13.01.2020

Australien: Katastrophale Brände sind vermeidbar

Von Thilo Spahl

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Foto: skeeze via Pixabay / CC0

Klimawandel ist eine faule Ausrede für das Versagen bei der Buschfeuerprävention.

Wenn man über die australischen Buschfeuer schreibt und den Klimawandel nicht erwähnt, sei das so, als ob man über einen Terroranschlag berichtet, ohne zu sagen, wer dafür verantwortlich ist, meint der Klimafolgenforscher Stefan Rahmstorf.

Das ist eine eigentümliche Sicht. Ich würde eher sagen: Wenn man über die Brände berichtet und sagt, der Klimawandel sei verantwortlich dafür, dann ist das so, als ob man über einen Autounfall eines Betrunkenen mit überhöhter Geschwindigkeit auf nasser Straße schreibt und dem Regen die Schuld gibt. Für die katastrophalen Brände in Australien gibt es eine Reihe von Ursachen. Das trockene Wetter ist ein begünstigender Faktor. Und der Klimawandel ist wiederum einer von mehreren Faktoren, die zu dieser Trockenheit beigetragen haben mögen. Die wesentlichen Ursachen für die schweren Brände sind aber schlechtes Landmanagement, Brandstiftung und insbesondere die unzureichende Prävention. Katastrophale Brände sind vermeidbar.

„Die derzeitige Katastrophe in Australien ist eine Katastrophe mit Ansage, weil bekannte und bewährte Maßnahmen der Brandverhinderung nur unzureichend durchgeführt wurden."

Die wichtigste Maßnahme ist es zu verhindern, dass sich große Mengen leicht brennbares Material in der Landschaft ansammeln. Dazu muss man dieses Material regelmäßig in ausreichendem Maße kontrolliert abbrennen (prescribed burning). Die derzeitige Katastrophe in Australien ist eine Katastrophe mit Ansage, weil bekannte und bewährte Maßnahmen der Brandverhinderung nur unzureichend durchgeführt wurden.

Buschfeuer sind in Australien ein jährlich auftretendes Phänomen

Wenn es bei uns Winter und in Australien Sommer wird, beginnt dort die Buschfeuersaison. Und zwar jedes Jahr. Und schon immer. Das Ausmaß schwankt von Jahr zu Jahr. Immer wieder kommt es zu sehr schweren, kaum mehr beherrschbaren Feuern. 1851 verbrannten bei den sogenannten „Black Thursday“-Buschfeuern rund fünf Millionen Hektar in Victoria, am 13. Januar 1939 (dem sogenannten „Black Friday“) brannte innerhalb eines einzigen Tages eine Fläche von rund zwei Millionen Hektar und es wurden 3700 Gebäude zerstört. In der aktuellen Buschfeuer-Saison sind mit Stand vom 8. Januar 28 Menschenleben, eine verbrannte Fläche von 10,7 Millionen Hektar und 5900 zerstörten Gebäuden zu beklagen.

Die Vereinigung der Freiwilligen Feuerwehren in New South Wales (Volunteer Firefighters Association, VFFA) beklagte sich schon 2013 in einer Pressemitteilung: „Der VFFA ist verärgert über die Kommentare der grünen Lobbygruppen, dass die Bekämpfung des Klimawandels wichtiger sei als die geregelte Verbrennung von Waldbrennstoffen, um das Buschbrandrisiko zu reduzieren. Die wirkliche Schuld liegt bei den Grünen und ihrer Ideologie, da sie sich weiterhin gegen unsere Bemühungen zur Gefahrenreduzierung in den kühleren Monaten wehren und unsere Bemühungen untergraben und zudem private Landbesitzer daran hindern, ihr Land zu roden, um das Buschbrandrisiko zu reduzieren.“

Die Feuerwehren forderten damals, die Fläche, die jährlich zu Präventionszwecken von Brennmaterial gesäubert wird, von unter einem auf mindestens fünf Prozent des öffentlichen Lands zu erhöhen und damit endlich den Empfehlungen der „2009 Victorian Bushfires Royal Commission“ zu folgen, die nach den verheerenden „Black Saturday“-Bränden von 2009 mit 173 Toten eingesetzt worden war. Auch damals war diese Empfehlung keineswegs neu. In dem Bericht hieß es:

Die Kommission „ist besorgt, dass der Staat trotz der jüngsten offiziellen oder unabhängigen Berichte und Untersuchungen, die alle eine Erhöhung des vorgeschriebenen Brennprogramms empfohlen haben, einen minimalistischen Ansatz für die präventive Verbrennung beibehalten hat. Der Staat hat zugelassen, dass sich in den Wäldern weiterhin übermäßige Brennstofflasten ansammeln, was die Wahrscheinlichkeit intensiverer Buschbrände erhöht und damit die Feuerwehr und die Gemeinden einem größeren Risiko aussetzt.“

Auch deutsche Experten kennen diese Problematik. Alexander Held, Forstwissenschaftler vom European Forest Institute mit Schwerpunkt Waldbrandmanagement, sieht die Ursache klar bei Defiziten im Brandmanagement. Er verweist darauf, dass es seit den 1980er Jahren deutliche Hinweise und Warnungen aus den australischen Forstbehörden gegeben hat, weil die verfügbare Vegetation als Brennmaterial für einen Waldbrand oder einen Vegetationsbrand, Ausmaße angenommen hätten, die, „wenn sie denn brennen, Klimawandel hin oder her, so viel Energie freisetzen, dass sie nicht zu bekämpfen sind. Diese Feuer“, so Held, „die wir jetzt sehen, haben vor 20 Jahren begonnen zu brennen, im übertragenden Sinne, weil man zu wenig investiert hat in die Prävention und in das Landmanagement und in die Forstwirtschaft, um die Brandlast so weit verringern, dass auch unter extremen Wetterbedingungen die Feuer nicht so intensiv werden können.“

Hitze spielt keine Rolle

Was die Witterungsbedingungen anbetrifft, so spielt die Temperatur im Grunde keine Rolle. Ob der Dezember im Schnitt 38 oder 41 Grad warm ist, ist egal. Denn Vegetation entzündet sich erst bei deutlich über 200 Grad von selbst. Entscheidend sind Trockenheit und Wind, die die Feuer anfachen und die Ausbreitung begünstigen. Und natürlich die auslösende Entzündung, die in den seltensten Fällen auf natürliche Weise (durch Blitzeinschlag) erfolgt, sondern in rund 85 Prozent der Fälle absichtlich oder fahrlässig durch Menschen. (Man kann natürlich auch, wie Spiegel Online, der Meinung sein, es sei eine Erfindung von Verschwörungstheoretikern, dass Menschen Feuer entzünden). Auch Probleme mit Stromleitungen spielen eine Rolle. Der Verweis auf Hitzerekorde trägt jedoch wenig zum Verständnis des Geschehens bei. Besonders heiß und trocken ist es im Landesinneren von Australien. Doch dort gibt es aber kaum Feuer. Weil es nichts gibt, was brennen könnte.

Es geht also darum, regelmäßig und systematisch trockenes Pflanzenmaterial am Boden in Savannen oder Wäldern kontrolliert abzubrennen. Nur so können Brandkatastrophen verlässlich verhindert werden. Bei diesen Bränden niedriger Intensität bleiben Tier- und Pflanzenwelt und die Böden weitgehend unbeschadet. Die Ökosysteme sind daran angepasst. Viele Pflanzen sind sogar auf regelmäßige Feuer angewiesen. Wer diese Prävention unterlässt oder wer sie sogar aktiv bekämpft, ist verantwortlich für die großen Brandkatastrophen. Wer dann noch den Klimawandel, deutsche SUV-Fahrer oder die australische Kohleindustrie verantwortlich macht und so tut, als könnten diese Katastrophen durch eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes verhindert werden, hat nichts verstanden.

Warum die notwendige Prävention nicht erfolgt, ist eine schwierige Frage. Roger Underwood fragt in einem lesenswerten Beitrag für das australische Magazin Quadrant, wer von den Feuern profitiert. Es sind die großen Feuerwehr-Chefs, die wie Generäle im Krieg ruhmvolle Auftritte haben („[…]when the Big Fire declares war on rural Australia, the fire chiefs have their 15 minutes of fame […])This is war, and war is hell. But war is also the General’s Big Moment, his hour to strut and fret upon the stage.  Moreover, big fires call for big budgets, and ‘worse is to come’ can be translated into bigger budgets to come.“). Es sind die Medien, die spektakuläre Bilder und Geschichten von Leid und Heldentaten liefern können. Es sind die Hersteller von Löschflugzeugen, obwohl mit diesen gegen die massiven Feuer absolut nichts ausgerichtet werden kann. Es sind auch Klimaschützer mit ihrem ständigen Hunger nach Katastrophen, die zur Illustrierung ihrer Weltuntergangsgeschichte missbraucht werden können. Und es ist die eng mit diesen verbundene Wind- und Solarindustrie.

Natürlich sind die Profiteure nicht die Verantwortlichen. Verantwortlich sind die (mutwilligen oder fahrlässigen) Brandstifter und alle, die auf die eine oder andere Weise die Prävention behindern. Sei es, weil sie nicht durch Rauch belästigt werden wollen. Sei es, weil sie sich um Tiere sorgen. Sei es, weil sie gerne hübsche Vegetation um ihr Haus haben wollen statt einer kahlen Brandschutzschneise. Aber auch die Profiteure spielen eine Rolle. Sie tragen durch die Mythisierung der Feuer dazu bei, dass der gesellschaftliche Druck auf die Politik, dafür zu sorgen, dass diese vermeidbaren Katastrophen gefälligst vermieden werden, offenbar nicht groß genug wird.

Warum ist es in Australien in diesem Sommer so trocken?

Eine wärmere Welt ist global betrachtet auch eine feuchtere Welt. Mit den Temperaturen steigt die Verdunstung und damit steigen die Niederschläge. Da Wetter eine komplizierte Angelegenheit ist, kann der Klimawandel aber auch dazu beitragen, dass es in manchen Gebieten insgesamt oder häufiger trocken wird. Für die aktuelle Dürre in den Australien Brandgebieten gibt es jedoch eine andere Erklärung.

Australiens wechselhaftes Wettergeschehen wird erheblich durch den „Indian Ocean Dipole" (IOD, in diesem Video leicht verständlich beschreiben) getrieben - ein Phänomen, bei dem heißeres und kühleres Wasser zwischen der Ostküste Afrikas und den westlichen Inseln Indonesiens hin und her schwappt. Während seiner positiven Phase produziert das wärmere Wasser in der Nähe von Ostafrika dort viel Regen, während das kühlere Wasser in der Nähe von Indonesien Australien austrocknet. Im vergangenen Jahr befand sich der IOD in einer ungewöhnlich starken positiven Phase und erreichte mindestens für den Zeitraum der letzten 60 bis 80 Jahren Rekordwerte. Die Folge ist eine weit verbreitete Dürre in Down Under.

Die Welt in Flammen?

Die Brände in Australien sind schlimm. Und es ist plausibel, dass im Südwesten Australiens der Klimawandel für weniger Niederschläge sorgt und so Brände begünstigt. Daraus, wie etwa Karl Lauterbach, abzuleiten, dass bald auch andere Kontinente in Flammen stehen werden, ist Unsinn. Im globalen Maßstab zeigt sich sehr deutlich, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dem globalem Ausmaß an Bränden gibt. Laut Angaben der Nasa hat die von Feuern betroffene Fläche in den letzten 15 Jahren um 25 Prozent abgenommen. Die Hauptursache dafür ist aber nicht die klimawandelbedingte wachsende Feuchtigkeit. Die wichtigste Ursache ist, dass vor allem in den Savannen Afrikas die Menschen das primitive „Werkzeug“ Feuer weniger einsetzen, weil sie allmählich zu moderneren Methoden der Landwirtschaft übergehen. Ob Feuer zu- oder abnehmen, hat in erster Linie direkt mit dem Verhalten der Menschen zu tun. Und eben nur in sehr geringem Maße indirekt durch menschengemachten Klimawandel. Umgekehrt muss, wer Feuer verhindern will, das direkt durch entsprechende Maßnahmen tun. Das ist Millionen mal wirksamer als der skurrile Versuch, Feuer über den Umweg des „Klimaschutzes“, also durch Aufstellen von Windrädern oder Solaranlagen zu verhindern.   

„Jedem überzeugten Klimaaktivisten ist die schlichte Tatsache, dass Brandkatastrophen heute und in Zukunft grundsätzlich vermeidbar sind (und nicht die Rache der Natur), ein Dorn im Auge. Das macht sie aber nicht weniger wahr."

Aber Karl Lauterbach hat es ohnehin nicht so mit den Fakten. Er verbreitet auch munter die Nachricht der halbe australische Kontinent brenne (und leitet daraus die Forderung ab, Klimaschutz müsse in die deutsche Verfassung). Seit wann sind 107.000 km² die Hälfte von 7.688.287 km²? Was ist der Unterschied zwischen 1,4 Prozent und 50 Prozent?

Absage an den Katastrophismus

Jedem überzeugten Klimaaktivisten ist die schlichte Tatsache, dass Brandkatastrophen heute und in Zukunft grundsätzlich vermeidbar sind (und nicht die Rache der Natur), ein Dorn im Auge. Das macht sie aber nicht weniger wahr. Noch einmal der Waldbrandexperte Alexander Held: „In Westaustralien wurde dieses präventive Brennen über 300.000 Hektar im Jahr durchgeführt, in der Zeit gab es auch keine Katastrophenfeuer. Aber im Rest von Australien wird seit Jahrzehnten diese Komponente sträflich vernachlässigt. Da wird viel diskutiert über Rauch und Umweltbelastung und Biodiversität und ob Feuer dahingehört oder nicht. Und all diese Diskussion verhindert die Umsetzung.“

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