13.07.2022

Hoher Schutz durch natürliche Immunität

Von Thilo Spahl

Wer einmal mit Corona infiziert war, für den ist die Pandemie zu Ende

Sars-Cov-2 ist nicht „from outer space“. Es ist ein normales Virus. Wie bei jedem neu auftretenden Virus, das sich global verbreitet, geht es darum, in der Bevölkerung Immunität aufzubauen. Das geht durch Impfung oder Infektion oder beides zusammen. Sind genug Menschen immun, ist die Pandemie vorbei, das Virus ist endemisch geworden. So war das bei allen bisherigen Pandemien. So ist es auch jetzt.

Gewiss, Bundesgesundheitsringkämpfer Lauterbach mahnt wie eine Maschine immer weiter: „Wir werden damit ringen müssen“, sagte er letzte Woche im Bundestag, „dass die BA.5-Variante wieder etwas schwerer verläuft als die BA.1-Variante. Wir wissen, dass eine vorherige Infektion mit der BA.1- oder der BA.2-Variante wenig Schutz bietet für die Infektion mit der BA.5-Variante. Wir wissen darüber hinaus, dass die Impfstoffe nicht wirklich gut schützen gegen die Infektion. Das ist die Lage, mit der wir ringen müssen.“

Für Lauterbach gibt es nie genug Schutz. Eine furchteinflößende Variante jagt die andere. Kein Schutz ist gut genug. Doch mit der Realität haben seine Visionen wenig zu tun.

Sehr hoher Schutz für Genesene

Die deutsche Politik und viele unserer Mitmenschen haben sich darin gefallen, Genesene zu diskriminieren und gegen sie zu hetzen. Als genesen galt nur, wer eine akute Infektion durch PCR-Test bestätigt hatte. Dabei können durchgemachte Infektionen auch durch Antikörpertests nachgewiesen werden. Der Genesenenstatus berechtigte nur dreu Monate lang zum Einlass unter 2G-Bedingungen. Genesene in Pflegeberufen und bei der Bundeswehr wurden und werden mit Entlassung bedroht, aus ihrem Job gedrängt oder tatsächlich entlassen, wenn sie sich nicht zusätzlich impfen lassen.

„Für Lauterbach gibt es nie genug Schutz. Eine furchteinflößende Variante jagt die andere. Kein Schutz ist gut genug. Doch mit der Realität haben seine Visionen wenig zu tun.“

Es ging eindeutig darum, alle, die sich nicht oder nicht oft genug impfen ließen, zu drangsalieren, zu benachteiligen und zu nötigen. Wissenschaftliche Belege dafür, dass Impfungen größeren Schutz bieten als eine zurückliegende Erkrankung, gab es jedoch nicht. Neue Studienergebnisse haben jetzt gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist.

Ausgangspunkt der Forscher war die Frage, ob sich das neue Corona-Virus, Sars-Cov-2, nicht grundsätzlich genauso verhalten sollte wie andere, eng verwandte Viren. Saisonale humane „Erkältungs"-Coronaviren (NL63, OC43, 229E und HKU1), die irgendwann auch neu waren und dann endemisch wurden, zeichnen sich durch eine kurzfristige Immunität gegen leichte Reinfektionen, aber eine langfristige Immunität gegen schwere Reinfektionen aus.

Die Autoren der Studie wollten dreierlei herausfinden: 1) Wie lange besteht bei einer Infektion mit einer Prä-Omikron-Variante ein Schutz gegen eine Reinfektion mit Prä-Omikron-Varianten? 2) Wie lange besteht nach einer Infektion mit einer Prä-Omikron-Variante ein Schutz gegen eine Reinfektion mit einer Omikron-Subvariante? 3) Wie lange besteht bei einer Infektion mit einer beliebigen Variante ein Schutz vor schwerem, kritischem oder tödlichem Covid-19?

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden drei Studien in Katar durchgeführt, einem Land, das fünf Sars-Cov-2-Wellen erlebte, die von jedem der ursprünglichen Viren dominiert wurden: Alpha, Beta, Omikron BA.1 und BA.2 und derzeit Omikron BA.4 und BA.5, zusätzlich zu einer längeren Phase geringer Inzidenz, die von Delta dominiert wurde.

Katar wurde gewählt, weil hier (etwa im Gegensatz zum Entwicklungsland Deutschland) umfangreiche Daten zur Verfügung standen. Analysiert wurden Covid-19-Daten zu Labortests, Impfungen, Krankenhausaufenthalten und Todesfällen aus der nationalen Plattform für digitale Gesundheitsinformationen. Die Datenbanken enthalten alle Sars-Cov-2-bezogenen Daten ohne fehlende Informationen seit Ausbruch der Pandemie, wie z. B. alle Ergebnisse von PCR-Tests und ab dem 5. Januar 2022 auch die in Gesundheitseinrichtungen durchgeführten Antigen-Schnelltests.

In jeder Studie wurde die Inzidenz von Infektionen oder schweren, kritischen, oder tödlichen Covid-19 Erkrankungen in der nationalen Kohorte von Personen mit einer dokumentierten Sars-Cov-2-Primärinfektion vor der Impfung (als Primärinfektionskohorte bezeichnet) mit der nationalen (Kontroll-)Kohorte von Personen verglichen, die weder infiziert noch geimpft waren.

Dabei wurde sehr genau darauf geachtet, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die Personen in der Primärinfektionskohorte wurden nach Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität und Anzahl der Komorbiditäten in einem Verhältnis von eins zu eins mit den Personen in der infektionsfreien Kohorte gematcht, um Unterschiede im Risiko einer Sars-Cov-2-Infektion zu kontrollieren. Das Matching erfolgte auch anhand der Kalenderwoche, in der der Sars-Cov-2-Test durchgeführt wurde. Das heißt, eine Person, bei der in einer bestimmten Kalenderwoche eine Primärinfektion diagnostiziert wurde, wurde mit einer infektionsfreien Person verglichen, die in derselben Woche einen Sars-Cov-2-negativen Test vorweisen konnte.

Eine Sars-Cov-2-Reinfektion wurde als eine dokumentierte Infektion ab 90 Tage nach einer früheren Infektion definiert. Die 90 Tage sollten sicherstellen, dass es sich wirklich um eine erneute Infektion handelte und nicht etwa der PCR Test wegen ein paar Genschnipsel anschlug, die noch von der letzten Infektion übrig waren.

Was waren die Ergebnisse der einzelnen Teilstudien?

Die Prä-Omikron-Reinfektionsstudie betrachtete den Zeitraum vom 28. Februar 2020 bis zum 30. November 2021 (dem ersten Tag, an dem in Katar Omikron nachgewiesen wurde). Die Kohorten umfassten jeweils 290.638 Personen. In der Gruppe der Personen, die zuvor schon einmal infiziert waren, kam es zu insgesamt 1.806 Reinfektionen, von denen 6 zu einer schweren und 1 zu einer tödlichen Covid-19-Infektion führten. In der infektionsfreien Kohorte gab es dagegen 11.957 Infektionen, von denen 297 zu einer schweren, 19 zu einer kritischen und 12 zu einer tödlichen COVID-19-Infektion führten. Aus dem Vergleich der beiden Gruppen ergab sich, dass eine Infektion insgesamt einen Schutz von 85,5 Prozent vor Reinfektion bot. Am höchsten war der Schutz mit 90,5 Prozent im 7. Monat nach Primärinfektion. Ab dem 8. Monat nahm die Wirksamkeit langsam ab und erreichte im 16. Monat ungefähr 70 Prozent. Rechnerisch wurde ermittelt, dass die Wirksamkeit im 22. Monat auf 50 Prozent und bis zum 32. Monat auf 10 Prozent absinken könnte.

Die Wirksamkeit einer Primärinfektion gegen eine schwere, kritische oder tödliche Covid-19-Infektion aufgrund einer Reinfektion betrug 98,0 Prozent. In der zusätzlichen Analyse, die die gematchten Kohorten auf die Teilkohorten der über 50 Jährigen (25.595 Personen) einschränkte, betrug die Wirksamkeit gegen eine Reinfektion und gegen eine schwere, kritische oder tödliche Covid-19-Wiederinfektion 90,7 Prozent bzw. 97,4 Prozent.

Reinfektion mit Omikron

Ein etwas anderes Bild zeigte sich, nachdem Omikron dominant wurde. Betrachtet wurde der Zeitraum ab dem 19. Dezember 2021 (Beginn der Omikron-Welle in Katar) bis zum 5. Juni 2022. Die gematchten Kohorten umfassten jeweils 120.483 Personen. Während der Nachbeobachtungszeit kam es in der Erstinfektionskohorte zu 7995 Reinfektionen, von denen 5 zu einer schweren Covid-19-Infektion führten. In der infektionsfreien Kohorte gab es 12.230 Infektionen, von denen 26 zu einer schweren, 7 zu einer kritischen und 5 zu einer tödlichen Covid-19-Infektion führten. Eine vorherige Infektion mit einer anderen Variante schützte damit nur mit 38,1 Prozent vor einer Infektion mit Omikron, wobei es eine große Rolle spielte, wie lange die Erstinfektion zurücklag. Mit Delta Infizierte hatten noch einen Schutz von etwa 60 Prozent. Wer sich schon zwischen Dezember 2020 und Ende Februar 2021 infiziert hatte, war dagegen nur noch zu 17 Prozent geschützt. (Personen mit einer Primärinfektion vor dem 31. August 2020 allerdings mit rund 50 Prozent.)

Die Wirksamkeit der Primärinfektion vor Omikron gegen schwere, kritische oder tödliche Covid-19-Infektionen aufgrund einer Omikron-Reinfektion war aber weiter sehr hoch. Sie betrug 88,6 Prozent. In der zusätzlichen Analyse, in der die gematchten Kohorten auf die Teilkohorten der über 50-Jährigen beschränkt wurden, betrug die Wirksamkeit gegen eine Reinfektion und gegen eine schwere, kritische oder tödliche COVID-19-Wiederinfektion 21,6 Prozent bzw. 84,6 Prozent.

Schutz vor schwerem Verlauf

In der Studie zum Schweregrad der Reinfektion wurde die Wirksamkeit einer Primärinfektion gegen eine schwere, kritische oder tödliche Covid-19-Reinfektion noch einmal unabhängig von der Variante der Primärinfektion oder der Reinfektion untersucht. Die Kohorten umfassten jeweils 407.214 Personen. Während der Nachbeobachtung kam es in der Primärinfektionskohorte zu 7082 Reinfektionen, von denen 9 zu einer schweren und 1 zu einer tödlichen Covid-19-Infektion führten. In der infektionsfreien Kohorte gab es 21.645 Infektionen, von denen 315 zu einer schweren, 25 zu einer kritischen und 18 zu einer tödlichen Covid-19-Infektion führten. Die kumulative Inzidenz von schweren, kritischen oder tödlichen COVID-19-Infektionen betrug somit 0,00 Prozent in der Primärinfektionskohorte und 0,21 Prozent in der infektions-naiven Kohorte. Die Wirksamkeit einer Primärinfektion mit einer beliebigen Variante gegen eine schwere, kritische oder tödliche COVID-19-Infektion aufgrund einer Reinfektion mit einer beliebigen Variante betrug 97,3 Prozent. Die Schwankungen nach Monaten nach der Primärinfektion waren vernachlässigbar, und es gab keine Anzeichen für einen Rückgang. Bis zum 14. Monat betrug die Wirksamkeit sogar 100 Prozent.

Die Wirksamkeit der Primärinfektion mit einer beliebigen Variante gegen eine Reinfektion mit einer beliebigen Variante betrug 69,4 Prozent. Bei den über 50-jährigen lag die Wirksamkeit gegen eine Reinfektion und gegen eine schwere, kritische oder tödliche Covid-19 Erkrankung bei 75,3 bzw. 95,4 Prozent.

Guter und langanhaltender Schutz

Eine Infektion schützt also gut und sie schützt lange. Der Schutz lässt nach, aber weniger schnell als bei der Impfung. Die Forscher schreiben: „Dieses Nachlassen der natürlichen Immunität spiegelt das der Impfstoffimmunität wider, allerdings mit einer langsameren Geschwindigkeit. Die Impfstoffimmunität hält möglicherweise nur ein Jahr an, während die natürliche Immunität unter der Annahme eines Gompertz-Abklingens drei Jahre andauern kann, wie auch die langfristige Nachbeobachtung von Sars-Cov-1-assoziierten Antikörpern nahelegt […].“

„Eine Infektion mit Corona schützt gut und sie schützt lange. Der Schutz lässt nach, aber weniger schnell als bei der Impfung.“

Trotz des nachlassenden Schutzes vor einer Reinfektion gab es erstaunlicherweise keine Anzeichen für einen nachlassenden Schutz vor schwerem Covid-19 bei einer Reinfektion. Selbst 14 Monate nach der Erstinfektion lag der Schutz noch bei rund 100 Prozent. Dieses Muster spiegelt auch das der Impfstoffimmunität wider, die bei einer Infektion schnell nachlässt, aber gegen schweres Covid-19 unabhängig von der Variante dauerhaft ist.

Eine Überraschung waren die Ergebnisse nicht. Denn eine Infektion mit gewöhnlichen Coronaviren führt ebenfalls nur zu einer einjährigen Immunität gegen eine Reinfektion, aber zu einer lebenslangen Immunität gegen eine schwere Reinfektion. Und warum sollte das fünfte Coronavirus, das beim Menschen endemisch wird, ganz anders sein als die bisherigen vier? Weil die Zeugen Corona in ihrer Euphorie fest an die weltuntergangsmäßige Supergefährlichkeit glauben? Wohl kaum!

Es wird also folgendermaßen mit Corona weitergehen: Die kurzfristige biologische Immunität gegen Reinfektionen erlaubt periodische, möglicherweise jährliche, Infektionswellen. Die dauerhafte Immunität gegen schwere Verläufe wird jedoch zu einem gutartigen Infektionsmuster beitragen. Die meisten Primärinfektionen werden in der Kindheit auftreten und typischerweise leicht verlaufen. Bei Erwachsenen wird es immer wieder zu in der Regel ebenfalls milden Reinfektionen kommen. Corona reiht sich damit in die üblichen Erkältungskrankheiten ein. Nichts anderes war zu erwarten gewesen.

Wenn wir weiter alle Menschen, die ins Krankenhaus kommen, auf Corona testen, können wir weiter und für immer Woche für Woche die Zahl der sogenannten „Coronatoten“ vermelden. Wenn wir anfangen würden, auch auf andere Viren zu testen, könnten wir auch permanent die neuesten Zahlen für Virus xy-Tote vermelden. Das wäre zwar sinnlos, aber dann wenigstens konsequent.

„Warum sollte das fünfte Coronavirus, das beim Menschen endemisch wird, ganz anders sein als die bisherigen vier?“

Die Politik hat sich endlich durchgerungen, in einer repräsentativen Studie zu ermitteln, wie viele Deutsche inzwischen durch entweder Impfung oder Infektion geschützt sind und bei welchen Personengruppen ggf. noch Immunitätslücken sind. Die Ergebnisse werden im August erwartet. Wir können davon ausgehen, dass der allergrößte Teil der Bevölkerung geschützt ist.

Wer sich bisher perfekt abgeschirmt hat, kann das weiter tun, wenn er es für richtig hält. Alle anderen sollten die Realität zur Kenntnis nehmen, die Angst hinter sich lassen und sich einem erneuten Maßnahmenzauber verweigern.

jetzt nicht

Novo ist kostenlos. Unsere Arbeit kostet jedoch nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Unterstützen Sie uns jetzt dauerhaft als Förderer oder mit einer Spende!