18.01.2012

Nix wie weg!

Kommentar von Hans-Jörg Jacobsen

Die Entscheidung des Chemiekonzerns BASF, die Forschung zur grünen Gentechnik aus Deutschland abzuziehen, ist der logische Endpunkt einer jahrelangen Entwicklung. Die Angstmacher haben über die Vernunft gesiegt. Geforscht wird jetzt anderswo.

An demselben Tag, an dem bekannt wurde, dass Deutschland nunmehr wegen einer verkorksten Energiewende und einer schlechten Ernte zum Getreide-Nettoimporteur wird, verkündete der weltweit größte Chemiekonzern, die Ludwigshafener BASF zwei weitreichende Entscheidungen, nämlich die Forschung zur grünen Gentechnik aus Deutschland in die USA zu verlagern und, was häufig übersehen wird, auch keine Projekte für den deutschen oder europäischen Markt zu verfolgen. Der Schritt sei eine Reaktion auf die fehlende Akzeptanz der grünen Gentechnik in weiten Teilen Europas, hieß es. Mit diesem Paukenschlag findet ein Prozess sein Ende, der schleichend schon vor einigen Jahren in der Pflanzenzüchtung eingesetzt hatte. Das Signal ist klar: Die Forschung geht weiter, nur nicht mehr hier und nicht mehr für uns. Auch die Pflanzenforschung an Universitäten und anderen öffentlichen Instituten veränderte sich: Entweder wandten sich die Wissenschaftler weniger konfliktträchtigen Feldern zu oder sie gingen ins vornehmlich angelsächsische Ausland. Diese Entscheidungen sind angesichts des in unserem Lande vorherrschenden Meinungsklimas nur zu gut nachvollziehbar. Panikmache und Vorurteile ersticken hier jede rationale Debatte über Vor- und Nachteile der grünen Gentechnik bereits im Keim. Während Untergangspropheten wie Percy Schmeisser, Vendana Shiva oder neuerdings auch ein gewisser Don Huber mit abstrusen Theorien über die angeblich ungeheuerlichen Gefahren der Biotechnologie durch die deutschen Lande touren und ein gläubiges Publikum abzocken, müssen Wissenschaftler sich von durchgeknallten Verschwörungstheoretikern aus obskuren „Projektwerkstätten“ diffamieren lassen. Zerstörungen von Feldversuchen, auch unter Einsatz von Gewalt gegen Menschen, sind an der Tagesordnung (wenn nicht gerade im Wendland geschottert werden muss).

Die eigentlich verantwortliche Politik duckt sich aus Angst vor dem grünen Zeitgeist schamhaft weg und lässt die Forschung ziehen. Die Öffentlichkeit beschäftigt sich lieber mit den vermeintlichen Verfehlungen des Bundespräsidenten, der sich aber kaum anderes verhalten hat, als die anderen 95 Prozent Schnäppchen- und Speckjäger in dieser Gesellschaft. Dabei verkennt die Politik, dass wir uns auf ganz dünnem Eis bewegen: Wir stecken wegen der immensen Staatsverschuldungen – für die vor allem die Volksbeglückungs-Politik der vergangenen Jahrzehnte verantwortlich ist – nicht nur in einer massiven Krise unserer Finanzsysteme, sondern sind auch in keiner Weise auf die sich immer schärfer abzeichnenden globalen Probleme wie Klimawandel, weltweites Bevölkerungswachstum oder Energieknappheit vorbereitet. Wir benötigen zur Lösung dieser Probleme eine starke Agrarforschung, und zwar in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Gerade bei Problemen, bei denen etwa die konventionelle Pflanzenzüchtung keine oder keine schnell erreichbaren Lösungen anbieten kann, brauchen wir die Gentechnik, im privaten genauso wie im öffentlichen Sektor. Auch bei uns werden die Ernten unsicherer, unsere Kulturarten sind nicht an längere Trocken- oder Hitzeperioden angepasst, wie sie auch in hiesigen Breiten zu erwarten sind. Der auf rot-grüne Fehlentscheidungen zurückführbare Biogas-Boom oder der Anbau von Pflanzen für „Bio-Sprit“ verschärft die Situation, denn hier sind die Energiebilanzen bei sauberer Rechnung eher negativ und die Folgen für das Klima unabsehbar. Was passiert stattdessen? Die Öffentlichkeit lässt sich von den auf falschen Berechnungen basierenden Versprechungen einer vermeintlich ökologischen Landwirtschaft einlullen, bei der immer klarer wird, dass die Produkte weder besser noch gar sicherer sind als die der konventionellen Landwirtschaft. Ihre Produktion verbraucht nur wesentlich mehr Fläche, die wir gar nicht mehr haben.
Fazit: Erst wenn die letzte Düngemittelfabrik geschlossen und der letzte landwirtschaftliche Betrieb auf „Bio“ zwangsumgestellt wurde, werdet ihr merken, dass Hunger keinen Spaß macht. Aber dann lässt es sich Jürgen Trittin in der Toskana gut gehen und Claudia Roth ist auf ihren Heimatplaneten zurückgekehrt.

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