02.06.2017
Bringt Klimapolitik eigentlich etwas?
Kommentar von Thilo Spahl
Trump steigt aus. Am Klimaschutz ändert das nichts
Was für ein leeres Spektakel. Der böse Trump will nicht mehr beim Pariser Klimaabkommen mitmachen und die halbe Welt überschlägt sich vor Empörung, Gejammer, apokalyptischem Geraune und Zusammenhaltsbeschwörungen der Klimaretterallianz, der dann nur noch 192 von 195 Staaten angehören werden.
Übersehen, übertüncht oder nicht gewusst wird dabei offenbar eines: Das Pariser Abkommen ist genauso wie die ganze Klimapolitik der letzten Jahrzehnte nichts wert. Es hatte nur eine Funktion: dass sich alle gegenseitig auf die Schulter klopfen können.
Auf was hat man sich denn 2015 in Paris geeinigt, von dem nun das Überleben der Menschheit abhängen soll? Jeder Staat durfte selbst irgendetwas vorschlagen, was er in Zukunft fürs Klima machen will. Daran darf er nun gemessen werden (bzw. übernimmt die Messung selbst). Wenn er aber seine „beabsichtigten national festgelegten Beiträge“ (intended nationally determined contributions INDCs) aus irgendeinem Grund nicht erreicht und das zugeben würde, dann hat es eben nicht geklappt. Rechtlich verbindlich sind die Vereinbarungen nicht. Und ambitioniert sind sie auch nicht. Jeden Fall nicht so, dass sich für das Klima ein großer Unterschied ergeben würde. China zum Beispiel hat sich vorgenommen, ab 2030 mit der Reduktion zu beginnen, Indien hat sich zu nichts verpflichtet, sondern sich nur vorgenommen, bei der Effizienz Fortschritte zu machen, die geringer sind als in der Vergangenheit, Pakistan will reduzieren, wenn der Höhepunkt der Emissionen überschritten ist, usw.
Matt Ridley beschreibt das Ergebnis des Klimagipfels in Paris in der Times so: „Statt den nächsten Fehlschlag einzugestehen, beschlossen die Umweltokraten (“envirocrats”) das Ruder herumzureißen: Sie gaben es auf, ein rechtlich verbindliches Abkommen vorzutäuschen, forderten zu freiwilligen Emissionsreduktionsangeboten auf, und versuchten das Ganze durch eine aufgeblasene Siegeserklärung zu vertuschen.“
Seitdem wird diese Scheinrettung der Welt beschworen, so gut es geht. Und es geht ja ganz gut. Wenn jemand hartnäckig nachhakt, wie es mit den Reduktionen denn läuft, landet er irgendwann bei der Aussage, dass es ab 2030 dann so richtig losgehen werde. Das kann man dann glauben, oder man kann es lassen. Die Politiker, die heute ihren Erfolg beschwören und Abweichler ausbuhen, werden in 20 Jahren alle nicht mehr im Amt sein. Und selbst wenn, dann können sie ja immer noch sagen, dass der über Jahrzehnte heldenhaft durch die Welt tingelnde Klimagipfelzirkus eben in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Welt retten wird.
Dass das Abkommen nichts wert ist, hat Björn Lomborg berechnet. Wenn man annimmt, alle INDC, die bis 2030 angepeilt wurden, würden erreicht und anschließend bis zum Jahr 2100 gehalten, dann ergäbe sich eine Reduktion der Klimaerwärmung um 0,17 Grad Celsius. Davon würden 0,013 Grad auf das Konto des US Clean Power Plans von Trump-Vorgänger Obama gehen. Die EU wäre mit 0,053 Grad mit von der Partie. Eine Studie des MIT kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Ohne Paris wäre der Planet demnach am Ende des Jahrhunderts 3,9 Grad wärmer, mit Paris 3,7 Grad.
Das Pariser Abkommen ist nicht besser als die vorhergehende Klimapolitik. 1997 trat das Kyoto-Abkommen in Kraft. Der Effekt ist sehr deutlich zu sehen, wenn man die Emissionen vor und nach Inkrafttreten vergleicht. In den zehn Jahren vor dem Abkommen ging die Kohlenstoffintensität der Energieerzeugung um durchschnittlich 0,7 Prozent pro Jahr zurück, in den zehn Jahren danach nur noch um 0,2 Prozent. Nicht gerade ein durchschlagender Effekt.
Folgende Kurve aus einem Beitrag von Ted Nordhaus und Jessica Lovering zeigt, was Klimapolitik wirklich bringt:
Ein ähnlich unsichtbarer Erfolg zeigt sich beim Europäischen Emissionshandel:
Und in Deutschland geht es seit dem Ausrufen der Energiewende auch nicht schneller bergab als vorher:
Immerhin: Alle Kurven verlaufen nach unten. Allerdings tun sie das unbeeindruckt von der Klimapolitik. Und sie zeigen nicht den absoluten CO2-Ausstoß, sondern nur relativ zur erzeugten Energiemenge. Die Kurve der absoluten Emissionen verläuft deutlich und ebenso unbeeindruckt in die andere Richtung:
Wenn der Klimawandel die Bedrohung ist, als die er von praktisch allen gesehen wird, dann ist das Pariser Abkommen eine nicht besonders elegante Art, den Kopf in den Sand zu stecken. Wenn Trump bei diesem Spielchen nicht mitmacht, hat das vielleicht sogar etwas Gutes. Betrachten wir den Fake News-Künstler hier zur Abwechslung mal als Abgesandten der Realität, der den Job übernommen hat, am schönen Schein zu kratzen.
Vor allem Deutschland sollte den Mund hier nicht so voll nehmen. Hierzulande werden Hunderte von Milliarden für die Energiewende ausgegeben, ohne dass die CO2-Emissionen merklich sinken. Die effizienteste und effektivste Technologie zur CO2-Vermeidung, die Kernenergie, wird komplett abgelehnt. Schnell zu realisierende Beiträge, etwa durch Schiefergas, ebenso. Und statt die notwendigen CCS-Technologien für Clean Coal zu entwickeln, wird munter der Kohleausstieg gefordert. Machbarkeit und Kosten spielen im deutschen Klimaschutz keine Rolle, was zählt ist die reine Irrlehre und moralische Überlegenheitsrhetorik.