31.03.2025
Eine Frage des Geldes
Wie in Deutschland Steuergeld verschwendet wird, schildert Nena Brockhaus in ihrem Buch „Mehr Geld als Verstand“. Dort geht sie auch in Interviews der Sache auf den Grund.
Manchmal werden Bücher durch aktuelle Ereignisse obsolet. Und manchmal werden sie aktueller als zuvor. Letzteres passiert gerade mit dem Buch „Mehr Geld als Verstand“ der Journalistin und Moderatorin Nena Brockhaus (ehemals Bild TV).
Denn obwohl zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung die als Sondervermögen getarnte Schuldenorgie der wahrscheinlichen neuen Bundesregierung noch gar nicht bekannt war, analysierte die Autorin hier bereits den zentralen Teil der Verhandlungen, den die SPD offen und die CDU wohl heimlich nicht will. Nämlich sparen. Das würde man sinnvollerweise bei unnötigen Ausgaben machen und davon gibt es offenbar, wie die Autorin zeigt, eine ganze Menge.
Das Buch gliedert sich zunächst in zwei Hauptteile. Im ersten werden diverse Arten kreativer Steuergeldnutzung vulgo Verschwendung vorgeführt. Das zweite trägt den gleichen Titel wie das Buch; hier finden sich vor allem Interviews sowie persönliche Erfahrungsberichte der Autorin, die das vorher gesagte untermauern sollen.
Das erste Kapitel startet passenderweise mit dem bei SPD und Union aktuell sehr beliebten Thema Infrastruktur. An Beispiel einer zu sanierenden Brücke wird das ganze Dilemma deutscher Politik deutlich. Denn während die Kosten scheinbar kein Problem sind, ist es die Durchführung sehr wohl. Nachdem 2021 bei besagter Brücke schwere Schäden festgestellt wurden, begann der Prozess diese zu sanieren. Beinah genüsslich dokumentiert die Autorin den nun folgenden quälend langen Planungsfortschritt. Umweltauflagen, Vergabeordnungen etc. verzögern diesen derartig, dass der Auftrag erst nach 19 Monaten vergeben werden kann. Die zuständigen Behörden stellten dann nach getaner Arbeit fest, dass die Vergabe „schneller als geplant“ erfolgte. Zum Vergleich fügt die Autorin noch ein: „Die Autobahnbrücke in Genua stand nach 19 Monaten kurz vor der Eröffnung“. Gleiche Ausgangslage (jahrelange Vernachlässigung der Instandhaltung), aber sehr unterschiedliches Ergebnis.
Nach diesem mehr oder minder zu erwartendem Trauerspiel folgen weitere weniger bekannte Kanäle, in denen Steuergeld versickert. So zahlt Deutschland immer noch Entwicklungshilfe an China. Ja genau, das China, das die letzte Bundesregierung als Systemrivalen (also quasi Gegner) eingestuft hat. Fairerweise ist hier anzumerken, dass ein großer Teil davon in die Förderung chinesischer Studenten fließt, aber nachdem einige Universitäten diese aufgrund von Spionageverdacht nicht mehr aufnehmen wollen, wäre diese Subvention wohl zu überdenken.
„Auch im Bereich der Asylsuchenden scheint das Geld locker zu sitzen.“
Aber auch im Bereich der Asylsuchenden scheint das Geld locker zu sitzen. So zahlte das nicht gerade als reich bekannte Land Berlin für die Unterbringung von 166 Flüchtlingen 283.860 Euro. Wohlgemerkt pro Monat. Das entspricht 1710 Euro pro Person. Selbst in Berlin lässt sich sicherlich eine günstigere Unterkunft finden.
Doch es geht noch absurder. Zumindest, was den Zweck der Ausgaben angeht. So finanzierte das Wirtschaftsministerium die Entwicklung einer Neuauflage des Computerspiels „Snake“ (ältere Leser könnten sich erinnern) mit sage und schreibe 176.776 Euro. Nun mögen einem diese Summen angesichts von Sondervermögen in Milliardenhöhe klein vorkommen, doch nimmt man die vielen weiteren Beispiele, die die Autorin mit leichter Feder und teilweise schwer zu versteckenden Sarkasmus ausführt, zusammen, kommt man doch auf einiges an Sparpotential. Nichtsdestotrotz bleiben auch die großen Brocken wie etwa der Rentenzuschuss aus Steuermitteln von über 120 Milliarden Euro nicht unerwähnt. Insgesamt zeichnet der erste Teil des Buches damit ein scharfes, aber treffendes Bild der Lage des Umgangs mit Steuergeldern.
Und während sich der geneigte Leser fragt, warum hier und in anderen Bereichen nicht gespart wird, zeigt sich eine Grünenpolitikerin im Interview mit der Autorin erfrischend ehrlich. Sparen sei beim Wähler nicht populär, so die wenig verklausulierte Antwort. Das mag richtig sein, doch die Autorin fragt hier zurecht, wie mit solchem Personal die Probleme in Deutschland gelöst werden können.
Im zweiten Teil des Buches schwenkt die Autorin dann von der Auflistung von Zahlenreihen mit entsprechenden Kommentaren zu Interviews und persönlichen Erlebnissen. Das wirkt zunächst ein wenig aus dem Konzept gerissen, fügt sich aber insgesamt gut in den Tenor des Buchs ein. Zu Wort kommen unter anderem der Ökonom Bernd Raffelhüschen und der ehemalige Spiegel-Chefredakteur und spätere Welt-Herausgeber Stefan Aust. Die Gespräche sind informativ bis unterhaltsam. Was teilweise negativ auffällt, ist der teilweise undifferenzierte, fast aggressive Ton der Interviewten. So ist z.B. von Herrn Aust auf die Frage zu vernehmen, welches Gesetz, denn als erstes abgeschafft werden soll: „Das Cannabis-Gesetz. Das ist ein Verbrechen“. An anderer Stelle wird unterstellt, dass ein Drittel der Wertschöpfung in Deutschland an Personen gehe, die nichts zu dieser beitragen. Hier hätte es der Autorin gut zu Gesicht gestanden, derartige Aussagen zumindest etwas einzuordnen oder herauszufordern. Insgesamt bleiben die Interviews aber als erfrischend ehrlich und (zumindest teilweise) überzeugend in Erinnerung.
„Ein leicht zu lesendes Buch, das seine Kraft vor allem aus den aufgezeigten Absurditäten deutscher Ausgabenpolitik zieht.“
Die letzten Kapitel des Buches beschäftigen sich dann mit den persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen der Autorin. Sie kommt sie nicht umhin, sich über die Arbeitsethik der Generation Z zu echauffieren und auch das Bürgergeld mit seinen teilweise kontraproduktiven Auswirkungen auf die Arbeitsbereitschaft zu geißeln. Sicherlich keine falschen Debattenanstöße. Allerdings wird die Bürgergeldproblematik wieder nur aus der Sicht eines einzelnen Unternehmers betrachtet. Hier wären zusätzlich ein paar grundsätzliche Überlegungen angebracht gewesen.
Das Buch endet dann noch mit dem persönlichen Zusammentreffen der Autorin mit einigen AfD-Wählern in einer Dorfkneipe, das sowohl im realen Gespräch als auch im Buch etwas inhaltsleer bleibt. Die Autorin stellt hier am Ende irgendwie selbstkritisch fest: „Ich bin etwas erschöpft“ und weiter: „Wir werden uns heute nicht mehr einig“. Am Ende bleibt nur der immer wieder gehörte Ratschlag, sich doch mal mit Menschen außerhalb der eigenen Filterblase zu unterhalten.
Fazit: Ein leicht zu lesendes Buch, das seine Kraft vor allem aus den aufgezeigten Absurditäten deutscher Ausgabenpolitik zieht. Man hätte wohl auch ein paar Lösungsvorschläge erwartet, aber außer der ständigen Feststellung, dass Deutschland ein Ausgabenproblem hat – was sicherlich korrekt ist –, wird hier nichts geboten. Aber das war wohl auch nie die Absicht der Autorin. Für den, der sich locker ein wenig über die Absurditäten deutscher Steuergeldverschwendung informieren möchte, ein insgesamt empfehlenswertes Buch mit leichten Schwächen.