26.08.2024

Gewinner ist die Demokratie

Von Helmut Ortner

Titelbild

Foto: Rama via WikiCommons (CC BY-SA 2.0 FR / bearbeitet)

Manche verbreiten Angst vor den kommenden Landtagswahlen in Ostdeutschland. Doch, wie Entertainer Harald Schmidt sagt: Wer Demokratie will, muss auch das Ergebnis freier Wahlen akzeptieren.

Gerade bröckeln im Land alte Gewissheiten. In wenigen Wochen könnte eine teils rechtsextreme Partei stärkste Kraft in mehreren Landtagen werden – und Sachsen nach der Wahl ein Drei-Parteien-Land. Grüne und SPD müssen zittern, ob sie den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Auch bei den Wahlen in Thüringen und Brandenburg können links- und rechtspopulistische Parteien mit großer Zustimmung rechnen. Zusammen bis 40 Prozent der Stimmen sind möglich, so die Prognosen.

Alarmierende Zahlen für die etablierten Parteien. Sie zeigen, dass erhebliche Teile der Bevölkerung sich weigern, ihre Lebenswirklichkeit als demokratischen Idealzustand zu betrachten. Unsichere Jobs, wenig bezahlbare Wohnungen, fehlende Ärzte, ausgedünnter Nahverkehr, marode Schulen – dazu die ‚großen‘ Probleme: Krieg, Flucht, Migration. Viele Menschen – nicht nur im Osten der Republik – verlieren den Glauben, dass ‚die Politik‘ fähig ist, grundlegend daran etwas zu ändern. Sie blicken düster in die Zukunft, weil ihre Alltags-Wirklichkeit von ‚der Politik‘ ignoriert wird. So gerät die Demokratie außer Takt. Die Folge: Rückzug, Fatalismus, Nichtwählen – und Misstrauen. Eine aktuelle Umfrage aus dem Sachsen-Monitor des MDR bestätigt den Eindruck: 40 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass „die regierenden Parteien das Volk betrügen”. 33 Prozent finden, dass „unser Land mehr einer Diktatur gleicht”.

Resignation und Fatalismus schlägt um in Empörung und Wut. Aus Nichtwählern werden Protestwähler. „Wir gegen die!“ lautet die Parole, die sich im Wahlkampf-Endspurt zum giftigen Schlachtruf verdichtet.  Es geht jetzt darum, die regierenden Parteien abzuwählen, den ‚Alt-Parteien‘ die Quittung zu präsentieren. Das Vertrauen ist aufgebraucht.  Wenn es stimmt, dass der Osten so etwas wie „der Seismograph der Republik“ ist, dann steht zukünftigen Wahlen in der gesamten Republik der Demokratie-Härtetest bevor.

„Egal wie das Votum ausfällt: Das Volk hat gewählt.“

Müssen wir uns also ernsthaft Sorgen machen, wegen der zu erwartenden Mega-Erfolge für AfD und Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW)? Droht der parlamentarische Kollaps? Harald Schmidt, TV-Legende und feinsinniger Wirklichkeits-Erklärer, will davon nichts wissen. Er sagt: „Solange gewählt wird, haben wir eine Demokratie“. Und dabei sei es egal, wer am Ende gewählt wird, denn: Das ist dann das „Ergebnis von freien Wahlen, von freien, gleichen und geheimen Wahlen. Wenn ich das nicht will: Wahlen abschaffen oder Ergebnis vorher festlegen“, so Schmidt bei Deutschlandfunk Kultur. Dafür gebe es weltweit genügend Vorbilder. Nein, sagt Herr Schmidt, besser wäre es, eine „Politik [zu] machen, dass solche Wahlergebnisse nicht zustande kommen“. Wir möchten ihm hier vorbehaltlos zustimmen.

Wahlen sind ein Hochfest der Demokratie. Der Staat garantiert seinen Bürgern alle Freiheiten für ein persönliches Votum – in freier, gleicher und geheimer Wahl. Das unterscheidet den Rechtsstaat von Diktaturen und Autokratien. Der Souverän allein entscheidet. Und so wird es in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nach der Wahl wie immer Sieger und Verlierer, Begeisterte und Besorgte, Verbitterte und Verärgerte geben. Die einen werden euphorisch jubeln, andere den Niedergang des Abendlandes bejammern, wieder andere über ihre politische Restlaufzeit brüten. Egal wie das Votum ausfällt: Das Volk hat gewählt. Gewinner ist die Demokratie. 

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