21.12.2018

Sind E-Autos billiger?

Von Thilo Spahl

Titelbild

Foto: stux via Pixabay (CC0)

Steuergeld und staatliche Regulierung sollen Elektroautos auf den Markt schwemmen. Auf Dauer könnte dadurch das Autofahren zum unbezahlbaren Luxus werden.

Der ADAC hat festgestellt, dass Elektroautos gar nicht so teuer sind. In der Vollkostenrechnung schlägt beispielsweise der elektrische BMW i3s den BMW 218d Active Tourer. Der Stromer kostet alles in allem 53,6 Cent pro Kilometer, während der Diesel mit 57,4 Cent pro Kilometer klar teurer ist. Bei vielen anderen Paarungen ist es noch anders herum. Der Renault Zoë ist z.B. mit 48 Cent deutlich teurer als der ähnlich ausgestattete Renault Clio TCe 90 mit 36,4 Cent. Aber insgesamt entsteht der Eindruck, dass Kosten mittlerweile kein entscheidendes Kriterium mehr sind, wenn es darum geht, ob man elektrisch fahren möchte oder nicht.

Gerechnet ist das Ganze für eine Haltedauer von 4 Jahren und 15.000 Kilometer Fahrleistung pro Jahr. Wer noch mehr fährt, für den lohnt sich ein Umstieg erst recht. Denn der Strom ist offensichtlich billiger als das Benzin. Das Bild ändert sich jedoch, wenn wir die Steuern auf Energie berücksichtigen. Dann wird deutlich: Elektromobilität muss sich nicht nur der Autofahrer leisten können, sondern auch der Staat. Denn der Staat verdient bekanntlich an der Tankstelle mit. Aus Sicht von Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth allerdings nicht genug. Bei der Besteuerung von Energie müsse nachjustiert werden, sagte er kürzlich im ARD-Mittagsmagazin: „Es kann doch nicht sein, dass wir den Strom, der immer erneuerbarer wird, höher besteuern, während wir die Energieträger Heizöl und Sprit relativ niedrig besteuern.“

Nanu? Besteuern wir den Strom tatsächlich höher? Schauen wir uns an, was ein Autofahrer pro 100 Kilometer an Steuern für Kraftstoff bezahlt: Die Energiesteuer für Benzin liegt bei 65,45 Cent pro Liter. Bei 5,6 Liter pro 100 Kilometer kommt man auf 3,67 Euro pro 100 Kilometer. Dazu kommt die Umsatzsteuer in Höhe von 23,95 Cent (bei einem Benzinpreis von 1,50 Euro). Macht insgesamt rund 5 Euro auf 100 Kilometer. Beim Diesel kommen wir mit einer Energiesteuer von 47,04 Cent pro Liter, einem Literpreis von 1,35 Euro und 4,9 Liter Verbrauch auf 3,36 Euro. Der Fahrer eines Nissan Leaf, der 16 Kilowattstunden Strom zum normalen Haushaltsstromtarif lädt, um 100 Kilometer zu fahren, muss dafür Stromsteuer bezahlen. Die liegt bei 2,05 Cent pro Kilowattstunde. Außerdem natürlich auch die Mehrwertsteuer von etwa 4,7 Cent pro Kilowattstunde. Macht für ihn insgesamt 1,08 Euro auf 100 Kilometer. Wenn sie nun alle 15.000 Kilometer im Jahr fahren, gehen über die Steuer 750 (Benziner) bzw. 504 (Diesel) bzw. 162 Euro (E-Auto) an den Staat.

„Bei Elektroautos wird der CO2-Ausstoß bei der Erzeugung des Stroms nicht berücksichtigt, sie gelten als Nullemissionsfahrzeuge.“

Die Gesamtfahrleistung aller hiesigen Pkw lag im Jahr 2017 bei 630,5 Milliarden Kilometern. Nehmen wir an, die Autos waren durchschnittlich so sparsam wie die in unserem Rechenbeispiel, dann kommen wir bei einem Dieselanteil von 33 Prozent und 67 Prozent Benzinern (Gas und Elektro einmal beiseitegelassen) auf Steuereinnahmen in Höhe von insgesamt 28,08 Milliarden Euro. Bei 100 Prozent Elektroautos kämen wir dagegen nur auf 6,81 Milliarden. Differenz: 21,27 Milliarden Euro. Wenn wir Lkw dazu rechnen, ist es entsprechend noch einiges mehr. Insgesamt lag allein die Energiesteuer auf Benzin und Diesel in Deutschland 2017 (ohne Umsatzsteuer!) bei knapp 37 Milliarden Euro.

Zum Kostenvorteil bei der Steuer kommt derzeit noch die Umweltprämie in Höhe von 4000 Euro beim Erwerb eines E-Autos. Nimmt man die Kostendifferenz bei der Energiesteuer über eine Gesamtlaufleistung von 150.000 Kilometer und Umweltprämie zusammen, kostet ein durchschnittliches Elektroauto den Staat heute also in der Größenordnung von 10.000 Euro. Wer bis Ende 2020 kauft, dem wird zusätzlich die Kfz-Steuer auf zehn Jahre erlassen. In einigen Bundesländern kommen weitere Prämien hinzu, in Berlin zum Beispiel 4000 Euro bei gewerblicher Nutzung.

Ein weiterer Faktor, der zunehmend zur Verschleierung der relativen Kosten der Elektromobilität beitragen dürfte, sind die CO2-Flottengrenzwerte der Europäischen Union. Der durchschnittliche Ausstoß aller neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers darf einen gesetzlich fixierten Grenzwert in Gramm CO2 pro Kilometer in einem Jahr nicht überschreiten. Bis zum Jahr 2021 wird der Gesamtwert auf 95 g/km abgesenkt, ein Wert, der einem Verbrauch von 3,6 Liter Diesel entspricht und mit konventioneller Technologie nicht mehr erreicht werden kann. Danach soll es weiter abwärts gehen; im Moment ist von 80 g/km im Jahr 2025 bzw. 60 g/km 2030 die Rede. Aktuell liegt der europäische Durchschnitt bei 118,5 Gramm.

So werden die Hersteller nicht nur dazu gezwungen, Autos mit Verbrennungsmotor durch aufwändigere Technik zu verteuern. Sie müssen zudem auch immer mehr Hybridfahrzeuge und Elektroautos verkaufen, um die Flottengrenzwerte einzuhalten. Denn bei Elektroautos wird der CO2-Ausstoß bei der Erzeugung des Stroms nicht berücksichtigt, sie gelten als Nullemissionsfahrzeuge. Außerdem gibt es für sie sogenannte Supercredits, das heißt, sie werden bei der Berechnung der durchschnittlichen Emissionen aller Fahrzeuge eines Herstellers mit ihren Null-Emissionen doppelt gezählt (ab 2021 1,66-fach, 2022 1,33-fach, ab 2023 einfach). Nach wie vor ist es aber schwer, sie an den Mann zu kriegen, da die Anschaffungskosten sehr hoch sind. Wenn sich trotz staatlicher Anreize nicht schnell deutlich mehr Käufer begeistern lassen, liegt eine Mischkalkulation durch die Konzerne nahe: Verbrenner müssen etwas teurer werden, um den Preis der Elektroautos senken zu können. Je mehr sich aber das Verhältnis bei den Verkäufen der beiden hin zum Elektroauto verschiebt, desto schwieriger wird das.

„So wie wir alle (egal, welchen Tarif wir wählen) für Ökostrom bezahlen, würden wir dann alle (egal, ob oder welches Auto wir fahren) für Elektroautos bezahlen.“

Im Zweifelsfall kann alternativ natürlich auch der Gesetzgeber die Kosten für Verbrenner weiter erhöhen, wie nicht nur von Herrn Flasbarth gefordert wird. In einem ersten Schritt, empfiehlt ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), solle der Steuersatz auf Diesel an den auf Benzin angehoben, im zweiten Schritt dann beide weiter erhöht werden. Am Ende können unter diesen Bedingungen zwangsläufig nur noch E-Autos angeboten werden, wie das jüngst auch Volkswagen angekündigt hat. „Im Jahr 2026 beginnt der letzte Produktstart auf einer Verbrennerplattform“, verkündete VW-Chefstratege Michael Jost Anfang Dezember, ab 2040 soll kein Verbrenner mehr vom Band rollen.

Insgesamt ist nicht davon auszugehen, dass der Staat vorhat, mittelfristig ohne die Einnahmen aus der Energiesteuer auszukommen, die derzeit rund zwölf Prozent des Bundeshaushalts decken. Wenn also die Elektrifizierung des Autoverkehrs wie gewünscht erfolgt, wird das Geld aus anderen Quellen kommen müssen. Man kann nur mutmaßen, aber es ist nicht abwegig, dass man wieder durch irgendeine Form der Besteuerung beim Autofahrer anlangt und diesen die wahren Kosten der Elektromobilität doch noch einholen.

Vielleicht wird damit dann das umweltpolitische Ziel, das Auto für den Normalbürger zu teuer zu machen, doch noch erreicht. Ein Blick auf die Gelbwestenbewegung in unserem Nachbarland zeigt allerdings, dass das erheblichen sozialen Sprengstoff mit sich brächte. Eine auch nicht unwahrscheinliche Alternative wäre es, den Strom für alle zu verteuern. Das sind wir ja seit vielen Jahren gewohnt. So wie wir alle (egal, welchen Tarif wir wählen) für Ökostrom bezahlen, würden wir dann alle (egal, ob oder welches Auto wir fahren) für Elektroautos bezahlen.

Wir können nur hoffen, dass technologische Durchbrüche irgendwann zu massiven Kostensenkungen bei den Batterien führen und damit die realen Kosten der Stromer sinken. Ansonsten wird der „Siegeszug“ der Elektromobilität unweigerlich dazu führen, dass Autofahren endgültig zum Luxus wird. Ab einem gewissen Preisniveau spielt dann auch die Kaufprämie keine Rolle mehr. Der einzige, der schon heute ohne staatliche Prämie im ADAC-Vollkostenvergleich billiger kam als sein Benzinerpendant (Audi SQ7 TDI), war der Tesla Model X 100 D. Zu haben für gerade einmal 121.080 Euro.

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