30.01.2023

Beim Ukrainekrieg geht es nicht um Dich, Annalena!

Von Sabine Beppler-Spahl

Titelbild

Foto: Stephan Röhl via Flickr / CC BY 2.0

Zu viel Narzissmus, zu wenig rationale Distanz in der Außenpolitik

„Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“, sagte Annalena Baerbock Anfang letzter Woche beim Europarat. Das war ein gefährlicher und unerhörter Satz, denn bisher wurde den Bürgern versichert, dass Deutschland keine Kriegspartei ist – und die Regierung auch alles unternimmt, um eine Eskalation zu vermeiden. Um Schadenbegrenzung bemüht, ruderte die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung denn auch sofort zurück: „Das Außenministerium hat sich ja sehr klar dazu geäußert, dass die Nato und Deutschland NICHT Kriegspartei sind. Das hat der Kanzler immer wieder betont. Die Nato und Deutschland sind in diesem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nicht Kriegspartei. Wir unterstützen die Ukraine, aber wir sind nicht Kriegspartei", sagte sie bei einer Pressekonferenz. Für die russische Regierung, die zwischenzeitlich offiziell um eine Erklärung bat, war Baerbocks Versprecher dennoch ein gefundenes Fressen.

Aber, was hat die Außenministerin geritten, einen solch gefährlichen und auch falschen Satz in die Welt zu posaunen? Eine gute Erklärung gibt es nicht, denn selbst wenn sie sich einfach nur versprochen hat, so wäre das ein großes Problem. Kann sich Deutschland, so müssen wir uns fragen, eine Außenministerin leisten, die in einer solch gefährlichen und angespannten Lage ihre Worte nicht überdenkt?

„In unserer narzisstischen Zeit können viele westliche Politiker und Kommentatoren es nicht lassen, diesen Krieg für sich zu reklamieren."

Es ist zudem nicht das erste Mal, dass sich Frau Baerbock verplappert. Ende August z.B. sagte sie bei einer EU-Außenministerkonferenz, sie stehe zur Ukraine – unabhängig davon, was ihre deutschen Wähler denken. Auch das war für eine Politikerin, die ihr Amt einzig den Wählern zu verdanken hat, ein unerhörter Satz. Mit ihm leistete sie nicht nur dem Anliegen der Ukrainer einen Bärendienst (denn er war bestimmt nicht geeignet, die Solidarität in Deutschland mit dem überfallenen Land zu stärken). Er gab auch einen Einblick in die Gedankenwelt dieser Politikerin, die sich offensichtlich als weit über ihren Wählern stehend betrachtet.

Nun gibt es viele gute Gründe, warum es richtig ist, die Ukraine zu unterstützen. Allen voran die Tatsache, dass das Land überfallen wurde und um seine Souveränität kämpft. Doch geht es Baerbock überhaupt in erster Linie um die Ukraine – oder geht es ihr vor allem um sich selbst?

In unserer narzisstischen Zeit, schrieb der britische Soziologe Frank Furedi schon im Frühjahr 2022, können viele westliche Politiker und Kommentatoren es nicht lassen, diesen Krieg für sich zu reklamieren. Viele sehen ihn als eine Gelegenheit, sich selbst moralisch aufzuwerten oder ins rechte Licht zu rücken.

Das ist das Problem mit Annalena Baerbock. Statt sich rational, diszipliniert und distanziert über diesen schrecklichen Krieg zu äußern, wie es sich für einen professionellen Außenpolitiker gehört, spielt sie sich als die Heilige Johanna des Schlachtfeldes auf. Fast wirkt es, als glaube sie tatsächlich, dass der Erfolg der Ukraine in ganz entscheidender Weise vor allem von ihr abhängt – und nicht von den Menschen und Soldaten vor Ort, die ihr Land so tapfer verteidigen.

Wir brauchen eine ernsthafte Außenpolitik.

jetzt nicht

Novo ist kostenlos. Unsere Arbeit kostet jedoch nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Unterstützen Sie uns jetzt dauerhaft als Förderer oder mit einer Spende!