19.06.2023

Zensur von Frauen erreicht die Schweiz

Von Andrea Seaman

Titelbild

Foto: Dylan Reeve via Wikicommons / CC BY 4.0

Posie Parker, eine britische Aktivisten gegen Transgender-Ideologie, stieß bei ihrem Auftritt in Genf auf Gegendemonstranten, die sie mit Kuhglocken zum Schweigen bringen wollten.

„Keine Frau kann einen Penis haben! Kein Mann hat eine Vagina!" Auf dem Platz vor dem Genfer Uno-Sitz schallen diese Slogans aus den Lautsprechern. Es ist Sonntag, der 11. Juni, und die vorbeischlendernden Touristen sind verwirrt, unsicher, ob sie Teil eines ausgeklügelten Streiches sind. Aber die Demonstration, bei der ich zugegen bin, ist kein Scherz.

Kellie-Jay Keen alias Posie Parker schreit diese Worte in ein Mikrofon. Sie hält gerade eine ihrer „Let Women Speak“-Veranstaltungen ab; diese weltweite Tournee ist nun auch in die Schweiz gekommen. Die Britin Posie wendet sich gegen die Transgender-Ideologie, die besagt, dass Frauen zu Männern werden können und umgekehrt, indem sie einfach erklären, dass sie ihr Geschlecht geändert haben, oder indem sie sich einer Operation unterziehen bzw. Hormonblocker einnehmen. Seit 2022 kann in der Schweiz jede Person über 16 Jahren einfach in das örtliche Standesamt gehen und ihren Vornamen und ihr Geschlecht offiziell ändern lassen.

Viele befürchten, dass dies psychopathischen, kriminellen Männern ein Schlupfloch bietet, durch das sie in Frauenräume wie Garderoben, Umkleideräume oder sogar Frauengefängnisse gelangen können. Großbritannien hat bereits verurteilte Vergewaltiger, die sich als Frauen ausgaben, in Frauengefängnisse gesteckt – mit vorhersehbarem Ergebnis. Diese  Sorgen sind also nicht unbegründet. Bei diesen Kundgebungen, die Posie veranstaltet, können Frauen einfach das Mikrofon in die Hand nehmen und ihre Anliegen zu diesem Thema vortragen.

Leider haben sich einige in den Kopf gesetzt, dass Posie und ihre Unterstützer „transphob" und „rechtsradikal" sind. So kommt es unweigerlich zu einer Gegendemonstration. Zunächst denke ich, dass es keine geben wird, obwohl die Polizei die Straßen blockiert hat und mit etwa 50 Polizisten sowie einem Wasserwerfer auf dem Platz schon bereitsteht. Aber wie es sich für Schweizer gehört, erscheinen alle Gegendemonstranten – diese stufen sich selbst als politisch links ein – pünktlich zum offiziellen Beginn der Veranstaltung.

„‚Sind Sie ein KGB-Agent?‘, fragt mich eine junge Frau, die zum Sprechchor ‚Wir wollen keine Faschisten hier‘ in die Hände klatscht.“

Die Polizei bildet eine Linie, die den von Posie eingenommenen Raum von dem der Gegendemonstranten trennt. Die wütende Menge, die gegen Posie protestiert, ist mehr als dreimal so groß wie das ihr zugeneigte Publikum. Es wird Gewalt befürchtet, wenn die Polizei die Frauen, die öffentlich kritisch über das Thema Transgender sprechen wollen, nicht schützt. Posie selbst hat ein paar Bodyguards dabei. Im März dieses Jahres wurde sie im neuseeländischen Auckland von einem Mob wütender Trans-Aktivisten angegriffen, von denen einer ihr Suppe über den Kopf schüttete. Sie fürchtete um ihr Leben, als sie gezwungen war, ihre Rede abzubrechen, und wurde durch die tobende Menge hasserfüllter Aktivisten, die versuchten, sie zu treten, zu ihrem Auto eskortiert. Seitdem hat sie ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärkt.

Ich persönlich bin dort in meiner Eigenschaft als Journalist, der für die freiheitlich ausgerichtete Zeitschrift Schweizer Monat arbeitet. Ich fotografiere also Posie in der Hoffnung, dass einer meiner Schnappschüsse zusammen mit dem Interview, das sie mir vor nicht einmal 20 Minuten gegeben hat, veröffentlicht werden kann. Da ich aber ein neugieriger Mensch bin, überquere ich die Schwelle, die die Polizei gebildet hat, und laufe direkt in die Mitte der Demonstranten, die Posie beschimpfen.

Sie sind nicht bereit, Fragen über den Zweck ihrer Anwesenheit zu beantworten. „Sind Sie ein KGB-Agent?", fragt mich eine junge Frau, die zum Sprechchor „Wir wollen keine Faschisten hier" in die Hände klatscht. Ich verneine. Dann versuche ich, Fotos von ihr und ihren Kameraden zu machen, woraufhin zwei Typen auf mich zugehen und drohen, meine Kamera zu zerbrechen und mich zu verprügeln. Zum Glück gelingt es mir, mich ohne Schläge aus der Sache herauszureden. Diese Art der Bedrohung findet nur auf einer Seite des Platzes statt. Ich ziehe mich jedoch nur zurück, um von einem anderen Standort aus weitere Fotos zu machen. Dabei lasse ich mich von denen nicht beeindrucken, die mir den Mittelfinger zeigen, um ihren Unmut zu signalisieren, dass ich dieses Strassentheater zu dokumentieren wage.

Als ich auf Posies Seite zurückkehre, ist es für eine Weile sicherer. Seltsamerweise brauchen die Gegendemonstranten etwa 30 Minuten, um zu begreifen, dass sie einfach um die Polizeilinie herumgehen und ihren ‚Feind‘ einkreisen können. Männer mit schwarzen Masken im Gesicht tauchen in unmittelbarer Nähe von Posie auf und klatschen bedrohlich zu den Schlachtrufen, die von ihrer Seite kommen. Töpfe und Pfannen und Kuhglocken beginnen, einen ordentlichen Krach zu machen.

„Vernünftige Menschen in der Schweiz müssen sich dieses reaktionären Elements in unserem Land bewusst sein, das auf Zensur aus ist.“

An diesem Punkt legt sich Posie mit den Protestierenden an. „Wenn ihr hier stehen könnt", sagt sie zu den Frauen auf ihrer Seite, „und die Wahrheit kennt und wisst, dass diese dämonischen Arschlöcher absoluten Blödsinn reden, dann verspreche ich euch, dass wir gewinnen werden!" Sie wird sich von denen, die sie zum Schweigen bringen wollen, nicht einschüchtern lassen. Sie vergleicht sie wegen ihrer zensorischen Absichten mit Faschisten und schimpft über „diese verdammten dummen Mädchen," die ihr mit Kuhglocken auf den Fersen sind. Nach diesem Paukenschlag steigt sie in ihr Auto und fährt weg, da die Situation zu unberechenbar geworden ist.

Es ist eine ziemliche Offenbarung, wenn man sieht, dass die Schweiz, ein Land, das eigentlich für seine zivilisierten Einwohner bekannt ist, zum Schauplatz eines solch barbarischen Verhaltens werden kann. Die Individuen, die Posie bedroht haben, sind nicht repräsentativ für die Schweizer Bevölkerung im Allgemeinen, obwohl es eine Schande ist, dass ein bestimmter Teil der Bevölkerung – vielfach Studenten und alte Männer, die nichts Besseres zu tun haben – an einem Sonntag auf die Straße geht, um Frauen am Sprechen zu hindern.

Und nun, zu allem Überfluss, wurde vier Tage nach Posies Veranstaltung eine identitär-feministische Gruppe, die in einem Berner Restaurant zusammensass, von maskierten Schlägern gewaltsam angegriffen, die Tische und Stühle warfen, Fensterscheiben einschlugen und eine arme Frau mit Gegenständen blutig verletzten.

Vernünftige Menschen in der Schweiz müssen sich dieses reaktionären Elements in unserem Land bewusst sein, das auf Zensur aus ist. Wir brauchen mehr zivilisiertes Verhalten, sowie die Erkenntnis, dass eine freie und offene Debatte das beste Mittel darstellt, um mit anderen zu streiten.

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