25.01.2021

Der Anfang einer Spaltung der CDU?

Von Sabine Beppler-Spahl

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Foto: Metropolico.org via Flickr (CC BY-SA 2.0 / bearbeitet)

Die CDU wird auch nach der Ära Angela Merkels tief gespalten sein. Die Frage nach dem knappen Sieg Armin Laschets über Friedrich Merz ist, wie die unterlegene Seite reagiert. Zeigt sich ein erster Riss in der Partei?

Oberflächlich betrachtet sieht es aus, als sei die Wahl des Parteivorsitzenden ein Triumph für das Pro-Merkel-Establishment gewesen. Wochenlang hatten führende Mitglieder der CDU, darunter auch die frühere Vorsitzende der Frauen-Union, Rita Süssmuth, die Werbetrommel für Laschet geschlagen. Im Oktober war sogar der Parteitag verschoben worden – angeblich wegen der Pandemie, aber die Unterstellung, dass es auch darum ging, Laschets Chancen gegen Merz zu verbessern, ließ sich nie richtig widerlegen.

Nun aber hat sich einmal mehr gezeigt, dass die CDU eine gespaltene Partei ist. Die interessante Frage ist jetzt: Wie wird sich die unterlegene Seite verhalten? Wird sie sich weiter konsolidieren und eine langfristigere, stabilere Opposition aufbauen? Und wenn ja, wird dies innerhalb oder außerhalb der CDU geschehen?

Laschets Umfragewerte bleiben dürftig. Nur 25 Prozent der Deutschen glauben, dass er einen guten Kanzler abgeben würde. Klar ist, dass er den Führungsstreit gewonnen hat, weil er der Kandidat des bürgerlichen Mainstreams ist. „Ich favorisiere Armin Laschet. Er ist regierungserfahren, kann Wahlen gewinnen, vertritt den Kurs einer bürgerlich-progressiven Mitte“, sagte Karin Prien (Bildungsministerin von Schleswig Holstein) vor dem Parteitag.

Die Bewerbungsrede Laschets betonte dann auch die Kontinuität zur bisherigen Parteilinie und der Kanzlerin: „Das Weiter so, das wir brauchen, ist die Kontinuität des Erfolgs“, sagte er. Bezeichnenderweise bot seine Rede dem eher konservativen Flügel der Partei, der Merz favorisierte, wenig bis nichts an. Der Anspruch, Wähler von der AfD zurückzugewinnen – einst ein wichtiges Ziel der CDU – war ihm nicht einmal ein Lippenbekenntnis wert. Überhaupt war die Rede zwar professionell vorgetragen, aber doch auffällig inhaltsleer. Darüber, wohin das Land steuern solle oder wo die Prioritäten für die Zukunft gesetzt werden sollten, sagte der Kandidat nichts. Stattdessen appellierte er an die Delegierten, ihm zu vertrauen. Schamlos kopierte er Merkels Wahlslogan von 2013 („Sie kennen mich“) und beendete seine Rede mit den Worten: „Ich bin Armin Laschet. Darauf können Sie sich verlassen.“

„Sicher kam Merz‘ Hinweis auf die Impfung als Ausdruck der Innovationsfähigkeit Deutschlands nicht nur gut an. Schließlich sind die Verzögerungen bei der Immunisierung gegen das Virus kein Ruhmesblatt für die Regierung.“

Und was ist mit Merz? Auch dieser Kandidat hat Nachteile: Anders als Laschet hat er nie eine Wahl gewonnen. Jahrelang spielte er in der aktiven Parteipolitik keine Rolle und arbeitete stattdessen als Lobbyist für BlackRock (das bot Laschet eine Angriffsfläche, „Deutschland […] braucht keinen CEO“, sagte er).

Doch Merz beugt sich nicht der vom Establishment vorgegebenen Linie und das hat ihn zu einem Dorn in deren Auge gemacht. Als er in seiner Rede vor den Delegierten über Corona sprach, sagte er, es gebe zwei Möglichkeiten, auf die Krise zu reagieren: Wir könnten vor Angst auf die nächsten Tage und Wochen schauen. Wir könnten aber auch Mut und Zuversicht geben und den Menschen zeigen, dass eine Lösung möglich sei. Das ist ganz bestimmt nicht das, was Merkels Regierung, die seit Monaten die Angst vor dem Virus schürt, hören wollte. Sicher kam auch sein Hinweis auf die Impfung als Ausdruck der Innovationsfähigkeit Deutschlands nicht nur gut an. Schließlich sind die Verzögerungen bei der Immunisierung gegen das Virus kein Ruhmesblatt für die Regierung und den Gesundheitsminister, der zum Team Laschet gehört.

Merz besaß sogar die ‚Frechheit‘ zu behaupten, dass es unser Anspruch sein müsse, Lösungen für alle großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden, einschließlich der Klimakrise (eine der größten Herausforderungen). Aber auch hier gelte es, nicht ängstlich und verzagt zu sein, sondern auf Innovationen zu setzen. Er mache sich dieses Narrativ, dass gestern nichts getan wurde und morgen die Welt untergehe, nicht zu eigen.

„Seit diesem Führungsstreit ist klar: Die CDU ist jetzt zwei Parteien.“

Und somit ist Merz etwas ganz Wichtiges gelungen: Er hat die politische Debatte aufgerüttelt. Seine knappe Niederlage zeigt, dass dies dringend nötig war und weiterhin sein wird. Das Ergebnis zeigt auch, dass es zumindest zwei Flügel innerhalb der CDU gibt – und Merz seine konservativ-liberale Basis festigen konnte. Das Parteiestablishment dürfte besonders über die Unterstützung, die Merz im Lager der Jungen Union hat, besorgt sein.

Ein weiteres positives Ergebnis des Parteitags ist, dass die Illusionen, die viele Merkel-Kritiker hegten, nun hoffentlich langsam schwinden. Lange Zeit glaubten die Unzufriedenen, die sich in der Defensive fühlten, dass alle Probleme auf die Kanzlerin zu schieben seien (einige behaupteten sogar, sie habe ihre Taktik in der DDR gelernt). Viele hofften, ihre Chance käme in dem Moment, in dem Merkel verschwindet. Die Wahl des Vorsitzenden aber hat gezeigt, dass große Teile der CDU entschlossen sind, an Merkels Kurs festzuhalten. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass sich viele in der Partei weiterhin gegen Merz stellen werden. Seine Forderung, Wirtschaftsminister zu werden, wurde bereits abgelehnt. All dies bedeutet, dass diejenigen CDU-Mitglieder, die ernsthaft eine Opposition zu Merkels grünem Opportunismus der Mitte aufbauen wollen, sich der Realität stellen müssen: Sie werden nicht nur mit Merkel brechen müssen, sondern auch mit großen Teilen der eigenen Partei.

Wer die CDU in die Bundestagswahl im September führen wird, ist noch lange nicht klar – das Parteiestablishment will dies irgendwann nach Ostern bekannt geben. Unklar ist auch, wie Merz auf seine jüngste Niederlage reagieren wird. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es Laschet schwer fallen wird, die Partei zu einen. Seit diesem Führungsstreit ist klar: Die CDU ist jetzt zwei Parteien. Hoffen wir, dass die Debatte weitergeht.

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