10.12.2025
Antidemokratische Gewalt
Die Antifa hat, unterstützt von Organisationen wie dem DGB, versucht, die Gründung der AfD-Jugendorganisation in Gießen zu verhindern. Dabei gingen Demonstranten auch auf Presseleute los.
Es ist eines der seltsamsten Phänomene unserer Zeit: Organisationen und „Antifa“-Gruppen präsentieren sich als seriöse Stimmen der Zivilgesellschaft und Verteidiger der Demokratie, während sie gleichzeitig die grundlegendsten demokratischen Rechte angreifen und gewalttätigen Autoritarismus ausüben. Dieses Phänomen zeigte sich erneut am vorvergangenen Samstag bei den gewaltsamen Protesten gegen die Gründung der AfD-Jugendorganisation in Gießen.
Natürlich hat jeder das Recht, die AfD abzulehnen und gegen sie zu demonstrieren. Doch die Aktionen am Samstag hatten mit einer Demonstration wenig zu tun – sie waren ein aktiver Versuch, die AfD-Versammlung durch Straßenblockaden und Gewaltandrohungen zu verhindern. Nur deshalb bedurfte es rund 6000 Polizisten, von denen etwa 50 verletzt wurden, um die Konferenz überhaupt zu ermöglichen und den Zugang zu gewährleisten.
Zu den Mitorganisatoren des Protests gehörte auch der DGB. Auf der Webseite des DGB Hessen-Thüringen hieß es:
Die AfD greift unsere Grundsätze, Ziele und Überzeugungen an und stellt die Werte in Frage, für die wir stehen. Deshalb rufen wir unsere Mitglieder, Unterstützer*innen und Mitarbeiter*innen auf zur Teilnahme am Protest gegen die geplante Neugründung der AfD-Jugend am Samstag, 29. November 2025, in Gießen.
Dass die Organisation, deren Aufgabe einst die Vertretung von Arbeiterrechten war, sich damit offen gegen grundlegende demokratische Werte stellte, schien sie nicht zu stören. Die Proteste richteten sich direkt gegen das Versammlungsrecht, die freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit.
„‚Die Vorstellung, es habe einen klar abgegrenzten Antifa-Block gegeben, der nichts mit dem Gewerkschaftsteil zu tun hatte, während die Organisatoren völlig friedlich gewesen seien, ist eine Lüge‘, sagte Tichy.“
Eines der prominentesten Opfer war der Reporter Paul Ronzheimer von der Bild-Zeitung. Ronzheimer berichtete für Sat.1 sowohl über den AfD-Parteitag als auch über die Proteste. In einem Interview mit der Welt schilderte er, wie er während kurzer Gespräche mit Demonstranten nicht nur körperlich bedrängt und als Faschist beschimpft wurde, sondern sogar über Lautsprecher faktisch zur Vertreibung freigegeben wurde.
Noch schlimmer erging es Maximilian Tichy, Redaktionsleiter Video bei Tichys Einblick. Videomaterial belegt seine Darstellung: Während er mit Demonstranten sprach, begannen einige Personen, ihn zu schubsen. Was zunächst wie eine Rangelei wirkte, eskalierte zu einer regelrechten Schlägerei, bei der eine Gruppe von Männern „Nazis raus“ skandierte und auf ihn einschlug.
Über die Lautsprecher des DGB – er berichtete von der offiziellen Gewerkschaftsdemonstration, nicht an einem radikalen Block – wurden zudem „Warnungen“ ausgegeben, dass angeblich „Streamer“ rechter Medien anwesend seien und niemand mit ihnen sprechen solle. Dies war ein kaum verhüllter Aufruf, Journalisten wie Tichy zu isolieren und zum Angriffsziel zu erklären – obwohl er lediglich mit einem Kameramann und einem Sicherheitsbegleiter unterwegs war.
„Die Vorstellung, es habe einen klar abgegrenzten Antifa-Block gegeben, der nichts mit dem Gewerkschaftsteil zu tun hatte, während die Organisatoren völlig friedlich gewesen seien, ist eine Lüge“, sagte Tichy mir. Er betonte zudem, dass die Bezeichnung unabhängiger Medien als „Streamer“ ein Versuch sei, die Presse zu diskreditieren und zu spalten – toleriert würden nur jene, die pro Mainstream und gegen die AfD berichten.
„Wir wissen längst, dass das pauschale Beschimpfen politischer Gegner als „Nazis“ eines der letzten Mittel jener ist, die politisch an Boden verlieren und ihre Gegner moralisch delegitimieren wollen.“
Die Gewalt am Samstag zeigt, wie stark demokratische Prinzipien in Deutschland unter Druck geraten sind. Besonders beunruhigend ist, dass selbst der DGB, der sich inhaltlich mit der AfD auseinandersetzen und argumentativ überzeugen sollte, sich zu solchen Mitteln herablässt.
Es ist eine merkwürdige Umkehrung der Realität, dass diese Art antidemokratischen Mobbings als „antifaschistisch“ gilt. Wir wissen längst, dass das pauschale Beschimpfen politischer Gegner als „Nazis“ eines der letzten Mittel jener ist, die politisch an Boden verlieren und ihre Gegner moralisch delegitimieren wollen. Wie die mit ihm eng verbundene SPD verzeichnet auch der DGB seit Jahrzehnten massive Mitgliederverluste: von rund 10 Millionen im Jahr 1994 auf knapp 5,6 Millionen im Jahr 2024. Für Funktionäre, die immer weniger tatsächliche Arbeitnehmer vertreten, ist der Kampf gegen die AfD zu einer der wichtigsten, wenn nicht der einzigen Rechtfertigung ihrer Existenz geworden. Umso mehr, als die AfD zunehmend Wähler aus der Arbeiterklasse anzieht und dort besser abschneidet als jede andere Partei.
Das Vorgehen am Samstag sollte uns eine Warnung sein. Es zeigt, wie weit manche verzweifelten Funktionäre bereit sind zu gehen, um nicht noch mehr Einfluss zu verlieren. Schon im Vorfeld der Konferenz gab es ernsthafte Versuche, sie zu verhindern. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen sendete Sondersendungen, die Druck auf den Eigentümer des Veranstaltungsortes ausübten – ein Messezentrum –, damit dieser seinen Vertrag mit der AfD kündige. „Musste die Messe Gießen wirklich an die AfD vermieten?“, fragte etwa ein Kommentar der Hessenschau.
Im November veröffentlichten Mitarbeiter der Messe Gießen einen offenen Brief. Darin heißt es:
Als Mitarbeiter der MESSE GIESSEN GmbH und der M.A.T. Objekt GmbH […] folgen wir seit nunmehr 30 Jahren dem Prinzip der Neutralität, handeln diskriminierungsfrei nach Recht und Gesetz und folgen damit der Philosophie des Unternehmens […]. Wir haben uns immer auf die demokratischen Grundlagen des Rechtsstaates verlassen. Im Falle der AfD ist nun ein Novum an Widerstand zu beobachten: Die Veranstaltung ist weder politisch noch medial erwünscht, eine objektive Aufarbeitung unserer Rolle findet nicht statt. […]. Der Umgang von außen mit uns als Menschen ist alles andere als tolerant. Im Gegenteil: Wir werden angefeindet und verurteilt, beleidigt und ausgegrenzt. Dies ging so weit, dass wir die Namen der Mitarbeiter von der Website entfernen mussten und Angebote der Polizei erhielten, wie wir unser Leben und das unserer Familien schützen können.
„Die Rhetorik und Aktionen der selbsternannten ‚Antifa‘ zeigen eindrücklich, zu welcher Bedrohung für Demokratie und Freiheit sie geworden sind.“
Trotz allem ist das Ereignis schon nach weniger als zwei Wochen fast vergessen. Die Medien berichteten zwar über die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten, stellten diese jedoch meist als Ausnahme in einer ansonsten „weitgehend friedlichen“ Veranstaltung dar. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Schönfärberei setzt ein.
So behauptete der Gießener Bürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD) bereits zwei Tage nach den Vorfällen: „Gießen hat nicht gebrannt, sondern geleuchtet. Durch viele Menschen, die fröhlich und friedlich ihre Unterstützung für die Demokratie gefeiert haben.“ Zitiert wurde er in einem Beitrag, der im selben Atemzug darauf hinwies, dass Einzelhändler und Weihnachtsmarktbetreiber wegen der Proteste mit Millionenschäden rechnen.
Diese Art Schönfärberei basiert auf der stillschweigenden Annahme, dass alle Proteste gegen die AfD per se gut und unterstützenswert seien – unabhängig von den Methoden. Doch gerade dieser Relativierung muss widersprochen werden. Die schweren Angriffe auf Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit verdienen eine klare öffentliche Verurteilung. Wenn Institutionen das nicht leisten, ist es an allen anderen, die diese Grundrechte ernst nehmen, dies zu tun.
Im Vergleich zur Gewalt und Intoleranz vieler Demonstranten wirkte die AfD-Versammlung in der Messehalle paradoxerweise geradezu gelassen und professionell. Es gab Meinungsverschiedenheiten und offene Abstimmungen. Nicht jeder wird mit den Botschaften der jungen Parteidelegierten einverstanden sein – und es gibt gewiss reichlich Anlass zur Kritik.
Eines jedoch sollte klar sein: Die Rhetorik und Aktionen der selbsternannten „Antifa“ zeigen eindrücklich, zu welcher Bedrohung für Demokratie und Freiheit sie geworden sind.