02.12.2024
Social-Media-Verbot macht alle zu Kindern
Von Joanna Williams
Das australische Parlament hat jüngst ein Gesetz beschlossen, dass Unter-16-Jährigen die Nutzung von Social Media verbietet. Dies ebnet den Weg für Einschränkungen bei Erwachsenen.
Es gibt gute Gründe, sich Sorgen über die Nutzung der sozialen Medien bei Kindern und Jugendlichen zu machen. Wer viel Zeit im Internet verbringt, hat weniger Zeit, sich in der echten Welt zu bewegen. Algorithmen können die düstersten Gedanken eines Heranwachsenden verstärken: Kinder und Jugendliche, die sich Sorgen machen, dass sie zu dick sind oder das falsche Geschlecht haben, werden mit Bildern von Menschen bombardiert, die magersüchtig sind oder sich einer chirurgischen Umwandlung unterziehen. Hinzu kommt das allgegenwärtige Gefühl, dass alle anderen Spaß haben, ohne dass man selbst dabei ist. Und es besteht die Gefahr, dass man online gemobbt wird. Gehässige Klassenkameraden verschwinden nicht mehr am Ende des Schultages, sondern begleiten die Jugendlichen über Gruppenchats und Messaging-Apps nach Hause.
Aus all diesen Gründen versuchen Staaten auf der ganzen Welt, den Zugang von Kindern zu Smartphones und sozialen Medien einzuschränken. China war das erste Land, das damit anfing. Es beschränkt streng die Bildschirmzeit und verlangt von den Plattformen, Inhalte stark zu filtern. Frankreich erprobt ein Handyverbot in Schulen. Das britische Gesetz zur Online-Sicherheit zielt darauf ab, „Großbritannien zum sichersten Ort der Welt zu machen, an dem ein Kind online sein kann“. Es zwingt die Anbieter sozialer Medien, Altersbeschränkungen durchzusetzen und Kinder daran zu hindern, auf schädliche und nicht altersgerechte Inhalte zuzugreifen.
Nun geht Australien noch einen Schritt weiter. Nachdem die Regierung vor kurzem Einschränkungen für die Nutzung von Mobiltelefonen in Schulen eingeführt hat, hat das Parlament nun ein vollständiges Verbot aller Social-Media-Plattformen für alle unter 16 Jahren beschlossen. Premierminister Anthony Albanese sagte dazu: „Soziale Medien schaden unseren Kindern, und ich werde dem ein Ende setzen.“
Ganz ähnlich wie das britische Online-Sicherheitsgesetz sieht der australische Gesetzesentwurf Geldstrafen für Unternehmen vor, die es versäumen, Kinder zu schützen (Ausnahmen gibt es für Unternehmen, die „risikoarme Dienste" anbieten, die für Kinder geeignet sind). Kritiker behaupten, dass ein solches Verbot nicht funktionieren wird und dass technisch versierte Kinder besser als Erwachsene wissen, wie sie Filter und Altersbeschränkungen umgehen können. Das mag stimmen, geht aber an den eigentlichen Problemen vorbei und ignoriert die Attraktivität von Verboten für Regierungen wie die von Albanese.
„Schon jetzt wird befürchtet, dass die australischen Beschränkungen jeden, der soziale Medien nutzt, dazu zwingen werde, seine Identität nachzuweisen, um sein Alter zu überprüfen.“
In jedem einzelnen Fall ebnen Zugangsbeschränkungen zur Online-Welt für Kinder den Weg für größere Einschränkungen für Erwachsene. Schon jetzt wird befürchtet, dass die australischen Beschränkungen jeden, der soziale Medien nutzt, dazu zwingen werde, seine Identität nachzuweisen, um sein Alter zu überprüfen. Eine Gruppe warnt, dass das vorgeschlagene Gesetz „eine erhebliche Ausweitung der digitalen Identitätsüberprüfung in sozialen Medien darstellt, die auf bestehenden biometrischen Altersschätzungen und dokumentenbasierten Überprüfungstechnologien aufbaut“. Die Registrierung wirft die Anonymität über Bord, die sich leider als notwendig erwiesen hat, damit Menschen online Wahrheiten wie „Frauen sind Erwachsene weiblichen Geschlechts“ posten können, ohne ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Der Versuch, den Zugang von Jugendlichen zu sozialen Medien zu kontrollieren, führt unweigerlich dazu, dass die Meinungsfreiheit aller australischen Bürger eingeschränkt wird.
Nicht nur die Redefreiheit steht auf dem Spiel, sondern auch die Autorität der Erwachsenen. Genauso wie Erwachsene dafür verantwortlich sind, was Kinder in der realen Welt sehen und tun, müssen Erwachsene auch dafür verantwortlich sein, was Kinder im Internet tun. Entscheidend ist jedoch, dass normalerweise die Eltern und nicht die Minister der Regierung die Regeln für das Verhalten der Kinder zu Hause festlegen, und dass die Lehrer und nicht die globalen Technologieunternehmen diktieren sollten, was im Klassenzimmer geschieht. Die staatlicherseits verhängten Verbote sozialer Medien entziehen Eltern und Lehrern die Macht, zu entscheiden, welche Freiheiten Kindern und Jugendlichen im Internet gewährt werden. Stattdessen wird die Macht in die Hände von Regierungsmitgliedern und Juristen gelegt. Eltern und Lehrer sind dann ebenso verpflichtet, die Regeln zu befolgen wie die Kinder. Die Autorität der Erwachsenen als solche erleidet dadurch einen schweren Schlag.
Seit der Übernahme von X durch Elon Musk und dem Wahlsieg von Donald Trump ist der Drang vieler Regierungen, das Internet stärker einzuschränken, deutlich gewachsen. Erst kürzlich kündigte Peter Kyle, Technologieminister in der britischen Labour-Regierung, an, dass ein Social-Media-Verbot nach australischem Vorbild für britische Kinder „auf dem Tisch“ liege. Die Labour-Partei hat auch ihre Absicht bekundet, das bereits strenge Gesetz zur Online-Sicherheit zu verschärfen. Die linksliberalen Eliten sehen die freie Meinungsäußerung eindeutig als Bedrohung ihrer Autorität.
„Oberflächlich betrachtet mag die Debatte den Anschein erwecken, als ginge es um Kinderschutz, doch in Wirklichkeit geht es darum, den Zugang aller zu Inhalten einzuschränken, die die Eliten als politisch verwerflich ansehen.“
Aus diesem Grund werden weitere Einschränkungen der Redefreiheit im Internet mit ziemlicher Sicherheit von den Höhergestellten bejubelt. Im Guardian behauptet eine australische Autorin halb im Scherz, dass ein „Verbot sozialer Medien für alle im nationalen Interesse“ sei. „Mit dem Anreiz zu extremen Meinungen, polarisierenden Konfrontationen, Nachrichten als Klickköder und Unterhaltungsspektakel“, warnt sie, „kann es ein sehr kurzer von ‚für dich‘-Empfehlungen kuscheliger Katzenvideos zu ‚tradwives´, Elon Musk und weißer Vorherrschaft sein“. Wie ihr kürzlicher Abgang von X zeigt, gibt es kaum etwas, was die globalen Eliten mehr stört, als der freie Meinungsaustausch des gemeinen Volkes im Internet.
Innerhalb der linksliberalen Elite Australiens gibt es jedoch Meinungsverschiedenheiten. Manche befürchten, dass ein komplettes Verbot der sozialen Medien für Jugendliche es erschweren würde, sie mit woken Botschaften zu erreichen und zu beeinflussen. So haben über 100 australische Wissenschaftler das Verbot als „zu stumpfes Instrument“ kritisiert, während ein parteiübergreifender Parlamentsausschuss stattdessen eine stärkere Regulierung fordert. Auch die australische Beauftragte für eSafety, Julie Inman Grant, möchte, dass LGBTQ+- oder Ureinwohner-Teenager, die sich angeblich „online mehr sie selbst als in der realen Welt fühlen“, weiterhin Zugang zu staatlich genehmigten Nachrichten haben. Mit anderen Worten: Chauvinistische Andrew-Tate-Videos sind out, aber Ratschläge für geschlechtsverwirrte Teenager-Mädchen, wie sie ihre Brüste flach binden können, sollten leicht verfügbar sein.
Oberflächlich betrachtet mag die Debatte über soziale Medien und Kinder den Anschein erwecken, als ginge es um Kinderschutz, doch in Wirklichkeit geht es darum, den Zugang aller zu Inhalten einzuschränken, die die Eliten als politisch verwerflich ansehen. In Australien plädieren nicht einmal die Kritiker des Verbots für eine uneingeschränkte Internetnutzung für Erwachsene.
Die Gefahren dieses Verbots sind nur allzu deutlich. Wir müssen es den Eltern und Lehrern überlassen, die Kinder zu schützen – und darauf vertrauen, dass die Erwachsenen selbst wissen, was sie sich online ansehen.