31.08.2016

Zu den Waffen, legale Besitzer!

Analyse von Gregor Wensing

Titelbild

Foto: jasongillman via Pixabay (CC0)

Sportschützen, Jägern und Waffensammlern sollte das Führen ihrer Waffe in der Öffentlichkeit erlaubt werden. Solche Wehrhaftigkeit erhöht den Schutz vor Verbrechen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach „alles Menschenmögliche“ zu unternehmen, um weitere terroristische Anschläge zu verhindern und auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich positioniert: Bayern werde sich mit aller Härte und mit aller Entschlossenheit dem Terror entgegenstellen, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Alles, was notwendig sei, werde finanziert und es sei wichtig, „alles zu denken".

Dann sollten wir tatsächlich auch einmal in alle Richtungen denken. Ein Artikel in der Welt beschreibt die Situation in Israel, wo die Gefahr derartiger Terroranschläge schon viel länger zum Alltag gehört: Wo es nicht gelingt, solche Attentate zu verhindern, können „die Attentäter in Israel nur – wie in Nizza – durch den Einsatz von Schusswaffen gestoppt werden.“ Der Beitrag führt weiter aus:

„Sehr oft sind das aber nicht Polizisten im Dienst, sondern bewaffnete Zivilisten oder Soldaten auf Urlaub, die sich zufällig vor Ort befinden. Das ist der Grund, weshalb man in Israel viel leichter einen Waffenschein bekommt und man in den Straßen, Caféhäusern oder Kinos viel öfter bewaffnete Beamte oder Zivilisten sieht als in Europa. In Israel ist es heute sehr unwahrscheinlich, dass ein Terrorist mehr als zwei Kilometer in seinem Todesfahrzeug zurücklegen kann – ohne vorher von jemandem mit einer Schusswaffe gestoppt zu werden.“

Der US-amerikanische Sicherheitsexperte Jim Wagner, ehemals Polizeibeamter (u.a. SWAT-Teams), Air Marshal und Dozent z.B. für die GSG 9, legt sich ebenfalls fest: „Täter suchen stets Opfer – keine Gegner!" Es gibt in Deutschland 1,4 Millionen legale Besitzer von Schusswaffen. Wenn man nun (willkürlich festgelegt!) 400.000 Altbesitzer aus der Zeit vor entsprechenden Waffengesetzen abzieht, bleiben noch immer eine Million Menschen übrig, die besser als die allermeisten Polizeibeamten mit der Schusswaffe umgehen können: Jäger, Waffensammler und Sportschützen. Zudem handelt es sich dabei um einen Personenkreis, der in Kriminalstatistiken traditionell unterrepräsentiert ist und der stärker überwacht wird als alle anderen Bevölkerungsgruppen (einschließlich der Angehörigen von Sicherheitsorganen).

„Die Sorge, dass bewaffnete Bürger unkontrolliert um sich schießen, ist nicht berechtigt.“

Diesen Bürgern unseres Landes das Führen von Schusswaffen in der Öffentlichkeit zu erlauben, würde die Sicherheitslage auf jeden Fall verbessern: In akuten Bedrohungssituationen helfen nämlich weder das Nationale Waffenregister noch Polizei und Staatsanwaltschaft noch Nachrufe in der Presse oder bei YouTube. In einer solchen Situation hilft – wie in Israel – nur die eigene Wehrhaftigkeit.

Dazu bedarf es nicht einmal einer Gesetzesänderung, sondern nur der Verordnung, jedem Bürger aus dem angesprochenen Personenkreis auf Antrag einen Waffenschein auszustellen. Damit wird im Grunde genommen nur die Situation hergestellt, wie sie bei der Jagdausübung bereits üblich ist: Bei der Jagd sowie auf dem Weg dorthin und zurück dürfen Zivilpersonen Schusswaffen führen. Hat man je von einem Missbrauch gehört oder gelesen? 

Nun wird mit Sicherheit Protest laut aus den Kreisen, die jahrzehntelang wider besseres Wissen (und mangels echter Lösungen) die Reglementierung legaler Waffenbesitzer als Mittel zur Bekämpfung der Gewaltkriminalität und des Terrorismus kultiviert haben (siehe hierzu auch die EU-Waffengesetzinitiative) oder die schlichtweg ihr Privileg auf Waffenführen nicht mit dem Bürger teilen wollen. Außerdem gibt es viel zu häufig eine Tendenz zum Täterschutz.

Die Sorge, dass die gesamte Bevölkerung nach einer solchen Gesetzesänderung bewaffnet herumläuft und bei Kleinigkeiten wie z.B. Parkplatzstreitigkeiten zur Waffe greift, oder aber dass bewaffnete Bürger in Konfliktlagen (Überfall, Amoklauf) unkontrolliert um sich schießen, ist  – wie Israel und auch der defensive Waffengebrauch in den USA durch lizenzierte Waffenträger hinlänglich belegen – nicht berechtigt. Es hat sich gezeigt, dass lediglich ein kleiner Teil der Personen, die einen Waffenschein erhalten können, diesen auch tatsächlich beantragt (in der Tschechischen Republik 3 Prozent, in den USA 10 Prozent). Zudem werden waffentragende Bürger auch alles daran geben, ihre Schusswaffen nicht zu verlieren, da ihnen – anders als beim Verlust einer Dienstwaffe durch einen Polizeibeamten – sofort und unmittelbar die Aberkennung ihrer Zuverlässigkeit droht.

„Die Erlaubnis des Waffenführens durch legale Waffenbesitzer stellt keinen Angriff auf das Gewaltmonopol des Staates dar.“

Die Erlaubnis des Waffenführens durch legale Waffenbesitzer (Sportschützen, Jäger, Sammler) stellt keinen Angriff auf das „Gewaltmonopol des Staates“ dar, denn es geht hier nicht um Straftatenverfolgung oder -ahndung, sondern lediglich um die Wahrnehmung des gesetzlich verankerten Rechtes auf Notwehr und Nothilfe. Insofern ergänzt privater Waffenbesitz das staatliche Gewaltmonopol subsidiär im Vorfeld und in der Fläche. Es würde damit weder eine „Hilfs-“ oder „Wachpolizei“ mit hoheitlichen Aufgaben noch eine „Bürgerwehr“ mit gezieltem Aufgabenbereich etabliert. Schon gar nicht handelt es sich dabei um Lynchjustiz, sondern nur um die Gefahrenbeseitigung in ihrer akuten Situation und nicht um Racheakte. Private Waffen werden somit nicht repressiv (strafvergeltend), sondern ausschließlich präventiv (straftatvermeidend) eingesetzt.

Mit dem deutschen Waffengesetz wird seit Jahrzehnten verhindert, dass jemand das Recht auf Notwehr und Nothilfe wahrnehmen kann. So darf in Deutschland niemand in einer existenzgefährdenden Bedrohungssituation auf die Hilfestellung z.B. durch einen Sportschützen (oder Jäger oder Waffensammler) hoffen, selbst wenn dieser momentan am richtigen Ort sein sollte. Diesen ist nur der Transport einer Schusswaffe in verschlossenem Behältnis und getrennt von der Munition erlaubt. So dauert das Versetzen der Waffe in die Schussbereitschaft in einem Notfall viel zu lange.

Werden terroristische Gewalttaten durch die Erlaubnis für legale Waffenbesitzer, ihre Schusswaffen führen zu dürfen, vollkommen verhindert? Mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Aber es besteht die große Chance (siehe z.B. die Bluttat des Angreifers mit der Axt im Regionalzug nach Würzburg), den Amoklauf zu stoppen und so größeren Schaden zu verhindern. „Schaden“ umschreibt hier Todesopfer und (schwer-)verletzte Bürger. Man sollte bedenken, dass in den USA und in Israel viele Amokläufe durch bewaffnete Bürger im Frühstadium beendet werden konnten und dass die letzten Bluttaten in den USA in „waffenfreien Zonen“ (wie die Bundesrepublik Deutschland eine ist …) stattgefunden haben. So forderte Ende 2015 der Jerusalemer Bürgermeister Nir Barkat, der regelmäßig zum Selbstschutz eine Schusswaffe trägt,andere Israelis auf, sich ebenfalls zu bewaffnen, da man damit einen Beitrag für mehr Sicherheit in der Stadt leiste.

„Das Risiko, einem wehrhaften Opfer zu begegnen, wirkt in vielen Fällen deeskalierend.“

Werden andere Gewalttaten durch die Erlaubnis für legale Waffenbesitzer, ihre Schusswaffen führen zu dürfen, verhindert? Mit hoher Wahrscheinlichkeit schon. Zurzeit ist es in Deutschland ziemlich risikolos, einen gewaltsamen Übergriff auf Mitmenschen zu verüben. Es ist daher zu erwarten, dass einige Gewalttäter verunsichert werden, wenn sie mit der Erlaubnis des Waffenführens durch legale Waffenbesitzer das Risiko nicht mehr abschätzen können, einem wehrhaften Opfer zu begegnen. Ein gestiegenes Risiko dieser Art wirkt nämlich in vielen Fällen deeskalierend. Der Schutzwert der hochgelobten Überwachungskameras ist dagegen zu vernachlässigen.

Wie groß ist das Risiko, wenn legale Waffenbesitzer Schusswaffen führen dürfen? Einer Statistik über das Land Berlin zufolge liegt dieses Risiko kaum über null Prozent. Ähnliche Erfahrungen konnte man in Bezug auf die Jagdausübung bzw. in allen Ländern sammeln, die solche Statistiken führen. Mit der Erlaubnis des Waffenführens durch Sportschützen, Jäger und Sammler liegt ein erfolgversprechender Ansatz vor, der zudem ohne nennenswerten Finanzaufwand umzusetzen ist – und neben der verbesserten Sicherheitslage den positiven Effekt nach sich zieht, dass der legale Waffenbesitzer nicht länger als Sündenbock für eine verfehlte Sicherheitspolitik herhalten muss, sondern sich als Teil der Lösung eines drängenden Problems verstehen darf: Also ein Mittel gegen die immer mehr um sich greifende „Staatsverdrossenheit“, die man mit Parolen nicht weg reden kann.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat vor dem Hintergrund der angespannten Lage in Deutschland weitere Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Bürger angekündigt. Er prüfe nun, was noch erforderlich sei und werde „bald Vorschläge dazu machen". Eine erste und ebenso einfache wie effektive Maßnahme wäre es, dem Bürger den gesetzlich erlaubten Selbstschutz zu ermöglichen.

jetzt nicht

Novo ist kostenlos. Unsere Arbeit kostet jedoch nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Unterstützen Sie uns jetzt dauerhaft als Förderer oder mit einer Spende!