07.01.2013

Zum Wohl der Menschheit und des Planeten

Essay von Mark Lynas

Der britische Umweltschützer Mark Lynas erklärt in einer Rede auf der Oxford Farming Conference am 3. Januar 2013, wie er von einem bekannten Antigentechnikaktivisten zum glühenden Befürworter der grünen Gentechnik wurde. NovoArgumente hat den Vortrag in voller Länge dokumentiert

Vortrag auf der Oxford Farming Conference, 3. Januar 2013


Ich würde gern mit einigen Entschuldigungen beginnen: Fürs Protokoll, hier und vorm Podium, entschuldige ich mich dafür, viele Jahre damit verbracht zu haben, Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu zerstören. Es tut mir ebenfalls leid, am Aufbau der Etablierung der Anti-Genfood-Bewegung in den 1990er Jahren mitgewirkt zu haben und somit eine wichtige technologische Option zu dämonisieren, die zum Wohl der Umwelt eingesetzt werden kann.

Als Umweltschützer und als jemand, der daran glaubt, dass jeder auf dieser Welt das Recht auf eine gesunde, nahrhafte und selbstbestimmte Ernährung hat, hätte ich keinen schlechteren Weg wählen können. Heute bedaure ich dies vollständig.

Vermutlich werden Sie sich fragen, was denn zwischen 1995 und heute geschah, dass mich nicht nur meine Meinung ändern, sondern auch noch hierher kommen ließ, um dies öffentlich zu bekennen. Nun – die Antwort ist ziemlich einfach: Ich habe die Naturwissenschaften entdeckt, und dadurch hoffe ich, mit der Zeit ein besserer Umweltschützer zu werden.

Als ich zum ersten Mal etwas über Monsantos Gen-Soja hörte, wusste ich genau, was ich zu denken hatte: Ein großer US-Konzern von üblem Ruf mischt etwas Neues und Unberechenbares in unser Essen, ohne es uns zu sagen. Gene zwischen unterschiedlichen Spezies zu vermischen, erschien mir so unnatürlich, wie es nur irgendwie geht. Hier halte die Menschheit zu viel technologische Macht in ihren Händen; irgendetwas würde sehr bald fürchterlich schief gehen. Diese Gene würden sich wie eine Art lebendige Umweltverschmutzung ausbreiten. Es war der Stoff für Alpträume.

„Was uns damals nicht klar war: Frankensteins Monster war eigentlich nicht die grüne Gentechnik, sondern vielmehr unsere Reaktion dagegen.“

Überall breiteten sich diese Ängste aus wie ein Buschfeuer. Innerhalb weniger Jahre war die grüne Gentechnik in Europa so gut wie verboten. Und unsere Befürchtungen wurden durch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Greenpeace und Friends of the Earth nach Afrika exportiert, nach Indien und in das übrige Asien, wo die grüne Gentechnik heute immer noch verboten ist. Es war die erfolgreichste Kampagne, an der ich mich je beteiligt habe.

Es war allerdings auch eine ausgesprochen anti-wissenschaftliche Bewegung. Wir schufen eine Menge Bilder in den Köpfen, Bilder von dämonisch kichernden Wissenschaftlern in ihren Labors, die mit den grundlegenden Bausteinen des Lebens herumspielten. Daher rührt auch die Bezeichnung „Frankenstein Food“ – es ging in jeder Hinsicht um tief sitzende Ängste vor wissenschaftlicher Macht, die im Geheimen für unnatürliche Zwecke eingesetzt wurde. Was uns damals nicht klar war: Frankensteins Monster war eigentlich nicht die grüne Gentechnik, sondern vielmehr unsere Reaktion dagegen.

Für mich wurde diese anti-wissenschaftliche Form des Umweltschutzes in zunehmendem Maße unverträglich mit meinen wissenschaftsfreundlichen Umweltschutz-Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Ich veröffentlichte mein erstes Buch über die globale Erwärmung im Jahr 2004, und ich war entschlossen, es wissenschaftlich glaubhaft zu machen – anstatt nur eine Sammlung von Anekdoten abzuliefern.

Also musste ich die Geschichte über meine Reise nach Alaska mit Satellitendaten über das Meereis unterfüttern, und ich musste meine Bilder von den zurückgehenden Gletschern in den Anden mit Langzeitaufzeichnungen der Massenverhältnisse von Gebirgsgletschern rechtfertigen. Das hieß lernen, wissenschaftliche Publikationen richtig zu lesen und Statistiken zu deuten. Dazu musste ich mich in die verschiedensten wissenschaftlichen Felder einlesen, von der Ozeanographie bis zur Paläoklimatologie. Alles Gebiete, auf denen mir mein Abschluss in Politik und Geschichte keine besonders große Hilfe war.

Ich musste ständig mit Leuten diskutieren, die ich für hoffnungslos unwissenschaftlich hielt, weil sie nicht auf die Klimatologen hörten und die wissenschaftliche Realität des Klimawandels ignorierten. Also hielt ich ihnen Vorträge über den Wert von Fachgutachten, über die Bedeutung des wissenschaftlichen Konsenses und darüber, dass die einzig aussagekräftigen Fakten die sind, die in den angesehensten Fachzeitschriften publiziert werden.

Mein zweites Klimabuch, Six Degrees, gewann sogar den Wissenschaftsbuch-Preis der Royal Society. Selbst Klimawissenschaftler, mit denen ich mich angefreundet hatte, rissen Witze darüber, dass ich mehr von der Sache verstünde als sie selbst. Und trotzdem, völlig unbegreiflicherweise eigentlich, schrieb ich immer noch Artikel für den Guardian, in denen ich die Wissenschaft der grünen Gentechnik angriff – obwohl ich zu diesem Thema keinerlei wissenschaftliche Recherchen durchgeführt hatte und persönlich nur sehr wenig darüber wusste. Ich glaube nicht, dass ich selbst zu diesem späten Zeitpunkt jemals auch nur einen fachbegutachteten Aufsatz über Biotechnologie oder Pflanzenwissenschaft gelesen hatte.

Es ist offensichtlich, dass dieser Widerspruch unhaltbar war. Was mich letztlich zum Umdenken bewog, waren einige der Kommentare unter meinem letzten Artikel im Guardian. Insbesondere ein Kritiker schrieb mir: „Sie sind also gegen die grüne Gentechnik, weil sie von großen Unternehmen vermarktet wird. Sind Sie ebenfalls gegen das Rad, weil es von den großen Autoherstellern vermarktet wird?“ Also begann ich zu lesen. Und ich fand heraus, dass sich meine geliebten Überzeugungen über die grüne Gentechnik eine nach der anderen als grüne urbane Mythen entpuppten.

  • Ich hatte angenommen, dass die grüne Gentechnik den Einsatz von Chemikalien erhöht. Es stellte sich heraus, dass schädlingsresistente Baumwolle und Mais weniger Insektizide benötigen.
  • Ich hatte angenommen, dass die grüne Gentechnik nur den großen Unternehmen nutzt. Es stellte sich heraus, dass Milliarden von US-Dollar Bauern zugute kamen, die weniger Unterstützung benötigten.
  • Ich hatte angenommen, dass die Terminator-Technologie Bauern ihrer Möglichkeit beraubte, von der Ernte Saatgut zurückzubehalten. Es stellte sich heraus, dass dies bei modernen Hybrid-Getreiden schon seit langer Zeit nicht mehr möglich ist und dass der „Terminator“ nie stattgefunden hat.
  • Ich hatte angenommen, dass niemand die grüne Gentechnik will. Was tatsächlich geschah, war, dass BT-Baumwolle nach Indien und dass Roundup Ready Soja nach Brasilien geschmuggelt wurden, weil die Bauern es dort so dringend nutzen wollten.
  • Ich hatte angenommen, dass grüne Gentechnik gefährlich sei. Es stellte sich heraus, dass sie sicherer und präziser ist als konventionelle Zuchtmethoden, die sich beispielsweise der Mutagenese bedient. Die grüne Gentechnik bewegt lediglich ein paar Gene, während die herkömmliche Zucht auf der Basis von Versuch und Irrtum mit dem gesamten Genom herumspielt.

„Ich kritisiere jeden Einwohner eines reichen Landes, der behauptet, dass das Wachstum des BIP in Entwicklungsländern etwas Schlechtes sei.“

Was aber war mit dem Vermischen von Genen unter nicht verwandten Spezies? Dem Fisch und der Tomate? Wie sich zeigt, tun Viren das ständig, ebenso wie Pflanzen und Insekten und der Mensch – man nennt es Genfluss.

Das war aber immer noch nur der Anfang. Darum warf ich in meinem dritten Buch, The God Species, die gesamte Umweltschutz-Orthodoxie von vornherein über Bord und versuchte, einen Blick auf das große Ganze zu werfen, auf planetarer Ebene.

Und dies ist die Herausforderung, der wir uns heute gegenüber sehen: Im Jahr 2050 werden wir 9,5 Milliarden Menschen zu ernähren haben, hoffentlich viel weniger arme Menschen, und zwar auf einer Landfläche, die in etwa genau so groß ist wie die, die wir heute nutzen. Dies werden wir mit begrenztem Einsatz von Düngemitteln tun müssen, mit weniger Wasser und weniger Pestiziden, und das alles unter dem Einfluss eines sich rapide wandelnden Klimas.

Schauen wir uns das mal ein wenig genauer an. Einer der Vorträge auf dieser Konferenz im vergangenen Jahr hatte das Bevölkerungswachstum zum Thema. Auch auf diesem Gebiet finden sich viele Mythen. Die Leute glauben, dass die hohen Fertilitätsraten in den Entwicklungsländern das große Problem seien – in anderen Worten: dass arme Menschen zu viele Kinder bekommen und dass wir darum entweder Mittel der Familienplanung brauchen oder auch drastischere Maßnahmen, wie etwa die Ein-Kind-Politik.

Tatsächlich aber liegt die globale durchschnittliche Reproduktionsrate bei 2,5. Und wenn man berücksichtigt, dass zur Arterhaltung eine Rate von 2,2 nötig ist, dann liegt sie nicht besonders viel darüber. Wo kommt also das massive Bevölkerungswachstum her? Es liegt an der zurückgehenden Säuglingssterblichkeit – immer mehr junge Menschen wachsen heutzutage heran und haben eigene Kinder, anstatt während der frühen Kindheit an vermeidbaren Krankheiten zu sterben.

Der rapide Rückgang der Kindessterblichkeit ist eine der besten Nachrichten unseres Jahrzehnts, und das Kerngebiet dieses großen Erfolges ist das subsaharische Afrika. Dabei ist es nicht so, dass ganze Heerscharen neuer Kinder geboren würden – tatsächlich haben wir, in den Worten von Hans Rosling, den peak child bereits überschritten. Das bedeutet, dass heute etwa zwei Milliarden Kinder auf der Welt leben, und mehr werden es nicht mehr werden, weil die Geburtenraten sinken.

Von diesen zwei Milliarden Kindern werden aber wesentlich mehr am Leben bleiben, erwachsen werden und eigene Kinder zeugen. Sie sind die Eltern der jungen Erwachsenen des Jahres 2050. Man muss, was Gott verhüten möge, kein Kind verloren haben; man muss noch nicht einmal selbst Eltern sein, um zu wissen, dass eine sinkende Kindersterblichkeit eine gute Sache ist.

Nun, wie viel Nahrung werden all diese Menschen benötigen? Laut den jüngsten im letzten Jahr im Journal der National Academy of Sciences veröffentlichten Prognosen erwarten wir einen Anstieg des weltweiten Nahrungsbedarfs von gut über 100 Prozent zur Mitte des Jahrhunderts. Dies zu erreichen, hängt allein vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) ab, ganz besonders in den Entwicklungsländern.

In anderen Worten: Wir müssen nicht nur mehr Nahrungsmittel produzieren, um mit dem Bevölkerungswachstum mitzuhalten, sondern vor allem, weil Stück für Stück die Armut ausgerottet wird und mit ihr die weitverbreitete Mangelernährung, die der Grund dafür ist, dass heute immer noch fast 800 Millionen Menschen jeden Abend hungrig ins Bett gehen. Und ich kritisiere jeden Einwohner eines reichen Landes, der behauptet, dass das Wachstum des BIP in Entwicklungsländern etwas Schlechtes sei.

Als Folge dieses Wirtschaftswachstums haben wir aber mit sehr ernsten Umweltproblemen zu kämpfen. Landgewinnung für die Landwirtschaft ist eine große Quelle von Treibhausgasen und die vielleicht größte Ursache für den Rückgang der Biodiversität. Ein weiterer Grund dafür, weshalb eine Intensivierung essentiell notwendig ist. Wir müssen mehr Nahrungsmittel auf weniger Land erwirtschaften, um den Regenwald zu retten und die verbliebenen natürlichen Habitate vor dem Pflug zu bewahren.

Wir müssen ebenfalls mit begrenzten Mengen von Wasser zurechtkommen – nicht nur mit sich erschöpfenden Grundwasserspiegeln, sondern auch mit Dürren, von denen man annimmt, dass sie aufgrund des Klimawandels in Zukunft öfter und härter zuschlagen werden, vor allem in den landwirtschaftlichen Kernländern der Kontinente. Wenn wir mehr Wasser aus den Flüssen entnehmen, beschleunigen wir den Verlust an Artenvielfalt in diesen empfindlichen Lebensräumen.

Weiterhin müssen wir den Umgang mit Stickstoff weiter verbessern: Kunstdünger ist unverzichtbar für die Ernährung der Menschheit, doch sein ineffizienter Gebrauch führt zu Todeszonen im Golf von Mexiko und vielen anderen Küstenregionen der Welt, ebenso wie zur Eutrophierung von Binnengewässern.

„Öko-Landbau steht dem Fortschritt im Weg, wenn er sich weigert, Innovationen zuzulassen.“

Es reicht nicht aus, sich zurückzulehnen und zu hoffen, dass der technologische Fortschritt unsere Probleme schon lösen wird. Wir müssen viel aktiver und strategischer handeln. Wir müssen dafür sorgen, dass technologische Innovation noch schneller vorangeht, und zwar in die richtige Richtung, um denen zu helfen, die sie am nötigsten brauchen.

In gewisser Weise waren wir schon einmal an diesem Punkt. In seinem 1968 veröffentlichten Buch Die Bevölkerungsbombe, schrieb Paul Ehrlich: „Die Schlacht um die Ernährung der Weltbevölkerung ist vorbei. In den 1970er Jahren werden hunderte von Millionen Menschen verhungern, egal ob wir jetzt irgendwelche Notprogramme starten oder nicht.“ Seine Anweisung war deutlich: In unterentwickelten Ländern wie Indien sollten die Menschen eher früher als später verhungern, weshalb man die Nahrungsmittelhilfen dorthin einstellen sollte, um das Bevölkerungswachstum zu reduzieren.

Es war keinesfalls sicher, dass Ehrlich falsch liegen würde. Wenn tatsächlich alle seinen Rat befolgt hätten, wären womöglich hunderte von Millionen Menschen unnötigerweise gestorben. Ein Ereignis jedoch reduzierte die Mangelernährung dramatisch und machte Indien zum Selbstversorger bei Nahrungsmitteln: Norman Borlaugs Grüne Revolution.

Dabei sollte man nicht vergessen, dass Borlaug bezüglich des Bevölkerungswachstums ebenso besorgt war wie Ehrlich. Er war jedoch der Meinung, dass es den Versuch wert sei, etwas dagegen zu tun. Er war ein Pragmatiker, weil er daran glaubte, das Mögliche zu tun. Er war aber auch ein Idealist, weil er daran glaubte, dass alle Menschen auf der Welt genug zu essen haben sollten.

Was also tat Norman Borlaug? Er wandte sich der Naturwissenschaft und der Technik zu. Menschen sind eine Spezies, die Werkzeuge herstellt – von Kleidung bis zu Pflügen ist es in erster Linie die Technologie, die uns von anderen Affen unterscheidet. Und ein Großteil dieser Arbeit konzentrierte sich auf das Genom der wichtigen domestizierten Feldfrüchte – wenn etwa Weizen kürzer gemacht werden könnte, und man ihn dazu bringen könnte, mehr Energie in die Fürchte als in die Halme zu investieren, dann würden die Erträge steigen und Kornverluste durch Strohnutzung minimiert.

Bevor Borlaug im Jahre 2009 starb, verbrachte er viele Jahre damit, gegen diejenigen zu kämpfen, die aus ideologischen und politischen Gründen moderne Innovationen in der Landwirtschaft ablehnen. Ein Zitat: „Wenn es den Neinsagern gelingt, landwirtschaftliche Biotechnologie zu stoppen, schaffen sie damit die Hungersnöte und die Krise der globalen Biodiversität, die sie seit 40 Jahren voraussagen.“

Und dank der angeblichen Umweltschutzkampagnen, die von reichen Ländern ausgehen, sind wir jetzt gefährlich nahe an diesen Punkt herangekommen. Biotechnologie wurde nicht aufgehalten, sie wurde aber für alle, außer für die absolut größten Unternehmen, unerschwinglich teuer.

Es kostet heute mehrere zehn Millionen, um eine Getreidesorte durch die Regularien der unterschiedlichen Länder zu bringen. Die jüngsten Zahlen, die ich gerade bei CropLife zu sehen bekam, deuten an, dass es 139 Millionen US-Dollar kostet, um von der Entdeckung einer neuen Getreideeigenschaft bis zu ihrer vollen Kommerzialisierung zu gelangen, folglich haben Open-Source oder der öffentliche Sektor bei der Biotechnologie keine Chance.

Es ist eine deprimierende Ironie, dass sich die Anti-Biotech-Bewegung darüber beschwert, dass grüne Gentechnik nur von großen Unternehmen vermarktet wird, obwohl das eine Situation ist, an deren Entstehung sie mehr Schuld trägt als irgendjemand sonst.

In der EU ist das ganze System zum Stillstand gekommen; viele gentechnisch veränderte Getreidesorten warten seit Jahrzehnten auf ihre Genehmigung, diese werden aber durch die komplizierten landeseigenen Gesetze in Anti-Biotech-Ländern wie Frankreich oder Österreich permanent aufgehalten. Weltweit ist die regulatorische Verzögerung inzwischen auf 5,5 Jahre angestiegen, von 3,7 Jahren im Jahr 2002. Die bürokratischen Hürden werden höher. Erinnern Sie sich daran, dass Frankreich lange Zeit gegen die Kartoffel war, weil das ein amerikanischer Import war? Wie es ein Kommentator unlängst ausdrückte, ist Europa gerade dabei, zu einem Nahrungsmittel-Museum zu werden. Wir wohlgenährten Konsumenten werden von romantischer Nostalgie für die traditionelle Landwirtschaft der Vergangenheit geblendet. Weil wir genug zu essen haben, können wir es uns leisten, uns unseren ästhetischen Illusionen hinzugeben.

Zur gleichen Zeit stagniert der Ertragszuwachs der wichtigsten Nahrungspflanzen, wie die jüngst in der Zeitschrift Nature Communications publizierten Forschungsergebnisse von Jonathan Foley et al. zeigen. Wenn wir die Ertragszuwächse nicht wieder in die Spur bringen, werden wir tatsächlich Probleme bekommen, mit dem Bevölkerungswachstum und der steigenden Nachfrage Schritt zu halten. Die Preise werden steigen und die Umwandlung der Natur in Ackerland wird zunehmen.

Um noch einmal Norman Borlaug zu zitieren: „Ich kann heute sagen, dass die Welt über die Technologie verfügt – entweder einsatzfähig oder im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium –, um auf einer nachhaltigen Basis eine Bevölkerung von zehn Milliarden Menschen zu ernähren. Die viel drängendere Frage ist heute, ob es Bauern und Viehzüchtern erlaubt sein wird, diese neue Technologie zu nutzen. Während die reichen Länder es sich gewiß erlauben können, ultra-vorsichtige Positionen zu verteidigen und höhere Preise für sogenannte ‚Bio-Lebensmittel‘ zu zahlen, können die eine Milliarde chronisch unterernährten Menschen der nahrungs- und einkommensarmen Länder dies nicht.“

Wie Borlaug sagte, ist der vielleicht schädlichste Mythos von allen der, dass Bio-Nahrungsmittel besser seien, sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt. Die Annahme, dass sie gesünder seien, ist in der wissenschaftlichen Literatur vielfach widerlegt worden. Wir wissen ebenfalls aus zahlreichen Studien, dass der Öko-Landbau viel weniger produktiv ist, mit bis zu 40 bis 50 Prozent geringeren Erträgen in Bezug auf die benötigte Landfläche. Die Soil Association hat sich in einem jüngst erschienenen Bericht über die Ernährung der Welt mit Bio-Lebensmitteln sehr viel Mühe gegeben, diese Produktivitätslücke nicht zu erwähnen.

Ebenso wenig erwähnt sie, dass bei Betrachtung der Gesamtauswirkungen auf die Umwandlung von Landflächen der Öko-Landbau für die Biodiversität wahrscheinlich sogar schädlicher ist. Stattdessen reden sie von einer idealen Welt, in der die Bevölkerung der westlichen Länder weniger Fleisch und weniger Kalorien essen, damit die Bevölkerungen der Entwicklungsländer mehr haben. Das ist simplifizierender Blödsinn.

Wenn man darüber nachdenkt, ist die Öko-Bewegung im Grunde eine Verweigerungs-Bewegung. Sie akzeptiert zahlreiche moderne Technologien aus Prinzip nicht. Wie die Amischen in den USA, die ihre technologische Entwicklung im Jahre 1850 auf dem Stand des Pferdewagens einfroren, hat die Öko-Bewegung die ihre etwa auf dem Stand von 1950 eingefroren und das ohne einen vernünftigen Grund.

Und diese Einstellung halten sie noch nicht einmal selber durch. Neulich las ich in einem Magazin der Soil Association, dass es in Ordnung sei, Unkraut mit Flammenwerfern oder Stromstößen zu bekämpfen, gutartige Herbizide wie Glyphosat sind aber immer noch verboten, weil sie „künstliche Chemikalien“ sind.

In Wirklichkeit gibt es überhaupt keinen Grund, warum die Vermeidung von Chemikalien für die Umwelt besser sein soll – ganz im Gegenteil. Jüngste Forschungen von Jesse Ausubel et al. an der Rockefeller Universität haben untersucht, wie viel zusätzliches Ackerland indische Bauern heutzutage kultivieren müssten, um mit der Technologie von 1961 die heutigen Erträge zu erzielen. Die Antwort lautet 65 Millionen Hektar, eine Fläche von der Größe Frankreichs.

In China sparten Bauern 120 Millionen Hektar Land, eine Fläche von der doppelten Größe Frankreichs, weil sie moderne Technologien einsetzten, die höhere Erträge einbrachten. Im weltweiten Maßstab wuchs die Ackerbaufläche zwischen 1961 und 2010 um nur zwölf Prozent, während die Kalorienaufnahme pro Person von 2200 auf 2800 anstieg. Trotz einem Plus von drei Milliarden Menschen hatten alle mehr zu essen, weil es im gleichen Zeitraum einen Produktionsanstieg von 300 Prozent gab.

Wie viel Land wurde also im Zuge dieser Entwicklung, dank der dramatischen Ertragsverbesserungen, bei denen chemische Einflüsse eine entscheidende Rolle spielten, weltweit eingespart? Die Antwort ist: drei Milliarden Hektar oder das Äquivalent von zwei Südamerikas. Ohne diese Ertragssteigerungen würde es heute keinen Amazonas-Regenwald mehr geben. Es gäbe auch keine Tiger mehr in Indien oder Orang-Utans in Indonesien. Aus diesem Grunde weiß ich auch nicht, warum sich so viele Gegner der Agrartechnologie Umweltschützer nennen.

Wo also kommt diese Oppositionshaltung her? Es scheint eine weitverbreitete Annahme zu sein, dass moderne Technik mit höheren Risiken gleichzusetzen sei. Tatsächlich gibt es eine Menge natürliche und biologische Wege, Krankheit und Tod zu erleiden, wie das Debakel um die Bio-Keimlinge in Deutschland 2011 zeigte. Dies war eine Katastrophe für die öffentliche Gesundheit, mit der gleichen Anzahl an Toten wie nach Tschernobyl, ausgelöst durch Coli-Bakterien, die vermutlich aus Tierdung stammten, mit denen die Sojasprossen aus Ägypten infiziert worden waren.

Insgesamt starben 53 Menschen und 3.500 weitere erlitten schwere Nierenschäden. Warum hatten diese Verbraucher sich für Bio entschieden? Weil sie glaubten, es sei gesünder und sicherer und weil sie mehr Angst vor vollkommen vernachlässigbaren Risiken durch streng reglementierte chemische Pestizide und Düngemittel hatten.

Wenn man sich die Sache vorurteilsfrei anschaut, basiert der größte Teil der Debatte, sowohl bezüglich der Anti-Biotech-Haltung als auch des Öko-Landbaus, auf einem naturalistischen Trugschluss – dem Glauben, dass alles Natürliche gut und alles Künstliche schlecht sei. Das ist deshalb ein Trugschluss, weil es eine Menge vollkommen natürlicher Gifte und natürlicher Todesarten gibt, wie die Hinterbliebenen derer, die an der Coli-Vergiftung starben, ihnen sicher bestätigen würden.

Bei den Bio-Lebensmitteln wird dieser naturalistische Trugschluss zum zentralen Leitmotiv für eine gesamte Bewegung erhoben. Das ist irrational und wir schulden es der Erde und unseren Kindern, es besser zu machen.

Das bedeutet natürlich nicht, dass Öko-Landbau nichts zu bieten hätte – viele gute Techniken haben sich daraus entwickelt, wie etwa Mischkulturen und Begleitpflanzen, die in Bezug auf die Umwelt sehr effektiv sein können, obwohl sie dazu neigen, sehr arbeitsintensiv zu sein. Prinzipien der Landwirtschafts-Ökologie, wie die Wiederverwertung von Nährstoffen und die lokale Vielfalt von Bauernhöfen sollten auch anderswo ernst genommen werden.

Öko-Landbau steht aber dem Fortschritt im Weg, wenn er sich weigert, Innovationen zuzulassen. Um wiederum die grüne Gentechnik als bestes Beispiel zu nehmen, erlauben es uns viele genmodifizierte Feldfrüchte der dritten Generation, auf umweltschädliche Chemikalien zu verzichten, weil das Genom der fraglichen Pflanze so verändert wurde, dass sie sich selbst vor Schädlingen schützen kann. Warum ist das nicht öko?

Öko-Landbau steht dem Fortschritt auch im Weg, wenn er anderen Wahlmöglichkeiten nimmt. Eine der häufigsten Argumente gegen gentechnisch verändertes Getreide ist, dass Öko-Felder mit „Gen-Pollen kontaminiert“ würden und darum sollte niemand sie nutzen dürfen. Ergo übertrumpfen die Rechte einer gutsituierten Minderheit, die sich im Grunde aus einem ästhetischen Verbraucher-Bedürfnis speist, die Rechte aller anderen darauf, verbesserte Feldfrüchte anzubauen, die der Umwelt zugute kommen.

Ich bin sehr für eine vielfältige Welt. Das bedeutet aber nicht, dass eine landwirtschaftliche Anbaumethode für sich ein Monopol auf Tugendhaftigkeit in Anspruch nehmen darf und damit gleichzeitig alle anderen Optionen ausschließt. Warum können wir keine friedliche Koexistenz pflegen? Dies gilt besonders dort, wo wir sonst an alten Verfahren hängenbleiben, die höhere inhärente Risiken tragen als die moderneren.

Es scheint, als müsse jeder dem Öko-Landbau huldigen und als sei es undenkbar, diesen Glaubenssatz anzuzweifeln. Nun, ich bin heute hier, um ihn in Frage zu stellen.

Das größte aller Risiken ist, nicht alle sich bietenden Gelegenheiten für Innovation zu nutzen, aus Gründen, die letztlich nur aus blinden Vorurteilen entspringen. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen, die bedauerlicherweise beide mit Greenpeace zu tun haben.

Letztes Jahr zerstörte Greenpeace ein Feld mit gentechnisch verändertem Weizen, aus all den traditionellen Gründen, mit denen ich mich gut auskenne, da ich das selbst schon gemacht habe. Dabei handelte es sich um mit öffentlichen Geldern geförderte Forschung, ausgeführt durch das wissenschaftliche Forschungsinstitut des Commonwealth, aber egal. Sie waren dagegen, weil es Genweizen war, und der ist unnatürlich.

Worüber man seitdem nur wenig gehört hat: Eine weitere Charge dieser Versuchsreihe, die die Greenpeace-Aktivisten mit ihren Motorsensen nicht zerstören konnten, erreichte zufällig einen Zuwachs des Weizenertrages um 30 Prozent. Denken Sie einmal darüber nach. Dieses Wissen wäre womöglich niemals entdeckt worden, wenn Greenpeace damit erfolgreich gewesen wäre, auch diese Innovation zu zerstören. Wie der Präsident der britischen National Farmers Union es unlängst ausdrückte, ist dies ungefähr so, als würde man in einer Bibliothek die Bücher verbrennen, bevor sie irgendjemand lesen kann.

„Das Risiko besteht heutzutage nicht darin, dass irgendwer durch grüne Gentechnik zu Schaden kommt, sondern darin, dass Millionen zu Schaden kommen, weil sie nicht genug zu essen haben, weil eine lautstarke Minderheit von Leuten in reichen Ländern gerne Mahlzeiten zu sich nimmt, von denen sie glaubt, sie seien natürlich.“

Das zweite Beispiel kommt aus China, wo Greenpeace es schaffte, eine nationale Medienpanik auszulösen, indem sie behaupteten, dass zwei Dutzend Kinder in einem Versuch mit gentechnisch verändertem Goldenen Reis als menschliche Versuchskarnickel benutzt wurden. Kein Wort darüber, dass dieser Reis gesünder sein und jedes Jahr tausende von Kindern vor Blindheit durch Vitamin-A-Mangel und vor Tod bewahren könnte.

In der Folge verloren die drei in der Greenpeace-Pressemitteilung genannten chinesischen Wissenschaftler ihre Jobs und wurden öffentlich zu Vogelfreien erklärt; in einem autokratischen Land wie China leben sie nun unter hohem persönlichen Risiko. Durch Überregulierung liegt der Goldene Reis schon seit Jahrzehnten in den Regalen und dank der Aktivitäten von Gruppierungen wie Greenpeace wird er vielleicht für die unter Vitaminmangel leidenden Menschen niemals verfügbar werden.

Es ist in meinen Augen unmoralisch und unmenschlich, den Bedürftigen etwas vorzuenthalten, das ihnen und ihren Kindern helfen würde, und zwar aus Gründen ästhetischer Präferenzen weit entfernt lebender reicher Menschen, die sich keine Gedanken über Vitamin-A-Mangel machen müssen. Greenpeace ist ein 100 Millionen US-Dollar schwerer Multi, und als solcher hat er moralische Verpflichtungen wie jeder andere große Konzern auch.

Die Tatsache, dass der Goldene Reis mit öffentlicher Hilfe und für das öffentliche Wohlergehen entwickelt wurde, macht die Sache für die Antis nicht besser. Nehmen Sie zum Beispiel Rothamsted Research, deren Direktor Maurice Moloney morgen hier sprechen wird. Letztes Jahr begann Rothamsted eine Versuchsreihe mit läuseresistentem Genweizen, der keinerlei Pestizide mehr zur Bekämpfung dieses ernsten Schädlingsbefalls benötigen würde.

Weil es Genweizen ist, waren die Antis entschlossen, ihn zu zerstören. Sie scheiterten am Mut von Professor Pickett und seinem Team, die YouTube und die Medien nutzten, um die wichtige Geschichte zu erzählen, warum ihre Forschung wichtig sei und warum sie nicht zerstört werden dürfe. Sie sammelten tausende Unterschriften für eine Petition, wohingegen die Antis nur ein paar hundert zusammenbekamen – die geplante Zerstörung war ein Rohrkrepierer.

Ein Eindringling schaffte es trotzdem, über den Zaun zu kommen. Er entpuppte sich als der perfekte stereotype Anti-Gentechnik-Protestler – ein aristokratischer Eton-Schüler, dessen illustrer Stammbaum den hiesigen Marquis von Blandford wie einen Protagonisten des verantwortlichen Bürgertums aussehen lässt.

Dieser wohlgeborene Aktivist streute auf dem Versuchsgelände Bio-Weizensamen aus, was vermutlich ein symbolisches Statement der Natürlichkeit sein sollte. Professor Picketts Team hat mir berichtet, dass sie eine echte Low-Tech-Lösung fanden, um den Samen wieder loszuwerden: Sie gingen mit einem kabellosen Handstaubsauger rum und saugten die Körner auf.

Neben einer Wiederholung des Weizenversuchs arbeitet Rothamstead dieses Jahr an einem Omega-3-Ölsamen, der einen Ersatz für Wildfisch als Futter in Lachsfarmen darstellen könnte. Dies könnte also der Überfischung entgegenwirken, indem landbasierte Futterpflanzen in Aquakulturen eingesetzt werden. Ja, die sind “genmanipuliert”, rechnen Sie also damit, dass die Antis auch dagegen sein werden, trotz der offensichtlichen potentiellen Vorteile für die Umwelt bezüglich der marinen Artenvielfalt.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir reicht’s. Darum ist mein Fazit hier und heute ziemlich klar: Die Debatte über die grüne Gentechnik ist zu Ende. Aus und vorbei. Wir brauchen nicht länger darüber zu diskutieren, ob sie sicher ist oder nicht – nach anderthalb Jahrzehnten und drei Billionen verzehrten genmodifizierten Mahlzeiten gibt es nicht einen einzigen substantiierten Schadensfall. Es ist wahrscheinlicher, dass sie von einem Asteroiden erschlagen werden als Schaden durch gentechnisch veränderte Lebensmittel zu erleiden. Um es auf den Punkt zu bringen: Menschen sind ums Leben gekommen, weil sie Bio wählten, aber niemand, weil er gentechnisch veränderte Lebensmittel aß.

Genauso wie ich es vor zehn Jahren tat, behaupten Greenpeace und die Soil Association, sie seien vom wissenschaftlichen Konsens geleitet – wie beim Klimawandel. Bei der grünen Gentechnik gibt es allerdings einen felsenfesten wissenschaftlichen Konsens, gestärkt durch die Amerikanische Vereinigung zur Förderung der Wissenschaften, die Royal Society, Gesundheitsinstitute und nationale Wissenschaftsakademien auf der ganzen Welt. Allerdings wird diese unbequeme Wahrheit ignoriert, weil sie deren Ideologie widerspricht.

Ein letztes Beispiel ist die traurige Geschichte der gentechnisch veränderten, gegen die Braunfäule resistenten Kartoffel. Sie wurde gemeinsam vom Sainsbury-Laboratorium und Teagasc, einem öffentlich geförderten Institut in Irland, entwickelt. Die irischen Grünen jedoch, deren Parteichef häufig diese Konferenz besucht, waren so dagegen, dass sie sogar vor Gericht zogen.

Und das trotz der Tatsachen, dass die gegen Braunfäule resistente Kartoffel den Bauern 15 Sprühdurchgänge mit Fungiziden pro Saison ersparen würde, dass Pollentransfer kein Thema ist, weil Kartoffeln sich durch klonale Vermehrung ausbreiten und dass das beleidigende Gen von einem wilden Verwandten der Kartoffel kam.

Es hätte eine nette historische Note werden können, dass eine gegen die Braunfäule resistente Kartoffel in Irland entwickelt worden wäre, in Anbetracht der Millionen oder mehr, die während der Kartoffelhungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts starben. Es wäre für Irland eine wundervolle Sache gewesen, das Land zu sein, dass die Braunfäule besiegt. Doch dank der Irischen Grünen Partei wird es nicht soweit kommen.

Und unglücklicherweise haben die Antis jetzt auch die Bürokraten auf ihrer Seite. Wales und Schottland sind jetzt offiziell frei von Gentechnik, unter der Direktive mittelalterlichen Aberglaubens als strategischem Imperativ für regionale Regierungen, die angeblich durch Wissenschaft geleitet werden.

Ebenso düster sieht es leider in weiten Teilen Afrikas und Asiens aus. Indien hat die Bt-Aubergine abgelehnt, obwohl sie den Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft und deren Rückstände auf der Frucht reduzieren würde. Die indische Regierung unterwirft sich in zunehmendem Maße rückwärtsgewandten Ideologen wie Vananda Shiva, die die vorindustrielle dörfliche Landwirtschaft idealisiert, trotz der historischen Tatsache, dass dies eine Zeit wiederholter Hungersnöte und struktureller Unsicherheit im Land war.

In Afrika ist „Kein Gen-Food!“ immer noch das Motto vieler Regierungen. Kenia zum Beispiel hat gentechnisch veränderte Lebensmittel tatsächlich aufgrund von „Gesundheitsrisiken“ verboten, trotz der Tatsache, dass sie die Unterernährung reduzieren helfen könnten, die im Land immer noch grassiert – und Unterernährung ist im übrigen ein erwiesenes Gesundheitsrisiko, ohne dass man dafür einen weiteren Beweis bräuchte. Wenn sie in Kenia eine genmodifizierte Getreidesorte entwickeln, das einen höheren Nährwert hat oder einen höheren Ertrag, was ärmeren Bauern helfen würde, dann wandern sie für zehn Jahre ins Gefängnis.

Auf diese Weise wird bitter notwendige landwirtschaftliche Innovation durch eine Lawine von Regularien erstickt, die in keiner Weise auf irgendeiner rationalen wissenschaftlichen Risikobewertung beruhen. Das Risiko besteht heutzutage nicht darin, dass irgendwer durch grüne Gentechnik zu Schaden kommt, sondern darin, dass Millionen zu Schaden kommen, weil sie nicht genug zu essen haben, weil eine lautstarke Minderheit von Leuten in reichen Ländern gerne Mahlzeiten zu sich nimmt, von denen sie glaubt, sie seien natürlich.

Ich hoffe, dass die Dinge sich jetzt ändern werden. Die wunderbare Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung spendete unlängst zehn Millionen US-Dollar an das John Innes Centre. Dort beginnt man nun damit, Stickstoff bindende Fähigkeiten in Nahrungspflanzen zu integrieren, angefangen beim Mais. Ja, Greenpeace, dies wird grüne Gentechnik sein. Findet euch damit ab. Wenn wir das weltweite Problem der Stickstoff-Überdüngung bekämpfen wollen, dann sind wichtige Nahrungspflanzen, die ihren eigenen Stickstoff binden, ein lohnendes Ziel.

Ich weiß, dass es politisch inkorrekt ist, dies alles zu sagen, aber wir brauchen eine große Dosis sowohl an internationaler Mythenbekämpfung als auch an Deregulierung. Die Pflanzenwissenschaftler, die ich kenne, schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich mit ihnen darüber rede, weil Regierungen und so viele Menschen ein so vollkommen falsches Gefühl für Risiken haben und dadurch eine Technologie von großer Bedeutung verhindern.

Norman Borlaug ist tot, aber ich denke, wir ehren sein Andenken, wenn wir uns weigern, politisch korrekten Glaubenslehren nachzugeben, wenn wir doch wissen, dass sie falsch sind. Der Einsatz ist hoch. Wenn wir weiter soviel falsch machen, sind die Lebensaussichten von Milliarden von Menschen in Gefahr.

Darum fordere ich Sie heute alle heraus, ihre Glaubenssätze auf diesem Gebiet zu hinterfragen und zu schauen, ob sie einer rationalen Untersuchung standhalten. Fragen Sie immer nach Beweisen, wie es die Interessengemeinschaft Sense About Science empfiehlt, und stellen sie sicher, dass sie sich nicht nur auf die selbstreferentiellen Berichte von NGOs verlassen.

Am allerwichtigsten ist jedoch, dass es Bauern freigestellt sein sollte, welche Art von Technologien sie nutzen wollen. Wenn Sie glauben, dass es besser ist, die Dinge wie früher zu tun, fein. Sie haben das Recht dazu.

Wozu sie kein Recht haben, ist anderen im Weg zu stehen, die hoffen und sich um Wege bemühen, Dinge anders zu machen und hoffentlich besser. Bauern, die die Herausforderungen durch eine wachsende Weltbevölkerung und eine sich erwärmende Welt verstehen; die verstehen, dass der Ertrag pro Hektar die wichtigste Umweltkenngröße ist. Und die verstehen, dass Technologie niemals aufhört, sich zu entwickeln, und dass selbst der Kühlschrank und die bescheidene Kartoffel einmal neu und angsteinflößend waren.

Und darum ist meine Aufforderung an die Anti-Gen-Lobby, angefangen bei britischen Aristokraten und Promiköchen bis zu den bäuerlichen Lobbygruppen in Indien, diese: Sie haben ein Recht auf Ihre Ansichten. Aber Sie müssten jetzt längst wissen, dass sie nicht durch die Wissenschaft gestützt werden. Wir kommen an einen entscheidenden Punkt, und zum Wohle der Menschheit und des Planeten ist es jetzt Zeit für Sie, beiseite zu treten und dem Rest von uns Platz zu machen, die die Welt nachhaltig ernähren wollen.


Vielen Dank.

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