20.01.2025
Fatale Klimapolitik
Von Alexander Horn
Seit Jahrzehnten propagiert die Klimapolitik Energieeffizienzverbesserungen zur Senkung des Energieverbrauchs. Das hat nie geklappt. Nun endlich sinkt der Energieverbrauch: durch Deindustrialisierung.
Trotz Deindustrialisierung und Realeinkommensverlusten aufgrund einer verheerenden Klima- und Energiepolitik setzen alle etablierten Parteien von CDU/CSU bis zur Linken – mit Ausnahme der AfD – unbeirrt auf die Erreichung der Klimaneutralität bis 2045. Auch das BSW hat sich dem klimapolitischen Konsens und dessen Prämissen, wie etwa der Ablehnung von Atomenergie, weitgehend angeschlossen. Im BSW-Wahlprogramm zur Bundestagswahl wird wachsweich formuliert, dass eine „Abkehr vom Wunschdenken einer schnell erreichbaren völligen Klimaneutralität“ erforderlich sei.
Um klimaneutral zu werden, setzten die etablierten Parteien auf die Umstellung der Energieversorgung auf fast ausschließlich erneuerbare Energien. Zudem soll der Energieverbrauch drastisch gesenkt werden. Diese Vorgabe hat einerseits ideologische Wurzeln, denn die Klimapolitik beruht auf der ökologischen Prämisse begrenzter Ressourcen und der Zurückdrängung des menschlichen Einflusses auf die Natur, so dass die Limitierung des Energieverbrauchs aus dieser Perspektive notwendig erscheint. Andererseits resultiert die Forderung zur Minimierung des Energieverbrauchs aus pragmatischen Erwägungen. Erneuerbare Energien sind im Unterschied zu anderen Energieträgern tatsächlich nur begrenzt verfügbar, womit die Klimapolitik ihr eigenes Dogma begrenzter Ressourcen pflegt, obwohl die Menschheit bereits jetzt durch fossile Energien sowie Kernspaltung und zukünftig Kernfusion über unendliche Energieressourcen verfügt. Zudem spielt das Kalkül eine Rolle, dass die Umstellung auf Erneuerbare umso schneller gelingt, wenn der Energieverbrauch in Deutschland nicht etwa – wie seit Jahrhunderten – weiter steigt, sondern möglichst drastisch sinkt.
Um den Energieverbrauch zu vermindern, haben wechselnde Bundesregierungen seit Jahrzehnten vielfältige gesetzliche Regulierung durchgesetzt. Regulatorische Vorgaben sollen vor allem in der Wirtschaft und bei den privaten Verbrauchern effizientere Energienutzung erzwingen, die aus rein ökonomischen Überlegungen, also unter Berücksichtigung von Aufwand und Nutzen, unterlassen würde. 2010 brachten die damaligen Regierungsparteien CDU/CSU und FDP das inzwischen mehrfach reformierte Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen auf den Weg, 2014 beschlossen CDU/CSU und SPD zunächst den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz und 2019 setzen sie die Energieeffizienzstrategie 2050 durch.
Nachdem die EU-Mitgliedstaaten bereits 2020 einen Beschluss zur beschleunigten Senkung der Treibhausgasemissionen gefasst hatten, machte die EU-Kommission mit ihrer 2023 vom Europaparlament und dem Rat der EU gebilligten Energieeffizienzrichtlinie (EED) eigene Vorgaben zur Senkung des Energieverbrauchs. Daraufhin verschärfte auch die Ampelkoalition den Kurs zur Energieeinsparung weiter. Bereits im Herbst 2023, also fast zeitgleich mit der EED, wurde das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) durch den Bundestag gebracht.
Im EnEfG ist festgelegt, dass der jährliche Endenergieverbrauch Deutschlands gegenüber dem Referenzjahr 2008 von damals 2544 Terawattstunden (TWh) bis 2030 auf nur noch 1867 TWh sinken soll. Der Endenergieverbrauch ist seit 2008 jedoch nicht nennenswert gesunken und bis zu der in Deutschland einsetzenden Industrierezession 2019 lag er noch immer über 2500 TWh. Die Vorgabe bedeutet also, dass praktisch die gesamte Verbrauchsminderung im Zeitraum von 2020 bis 2030 erreicht werden soll.
Über das EnEfG sind Bund und Länder nun dazu verpflichtet, „mittels strategischer Maßnahmen“, die in aller Regel jedoch erst noch formuliert werden müssen, festgelegte Einsparvorgaben beim Energieverbrauch, gegenüber Unternehmen und privaten Haushalten – wie etwa durch das Anfang 2024 in Kraft getretene Heizungsgesetz – durchzusetzen. Zwar müssen auch Bund und Länder in den ihnen zugeordneten öffentlichen Stellen festgelegte Energieeinsparungen erreichen. Da Behörden und andere öffentliche Einrichtungen jedoch einen nur sehr geringen Anteil der Endenergie in Deutschland verbrauchen, muss der Löwenanteil der im Gesetz festgelegten Einsparungen von jährlich mindestes 48 TWh bis 2030 von Unternehmen und privaten Haushalten erbracht werden.
Mit diesem Ziel sind erste kostentreibende bürokratische Verpflichtungen im EnEfG bereits ausformuliert. So werden Unternehmen ab einem bestimmten Energieverbrauch zur Einführung zertifizierter Energie- oder Umweltmanagementsysteme verpflichtet. In deren Rahmen müssen sie alle wirtschaftlich erscheinenden Energieeinsparmaßnahmen identifizieren und sofern diese innerhalb eines Investitionszeitraumes von bis zu 15 Jahren wirtschaftlich erscheinen, müssen Umsetzungspläne erstellt, veröffentlicht und zertifiziert werden. Das gilt sogar für den Fall, dass die Unternehmen gar nicht beabsichtigen diese Pläne umzusetzen, denn die Umsetzung der Pläne bleibt den Unternehmen im EnEfG freigestellt. Entstehende Abwärme muss zukünftig nach dem Stand der Technik vermieden bzw. soweit zumutbar wiederverwendet werden. Diverse Wärmedaten, Leistungsprofile sowie Regelungsmöglichkeiten sind zukünftig regelmäßig an die Bundesstelle für Energieeffizienz zu übermitteln. Rechenzentren müssen ihre Energieverbrauchseffektivität (PUE) sukzessiv auf ein definiertes Niveau erhöhen.
Auch über das Jahr 2030 hinaus soll der Druck zum Energiesparen erhalten bleiben. Im EnEfG ist vorgegeben, dass der Endenergieverbrauch bis 2045 sogar nur noch 1400 TWh betragen soll. Demnach muss der Endenergieverbrauch in Deutschland gegenüber 2019 um mehr als ein Drittel gesenkt werden. Unter Berücksichtigung der aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung läuft dieses Energiesparziel fast auf eine Halbierung des Pro-Kopf-Energieverbrauchs innerhalb von nur zweieinhalb Jahrzehnten hinaus – ein gigantischer Angriff auf den Wohlstand in Deutschland und insbesondere die Realeinkommen von Erwerbstägigen und Rentnern.
Quelle des Wohlstands
Entgegen der Stoßrichtung des EnEfG beruht die gesamte Entwicklungsgeschichte der Menschheit und der bis heute erreichte Wohlstand auf einer immer umfangreicheren und dabei gleichzeitig stetig effizienteren Nutzung natürlicher Ressourcen einschließlich der in der Natur reichlich vorhandenen Energie. So ist der Pro-Kopf-Energieverbrauch im gesamten Verlauf der menschlichen Entwicklung nicht nur kontinuierlich gestiegen, sondern in Phasen schnellen technologischen Fortschritts und steigenden Massenwohlstands geradezu explodiert. Der steigende Pro-Kopf-Energieverbrauch beruht einerseits auf dem mit steigendem Wohlstand einhergehenden energielastigen menschlichen Konsum, dessen Basis jedoch anderseits das ebenfalls immer energielastigere produktive Tun der Menschheit ist.
„Das Energiesparziel des EnEfG bedeutet fast eine Halbierung des Pro-Kopf-Energieverbrauchs innerhalb von nur zweieinhalb Jahrzehnten bis 2045."
Ursprünglich war die Menschheit zur Verrichtung von Arbeit ausschließlich auf den eigenen Körper und die ihm in Form von Nahrung zugeführte Energie angewiesen. Die Nutzung natürlicher Energieressourcen vergrößerte sich durch erste Nutztiere. Dadurch erweiterte sich der Stoffkreislauf, indem nun auch Nutztiere die vor allem von der Sonne gelieferte Energie in Form von Nahrung aufnahmen. Als Last- oder Zugtiere unterstützten sie die menschliche Arbeit, die dadurch produktiver wurde. So führte die umfangreichere Energienutzung dazu, dass in der gleichen menschlichen Arbeitszeit beispielsweise mehr Ackerfläche bearbeitet oder größere Lasten transportiert werden konnten.
Dieser Stoffkreislauf wurde durch die spätere Nutzung immer dichterer Energieflüsse qualitativ und quantitativ erweitert. Zunächst wurde Holz, dann Kohle, später Erdöl und Erdgas und in jüngerer Zeit sogar Kernenergie eingesetzt, um körperliche Arbeit durch den Einsatz neuer Technologien, insbesondere durch Maschinen sowie Roboter und unter Anwendung immer größeren Energiemengen, zu unterstützen und produktiver zu gestalten. Seit den 1850er Jahren hat der immer umfangreichere Energieeinsatz dazu beigetragen, die menschliche Arbeit in Deutschland – wie auch in den anderen entwickelten Volkswirtschaften – um etwa den Faktor 12 produktiver zu machen, was einer gesellschaftlichen Wohlstandssteigerung und Realeinkommenssteigerungen im etwa gleichen Umfang entsprach. Die erreichten Arbeitsproduktivitätssteigerungen haben im gesamten historischen Verlauf dazu geführt, dass die in einem erzeugten Gut enthaltene menschliche Arbeit kontinuierlich zugunsten eines steigenden Energieeinsatzes reduziert wurde.
Diese Entwicklung ist weder in den weniger entwickelten noch in den entwickelten Volkswirtschaften zum Stillstand gekommen. Zusätzlich zu enormen Potenzialen bei der Steigerung der Produktivität von körperlicher Arbeit weist der verstärkte Einsatz von Informationstechnologie, Massendatenverarbeitung, KI und Quantencomputern auf ein großes Potenzial, um auch geistige Arbeit produktiver zu gestalten. Auch die hierbei möglichen Arbeitsproduktivitäts- und Wohlstandspotentiale sind nur unter der Bedingung eines auch zukünftig gigantisch steigenden Energiebedarfs zu heben.
Aus Sicht der Klimapolitik ist der technische Fortschritt wegen der mit ihm einhergehenden Prozess- und Produktinnovationen ein energiefressendes Monster. Denn es werden immer wieder völlig neuartige Produkte und Dienstleistungen eingeführt, die einen zusätzlichen Energiebedarf auslösen. Zudem bewirken Prozessinnovationen, indem sie die Arbeitsproduktivität anheben, typischerweise einen steigenden Energieeinsatz pro erzeugtem Gut. Gleichzeitig hat die preisliche Bewertung von Energie eine immer effizientere Herstellungsweise bewirkt, die den Energieverbrauchsanstieg pro Stück gedämpft und gelegentlich durch technologische Verbesserungen sogar überkompensiert hat. Obendrein werden die erzeugten Güter durch Prozessinnovationen immer billiger und damit auch erschwinglicher für einen immer größeren Anteil der Bevölkerung.
So werden innovative Produkte, wie etwa PKW oder Flugreisen, die anfangs nur besonders wohlhabenden Bürgern vorbehalten waren, durch produktivitätssteigernden technischen Fortschritt zu Massenprodukten. Das jedoch lässt den Pro-Kopf-Energieverbrauch – jedenfalls in Phasen starken Produktivitäts- und Realeinkommenswachstums – regelrecht explodieren. Das zeigte sich in den entwickelten Volkswirtschaften im Zeitraum von 1950 bis 1980, so auch in Deutschland, wo der Pro-Kopf-Energieverbrauch in diesen drei Jahrzehnten auf das Zweieinhalbfache anstieg. Das gleiche Phänomen zeigt sich in den heutigen Schwellenländern wie China und weiten Teilen Asiens, wo der Pro-Kopf-Energieverbrauch seit 1990 sogar noch rasanter zunahm.
Zurück in die Steinzeit
Ganz im Gegensatz dazu beruht die deutsche Klimapolitik auf der ökologischen Ideologie, wonach der Ressourcen- und Energieverbrauch kontinuierlich vermindert werden müsse. Seit Anfang der 2000er Jahren ist dieses, ursprünglich aus der grünen Bewegung stammende Denken, das natürliche Grenzen postuliert und dem technologischen Fortschritt aufgrund der mit einhergehenden Risiken skeptisch begegnet, allgemein akzeptiert. Dem etablierten Vorsorgeprinzip zufolge sollen bekannte und sogar bisher nicht bekannte mögliche Folgen menschlichen Tuns a priori ausgeschlossen werden. So gilt es als folgerichtig, den vermeintlich negativen menschlichen Einfluss auf die Natur und vor allem das Klima so weit als möglich einzudämmen und diesen Einfluss im Rahmen einer zu erreichenden Klimaneutralität letztlich zu eliminieren.
„Aus Sicht der Klimapolitik ist der technische Fortschritt wegen der mit ihm einhergehenden Prozess- und Produktinnovationen ein energiefressendes Monster."
Bisher jedoch ist die klimapolitisch gewollte Senkung des Pro-Kopf-Energieverbrauchs durch verbesserte Energieeffizienz, die mit einer Vielzahl von Gesetzen – vom Glühlampenverbot über Bauvorschriften bis hin zur gezielten Verteuerung von Energie – erzielt werden soll, nur leidlich gelungen. Zudem zeigt sich, dass all diese ab Anfang der 2010er Jahre verstärkt vorangetriebenen Maßnahmen nicht vermocht haben, die jährlich erzielten gesamtwirtschaftlichen Energieeffizienzverbesserungen – die sich aus dem Verhältnis zwischen dem gesamten Endenergieverbrauch und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) errechnen lassen – erkennbar zu steigern. Vielmehr stagnierte die in Deutschland jährlich erreichte gesamtwirtschaftliche Energieeffizienzsteigerung im Zeitraum von 1990 bis zum Jahr vor dem Beginn der Coronakrise 2019 bei durchschnittlich 1,56 Prozent pro Jahr - was sich rechnerisch ergibt aus dem im Zeitraum von 2631 TWh auf 2514 TWh gesunkenen Endenergieverbrauch (jährlich 0,16 Prozent), bei einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von jährlich 1,4 Prozent
In der EED der EU und im deutschen EnEfG gehe es „nur scheinbar“ um Energieeffizienz, konstatieren der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, und der Direktor des Walter Eucken Instituts, Lars P. Feld, sowie weitere Ökonomen in einem Beitrag zur Ordnungspolitik für die F.A.Z. Volkswirtschaftlich seien diese Gesetze „schädlich“, da sie auf die Deckelung des Energieverbrauchs abzielen. Sofern nämlich die „Energieeffizienz nicht wesentlich schneller zunimmt als in den vergangenen Jahren, müsste die Wirtschaft zur Erreichung des Ziels massiv schrumpfen“, erklären die Autoren. Dass es gelingen könnte, die gesamtwirtschaftliche Energieeffizienz über den Durchschnittswert der vergangenen Jahrzehnte – der nach seinen Berechnungen bei etwa 1,4 Prozent pro Jahr liegt – zu steigern, bezweifelte Fuest bereits an anderer Stelle. Demnach bleibt also nur die wirtschaftliche Schrumpfung, um die im EnEfG gesetzten Ziele beim Energieverbrauch zu erreichen.
Das ist kein Scherz, sondern längst bittere Realität. Tatsächlich basiert die deutsche Klimapolitik auf technologischer Stagnation und wirtschaftlicher Schrumpfung. Denn erst als das ab Anfang der 1950er Jahre von enormen Investitionen und ebenso hohen Arbeitsproduktivitätsverbesserungen getriebene Wirtschafts- und Wohlstandswachstum in den 1980er Jahren bereits abgeebbt war, schwand der Energiehunger der Wirtschaft wie auch der privaten Konsumenten.
Zwar gelang es seit den 1980er Jahren bis in die heutige Zeit, mit einem immer massiveren Einsatz vor allem geldpolitischer und fiskalischer Instrumente das Wirtschaftswachstum auf immer niedrigerem Niveau zu stabilisieren. Die einseitig auf Stabilisierung ausgerichtete Wirtschafts- und Geldpolitik hat jedoch wirtschaftliche Restrukturierungen, in denen weniger profitable und unproduktivere Unternehmen ausscheiden, über einen sehr langen Zeitraum verhindert, so dass sich die in den entwickelten Volkswirtschaften bereits in den 1970er Jahren einsetzende wirtschaftliche Depression kontinuierlich verfestigt hat. Es hat sich eine Zombiewirtschaft herausgebildet, in der die Investitionstätigkeit der Unternehmen stark geschwächt ist, technischer Fortschritt kaum noch erreicht wird und infolgedessen Arbeitsproduktivität und Realeinkommen stagnieren oder sogar rückläufig sind.
Bei nur noch geringen und im Zeitverlauf immer weiter sinkenden Produktivitätszuwächsen sowie Realeinkommensgewinnen von jeweils unter einem Prozent pro Jahr zwischen 1990 und 2019 kam es zur Stagnation des Pro-Kopf-Energieverbrauchs. In diesem Zeitraum ist der Endenergieverbrauch von 2631 TWh auf 2514 TWh gesunken, während im gesamten Zeitraum nur noch ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent pro Jahr erreicht wurde. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung ergibt sich für diesen Zeitraum von etwa drei Jahrzehnten ein minimaler Rückgang des Pro-Kopf-Energieverbrauchs von insgesamt etwa fünf Prozent. Seit 2019 jedoch befindet sich die deutsche Wirtschaft auf einem Schrumpfkurs bei stagnierender Arbeitsproduktivität und sogar sinkenden Realeinkommen. Auf dieser Grundlage gelingt es nun tatsächlich, den Pro-Kopf-Energieverbrauch in dem Umfang zu senken, den das EnEfG vorgibt.
Das Monster zähmen
Seit der in Deutschland 2018 einsetzenden Industrierezession ist die Industrieproduktion um inzwischen etwa 15 Prozent gesunken. Eine Trendwende zeichnet sich nicht ab, ganz im Gegenteil weisen rückläufige Investitionen und der Auftragsmangel infolge sinkender Wettbewerbsfähigkeit in Richtung einer Fortsetzung dieser Entwicklung. Besonders betroffen sind die energieintensiven Industriebranchen, die in diesem Zeitraum die Produktion um mehr als 20 Prozent vermindert haben. Da die Bruttowertschöpfung der Industrie nicht ganz so stark eingebrochen ist wie die Produktion – was darauf zurückführt wird, dass die Unternehmen seit Anfang der 2010er Jahre dazu tendieren, höherwertige Wertschöpfung in Deutschland zu konzentrieren, jedoch sogar kapitalintensive Massenproduktion ins Ausland verlagern – und die Dienstleistungsbranchen, wenn auch nur minimal, zum Wachstum beigetragen haben, liegt das reale BIP heute auf dem Niveau, das es bereits 2019 erreicht hatte. Demnach ist die deutsche Wirtschaft seit über fünf Jahren nicht mehr gewachsen.
Gleichzeitig vollzieht sich ein Deindustrialisierungsprozess, der ursprünglich von den energieintensiven Branchen ausgegangen ist. Insbesondere diese Unternehmen der Chemie-, Stahl-, Papier- und Glasindustrien reagieren bereits seit Mitte der 2000er Jahr mit Desinvestitionsstrategien auf die Klima- und Energiepolitik, die die Energiepreise in Deutschland auf ein weltweites Spitzenniveau getrieben hat, die Versorgungssicherheit gefährdet und wegen der enormen regulatorischen Eingriffe in die Unternehmensautonomie gigantische Bürokratie- und Energiekosten bewirkt.
„Der Erfolg der ökologischen Klimapolitik mit der geplanten Halbierung des Pro-Kopf-Energieverbrauchs bis 2045 hängt von der Fortsetzung der wirtschaftlichen Stagnation mitsamt der nun dynamisch voranschreitenden Deindustrialisierung ab."
Infolge dieser wirtschaftlichen Stagnation ist der Endenergieverbrauch von 2019 bis 2023 sogar um 9,8 Prozent auf nur noch 2267 TWh gesunken. Auch im vergangenen Jahr dürfte er nochmals deutlich zurückgegangen sein, so dass Deutschland im Hinblick auf die im EnEfG festgelegte Senkung des Endenergieverbrauchs auf Kurs liegt. Haupttreiber des Energieverbrauchsrückgangs war die Industrie und dort vor allem die energieintensiven Branchen, auf die fast ein Viertel des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland entfällt. Der Erfolg der ökologischen Klimapolitik mit der geplanten Halbierung des Pro-Kopf-Energieverbrauchs bis 2045 steht und fällt also nicht etwa mit klimapolitisch bewirkten Energieeffizienzverbesserungen, sondern er hängt von der Fortsetzung der wirtschaftlichen Stagnation mitsamt der nun dynamisch voranschreitenden Deindustrialisierung ab.
Das Gelingen der „sozial-ökologischen Transformation“ beruht daher darauf, die technologische Stagnation mit stagnierender Arbeitsproduktivität und Realeinkommensverlusten zu zementieren beziehungsweise noch zu verschärfen und die Deindustrialisierung nicht aufzuhalten. Ganz im Gegenteil muss die Gangart in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sogar weiter forciert werden. Obendrein gilt es, die Entstehung neuer Unternehmen, die durch den Einsatz hoher Energiemengen innovative IT- und KI-Lösungen versprechen, auszubremsen. Denn aus der Perspektive dieser Klimapolitik muss mit allen Mitteln verhindert werden, dass die Wirtschaft in Deutschland – wie in den 1950er bis 1970er Jahren geschehen – erneut zu einem energiefressenden Monster mutiert, das für technologiegetriebenen Produktivitätsfortschritt, steigende Realeinkommen und entsprechend steigenden Massenkonsum sorgt.
Leider zeichnen sich bei der anstehenden Bundestagswahl keine Mehrheiten ab, um diesem verheerenden Elitenversagen ein Ende zu bereiten. Mit der absehbaren Fortsetzung dieser Transformation, deren Erfolg auf technologischer Stagnation und wirtschaftlicher Schrumpfung beruht, wird der Wohlstand der erwerbstätigen Massen auf dem Altar der Klimapolitik geopfert.