04.07.2022
Klappe zu, Verbrenner tot?
Autos mit Verbrennungsmotoren sollen in der Europäischen Union aussterben. Das gefährdet die motorisierte Massenmobilität. Ohne große Diskussion werden die Wünsche der Bevölkerung ignoriert.
Vor kurzem hat das Europaparlament beschlossen, dass es in der EU ab 2035 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden dürfen. Erlaubt sind dann nur noch emissionsfreie Fahrzeuge. Faktisch läuft es darauf hinaus, dass nur noch Elektrofahrzeuge zugelassen werden können. Noch ist diese Regelung nicht in Kraft und im Autofahrerland Deutschland gibt es in der Regierungskoalition bereits Streit um diese Idee. Wie die Bundesregierung sich in der anstehenden Abstimmung exakt verhalten wird, ist daher aktuell noch nicht klar. Entgegen möglichen Erwartungen hat sich auch z.B. VW bereits hinter den Plan gestellt. Auch bei den Grünen und der SPD findet die Idee Zustimmung. Noch stellt sich die FDP quer, was aktuell noch ein klares Ja Deutschlands zu diesem Plan verhindert.
Die Frage, die sich nun stellt, ist natürlich, was von dem ganzen Vorgang zu halten ist. Um diese Frage zu beantworten, wollen wir uns dem Entstehungsprozess, der Umsetzung und den Folgen dieser Entscheidung im Folgenden etwas annähern.
Die politische Entstehung
Fangen wir damit an, wie wir überhaupt zu diesem Beschluss gekommen sind. Dazu gleich eine Frage an den werten Leser: Haben Sie die Debatte um das Aus für Verbrennungsmotoren verfolgt? Oder gar selbst an einer Diskussion teilgenommen? Nein? Nun das könnte daran liegen, dass es keine gab! Die EU hat hier vielmehr im berühmten stillen Kämmerlein etwas beschlossen, womit sie ihre Bürger beglücken möchte, ohne dass diese weitreichende Entscheidung öffentlich diskutiert wurde. Dieser Prozess macht wieder einmal den undemokratischen Charakter der EU deutlich. Er ist Ausdruck eines technokratischen Politikverständnisses, welches sowohl Bürger als auch Unternehmen als dumm und einfältig betrachtet und nicht dazu befähigt sieht, Probleme zu lösen. Vielmehr müssen diese per staatlicher Vorgabe zu ihrem Glück gezwungen werden, da nur dieser über die nötige Einsicht und Erkenntnis verfügt.
Klingt das jetzt ein wenig zu hart und ist Elektromobilität nicht etwas insgesamt Positives? Das soll hier gar nicht bewertet werden, denn es geht erst einmal um den Entscheidungsprozess. Warum ist dieser kritikwürdig? Zum einen ist es ein demokratisches Problem, dass derartig weitreichende Entscheidungen von supranationalen Institutionen ohne ausreichende demokratische Kontrolle getroffen werden. Zum anderen ist es die Hybris einer Handvoll Bürokraten, die der Meinung sind, genau zu wissen, wie die Probleme der Zukunft zu lösen sind. In bester planwirtschaftlicher Manier wird hier quasi der 13-Jahres-Plan der Mobilität festgelegt. Wohin staatliche Planwirtschaft führt, konnten wir ja schon des Öfteren bewundern.
„In bester planwirtschaftlicher Manier wird hier quasi der 13-Jahres-Plan der Mobilität festgelegt.“
Damit soll hier nicht grundsätzlich gegen Elektromobilität argumentiert werden. In einer freien demokratischen und marktwirtschaftlichen Gesellschaft ist es aber nicht die Aufgabe des Staats (und schon gar nicht der von supranationalen und nicht demokratisch legitimierten Institutionen), alles bis in kleinste Detail vorzugeben. Vielmehr muss er Rahmenbedingungen schaffen, die es den einzelnen Teilnehmern der Gesellschaft und Wirtschaft ermöglichen, innerhalb dieser ihre kreative Energie auf die Lösung von Problemen zu lenken. Wenn es also einen gesellschaftlichen Konsens gibt, dass Fahrzeuge auf Sicht weniger Emissionen ausstoßen sollen, dann ist es die Aufgabe des Staates, entsprechende Bedingungen zu schaffen, die bei der Erreichung dieses Ziels helfen. Das ist dann keine Entscheidung für die Ewigkeit, sondern kann und muss auch regelmäßig diskutiert werden. Damit gibt man den Unternehmen und auch den Verbrauchern Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen und an Lösungen zu arbeiten. Wie diese dann genau aussieht, muss den Staat überhaupt nicht interessieren. Das Stichwort lautet hier Technologieoffenheit. Dieses Prinzip wurde in der Vergangenheit angewendet und hat sich bewährt.
Der Autor kann sich noch gut an sein erstes Auto erinnern, das weniger als die Hälfte der Leistung seines jetzigen hatte, zum Ausgleich aber das Doppelte an Sprit verbrauchte. Und dabei ist das Auto heute gleichzeitig um ein Vielfaches sicherer und bequemer. Niemand hatte das pauschal vorgegeben, sondern es hat sich einfach durch sinnvolle Rahmenbedingungen ergeben. Natürlich beinhalteten diese Rahmenbedingungen auch genaue Vorgaben. Diese waren aber zum einem planbar und zum anderen nicht auf eine plötzliche Totalumkehr, sondern auf eine Verbesserung der existierenden Situation gerichtet. Genauso sollte es auch mit dem emissionsfreien Antrieb sein. Statt sich auf vom Himmel gefallene Weisheit zu berufen, solle man lieber den Unternehmen und den Bürgern die Chance geben, sich auf eine Lösung zu verständigen.
Die praktische Umsetzung
Lassen wir die Sphäre des Politischen hinter uns und kommen wir zu einigen praktischen Aspekten. Genauer gesagt, werfen wir einen Blick auf die Probleme, die sich während der Umsetzung dieses Vorhaben ergeben könnten. Wenn uns der Ukrainekonflikt etwas gelehrt hat, dann, dass es problematisch ist, wenn man für die Lieferung von wichtigen Rohstoffen von einem, sagen wir es mal freundlich, problematischen Staat abhängig ist. Nun wird die Elektromobilität gerne als Teil der Lösung genau dieses Problems verkauft. Was nicht von der Hand zu weisen ist: Wenn wir alle nur noch Elektroautos fahren würden, müssten wir voraussichtlich deutlich weniger Öl aus Russland kaufen. Doch was jeder weiß, aber keiner offen sagt: Die Abhängigkeit bleibt, nur der Name der Vertragspartner ändert sich. Die größten Vorkommen an seltenen Erden, die für den Bau von Batterien (und ohne die läuft bei der Elektromobilität gar nichts) gebraucht werden, liegen in China. Nun kann man über China denken, was man will, aber als besonders demokratischer und dem Westen freundlich gesinnter Staat ist es bisher nicht aufgefallen.
Weitere wichtige Rohstoffe wie etwa Kobalt kommen hauptsächlich aus dem Kongo. Auch nicht gerade ein Land, was man mit politischer Stabilität verbindet. Ganz so unabhängig wird man in der schönen neuen Zukunft also auch nicht sein. Zumal es sowieso problematisch ist, sich von vornherein auf eine Technologie festzulegen. Was passiert, wenn man das tut, dürfen wir gerade live bei der Energieversorgung und im nächsten Winter in unseren dann nicht mehr so gut geheizten Wohnungen erleben. Die im letzten Absatz angesprochene Technologieoffenheit hätte uns da einige Probleme erspart.
„Die bereits jetzt in Ansätzen vorhandene oligopole Struktur des Automarkts würde sich noch weiter verfestigen.“
Aber nehmen wir an, es findet sich eine Lösung für dieses Problem bzw. es tritt aus welchen Gründen auch immer nicht auf. Dann bleibt noch die Frage, wo der ganze Strom für die E-Mobilität eigentlich herkommen soll. „Aus erneuerbaren Energien“ ist die Standardantwort der Politik. Leider lässt sie dabei ein paar Punkte unter den Tisch fallen. So bleibt z.B. ungeklärt, wie der massive Ausbau der Erneuerbaren überhaupt funktionieren soll. Bekanntlich ist die Mehrheit der Bundesbürger für erneuerbare Energien, solange die Windräder dafür nicht in ihrem Vorgarten aufgestellt werden. Nebenbei sei erwähnt, dass die Materialien für Windräder und Solarpaneele auch nicht gerade aus den politisch stabilsten Regionen der Erde stammen. Daneben gibt es aber auch technische Probleme, etwa, wo der Strom des Nachts herkommen soll, wenn nicht nur Licht und Wärme gebraucht, sondern die E-Autos daheim geladen werden. Diese Probleme sind alle bekannt, aber bisher scheint außer dem Merkel-Motto: „Wir schaffen das“ keine Lösung in Sicht zu sein. Und es steht zu befürchten, dass die Regierung irgendwann feststellen wird, dass nicht alle Probleme mit Geld zu lösen sind.
Abschließend sei noch erwähnt, dass E-Autos zwar weitgehend emissions-, aber nicht schadstofffrei sind. So gibt es z.B. den schon wieder in Vergessenheit geratenen Feinstaubabrieb der Reifen und außerdem müssen die Komponenten dieser Fahrzeuge hergestellt, transportiert und wiederverwertet bzw. entsorgt werden. Dabei fallen genau wie bei „normalen“ Autos Schadstoffe an. Welche Fahrzeuge über ihren gesamten Lebenszyklus mehr bzw. schädlichere Stoffe erzeugen, wird sich vermutlich nicht eindeutig klären lassen. Trotzdem ist zumindest der Umwelt in keiner Weise geholfen, wenn dieses vor allem teure Vorhaben in einem Szenario von ‚linker Tasche/rechter Tasche‘ endet.
Die ökonomischen Folgen
Betrachten wir schließlich noch ausgewählte ökonomischen Folgen anhand zweier Wirtschaftszweige, die von diesem Plan im Besonderen betroffen sind. Beginnen wir mit den (deutschen) Autoherstellern. Diese haben das Vorhaben nämlich teilweise begrüßt. Unter anderem auch der Mercedes-Benz-Konzern, der bisher eher durch seine großen und PS-starken Verbrennerfahrzeuge aufgefallen ist. Nun könnte man unterstellen, dass Mercedes und andere Hersteller einfach dem grünen Zeitgeist erlegen sind und bildlich gesprochen versuchen, die Welle zu reiten und nicht von ihr davongespült zu werden.
Betrachtet man die Lage allerdings genauer, zeigt sich, dass hier auch ein starkes wirtschaftliches Kalkül am Werk ist. Auch wenn es einige Neugründungen von Elektrofahrzeugherstellern gab, darf man nicht vergessen, dass es sehr teuer ist, Elektrofahrzeuge zu bauen. Neben den entsprechenden Materialien, werden auch Fabriken, Arbeiter, Ingenieure usw. benötigt. Es ist also schwer, hier ein neues Unternehmen aufzubauen, wenn man nicht schon über entsprechende Ressourcen verfügt. Oder ökonomisch gesprochen: Die ausschließliche Fokussierung auf die Elektromobilität bedeutet, dass der Staat eine Markteintrittsbarriere schafft. Neue Anbieter werden es schwer haben, auf diesem Markt Fuß zu fassen und so die alten Dickschiffe unter Druck zu setzen. Das wiederum verringert aber deren Druck, sich ständig anzupassen und so produktiver und besser zu werden. Die bereits jetzt in Ansätzen vorhandene oligopole Struktur des Automarkts würde sich noch weiter verfestigen. Die Verlierer wären die Verbraucher, da aufgrund des geringeren Wettbewerbsdrucks die Autos der Zukunft teurer und schlechter wären als sie sein müssten. Es ist also gar nicht so verwunderlich, dass die Autokonzerne die Idee gut finden.
„Überhaupt ist es ein Trend in der Autoindustrie, dass aus Margengründen kaum noch günstige Kleinwagen hergestellt werden.“
Noch ein Wort zu Tesla. Dieses Unternehmen wird den meisten wahrscheinlich als Gegenargument in den Sinn kommen. Doch als Tesla gegründet wurde, war die Ausgangssituation eine ganz andere. Damals war das Thema Elektromobilität noch im Anfangsstadium und Tesla konnte als disruptiver Pionier hier tatsächlich Fuß fassen. Diese Präelektrozeit ist allerdings vorbei, so dass potentielle Neugründungen nicht mehr auf einen so massiven Zufluss von Wagniskapital hoffen können wie Tesla.
Die Umstellung auf Elektromobilität hat aber noch einen weiteren Vorteil für die Hersteller. Betrachtet man die Preise von Elektrofahrzeugen, dann liegen diese (unabhängig von staatlichen Kaufanreizen) deutlich über denen von gleichartigen Verbrennern. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass für diesen Fahrzeugtyp die Massenproduktion noch nicht richtig angelaufen ist. Sollte das EU-Vorhaben umgesetzt werden, wäre es aber spätestens im nächsten Jahrzehnt so weit. Die Kosten der Hersteller würden aufgrund der Skalenerträge, die sich bei Massenproduktion einstellen, sinken. Dem würde der Effekt, dass die Rohstoffe aufgrund der erhöhten Nachfrage teurer werden, natürlich entgegenstehen, doch außerhalb politischer Risiken würde dieser den Vorteil voraussichtlich nicht zunichtemachen.
Nun könnte man annehmen, dass sich das positiv für die Verbraucher auswirken würde, da sie ggf. weniger bezahlen müssen. Doch das ist nicht sicher. Elektrofahrzeuge sind trotz fortschreitender Verbreitung noch relativ neu und viele Menschen haben sich noch keinen Referenzpreis für diese Fahrzeugklasse gebildet. Oder einfacher gesagt: Sie wissen nicht so recht, wieviel man ‚fairerweise‘ für ein Elektrofahrzeug zahlen muss. Das ist auch den Herstellern klar, so dass diese nicht gezwungen sind ihre Kostenvorteile weiterzugeben. Das gilt insbesondere, da gerade die Hersteller, die direkt vorgeprescht sind, gleichzeitig angekündigt haben, dass sie keine Einsteigermodelle mehr produzieren möchten. Überhaupt ist es ein Trend in der Autoindustrie, dass aus Margengründen kaum noch günstige Kleinwagen hergestellt werden. Dieser Trend dürfte sich bei Elektrofahrzeugen fortsetzen, was noch zu einem ganz anderen Problem führt, das weiter unten erläutert werden soll.
Verlassen wir die Hersteller und kommen wir zu einem anderen Wirtschaftszweig. Sollten ab 2035 immer mehr Elektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein, dann werden diese natürlich auch eine entsprechende Infrastruktur zum Laden benötigen. Diese muss erst aufgebaut werden, und ähnlich wie bei der Frage, wo denn die ganze Energie herkommen soll, bleibt man hier gänzlich unbestimmt, nach dem Motto: „Wird schon klappen“. Wozu diese Einstellung geführt hat, können wir gerade beim Thema Energiewende, Gasknappheit und Inflation beobachten. Lassen wir das Thema Energieerzeugung aber mal beiseite.
„Insbesondere Familien, die auf dem Land leben, werden in der schönen neuen Zukunft Probleme bekommen.“
Es bleibt also die Frage, woher die ganzen Ladesäulen kommen sollen. Einfach die gesamten Innenstädte mit Ladesäulen „zuzupflastern“ klingt jedenfalls nicht realistisch. Und wer jetzt auf die großen Diskounterketten zählt, der irrt. Auch denen wird der Strom nämlich zu teuer. Eine praktikable Möglichkeit wäre dagegen, die Mineralölkonzerne mit ins Boot zu holen, da diese mit ihrem Tankstellennetz ja bereits über eine vorhandene Infrastruktur verfügen. Strom und Benzin könnten dann während der (voraussichtlich sehr langen Übergangszeit) parallel angeboten werden. Da diese Konzerne nicht unbedingt auch den nötigen Strom erzeugen, werden Sie daher mit Energieerzeugern kooperieren. Was daraus folgt, ist klar: Der ohnehin schon teure Ökostrom wird noch teurer, da zwei Unternehmen daran verdienen wollen. Der Strom von der Tankstelle wird also voraussichtlich teurer sein, und damit auch die Amortisationszeit der teureren Elektrofahrzeuge verlängern. Dieser Umstand gilt vor allem aufgrund des unrühmlichen ersten Platzes, den Deutschland in Europa bei der Höhe der Strompreise bereits jetzt einnimmt.
Doch damit ist der Kostenreigen noch nicht vorbei. Denn es gibt ja noch den Staat. Dieser wird bis zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt über absolut solide Finanzen verfügen, denn z.B. für die die Energiewende werden weitere Schulden angehäuft werden. Die Energiesteuer auf Benzin und Diesel bringt jedes Jahr rund 35 Milliarden Euro ein. Auf diese Einnahmen wird der Staat nicht verzichten wollen. Man kann sich also vorstellen, wo er sich das Geld holen wird. Der Umstieg wird also sowohl indirekt (wegen der Energiewende) als auch direkt (über höhere Preise der Fahrzeuge und des Stroms) teuer. Individualmobilität könnte also immer mehr zum Luxusgut werden, doch das scheint ja auch der Plan mancher Politiker zu sein.
Man muss kein Genie sein, um zu erkennen, welche Bevölkerungsgruppe am meisten unter dieser Entwicklung leiden wird. Genau, es sind die einkommensschwachen Haushalte sowie der ‚klassische‘ Pendler aus der Mittelschicht. Insbesondere Familien, die auf dem Land leben, werden in der schönen neuen Zukunft Probleme bekommen. Familientaugliche Fahrzeuge werden dann nämlich deutlich teurer sein und über den Sprit holt man es auch nicht mehr rein. Zumal die vermutlich steigenden Energiepreise nicht gerade dazu beitragen, dass man sich ‚mehr Auto‘ leisten kann.
Fazit
Das pauschale Verbrenner-Aus ab 2035 ist ein weiteres EU-Projekt mit derartig vielen Fragezeichen und Risiken, dass man nur hoffen kann, dass im weiteren Prozess noch so etwas wie Vernunft Einzug hält – auch wenn das kaum zu erwarten ist. Es ist, wie so Vieles in diesem Bereich, ein Elitenprojekt, das die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung ignoriert.