07.12.2016

„Die EU macht niemanden gesünder.“

Interview mit Michael Löb

Schockbilder auf Zigarettenpäckchen, Aromaverbote, weitere Einschränkungen bei der Werbung – Maßnahmen gegen den Tabak richten Schaden an, urteilt der Bundesvorsitzende des Netzwerk Rauchen.

Novo: Herr Löb, auf Zigarettenschachteln und anderen Tabakverpackungen prangen Ekelfotos. Dem liegt die novellierte EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD 2) zugrunde. Was halten Sie davon?

Michael Löb: Es ist nicht nur ein Skandal, sondern ein Verbrechen, in das freiwillige Wechselspiel zwischen Herstellern und Konsumenten einzugreifen. Das war schon lange vor den sogenannten Schockbildern der Fall durch zahllose Regulierungen zum Nachteil aller Beteiligten. Ich möchte z. B. selbst entscheiden, ob meine Zigarette 0,1 oder 6 mg Nikotin enthält, das ist meine Sache, meine Verantwortung, mein Geschmack, mein Bedürfnis, mein Leben. Erschwerend kommt hinzu: Sämtliche Bild- und Textwarnhinweise beinhalten Halbwahrheiten, wenn überhaupt, und halbe Wahrheiten sind zumeist ganze Lügen. So ist zum Beispiel zutreffend, dass Tabakprodukte krebserzeugende Substanzen enthalten. Das trifft auf abertausende Produkte zu. Ob der Konsum des Produkts aber tatsächlich Krebs erzeugt, hängt von einem ganzen Strauß weiterer Umstände ab, so zum Beispiel der Dosis. Die absolute Aussage, die auch bei allen anderen Warnhinweisen getätigt wird, ist daher falsch und somit gelogen. Der Warnhinweis „Rauchen ist tödlich“, der neuerdings die Aussage „Rauchen kann tödlich sein“ ersetzt hat, ist so wahr wie der Satz „Alle Kreter sind Lügner“. Die einfachen ‚Wahrheiten‘ der Tabakkontrolle existieren nicht. Das Schema Gut-Böse taugt bestenfalls für Märchenbücher.

Wie hat sich Ihr Verein des Themas angenommen?

Wir von Netzwerk Rauchen haben zu diesem Thema gearbeitet und nicht nur ein kommentierendes Sammelalbum für die Schockbilder erstellt, in dem diese Behauptungen auf den Tabakverpackungen in Frage gestellt werden, sondern wir haben auch „Ekelschutzprodukte“ kreiert: Bei uns kann man gegen eine kleine Spende Überkleber für Zigarettenschachtel und Tabakbeutel erhalten, genauso Dosenbanderolen. Siehe dazu unseren Spendenshop. Gerade ist außerdem eine Weihnachtsedition erschienen.

Abbildung 1: Ekelschutz-Produkte des Netzwerk Rauchen (Sammelalbum, Aufkleber und mit Banderolen beklebte Tabakdosen).

Auch an anderer Stelle regt sich Widerstand. Wir sind nicht die einzigen, die auf diese Idee gekommen sind: Die Branche für Zigarettenetuis und Co. boomt, zum Glück. Wir empfehlen jedem Raucher, sich auf seine Weise dieser Zumutungen zu erwehren. Das wird auch so mancher Nichtraucher dankbar aufnehmen. Die müssen den Anblick der Lügenbilder ja auch ertragen, obwohl sie damit ja noch viel weniger zu tun haben als Raucher selbst. Es wäre auch interessant herauszufinden, welches dieser Schockfotos beispielsweise in einem Videospiel zur Indizierung oder zu einer Altersfreigabe ab 18 führen würde. Trotzdem mutet man diese Bilder auch kleinen Kindern zu. Die sehen das ja nicht nur an der Supermarktkasse. 

Welche weiteren Probleme sehen sie bei der TDP2?

Die TPD2 hat viel weitreichendere Folgen, als der normale Bürger wahrnimmt. Allein das Verbot von Aromastoffen hat die Branche grundlegend verändert, zahlreiche Produkte mussten eingestellt werden, Hersteller wurden in den Ruin getrieben. Der Geschmack bewährter Marken wird sich zwangsläufig verändern, der Rauchgenuss leidet. Die Kommunikation zwischen Hersteller und Konsument wird behindert, da beispielsweise die Verpackung nichts mehr über den Geschmack und das Aroma des Produktes verraten darf. Was bei allen anderen Konsumgütern verpflichtend ist, und immer weiter ausgebaut wird, ist groteskerweise nun beim Tabak streng untersagt: Angaben zu Inhaltsstoffen wie Nikotin und Kondensat auf der Verpackung sind durch die TPD2 verboten. Der Konsument kauft die Katze im Sack. Stellen Sie sich das einmal bei einem Fertiggericht vor oder auch nur einem Joghurt. Die Verbraucherschützer würden Amok laufen, beim Thema Tabak hört man lautes Schweigen. (Weitere Informationen dazu finden sich auf unserer Aktions-Website zu diesem Thema.)

Noch gravierender ist ein ganz anderer Aspekt. Die EU ist ja angeblich um unsere Gesundheit besorgt und druckt daher Lungenkrebsbilder auf unsere Packungen. Sie wird damit niemanden gesünder machen, so viel steht fest. Schlimmer jedoch: Es besteht die Gefahr, damit Menschen krank zu machen. Der Grund ist der sogenannte Nocebo-Effekt. Der ist wenig bekannt, jedoch leicht zu verstehen. Er ist das Gegenstück zum Placebo-Effekt, den jeder kennt: Wirkstofflose Medikamente führen zur Heilung, weil der Patient an die Wirkung glaubt. Das funktioniert jedoch auch umgekehrt, man kann sich ebenso krank denken, wie längst nachgewiesen ist. Dabei sind die neuen Bilder noch gefährlicher als die früheren Warnhinweise.

„Was bei allen anderen Konsumgütern verpflichtend ist, ist groteskerweise beim Tabak streng untersagt.“

Wie beurteilen Sie die drohende Verschärfung der Tabakwerbeverbote auf Bundesebene?

Werbeverbote behindern das Recht auf wirtschaftliche Betätigung und sind daher nicht zu rechtfertigen. Die Hersteller haben das Recht, mit ihren Konsumenten zu kommunizieren. Werbeverbote sind Kontaktverbote, so etwas gibt es sonst nur in Hochsicherheitsgefängnissen. Ich bin dafür, Wahlwerbung zu verbieten, damit die verantwortlichen Politiker mal von ihrer eigenen Medizin zu schmecken bekommen (lacht).

Dieses Kontaktverbot verschlechtert nochmals die Position der Konsumenten, da ihnen eine wichtige Quelle zur Orientierung auf dem Markt vorenthalten wird. Kaufentscheidungen werden schwieriger, denn dazu benötigt man Informationen, die nicht mehr zur Verfügung stünden, würde das Tabakwerbeverbot noch weiter verschärft. Weiter zementiert man damit Marktanteile: Ein neuer oder weniger bekannter Marktteilnehmer hat keine Möglichkeit mehr, auf sich aufmerksam zu machen. Ein weiterer Schritt der EU zur korporatistischen Bevorzugung von Großkonzernen und zur Vernichtung von Vielfalt.

Ihre Vereinigung wendet sich auch gegen staatliche Rauchverbote. Weshalb?

Behauptungen über Gesundheitsgefahren des ‚Passivrauchens‘ entbehren jeder seriösen Grundlage und dienen nur der Diffamierung und Diskriminierung rauchender Menschen. Ob in bestimmten Räumlichkeiten der Tabakrauch untersagt ist, entscheiden die gemäß Eigentumsrecht Zuständigen bzw. die Betroffenen vor Ort in eigener Verantwortung. In privaten Haushalten und Betrieben gilt das Hausrecht der Besitzer bzw. dort Lebenden. Kneipen, Restaurants, Einkaufspassagen und so weiter sind keine öffentlichen Räume, sie sind Privateigentum. Wem die Regeln dort nicht behagen, hat das Recht, das Angebot nicht wahrzunehmen. Es wird ja auch niemand gezwungen ins Kino zu gehen, wenn ihm der dargebotene Film nicht gefällt. In öffentlichen Einrichtungen muss berücksichtigt werden, dass sie auch von und für Raucher errichtet worden sind.

Woher rührt denn diese eifrige Tabakbekämpfung, die in den letzten Jahren offenbar stark zugenommen hat?

Es scheint lediglich, dass sie in den letzten Jahren zugenommen hat; die Raucherbekämpfung ist nur sichtbarer und fühlbarer geworden, weil sie nunmehr in jedermanns Alltag angekommen ist. Zur Erinnerung: Rauchverbote in Flugzeugen beispielsweise trafen nur eine Minderheit stark. Der Krieg gegen den Tabak wird schon seit einem halben Jahrhundert geführt. Kriegsherr sind insbesondere die WHO (Weltgesundheitsorganisation) und staatliche Gesundheitsbürokratien, in den letzten Jahrzehnten von einigen Pharmakonzernen wohl mit Milliarden unterstützt. Diese Fanatiker lenken nicht ein und halten nicht ein. Sie werden weitermachen, bis wir ihnen Einhalt gebieten.

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