06.05.2024

Selbstbestimmungsgesetz bedroht Frauen und Kinder

Von Sabine Beppler-Spahl

Titelbild

Foto: Matt Hrkac via Flickr / CC BY 2.0

Das Selbstbestimmungsgesetz untergräbt hart erkämpfte Freiheitsrechte.

Die derzeitige Ampelregierung erfreut sich keiner großen Beliebtheit. Einer Umfrage im April zufolge sind 79 Prozent der Bürger mit ihr nicht zufrieden. Doch anstatt zu versuchen, sich aufrichtig der Sorgen der Bevölkerung zu widmen, tut sie alles, um ihre eigene politische Agenda – eine „woke“ Agenda – umzusetzen.

Am 12. April verabschiedete der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz. Das neue Gesetz ersetzt das alte Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980. Von nun an benötigen Menschen keine psychologischen und medizinischen Gutachten mehr, um ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Person, die 14 Jahre oder älter ist, können dies durch eine einfache Erklärung beim Standesamt erledigen. Für unter 18-Jährige gilt, dass sie die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten einholen müssen. Falls die sich weigern, soll ein Familiengericht, unter Berücksichtigung des Kindeswohls, entscheiden.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP), die das Gesetz maßgeblich vorbereitet hatten, sind zufrieden. Schon als sie den Gesetzesentwurf vorstellten, sagte Paus, man habe den Rechtsrahmen für eine freie, vielfältige und moderne Gesellschaft geschaffen. Doch zu mehr Freiheit trägt das neue Gesetz wahrlich nicht bei. Es soll, wie Buschmann erklärte, das Leben einiger weniger Menschen, für die es wichtig ist, erleichtern. Tatsächlich aber hat es viel mehr Menschen verärgert und entfremdet, als es zu helfen vorgibt. Zudem stellt es einen Angriff auf wichtige und hart erkämpfte Rechte dar.

„Wie auch immer man es dreht und wendet, dieses Gesetz dient nicht dem Wohl des Kindes. Seine Hauptfunktion besteht darin, eine Ideologie zu fördern und durchzusetzen.“

Frauenorganisationen beklagen ganz zu Recht, dass das neue Gesetz das Recht von Frauen auf geschützte Räume untergräbt. Aktivisten, die sich für die Interessen von Homosexuellen einsetzen, wie z.B. der Journalist Jan Feddersen, weisen darauf hin, dass es sich die Transbewegung gegen jene stellt, die „einfach nur schwul sein wollen". Feddersen kritisiert auch die Vorstellung,  die Geschlechtsidentität lasse sich per Sprechakt wechseln (d. h. die Vorstellung, dass die Bezeichnung einer Person als Frau sie zu einer Frau macht).

Kritische Juristen haben auf die Beschneidung der Elternrechte durch das neue Gesetz aufmerksam gemacht. Wenn Eltern sich dem Wunsch ihrer Kinder nach einer Geschlechtsumwandlung widersetzen, werden die Gerichte einschreiten und möglicherweise die Zustimmung erteilen. Dies untergräbt das Recht all der Eltern, die eine kritische Einstellung zur Transgender-Ideologie haben. Gleichzeitig stärkt das neue Gesetz Eltern, die diese Ideologie begrüßen und davon überzeugt sind, ihr Kind stecke im falschen Körper. Wie auch immer man es dreht und wendet, dieses Gesetz dient nicht dem Wohl des Kindes. Seine Hauptfunktion besteht darin, eine Ideologie zu fördern und durchzusetzen.

Die Gefahr, die dieses Gesetz für schutzbedürftige Kinder – die in Bezug auf ihr Geschlecht verwirrt sind – darstellt, haben medizinische Experten hervorgehoben. Der Jugendpsychiater Alexander Korte, der auch Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft ist, warnt davor, dass der „Hype" um die Gender-Ideologie die Politiker dazu verleitet, die Schäden zu ignorieren. Die von der Regierung betriebene Aufwertung der Vorstellung, dass man im falschen Körper geboren werden kann, wird noch mehr Kinder zur Transition (operativen Geschlechtsumwandlung) ermutigen, so seine Sorge. Heranwachsende Mädchen seien besonders gefährdet.

„Die Regierung untergräbt Elternrechte und gefährdet Frauen und Kinder. Dieses Gesetz liefert das Rezept für eine Katastrophe.“

Diejenigen, die mutig genug sind, die Gender-Ideologie in Frage zu stellen, müssen schon seit Längerem mit Schikanen und einer gegen sie gerichteten „Cancel Culture“ rechnen. Manche Trans-Lobbyisten haben die Entlassung von Feddersen als taz-Redakteur gefordert. Ähnlich empört waren Aktivisten darüber, dass Korte von der CDU als Experte zu einer Anhörung über das neue Gesetz eingeladen wurde. In einem Beitrag der Frankfurter Rundschau bezichtigte ihn eine Aktivistin, eine „Extremmeinung“ zu vertreten.   

Das neue Gesetz ist zudem sehr repressiv. Sobald es am 1. November dieses Jahres in Kraft tritt, kann jeder, der das frühere Geschlecht einer transsexuellen Person preisgibt (das sogenannte „Deadnaming“), mit einer empfindlichen Geldstrafe von mehreren Tausend Euro belegt werden.

Während fast zwei Drittel des Bundestages das neue Gesetz unterstützten, dürfte es in der Bevölkerung sehr viel kritischer gesehen werden. Eine Umfrage von 2022 zeigte, dass fast 60 Prozent das Selbstbestimmungsgesetz ablehnen.

Sahra Wagenknecht ist eine Kritikerin des Gesetzes. In ihrer Rede vor dem Bundestag warf sie der Regierung vor, die Ideologie über die Realität zu stellen. Sie wies auch auf die Gefahren für Frauen und Kinder hin, die von ihm ausgehen. Selten hat eine Rede im Parlament einen solchen Aufruhr ausgelöst. Und dennoch hat Wagenknecht Recht. Die Regierung versucht, „fortschrittlich" zu erscheinen. Sie will unbedingt den Eindruck vermitteln, auf der ‚richtigen Seite der Geschichte' zu stehen. Aber damit untergräbt sie Elternrechte und gefährdet Frauen und Kinder. Dieses Gesetz liefert das Rezept für eine Katastrophe.

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