung setzte sich – als wirklich fortschrittliche Bewegung – dafür ein, dass die Gedanken und auch die Sprache der Bürger frei sein müssen. Ihre Vertreter wussten, dass es niemals fortschrittlich sein kann, die Sprache zurechtzubiegen, um sie mit einer Ideologie in Übereinstimmung zu bringen.
Die Transgender-Ideologie ist zwar das Werk von Aktivistengruppen und Parteien, die ansonst wenig zu bieten haben, aber sie durchdringt unsere ganze Gesellschaft. Mit dem neuen Gesetz erhält sie dafür sogar den staatlichen Segen. Die Transgender-Ideologie begleitet das Leben unserer Kinder in den Schulen und in Sportvereinen. Mit diesem Gesetz fordert sie von uns – inklusive von unseren Kindern –, uns zu fügen und zu kuschen.
In England droht jetzt einer 17-jährigen Fußballerin eine Spielsperre, weil sie einen Gegenspieler – eine Transfrau – gefragt hat, ob er ein Mann sei. Sie fragte auch den Schiedsrichter vor dem Spiel, ob es sicher sei, gegen einen Mann Fußball zu spielen. Der Verband hat nun gegen das Mädchen eine Untersuchung wegen Transphobie eingeleitet.
„Das Selbstbestimmungsgesetz verbreitet und verstärkt eine Ideologie, die schon vielen geschadet hat."
In was für einer Gesellschaft sollen unsere Kinder aufwachsen, wenn sie wegen Fragen, die die Wahrheit betreffen, bestraft werden? Hat das Mädchen nicht auch Recht gehabt, darauf hinzuweisen, dass ein Spieler, der die männliche Pubertät durchgemacht hat, in diesem Sport gefährlich für seine weiblichen Gegner sein kann? Aber Wahrheiten dürfen wir nicht mehr aussprechen, denn die Gefühle der Transgenderfrau gelten als wichtiger als die des Mädchens und letztlich auch die Werte der Wahrheit.
Wenn in einer Schulklasse ein Kind – und das neue Gesetz erlaubt die Geschlechtsänderung ab 14 Jahren – beschließt, sein Geschlecht zu ändern, dann müssen sich alle anderen Schüler dem fügen. Aus Karl wird Lina. Der Junge, der sich gestern noch im Umkleideraum der Jungen umzog, geht in die Mädchenkabinen. Wenn man früher sagte, „er“, muss die ganze Klasse heute „sie“ sagen, wenn es um ihn geht. Die meisten werden damit kein Problem haben, aber die Frage ist trotzdem: Welchen Einfluss hat diese Leugnung der biologischen Realität auf unsere Kinder?
Das Selbstbestimmungsgesetz verbreitet und verstärkt eine Ideologie, die schon vielen geschadet hat. Im Frühjahr 2023 wurde in Großbritannien die Tavistock-Klinik geschlossen. Gegründet wurde sie, um jungen Patienten mit Genderdysphorie zu helfen. Doch immer stärker wurde in der Institution unkritisch eine Transgender-Ideologie gepflegt. Seit 2011, hieß es in einem Bericht, der zur Schließung führte, sei die Verschreibung von Pubertätsblockern, mit zum Teil irreversiblen Nebenwirkungen, faktisch zum Selbstzweck der Klinik geworden. Eine offizielle Untersuchung kam zu dem Schluss, die Klinik sei ein Ort gewesen, der Kinder und Jugendliche in Gefahr gebracht habe.
Und auch wenn das neue Gesetz nichts über Geschlechtsumwandlungen und Pubertätsblocker sagt, so institutionalisiert es genau diese Ideologie – die Ideologie, dass Kinder im falschen Körper stecken können. Zu glauben, dies habe keine Auswirkungen, wäre naiv. Die Statistiken zeigen den Anstieg geschlechtsangleichender Operationen in den vergangenen Jahren. In der Gruppe der 15 bis 20-Jährigen betrifft dies seit einigen Jahren jährlich über 100 Personen. In der Gruppe der 20 bis 30-Jährigen weit über tausend.
Es ist, wie die Journalistin Naomi Firsht es im Magazin spiked schreibt: „Wir befinden uns auf einem zunehmend gefährlichen Terrain, wenn es um Kinder und die Transgender-Ideologie geht. Oft wird uns gesagt, wer nicht trans ist, den sollte das nicht betreffen. Aber es geht uns alle an. Wir werden aufgefordert, unseren Kindern zu sagen, dass Jungen und Mädchen im falschen Körper geboren werden können und dass sie auf magische Weise zum anderen Geschlecht werden können. Man verlangt von uns, dass wir ihnen Dinge erzählen, die nicht wahr sind. Die Vorstellung, dass dies keine erheblichen Auswirkungen auf das Aufwachsen dieser Kinder hat, ist in der Tat eine sehr gefährliche Illusion“.