21.02.2024

Links und rechts vereint im Hass auf Israel

Von Sabine Beppler-Spahl

Titelbild

Foto: rajatonvimma via Flickr / CC BY-SA 2.0

Deutsche Rechtsextreme stellen sich im Gazakrieg gegen Israel. Damit unterscheiden sie sich kaum von zahlreichen Linken, die dies – mit größerem Einfluss – tun, z.B. an Universitäten.

Jedes Jahr im Februar marschierten Neonazis durch Dresden. Das Spektakel dient dem Gedenken an die Bombardierung der Stadt im Jahr 1945. Auch diesmal gab es Gegendemonstrationen, organisiert von der Antifa und anderen linken Gruppen. Alles wie in den letzten Jahren, könnte man meinen. Doch in diesem Jahr zog ein Banner der rechtsextremen NPD die Aufmerksamkeit der Journalisten auf sich. „Gestern Dresden. Heute Gaza. Völkermord zur Rechenschaft ziehen“, war darauf zu lesen.

Die Tatsache, dass sich die NPD – oder die „Heimat“, wie die Partei neuerdings heißt – gegen die Bombardierung Gazas ausspricht, dürfte einige ihrer linken Gegner in Bedrängnis gebracht haben. Doch, der Vorfall zeigte nur, was viele ohnehin schon wussten: Wenn es um Israel und Antisemitismus geht, verschwimmt der Unterschied zwischen „links“ und „rechts“ bis zur Unkenntlichkeit.

Verwunderlich ist das Interesse der NPD an Gaza und Israel nicht. Der Antisemitismus war schon immer Teil der DNA des deutschen Rechtsextremismus. Bereits Ende Oktober letzten Jahres, wenige Tage nach der Hamas Attacke auf Israel, veröffentlichte der Stern einen Artikel mit dem Titel: „Wie deutsche Neonazis versuchen den Angriff auf Israel für sich zu nutzen“. Eine Auswertung von Webseiten und Social-Media-Kanälen, so der Artikel, habe ergeben, dass sich nahezu alle rechtsextremen Parteien solidarisch mit den Palästinensern zeigen. Das Magazin zitierte auch eine Erklärung der NPD Jugendorganisation, die das Vorgehen der Hamas am 7. Oktober verteidigte. Dem Angriff, so die Erklärung seien „die völkerrechtswidrige Unterdrückung, die Besetzung und israelischer Massenmord" vorangegangen.

„Beide Seiten richten ihren Hass gegen den einzigen jüdischen Staat dieser Welt.“

Natürlich würden jene Linke, die sich zu Israel und Gaza genauso äußern wie die NPD-Bannerträger, jede Verbindung zum Rechtsradikalismus ablehnen. Sie weisen darauf hin, dass es den Neonazis gar nicht um das Wohl der Palästinenser geht. Auch sei die Kritik der Rechten an Israel eine Form des rassistischen Antisemitismus.

Damit haben sie sicher recht. Der Stern-Artikel erwähnt ein weiteres Banner, das im Oktober in einem rechten Szeneviertel von der Polizei beschlagnahmt wurde. Auf ihm war zu lesen: „Der Staat Israel ist unser Unglück“. Der Spruch ist eine Abwandlung eines berüchtigten Zitats des nationalistischen Historikers Heinrich von Treitschke aus dem späten 19. Jahrhundert. Treitschke, der einer der anerkanntesten Akademiker seiner Zeit war, hatte in einem Artikel geschrieben: „Die Juden sind unser Unglück“. Die Rechte mag also ihren Antisemitismus anders begründen und möglicherweise weiter gehen als die Linke. Die bittere Wahrheit aber ist: Beide Seiten richten ihren Hass gegen den einzigen jüdischen Staat dieser Welt.

Das ist bedenklich genug. Aber es gibt noch eine weitere, dunkle Seite, die hervorgehoben werden muss. Wenn die Rechtsextremen meinen, aus den Hamas-Angriffen Kapital schlagen zu können, dann nur, weil andere ihnen den Weg geebnet haben.

„Wenn die Rechtsextremen meinen, aus den Hamas-Angriffen Kapital schlagen zu können, dann nur, weil andere ihnen den Weg geebnet haben.“

Die Linke verfügt über deutlich mehr Einfluss und Gehör als die NPD, die schon immer eher am Rand der Gesellschaft angesiedelt war. An der Demonstration in Dresden, am 13. Februar, nahmen laut Polizei daher nur etwa 800 Personen teil. Die Demonstrationen der pro-palästinensischen Linken dagegen sind deutlich größer. Vor allem sind es nicht die Rechtsextremen, sondern die Linken, die in Universitäten und anderen Einrichtungen gegen Israel agitieren.

Nehmen wir das Beispiel einer Veranstaltung, die Mitte Februar an der Berliner Humboldt-Universität stattfinden sollte. Weil die israelische Richterin Daphne Barak-Erez auf dem Podium saß, protestierten radikale Pro-Palästina-Aktivisten so lautstark und drohend, dass die Veranstaltung abgebrochen werden musste. Ähnlich erging es einer Hannah-Arendt-Lesung in einem bekannten Berliner Museum – dem Hamburger Bahnhof – die unterbrochen und beendet wurde, nachdem Demonstranten begonnen hatten, die Veranstaltung zu stören. Und als Anfang dieses Monats eine Demonstration stattfand, die ironischerweise ein Zeichen gegen rechts und die AfD setzen sollte, skandierten Aktivisten anti-israelische Parolen. Ein Demonstrant trug ein Transparent mit der Aufschrift: „Gegen den Faschismus überall – von der Spree bis Israel. Free Palestine“.

Jeder weiß, wie eifrig die extreme Rechte den Faschismus und die deutsche Vergangenheit relativiert. Doch seit dem 7. Oktober lässt sich nicht mehr leugnen, dass bedeutende Teile der Linken dasselbe tun. Ihre Anti-Israel-Hetze unterscheidet sich nur in Nuancen von der der Rechten. Es ist an der Zeit, sich beiden entgegenzustellen, denn sonst wird Deutschland wieder zu einem sehr dunklen Ort werden.  

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