16.06.2021
Ilhan Omar und ihr Problem mit Israel
Die US-amerikanische Kongressabgeordnete Ilhan Omar dämonisiert auf Twitter den israelischen Staat – nicht zum ersten Mal. Israelkritik soll oft Antisemitismus verschleiern.
Fast ein wenig schüchtern blickt die verschleierte Abgeordnete drein, die als eine der Hoffnungsträger der Linken in den USA gilt. Es sind die klassischen Fotos, die man kennt: Links die Flagge mit Stars and Stripes und rechts der Politiker. In dem Fall die Politikerin. Es handelt sich um niemanden geringeres als Ilhan Omar, die in den letzten Tagen wiederholt in die Schlagzeilen geriet, weil sie ein Problem mit Israel hat.
1982 in Somalia geboren, sitzt sie nun bald drei Jahre für die Demokraten im Repräsentantenhaus. Schon die Wahl schlug hohe Wellen. Gemeinsam mit Rashida Tlaib war die junge Frau aus dem fünften Wahlbezirk von Minnesota die erste Muslima, die in den Kongress einziehen konnte. Beide teilen, neben ihrer religiösen Herkunft vor allem eines: ihre massive Kritik an dem Staat Israel. Für beide scheint der Judenstaat eine Zumutung zu sein, weswegen sie aktiv und mit Verve die Schwächung des Landes fordern. Einer Bewegung, die sich dafür einsetzt, BDS, stehen beide nahe.
BDS bedeutet boycott (Boykott), divestment (Deinvestion) und sanctions (Sanktionen). Für viele linke Aktivisten ist die Bewegung Ausdruck an Kritik an Israel. Doch BDS geht weit über legitime Kritik hinaus. Wenn israelische Produkte nicht mehr gekauft, Investitionen im Land nicht mehr getätigt werden und das Land politisch sanktioniert wird, heißt das letztlich das Ende des Staates Israels. BDS möchte dem Land, welches Juden trotz ständiger Anfeindung mehr Schutz bieten kann als viele europäische Länder, ihre wirtschaftliche Existenz entziehen. Somit hat die Bewegung keine andere Absicht, welche auch Mahmud Ahmadinedschad, der ehemalige Präsident des Iran, hatte. Das Ausradieren des Staates Israels von der Landkarte. Das ergibt sich aus den beschrieben Zielen BDS-Aktivismus, Israel ökonomisch zu schaden und politisch zu isolieren: Am Ende ist bei beiden Ansätzen der Staat Israel ausgelöscht. Am Ende ist beides plumper Antisemitismus.
Ganz in dieser Tradition steht Ilahn Omar. Und so twitterte sie vor wenigen Tagen auch völlig folgerichtig: „Wir haben undenkbare Gräueltaten erlebt, die von den USA, Hamas, Israel, Afghanistan und den Taliban begangen wurden.“
„Dinge, die man bei anderen Ländern ohne Probleme durchgehen lässt, kreidet man dem Judenstaat an.“
Gäbe es ein Gerät, das im Sinne des 3-D Tests mit einer Sirene anspringt, dann würde bei diesem Twitter-Post das Martinshorn laut anklingen. Der 3-D Test ist eine Methode, Antisemitismus zu erkennen, der sich als Israelkritik tarnt. Ein „D“ kürzt den Begriff Doppelter Standard ab. Israel wird anders behandelt, als andere Staaten. Dinge, die man bei anderen Ländern ohne Probleme durchgehen lässt, kreidet man dem Judenstaat an.
Als klassisches Beispiel gelten hier die unsäglichen UN-Resolutionen. Von den 23 Erklärungen im Jahr 2020 richteten sich 17 gegen Israel. Und das, obwohl lupenreine Diktaturen in der Versammlung vertreten sind. Länder wie China, Weißrussland, Saudi-Arabien, Kuba und viele mehr schmücken dieses Gremium. Diese Länder wurden entweder gar nicht oder nur zu einem geringeren Teil mit Resolutionen bedacht. Sicherlich ist Israel keine perfekte Demokratie. Aber sie ist eine funktionierende Demokratie und unterscheidet sich damit in jeder Hinsicht von den genannten Ländern und vielen mehr, die unter dem Dach der Vereinten Nationen Platz finden.
Hinter einem weiteren „D“ verbirgt sich Delegitimierung. Antisemitisch ist der, der Israel die Existenz als Staat abspricht. Anders als anderen Völkern wird den Juden untersagt, ein eigenes Land zu gründen und geschützt in diesem zu leben. Hier spiegelt sich eine generelle Entwertung des Judentums als Religion einerseits und, was kaum zu trennen ist, des Judentums als Volksform andererseits ab. An dieser historisch und gesellschaftlich völlig unmöglichen Trennung aber versuchen sich sogenannte Israelkritiker. Denn wer Israel und Judentum separieren kann, der kann auch kein Antisemit sein, wenn er Israel abschaffen will. Und wenn der Judenstaat kein Staat ist, weil Juden kein Volk sein können, dann ist es auch illegitim, wenn sich Israel verteidigt. Diese Israelkritiker würden es nie zugeben, was sie sind: lupenreine Antisemiten.
„Indem sie Israel auf eine Stufe mit der Taliban und der Hamas stellt, vergleicht sie einen legitimen, demokratischen Staat mit Terrororganisationen.“
Das dritte „D“ schließlich meint Dämonisierung und ist genau das, was Frau Omar in ihrem Tweet betreibt. Indem sie Israel auf eine Stufe mit der Taliban und der Hamas stellt, vergleicht sie einen legitimen, demokratischen Staat mit Terrororganisationen. Um auch hier klarzustellen: Die israelische Politik macht Fehler. Aber das Selbstverteidigungsrecht mit militanten Gruppen zu vergleichen, die nichts weiter als den Tod von Juden und Andersdenkenden im Sinn haben, ist eine unzulässige Dämonisierung des einzig demokratischen Staats im Nahen Osten. Oder es mit dem Resultat einer positiven 3-D Einordnung zu sagen: Wer dies tut, der ist antisemitisch.
Es ist nicht das erste Mal, dass Ilhan Omar die Grenzen zum Antisemitismus überschreitet. Im Jahr 2012 tweetete die gebürtige Somalierin Folgendes: „Israel hat die Welt hypnotisiert, möge Allah die Menschen erwecken und ihnen helfen, die bösen Taten Israels zu sehen.“ Zwar distanzierte sie sich in den letzten Jahren, wenn auch zaghaft, von solchen Aussagen. Nach dem aktuellen Statement – der Gleichsetzung von Terror mit dem demokratischen Staat Israels – darf jedoch bezweifelt werden, ob Frau Omar tatsächlich frei von Antisemitismus ist.
Wer ein Problem mit Israel hat, das über übliche Probleme, die man mit anderen Ländern haben kann, hinausgeht, der hat ein Problem mit Juden. Oder um es mit einem Zitat deutlich zu machen, das man Churchill zuschreibt: „Manchmal ist eine Zigarre einfach nur eine Zigarre.“ Dass Ilhan Omar große Schmerzen mit dem Judenstaat Israel hat, ist offenkundig. Das hat sie mit ihrem letzten Tweet auf ein Neues bewiesen.