08.02.2017

Aktionismus gegen Terror

Kommentar von Monika Frommel

Titelbild

Foto: Morgan4uall via Pixabay / CC0

Im Kampf gegen Terrorismus will die Bundesregierung Fußfesseln und mehr Abschiebehaft. Statt neuer Gesetze würde es genügen, die bestehenden endlich anzuwenden.

Als Reaktion auf den Berliner Terroranschlag hat das Bundeskabinett im vergangenen Monat ein Maßnahmenpaket beschlossen, das Abschiebehaft und Fußfesseln für potentielle Terroristen regelt. In den letzten Monaten haben wir gelernt, wie leichtfertig einige für Abschiebung zuständige Behörden sogenannte „Gefährder“, sogar verurteilte Täter, die abgeschoben werden sollten, mit der abenteuerlichen Begründung frei gelassen haben, dass Länder wie Tunesien nicht kooperieren und das deutsche Recht nun einmal die Einhaltung bestimmter Fristen verlange. Dass die Fristen verlängert werden können, wissen wir mittlerweile, so dass das neue Maßnahmepaket eher Versäumnisse kaschiert als effektive Instrumente schafft.

Aber statt zumindest die halbe Wahrheit zu offenbaren und eine durchdachte Strategie für die Zukunft zu entwerfen und zwischen allen Beteiligten zu vereinbaren, schob man den schwarzen Peter vom Land NRW auf den Bund und der Bund reagiert nun mit den genannten Gesetzesänderungen. Sie werden sachlich nichts ändern, aber das geltende Recht noch unbestimmter machen als es ohnehin schon ist. Immerhin in Köln gibt es Bewegung. Das Motto für Silvester 2016/2017, „Köln erobert sich den Domplatz zurück“, wurde erfüllt. Aber noch immer ist die Politik dabei, das Geschehene zu verdunkeln und in eine permanente Änderungsgesetzgebung zu flüchten. Die kann sie sich leisten, weil Große Koalitionen bequeme Mehrheiten haben.

„Weder Abschiebung noch Fußfesseln sind Anti-Terror-Instrumente“

Der politische Streit über das Kürzel „NafrI“ (wobei das I für Intensivtäter stehen muss) ist eine typische Scheindebatte. Es kann sein, dass die Kölner Polizei nicht primär kontrolliert hat, ob die Personen, welche ihre Ausweise zeigen mussten, mehrere Identitäten hatten, sondern – im schlechten Stil – auf die Hautfarbe geachtet hat. Aber es gibt diese Intensivtäter. Sie sind durch eine über Jahre praktizierte Duldungspolitik einzelner Länder geschaffen worden. Diese unverantwortliche Politik hat die Subkulturen erst geschaffen, in denen dann tatgeneigten Migranten aus den Maghreb-Staaten so fatal „sozialisiert“ wurden und in denen sie noch immer leben. Auch Kriminalität wird gelernt und Kontrolldefizite werden gerade von denen besonders schnell wahrgenommen, die ohnehin bereit sind, die sich anbietenden Gelegenheiten zu nutzen.

Von außen betrachtet war die polizeiliche Reaktion – bezogen auf diese Nacht – richtig. Aber wieso überschlagen sich nun fast alle Politiker mit mehr oder weniger kurzatmigen Vorschlägen? Weder Abschiebung noch Fußfesseln sind Anti-Terror-Instrumente. Abschiebung sichert lediglich die Ausreisepflicht, Abschiebungshaft darf nur verhindern, dass sich ein Pflichtiger der Ausreise entzieht. Dies sind die repressiven Elemente der Flüchtlingspolitik. Niemand hat etwas dagegen, dass eine moderate Abschiebehaft in die Zuständigkeit des Bundes fällt und das Personal aufgestockt wird, das diese Aufgabe erfüllen soll.

Aber Prävention und Repression gegen Terrorverdächtige muss ganz anders aussehen und darf nicht mit dem Thema „Flüchtlingspolitik“ vermengt werden – was leider permanent geschieht. Geeignete Instrumente wurden im Jahr 2001 noch unter dem Innenminister Schily geschaffen. Dabei handelt es sich insbesondere um den § 129 b StGB gegen Grenzen überschreitende terroristische Vereinigungen und flankierende Vorschriften, um solche Verfahren zu erleichtern. Erweitert wurden die Befugnisse der Geheimdienste und der Datenaustausch zur Polizei und den Ausländerbehörden erleichtert.

„Der Bund und die besonders nachlässigen Bundesländer sollten den schwarzen Peter aus dem Spiel nehmen“

Wenn diese Befugnisse nun – insbesondere in einzelnen Bundesländern – nicht genutzt werden, wenn die Kommunikation nicht funktioniert und keine Ermittlungsverfahren nach § 129 b StGB eingeleitet werden, dann liegt das nicht an den angeblich unzureichenden Gesetzen, auch nicht am Föderalismus und schon gar nicht an „der Justiz“, die angeblich zu „rechtsstaatlich“ sei, sondern an der Nichtanwendung des geltenden Rechts. Wieso wurde und wird noch immer der auf diese Gefahren zugeschnittene § 129 b StGB nicht angewandt?

Diese Anti-Terror Strafnorm verklammert schließlich die vielen – eher leichten – Taten sogenannten Gefährder zu einem gut nachweisbaren Vorwurf, der dann wegen seiner Bedeutung auch konsequent verfolgt werden muss. Schon wer mit Terroristen kooperiert, zeigt seine Gefährlichkeit und macht sich strafbar.

Auch die Frage nach den Fußfesseln – ohne vorheriges Strafverfahren – würde sich dann erledigen. Denn würde § 129 b StGB regelmäßig angewandt, könnten Strafgerichte eine Fußfessel immer dann anordnen, wenn sie statt einer vollstreckten Freiheitsstrafe eine Bewährung mit dieser Bewährungsauflage für ausreichend halten. Diese Fragen sollte nicht nur NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) beantworten, auch andere sind betroffen. Der Bund und die besonders nachlässigen Länder sollten den schwarzen Peter aus dem Spiel nehmen.

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