16.09.2014

Neuigkeiten aus der Nanoforschung (2)

Kommentar von Thilo Spahl

Indem wir in den Bereich von wenigen Millionstel Millimetern (Nanometern) vorstoßen, eröffnen sich uns grundsätzlich neue technische Möglichkeiten. Der zweite Teil der Reihe, mit der wir einen kleinen Einblick in die sehr vielfältige Forschung auf diesem Gebiet geben

Theranostische Krebstherapie

Im Kampf gegen den Krebs kommt es darauf an, Krebszellen effektiv zu bekämpfen, alle anderen Zellen im Körper aber zu schonen. Der heilige Gral der Krebstherapie ist eine Technologie, mit der Krebszellen zielsicher aufgespürt und angesteuert werden können, um ihnen dann den Garaus zu machen. Die Nanotechnologie erlaubt es, verschiedene Methoden zu verbinden.  Professor Bu Wenbo von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften hat ein Nanosystem vorgestellt, in dem zwei Substanzen enthalten sind. Hämatoporphyrin verstärkt die Wirkung von radioaktiver Strahlung und Licht. Docetaxel ist ein Chemotherapeutikum. Mit Hilfe des etwa 80 Nanometer großen Gebildes gelang es, Krebszellen im Tierversuch effektiv zu eliminieren. [1] Solche Ansätze werden als nanotheranostisch bezeichnet, weil die Nanopartikel es ermöglichen, die Krebszellen sowohl sichtbar zu machen (Diagnostik) als auch zu bekämpfen (Therapie). Als sehr vielversprechend gelten auch die von Kit Lam von der Universität Davis vorgestellten 32 Nanometer großen Nanoporphyrine, die ebenfalls Diagnose und Therapie verbinden und besonders vielseitig sind. [2] Auch Forscher aus einem Institut des US-Energieministeriums haben eine neue Waffe zur Krebsbekämpfung entwickelt. Sie kombinierten eine Nanoverpackung für ein bewährtes Chemotherapeutikum (Cisplatin) mit einem nanomagnetischen Schalter, der es ermöglicht, das Gift am Zellkern der Krebszellen zu entladen, um diese zu zerstören. Dabei werden Eisenoxidnanopartikel durch ein magnetisches Feld erhitzt und öffnen so den Gifttransportbehälter. Die Forscher glauben, es könnte damit möglich sein, die Dosis in den Krebszellen erheblich zu erhöhen und gleichzeitig die Belastung anderer Zellen und damit Nebenwirkungen zu minimieren. [3]

Blumen bleiben länger schön

Warum lassen Schnittblumen nach einigen Tagen die Köpfe hängen? Hauptursache sind Bakterien, die sich unten am Stängel ansiedeln und die kleinen Kanäle blockieren, durch die die Blume Wasser aufnimmt. Forscher von der Firdausi-Universität im Iran haben untersucht, ob etwas Nanosilber im Wasser hilft. Und tatsächlich blieben die Testlilien fast doppelt so lang frisch wie die Vergleichslilien in reinem Wasser. [4]

Nanophotonische Chips

Dank optischer Informationsübertragung in Glasfaserleitungen können wir heute große Datenmengen im Worldwide Web schnell bewegen. Die Verbindungen auf Computerchips sind aber nach wie vor aus Kupfer, damit deutlich langsamer und sorgen für hohen Stromverbrauch. Kanadische Forscher an der Universität von Alberta in Edmonton haben eine Methode gefunden, um Lichtwellen in Glasfaserleitungen mit einem Durchmesser von einem zehntausendstel Millimeter zu komprimieren – klein genug, um auf Chips das Kupfer zu ersetzen. In der Praxis könnte damit die Geschwindigkeit der Chips stark erhöht und der Energieverbrauch gesenkt werden. [5]

Wasserstoff billiger machen

Neben dem Elektroauto mit Batterien bietet die Brennstoffzellentechnologie die zweite Alternative zum konventionellen Verbrennungsmotor. Treibstoff ist in diesem Fall Wasserstoff, der im Auto zur Erzeugung von Strom genutzt wird. Man hat also einen Elektroantrieb, kann aber normal tanken, statt stundenlang Batterien aufzuladen. Limitierender Faktor sind die Kosten für die Gewinnung des Wasserstoffs. Denn die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff mittels Elektrolyse erfordert viel Energie. Der Doktorand Ming Gong von der Stanford University hat herausgefunden, dass sich Wasser mit einem preiswerten Katalysator aus Nickel und Nickeloxid bei geringer Spannung spalten lässt. [6]  Dies soll erhebliche Kostensenkungen ermöglichen. Forscher der Universität von Maryland haben komplexe photokatalytische Silber-Gold-Nanopartikel entwickelt, mit denen Wasser durch Sonnenlicht 15 Mal effektiver gespalten werden kann als mit konventionellen Photokatalysatoren. [7] Für einen sinnvollen Einsatz regenerativer Energiequellen wäre die effiziente Erzeugung von Wasserstoff als Speichertechnologie extrem hilfreich.

Neuer Knochen

Die moderne Medizin hat durch eine Vielzahl von Methoden dazu beigetragen, dass gebrochene Knochen heute sehr viel schneller und besser wieder zusammenwachsen als früher, als man es ihnen eingegipst weitgehend selbst überließ. Auch die Nanotechnologie bietet auf dem Gebiet des Tissue Engineerings, also des Züchtens von Gewebe, neue Möglichkeiten. Bei schweren Brüchen, wenn Knochengewebe verloren gegangen ist und größere Lücken zu schließen sind, hilft eine künstliche Matrix, in die die Knochenzellen einwachsen können. Um das Zellwachstum anzuregen sind jedoch auch Signalstoffe, sogenannte Wachstumsfaktoren, erforderlich. Um diese über einen längeren Zeitraum gut getimt freisetzen zu können, haben Forscher vom MIT ein dünnes, poröses Gerüst erzeugt, das mit 80 sehr dünnen Schichten zweier Wachstumsfaktoren überzogen war. Der eine (PDGF) sorgte in den ersten Tagen nach der Implantation für die Ansiedlung verschiedener Vorläuferzellen im Bereich des Knochendefekts. Das anschließend langsamer freigesetzte BMP2 unterstützte den Reifungsprozess von Zellen, die sich zu Knochenzellen ausdifferenzieren. So bildete sich in kurzer Zeit Knochen, der nach Aussage der Forscher von natürlichem Knochen in Aussehen und mechanischen Eigenschaften nicht unterscheidbar war. Das Polymer, aus dem das Gerüst besteht, baut sich während des Prozesses rückstandsfrei ab und verschwindet komplett. [8]

Treibhausgase einfangen

Trotz allem deutschen Energiewende-Aktivismus wird die Menschheit durch die Verbrennung fossiler Energieträger noch sehr lange große Mengen an Treibhausgasen emittieren. Gesucht sind Lösungen, solche Gase, insbesondere CO2, einzufangen. Japanischen Forschern von der Universität Kyoto ist es gelungen, eine Membran zu entwickeln, die in kleinsten Kanälen und Höhlen mit Durchmessern von weniger als 2 Nanometern CO2 sehr effektiv einschließt, Sauerstoff aber problemlos passieren lässt. Nach Angaben der Wissenschaftler ist das Material preiswert herzustellen und langlebig. Es soll die Kosten des Filterns von CO2 um das bis zu 1000-fache verringern. [9]

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