15.06.2023
Wie Berlusconi von Brüssel zu Fall gebracht wurde
Von Frank Furedi
Der diese Woche verstorbene, frühere italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte sich letztlich nicht gegen europäische und globalistische Eliten durchsetzen können.
Silvio Berlusconi, der am Montag im Alter von 86 Jahren verstorben ist, war ein perfekter Vertreter der Prominentenpolitik. Seine Extravaganz, sein Charisma und sein bodenständiger Charme waren weithin anerkannt, selbst bei seinen Gegnern. Mit Hilfe seines riesigen Medienimperiums beherrschte er fast drei Jahrzehnte lang das öffentliche Leben Italiens.
Berlusconi wurde in den 1990er Jahren zu einem wichtigen politischen Akteur, als sich die italienische Politik in einem Zustand der Lethargie befand. Die italienischen Wähler waren in zunehmendem Maße zynisch gegenüber den Christdemokraten und den Sozialisten geworden – den beiden Parteien, die die italienische Politik seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs dominiert hatten. Zu Beginn der 1990er Jahre waren beide Parteien und die gesamte Staatsbürokratie von Korruptionsskandalen erschüttert. Zu diesem Zeitpunkt fühlten sich viele Italiener von den Ideologien, den Parteien und den politischen Eliten zutiefst desillusioniert.
Diese Krise bot Berlusconi die Chance, aktiv in die Politik einzutreten. Er nutzte seinen Reichtum, sein Charisma und seinen Zugang zu den Medien, um 1994 Forza Italia zu gründen. Forza Italia präsentierte sich eher als eine Bewegung denn als herkömmliche politische Partei. Ihre Hauptbotschaft war, dass sie sich von dem erschöpften und korrupten Establishment unterschied. Innerhalb weniger Monate gewann sie 1994 aus dem Nichts die italienischen Parlamentswahlen. Drei Amtszeiten lang war Il cavaliere (der Ritter), wie Berlusconi im Volksmund genannt wurde, Ministerpräsident.
„Trotz zahlloser Korruptionsvorwürfe, Sexskandale und einer Verurteilung wegen Steuerbetrugs blieb Berlusconi bis zu seinem Tod ein wichtiger politischer Akteur."
Trotz zahlloser Korruptionsvorwürfe, Sexskandale und einer Verurteilung wegen Steuerbetrugs blieb Berlusconi bis zu seinem Tod ein wichtiger politischer Akteur. Seine Partei Forza Italia spielt nach wie vor eine – wenn auch untergeordnete – Rolle in der derzeitigen italienischen Regierung. Seine Anhänger verziehen ihm stets seine Fehler. Selbst hartgesottenen politischen Beobachtern fiel es schwer, sich seinem Charme und Humor zu entziehen.
Doch als Politiker hat Berlusconi nur wenig erreicht. In der Regierung gelang es ihm nicht, den politischen Stillstand Italiens zu überwinden. Der Grund war nicht zuletzt sein Unvermögen, Italien aus dem Griff der nicht gewählten Technokratie zu befreien. Tatsächlich wurde die italienische Regierung unter Berlusconi der EU gegenüber immer unterwürfiger. Im Gegenzug behandelte Brüssel Italien mit Verachtung und betrachtete das Land als eine Art EU-Hoheitsgebiet.
Die Unterordnung Roms unter Brüssel wurde während der italienischen Schuldenkrise 2011 nur allzu deutlich. Die EU zwang Berlusconi faktisch zum Rücktritt und ernannte Mario Monti, einen ehemaligen EU-Kommissar, zu seinem Nachfolger. Dieser von der EU unterstützte Putsch zeigte, dass es Berlusconi trotz seiner populistischen Rhetorik und seinem Gerede von nationaler Souveränität nicht gelungen war, Italien aus dem Griff der globalistischen Institutionen und des globalen Kapitals zu befreien.
„Berlusconis Forza Italia hat viel versprochen und sehr wenig gehalten. Aber sie nahm die Forderung der Populisten nach einer politischen Stimme vorweg."
Berlusconis Forza Italia hat viel versprochen und sehr wenig gehalten. Aber sie nahm die Forderung der Populisten nach einer politischen Stimme vorweg – eine Forderung, die nun über Italien hinaus und in ganz Europa lautstark erhoben wird. Es bleibt zu hoffen, dass der „Populismus von oben", der von einem prominenten Politiker wie Berlusconi verkörpert wurde, eines Tages in aller Bestimmtheit von einem Populismus „von unten“ verdrängt wird. Das wäre dann ein Populismus, der den Menschen gegenüber rechenschaftspflichtig ist, die er zu vertreten versucht.
Die Ära Berlusconi fand wohl bereits im vergangenen Jahr mit der Wahl von Giorgia Meloni zur italienischen Ministerpräsidentin ein Ende. Sie war die erste Regierungschefin seit Berlusconi, die vom italienischen Volk gewählt und nicht zur Besänftigung des europäischen Establishments ernannt wurde. Nun muss auch sie sich gegen die supranationalen Mächte behaupten, die Berlusconi 2011 zu Fall brachten. Wie sie das schafft, wird entscheidend für die Zukunft Italiens sein.