15.08.2014

Neuigkeiten aus der Nanoforschung (1)

Analyse von Thilo Spahl

Indem wir in den Bereich von wenigen Millionstel Millimetern, Nanometern, vorstoßen, ergeben sich grundsätzlich neue technische Möglichkeiten. In Reihe, geben wir einen kleinen Einblick in die sehr vielfältige Forschung auf diesem Gebiet.

Abwasser als Rohstoffquelle

Wasser kann man bekanntlich nicht verbrauchen. Man kann es nur verschmutzen. Deshalb ist der deutsche Volkssport „Wassersparen“ eine ziemlich sinnlose Angelegenheit. Sehr sinnvoll ist es dagegen, das Repertoire der technischen Möglichkeiten zur effektiven und effizienten Reinigung von Wasser beständig zu erweitern. Dabei geht es nicht nur darum, geklärtes Wasser in den Wasserkreislauf zurück zu geben, so dass wir es immer wieder trinken, das Klo hinunterspülen oder darin baden können. Es geht auch darum, die verschmutzenden Stoffe ggf. in den erneuten Gebrauch zurückzuführen.

Hierbei können Nanomagnete gute Dienste leisten, wie sie der Doktorand Karl Mandel am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) entwickelt hat. Warum Nanoteilchen? Weil sehr kleine Magnetteilchen superparamagnetisch sind. Das heißt, sie werden nur magnetisch, wenn ein externes Magnetfeld auf sie wirkt. Schaltet man es ab, verlieren sie diese Fähigkeit und ziehen sich nicht gegenseitig an. Das ist wichtig, denn sonst ließen sie sich nicht gut im Wasser verteilen. Und warum überhaupt magnetisch? Weil die Teilchen ja hinterher wieder aus dem Wasser raus müssen. Das geht per Magnet auf recht elegante Weise. Der an sie gebundene Stoff (beispielsweise Phosphat, Quecksilber, Kupfer oder Schwermetalle) wird anschließend abgewaschen, gesammelt und recycelt. Die in etwas größeren Teilchen aus Siliziumdioxid eingebetteten Nanomagneten werden ebenfalls wiederverwendet. Herr Mandel ist für die Entwicklung mit einem der Deutschen Studienpreise ausgezeichnet worden. [1]

Gefahrenmelder am Körper

Kohlenstoff kommt in der Natur in zwei verschiedenen Formen vor, die sehr unterschiedliche Eigenschaften haben: Graphit und Diamant. Beide Stoffe bestehen zu 100 Prozent aus Kohlenstoff, die Atome sind aber unterschiedlich angeordnet. Im Nanobereich kann Kohlenstoff noch drei weitere Formen annehmen: Fullerene sind kleine Hohlkugeln aus 20 bis 500 Atomen, Kohlenstoffnanoröhren ein- oder mehrwandige Röhren mit einem Durchmesser von wenigen Nanometern, und Graphen ist eine nur ein Atom dicke, aber sehr feste Kohlenstofffolie.

Forscher an der Universität von Michigan haben auf Basis von Graphen neuartige, nanoelektronische Sensoren entwickelt, die verschiedene Substanzen in kleinsten Konzentrationen und in Bruchteilen von Sekunden detektieren können. Sie sollen die Basis für wie Kleidung am Körper tragbare Sensoren bilden. Die Sensoren zeigen beispielweise an, wenn in einem Labor ein gefährlicher Stoff ausgetreten ist oder wenn die Ausdünstungen der Haut oder die Ausatemluft als Biomarker bezeichnete Moleküle enthalten, die charakteristisch für bestimmte Erkrankungen sind. Sie sind kleiner, schneller und verlässlicher als bisherige Nachweisgeräte, die nicht am Körper getragen werden können. [2]

Blick unter die Schädeldecke

Mithilfe von Kohlenstoffnanoröhren ist es Chemikern der Universität Stanford gelungen, den Blutfluss im Gehirn abzubilden. Damit könnten Verbesserungen bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten wie Schlaganfall, Migräne oder Alzheimer erreicht werden. Mit den bisherigen Techniken wie der Computer- oder der Magnetresonanztomografie kann das Gehirn am ehesten in seiner Gesamtheit abgebildet werden, nicht aber einzelne Blutgefäße oder Gruppen von Nervenzellen. In den Versuchen an Mäusen injizierten die Forscher diesen in Wasser gelöste Kohlenstoffnanoröhrchen ins Blut. Im Licht von auf den Schädel gerichteten, speziellen Laserstrahlen ließ sich daraufhin der Blutfluss unter der Schädeldecke selbst in sehr kleinen Blutgefäßen deutlich erkennen. Da vor der Anwendung am Menschen noch viele sicherheitsrelevante Fragen geklärt werden müssen, soll die Technik zunächst vor allem zur Erforschung von menschlichen Krankheiten an Tiermodellen genutzt werden. [3]

Besser als Batterien

Die Alternative zu Batterien heißt Superkondensatoren. Batterien speichern Strom chemisch, indem sie beim Laden einen Stoff in einen anderen umwandeln, und das dauert. Kondensatoren werden geladen, indem zwei sich gegenüberliegende Platten elektrisch aufgeladen werden, die eine positiv, die andere negativ. Sie lassen sich schnell laden, haben eine sehr lange Lebensdauer, können aber nur wenig Strom speichern. Wir nutzen sie zum Beispiel für das Standlicht beim Fahrrad, das an der Ampel noch leuchtet, obwohl der Dynamo keinen Strom mehr liefert. Die Nanotechnologie erlaubt es, statt Metallplatten die riesige Oberfläche eines nanoporösen Materials, meist Aktivkohle, zu nutzen und so in den Superkondensatoren die Energiedichte enorm zu erhöhen. Aktivkohle ist so porös, dass ein Gramm mehrere tausend Quadratmeter innere Oberfläche haben kann. Den Part der gegenüberliegenden Platte übernimmt eine Flüssigkeit, mit der die Aktivkohle getränkt ist. Dennoch liegt die Energiedichte bisher noch weit unter der von Batterien. Forscher aus Los Angeles haben einen neuen Superkondensator auf Graphenbasis vorgestellt, der zehnmal mehr Energie als bisherige Superkondensatoren aufnehmen und mit konventionellen Batterien mithalten kann. Die Aussichten auf den sinnvollen Einsatz von Elektroautos haben sich damit verbessert. [4]

Ein sehr viel profaneres Nanomaterial haben südkoreanische Forscher genutzt, um Superkondensatoren zu bauen: Zigarettenkippen. 5,6 Billionen werden jährlich weggeschmissen. Damit ließe sich eine Menge Energie speichern. Die Forscher wandelten dazu die aus Celluloseacetatfasern bestehenden Filter in einem einfachen Prozess (Pyrolyse) in ein nanoporiges Material um, das eine höhere Energiedichte erlaubte als Aktivkohle. [5]

Supercomputer

Mikroelektronik, die Basis von Computern, ist längst Nanoelektronik. Und die Verkleinerung schreitet unablässig voran. IBM hat jetzt einen neuen Chip vorgestellt, den die Firma als neurosynaptischen Chip bezeichnet, und der sich stärker an der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns orientiert. Er arbeitet grundsätzlich anders als die seit 70 Jahren nach dem gleichen Grundprinzip aufgebauten Prozessoren, die wir heute nutzen, und zeichnet sich unter anderem durch einen um vier Größenordnungen geringeren Energieverbrauch aus. Der „TrueNorth“-Chip soll insbesondere dazu dienen, menschliche Sinneswahrnehmung nachzubilden. Als unbescheidenes langfristiges Ziel nennt die Firma ein System mit 10 Milliarden Neuronen und 100 Billionen Synapsen, das lediglich ein Kilowatt Leistung aufnimmt und etwa so groß ist wie ein menschliches Gehirn. [6]

Das selbstreinigende Auto

Wurde aber auch Zeit! Nissan testet einen Autolack, von dem aller Dreck abtropft.
Die superhydrophobe Nanobeschichtung kommt von der Firma UltraTech International in Florida [7]. Sie führt dazu, dass sich auf dem behandelten Gegenstand eine dünne Luftschicht hält, von der Wasser, Matsch und auch einige Öle abperlen.




Video: Prototyp eines selbstreinigenden Autos




Video: Superhydrophobe Beschichtung

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