10.09.2025

Schwarz-Rot-Gold ist Revolution und Freiheit

Von Gunter Zimmermann

Titelbild

Foto: richardhe51067 via Flickr / CC BY 2.0

Die deutschen Nationalfarben standen schon immer im Streit mit anderen Flaggen, mit der schwarz-weiß-roten, der roten, der mit dem Hakenkreuz und heute der Regenbogen- sowie Progressive-Pride-Fahne.

Wo die schwarz-rot-goldenen Fahnen wehen, ist Revolution und Freiheit. Dies folgt bereits aus der Geschichte der deutschen Nationalfarben, die in dieser Form das Licht der Welt in den Freiheitskriegen gegen Napoleon erblickten. Das Lützowsche Freikorps, ein außerhalb der regulären preußischen Armee gebildeter Verband freiwilliger Kriegsteilnehmer, trug – im Unterschied zum preußischen Blau – schwarz gefärbte Uniformen mit roten Aufschlägen und Vorstoßen sowie goldenen Messingknöpfen. Trotz geringer militärischer Relevanz erzielten „die Lützower“, wie ein populäres zeitgenössisches Gedicht Theodor Körners bezeugt, als ein aus Angehörigen aller deutschen Staaten zusammengesetztes Volksheer „im Kleinen“ große propagandistische Wirkung im Kampf für nationale Einheit und politische Freiheit.

Viele Studenten der Universität Jena, die damals zu den fortschrittsfreundlichsten Studieneinrichtungen gehörte, hatten sich dem Freikorps angeschlossen. 1815 gründete sich in Jena die Ur-Burschenschaft, die erste Studentenvereinigung, die die traditionellen Landsmannschaften durch einen deutschlandweiten Ansatz ersetzte. Das wichtigste Symbol ihrer Selbstdarstellung ist die Freiheits- und Friedensfahne, deren Farben allerdings noch Schwarz-Rot-Schwarz sind. Doch das Tuch ist von goldenen Fransen gesäumt, auf den mittleren Streifen ist beidseitig ein goldener Eichenzweig gestickt.

Um das gesamte deutsche Volk anzusprechen, laden die Jenaer Studenten für den 18. Oktober 1817 zu einem Fest auf der Wartburg bei Eisenach ein, auf dem sowohl das dreihundertjährige Jubiläum der Reformation als auch der vierte Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig (16. Bis 19. Oktober 1813) gefeiert werden sollen. Über fünfhundert Studenten, für damalige Verhältnisse eine erstaunliche Zahl, folgen der Einladung zu der Feier, die mit beiden Erinnerungen den Wiederaufstieg Deutschlands zu alter Größe dokumentieren soll. Das Wartburgfest, das in seiner Bedeutung nicht überschätzt werden kann, setzt für das gesamte Jahrhundert die beiden Themen „nationale Einheit“ und „bürgerliche Freiheit“ auf die politische Tagesordnung. Nach dem Vorbild der Französischen Revolution tragen viele Studenten schwarz-rot-goldene Kokarden, womit Schwarz-Rot-Gold endgültig zum Symbol des Strebens nach Einigkeit und Freiheit geworden ist.

Im Gefolge der Juli-Revolution kommen Ende Mai 1832 ungefähr 40.000 Sympathisanten an der Kästenburg, dem Hambacher Schloss, zusammen, um für Meinungsfreiheit und gegen deren Unterdrückung durch die im Deutschen Bund organisierten Obrigkeiten zu protestieren. Das Hambacher Fest ist die bis dahin größte Massenveranstaltung der deutschen Geschichte, eine beeindruckende Demonstration für Gerechtigkeit, Freiheit und gemeinsame Selbstbestimmung aller Deutschen. Die schwarz-rot-goldenen Fahnen wehen, die Teilnehmer tragen Armbinden, Schleifen und Kokarden in denselben Farben, die Trikolore etabliert sich als nationales Symbol, übrigens genauso wie das Hambacher Schloss.

„Als am 18. Mai die frei gewählten Abgeordneten der Nationalversammlung in die Paulskirche einziehen, sind die Straßen Frankfurts übersät mit schwarz-rot-goldenen Fahnen.“

Am 9. März 1848 beschließt der Bundestag, die Versammlung der Gesandten der Fürstenhäuser und freien Städte des Deutschen Bundes in Frankfurt, im Zuge der Märzrevolution Schwarz-Rot-Gold zu den Bundesfarben zu erklären. Das Gremium, das bisher das Tragen dieser Farben verboten hatte, reagiert damit auf die Forderungen und die national-politischen Ziele der „März-Adressen“. Der Beschluss wird niemals aufgehoben, noch im Deutschen Krieg 1866 ziehen teilweise Gegner Preußens mit schwarz-rot-goldenen Armbinden ins Gefecht.

Als am 18. Mai die frei gewählten Abgeordneten der Nationalversammlung in die Paulskirche einziehen, sind die Straßen Frankfurts übersät mit schwarz-rot-goldenen Fahnen. Am 31. Juli wird ohne große Auseinandersetzungen der Beschluss über die neue Flagge gefasst, durch den die Farben der Revolution förmlich als Nationalfarben bestätigt werden. Letzten Endes blieb sie jedoch das Symbol eines nicht lebensfähigen, von anderen Staaten nicht hinreichend anerkannten Bundesstaates.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war es für die fortschrittlichen Kräfte keine Frage, dass die neue Republik zu dem Programm des Wartburgfestes, des Hambacher Festes und der Paulskirche zurückkehren sollte. Der Neuanfang sollte verständlicherweise durch die Farben markiert werden, die im vergangenen Jahrhundert das Streben nach Einheit und Freiheit symbolisiert hatten. Als Vertreter der Sozialdemokraten betonte Eduard David, der Reichsminister des Innern, in seiner Rede am 2. Juli 1919, dass man eine Flagge schaffen wolle, zu der sich das ganze Volk freudig bekennen könne. Dennoch endete bereits die erste Auseinandersetzung in der jungen Demokratie mit einem Kompromiss, der den durch die Symbole illustrierten Konflikt zwischen Republik und Monarchie nicht lösen konnte. Schwarz-Rot-Gold wurden zwar zu den Farben der Weimarer Republik, doch auf See ließ sie weiterhin ihre Schiffe unter der nur wenig geänderten Handelsflagge des Kaiserreiches fahren.

„Schwarz-Rot-Gold fast immer im Streit lag mit den Flaggen und Fahnen reaktionärer, freiheitsfeindlicher Gruppen, die partikuläre Minderheits-Interessen vertraten.“

Auch in der Bundesrepublik war die Zustimmung zu Schwarz-Rot-Gold zunächst noch relativ gering, obwohl keine relevante Partei an einer Neuauflage des Flaggenstreits der Weimarer Republik interessiert war. Dies änderte sich schlagartig, als während des Aufstands am 17. Juni 1953 Ostberliner Arbeiter die auf dem Brandenburger Tor gehissten Roten Fahnen verbrannten und kurz darauf Schwarz-Rot-Gold hochzogen. Darüber hinaus sorgte die wirtschaftswunderliche Erfolgsgeschichte der 1950er Jahre dafür, dass die an die Feste und Versammlungen des 19. Jahrhunderts erinnernde Bundesflagge rasch populär wurde.

Die Geschichte, die Schwarz-Rot-Gold erzählt, wurde bereits in dem Hambacher Festlied „Die Farben der Deutschen“ zum Ausdruck gebracht. Sie folgt der Symbolik der Farben, die in der Flagge vereinigt sind. „Schwarz“ ist die Farbe der Nacht und der Finsternis, in einigen Religionen die Farbe der Herrscher der Unterwelt. „Rot“ ist die Farbe des Lebens, der Liebe, der Leidenschaft, aber auch der Macht, z.B. der der römischen Konsuln und Feldherren. „Gold“ schließlich ist die Farbe der Sonne, des himmlischen Lichts, des unvergänglichen Lebens und der unvergänglichen Freiheit. Nach den Versen von 1832 hat sich das deutsche Volk in einem religiösen Sinn aus der Nacht der Finsternis durch Liebe, Leidenschaft und mächtiges Begehren befreit und ein Reich der ewigen und unvergänglichen Freiheit errichtet. Es ist aus der dunklen Ära in ein goldenes Zeitalter aufgestiegen, in dem neben der Freiheit Gerechtigkeit und gemeinsame Selbstbestimmung in einer liberalen und demokratischen Verfassung verankert sind.

Zur deutschen Geschichte der letzten zwei Jahrhunderte gehört aber auch, dass Schwarz-Rot-Gold fast immer im Streit lag mit den Flaggen und Fahnen reaktionärer, freiheitsfeindlicher Gruppen, die partikuläre Minderheits-Interessen vertraten: dem Schwarz-Weiß-Rot Preußen-Deutschlands, der roten Fahne der Arbeiterbewegung, der Hakenkreuzfahne der Nationalsozialisten und heute der Regenbogenfahne bzw. der Progressive-Pride-Flagge der LGBTQ-Bewegung.

„In dem neuen Flaggenstreit steht Schwarz-Rot-Gold wie eh und je für Revolution und Grundrechte, für nationale Einheit und politische Freiheit, die, wie die Geschichte zeigt, immer wieder bedroht sind.“

Die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Schwarz-Rot-Gold und den „Pride Flags“ ist allerdings nicht geprägt durch besondere Bemühungen der LGBTQ-Gruppen, sondern durch das volkserzieherisch tätige („woke“) Bürgertum, das durch diese Symbole seine autoritäre Herrschaft in der Bundesrepublik festigen und stabilisieren will.

Das volkserzieherisch tätige Bürgertum sieht seine politische Aufgabe in der Betreuung aller Opfer vermeintlicher Gewalt und Diskriminierung und in dem Kampf gegen jeden angeblichen Nazismus, Rassismus, Sexismus und jeden weiteren beliebigen -ismus (dass es gleichzeitig antikapitalistisch, antiamerikanisch und antisemitisch ist, sei nur am Rande vermerkt). Aus diesem Grunde tritt es für die Regenbogenfahne ein, in der eine Opfer-Gemeinschaft ihr wirksames Symbol gefunden hat. Die primären Motive für diese politische Zielrichtung sind die Suche nach medialer Aufmerksamkeit und gesellschaftlicher Anerkennung sowie die Kompensation von Selbstwertdefiziten. Daneben spielt auch die Abhängigkeit der betreuten Opfer-Gruppen eine gewisse Rolle, da sie ein erstes Gefühl von Macht und Kontrolle vermittelt.

Die aggressiven Impulse und die Wut des volkserzieherisch tätigen Bürgertums zeigen sich jedoch in der Kritik an allen anderen, die sein Engagement nicht teilen oder skeptisch in Frage stellen. Sie müssen begreiflicherweise belehrt und bekehrt werden; im Sinne des traditionellen autoritären Verhaltens ist es deswegen beliebt, Kritiker und Skeptiker an den Pranger zu stellen und mundtot zu machen. Für das pädagogische Gehabe der „Woken“ sind Bevormundung und Indoktrination charakteristisch. Sie werden durch jede Menge von Verboten unterstützt, die vom Abbrennen von Feuerwerk über Autofahren und Fliegen bis hin zu den Essensgewohnheiten reichen. Es geht dabei nicht nur, wie oft verkannt wird, um Formen der Sprachregelung, sondern es geht vor allem darum, Grund- und Freiheitsrechte der deutschen Bürger massiv einzuschränken. Die „Erziehungsdiktatur“ ist schließlich das politische Modell des volkserzieherisch tätigen Bürgertums, das mit der liberalen Demokratie ‚fremdelt‘.

In dem neuen Flaggenstreit steht Schwarz-Rot-Gold wie eh und je für Revolution und Grundrechte, für nationale Einheit und politische Freiheit, die, wie die Geschichte zeigt, immer wieder bedroht sind. Alle liberal Denkenden sind daher aufgefordert, sie als die einzigen Farben der Bundesrepublik Deutschland zu verteidigen.

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