28.06.2023

Führt Kanada öffentliche Hinrichtungen wieder ein?

Von Kevin Yuill

Titelbild

Foto: Witizia via Pixabay / CC0

Die Sterbehilfeindustrie macht den Tod zu einem grausamen Geschäft.

Die letzte öffentliche Hinrichtung in Kanada fand vor über 150 Jahren statt. Doch dank der jüngsten Euthanasiegesetze könnte diese Praxis nun wieder aufleben, wenn auch in etwas anderer Form.

Quebec hat gerade ein neues Gesetz mit der Bezeichnung Bill 11 verabschiedet. Damit wird das geltende Euthanasiegesetz in Quebec geändert, so dass die so genannte medizinische Sterbehilfe (Medical Assistance in Dying - MAID) sowohl von Krankenschwestern als auch von Ärzten durchgeführt werden kann. Am schockierendsten ist jedoch, dass der Gesetzentwurf vorsieht, dass MAID in öffentlichen Parks und an Ausflugsorten durchgeführt werden kann. Außerdem sollen Hospize und private Krankenhäuser gezwungen werden, MAID in ihren Räumlichkeiten anzubieten, womit das Recht auf Gewissensfreiheit praktisch abgeschafft wird.

Erschreckenderweise wird der Gesetzentwurf auch die Sterbehilfe bei „schweren körperlichen Beeinträchtigungen, die mit einer erheblichen und anhaltenden Behinderung einhergehen", zulassen – mit anderen Worten, für alle, die an einer schweren Behinderung leiden. Das bedeutet, dass diejenigen, die um Sterbehilfe bitten, nicht mehr geltend machen müssen, dass sie unerträglich leiden.

„Die letzte öffentliche Hinrichtung in Kanada fand vor über 150 Jahren statt. Doch dank der jüngsten Euthanasiegesetze könnte diese Praxis nun wieder aufleben, wenn auch in etwas anderer Form."

Die Verabschiedung dieses Gesetzes fällt in eine Zeit, in der die MAID in Québec, der zweitbevölkerungsreichsten kanadischen Provinz, immer weiter verbreitet ist. Prognosen zufolge werden bis Ende des Jahres sieben Prozent aller Todesfälle in Québec auf MAID zurückzuführen sein. Das wären zwei Prozent mehr als die Zahlen für 2021. Schon damals lag Québec vor anderen Ländern, die Sterbehilfe anbieten, wie den Niederlanden (4,5 Prozent der Todesfälle) und Belgien (2,5 Prozent). Die Nachfrage nach medizinisch unterstützter Sterbehilfe nimmt in ganz Kanada zu. Doch Quebec ist Vorreiter. Dr. Claude Rivard, der in Frage kommenden Patienten Sterbehilfe anbietet, erklärt: „In Quebec gibt es einen Markt [...]. Es gibt eine Begeisterung für diese Art der Beendigung des Lebens."

Rechtlich gesehen darf MAID nicht zu kommerziellen Zwecken beworben werden, und für das Verfahren selbst dürfen keine Gebühren erhoben werden. Aber das hat clevere Unternehmen nicht davon abgehalten, das Beste aus dieser Gelegenheit zu machen. Einer der Gründe, warum die neue Gesetzgebung so schnell auf den Weg gebracht wurde, sind Unternehmer wie Mathieu Baker. Baker ist Inhaber eines Bestattungsunternehmens, das Räume anbietet, in denen Menschen euthanasiert werden können. Die Zimmer sind ab 700 Dollar aufwärts erhältlich. Die Kunden können sich einen Film ansehen und ein Glas Wein genießen, bevor die tödliche Injektion verabreicht wird. „Manche Leute wollen in Gruppen von vier oder fünf Personen sein, wir hatten aber auch schon Gruppen von bis zu 30 Personen", sagt Baker. Eine Frau, die den Service in Anspruch nahm, aß gemeinsam mit ihrer Tochter und einem Angestellten des Heims eine Pizza. Anschließend sahen sie sich den Film „Maleficent" mit Angelina Jolie in der Hauptrolle an, und sie rauchte noch eine letzte Zigarette, bevor ein Arzt sie entschlafen ließ. Die Dienste von Baker verstießen gegen die geltenden Rechtsvorschriften. Daher beschloss der Gesetzgeber, die Rahmenbedingungen zu erweitern, unter denen MAID legal verabreicht werden kann.

Quebec ist seit langem ein Vorreiter in Sachen Sterbehilfegesetzgebung. Im Jahr 2014 war es die erste Gerichtsbarkeit in Kanada, die Sterbehilfe legalisierte. Dies zwang die Bundesregierung dazu, die Praxis landesweit zu legalisieren. Ende 2022 schlug Dr. Louis Roy vom Quebecer Ärztekollegium vor einem Ausschuss des kanadischen Unterhauses vor, die Euthanasie von Säuglingen, die an „schweren Missbildungen" leiden, und von älteren Menschen, die einfach „lebensmüde" sind, gesetzlich zu erlauben.

„Wie die Erfahrungen in Quebec zeigen, wird die Sterbehilfe, sobald sie als medizinische Behandlung von Leiden legalisiert ist, schnell zu einer Lösung für viele weitere Probleme des Lebens – einschließlich Armut und Obdachlosigkeit. "

Das ist etwas ganz anderes als die Art und Weise, wie Euthanasie den Kanadiern ursprünglich verkauft wurde. Sie wurde unter dem Deckmantel der Nächstenliebe propagiert. Es ging angeblich darum, unheilbar kranken, aber geistig kompetenten Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, über ihr Lebensende zu entscheiden. Es wurden die strengsten Sicherheitsvorkehrungen versprochen. Doch Wie die Erfahrungen in Quebec zeigen, wird die Sterbehilfe, sobald sie als medizinische Behandlung von Leiden legalisiert ist, schnell zu einer Lösung für viele weitere Probleme des Lebens – einschließlich Armut und Obdachlosigkeit. Der vielleicht groteskeste Aspekt der Quebecer MAID-Gesetzgebung ist das Ausmaß, in dem sie den Tod in den öffentlichen und kommerziellen Bereich drängt. Das Sterben wird dadurch zu einer zwanglosen Menüwahl mit optionalen Zusatzleistungen. Alles gegen Aufpreis, versteht sich.

Der Tod wird trivialisiert und zu einem Konsumerlebnis gemacht. Der Tod eines geliebten Menschen sollte ein Anlass für Tränen, Trauer und tiefes Nachdenken sein, nicht für Kaffee und Gebäck oder Wein und eine Zigarette. Unsere Einstellung zum Tod spiegelt den Wert wider, den wir dem Leben beimessen. Der kulturelle Wandel, der sich in Quebec vollzieht, sollte der Welt zur Warnung dienen.

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