25.05.2012

Financial Fairplay gegen ausländische Investoren

Kommentar von Duleep Allirajah

Gerade wegen ausländischer Investoren feiert der englische Fußball international immer wieder große Erfolge. Dennoch wird ihr Engagement auf der Insel kritisch gesehen und soll eingeschränkt werden. Zu Unrecht: Der britische Fußballs hat ganz andere Probleme

Trotz aller Erfolge, die der englische Vereinsfußball durch das Geld ausländischer Investoren in den letzten Jahren auf internationaler Ebene feiern konnte – vor kurzem etwa durch den Champions-League Sieg des vom russischen Milliardär Roman Abramowitsch mit Hunderten Millionen Pfund zum europäischen Spitzenteam aufgebauten FC Chelsea –, wird ihr Engagement auf der Insel kritisch betrachtet.

Im Februar dieses Jahres gab es anlässlich des Insolvenzverfahrens gegen die unterklassigen Vereine aus Port Vale und Darlington sowie den Premier League-Klub FC Portsmouth und den schottischen Traditionsverein Glasgow Rangers eine größere Debatte über die Rolle der Investoren im Profifußball. Der englische Fußballverband (FA) hat daraufhin Pläne für eine neue Regulierungsbehörde, die Football Association Regulatory Authority, vorgelegt, die die Finanzverhältnisse der Klubbesitzer einem Soliditätstest unterziehen soll. Das Problem: Auch solche Regeln können nicht verhindern, dass sich ambitionierte Fußballvereine, insbesondere jene aus der zweiten Liga, bei der Verfolgung ihrer sportlichen Ziele finanziell übernehmen können.

Die Debatte über die Rolle der Klubeigentümer hat sich dabei weitgehend auf ausländische Investoren konzentriert, die angeblich nur am schnellen Geld interessiert sind. Fernsehsendungen, darunter eine Chanel 4-Reportage mit dem Titel „Wie man einen Fußballverein kauft“, bedienen dieses Vorurteil und spielen mit dem Klischee der zwielichtigen Geschäftemacher. So boten Undercoverreporter von Chanel 4, die sich als potenzielle Investoren ausgaben, mit versteckter Kamera dem thailändischen Unternehmer Joe Sim die Übernahme eines britischen Fußballklubs an.

Die Angst, dass der britische Fußball durch räuberische Investoren in sein Verderben renne, ist denunziatorisch und falsch. Zwar ist der FC Portsmouth gewiss ein Paradebeispiel für einen Verein, dessen finanzielle Probleme durch das zwielichtige Handeln ausländischer Investoren entstanden sind. Doch gibt es auch etliche andere Vereine in ausländischem Besitz, denen es finanziell sehr gut geht. Chelsea-Fans können noch so viel über Roman Abramowitsch fluchen, aber ohne die Großzügigkeit des russischen Öl-Milliardärs wären die großen Erfolge der letzten zehn Jahre undenkbar gewesen. Das gilt auch für andere Vereine: Man sieht keine Fans des AFC Sunderland aus Protest gegen den amerikanischen Besitzer Ellis Short „Yanks Out“-Fahnen schwenken. Auch sieht man nicht viele Fans des amtierenden englischen Meisters, Manchester City, sich über die Staatsangehörigkeit ihrer superreichen arabischen Eigentümer beschweren. Und der FC Fulham hat seinen Aufstieg zum etablierten Erstligisten dem Geld des ägyptischen Einzelhandelsmagnaten Mohammed Al Fayed zu verdanken.

Das soll nicht über die Probleme hinwegtäuschen, die es weiterhin gibt. Die fremdfinanzierte Übernahme von Manchester United durch die us-amerikanische Glazer-Familie hat dem Verein einen riesigen Schuldenberg beschert. Seit der Übernahme durch den indischen Geflügelgroßindustriellen Venkys stehen auch die Blackburn Rovers eher schlecht da. Doch für jeden Verein in ausländischem Besitz, der in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, gibt es dutzende, die von unbedachten Briten schlecht gemanget wurden. Die Probleme des unterklassigen FC Darlington wurden nicht durch zwielichtige Investoren aus Fernost, sondern durch britische Gauner verursacht, wie den ehemaligen Vereinspräsidenten George Reynolds. Er setzte auf hochverzinste Kredite, um den Bau eines völlig überdimensionierten Stadions mit 25.000 Sitzplätzen zu finanzieren. Innerhalb von sechs Monaten nach Einzug in sein neues Stadion im Jahr 2003 musste Darlington Insolvenz anmelden und befindet sich seitdem in der Krise.

Das Schicksal der Glasgow Rangers ist ein weiteres Beispiel für hausgemachtes Missmanagement. Craig Whyte, einheimischer Selfmade-Millionär und lebenslanger Rangers-Fan, schien für viele genau der Richtige zu sein, als er den Klub im Mai 2011 übernahm. „Ich denke, er bringt wieder das Maß an Stabilität in den Klub, das für den fußballerischen Erfolg notwendig ist“, meinte der damalige Trainer Walter Smith. Allerdings bekam der Traum schnell einen bitteren Beigeschmack. Im Oktober 2011 enthüllte ein Dokumentarfilm der BBC Schottland („Rangers: The Inside Story“), dass es Whyte sieben Jahre offiziell untersagt war, ein Unternehmen zu führen, weil er angeblich an einer Reihe illegaler Machenschaften beteiligt gewesen war.

Es braucht keine krummen Geschäfte, um einen Verein in die Finanznot zu bringen. Crystal Palace aus London war innerhalb von elf Jahren zweimal insolvent. Jedes Mal war eine Führungsriege lokaler Geschäftsleuten dafür verantwortlich. Mark Goldberg und Simon Jordan liebten ihren Verein und hatten zweifellos die besten Absichten, aber beide führten Palace an den Rand des finanziellen Ruins. Goldberg übernahm sich, als er den Klub vom früheren Vorsitzenden Ron Noades kaufte und es versäumte, die Ausgaben zu reduzieren, nachdem der Verein aus der Premier League abgestiegen war. Simon Jordan war nicht annähernd so rücksichtslos wie Goldberg, aber trotzdem nicht imstande, den Verein über Wasser zu halten, als die Unterstützungszahlungen des Fußballverbandes ausliefen.

Crystal Palace ist nicht der einzige Klub, der sich nach dem Sturz aus der Erstklassigkeit mit der Liquidation und einem Neustart befassen musste. QPR, Leicester, Derby, Bradford, Wimbledon, Ipswich, Leeds, Southampton und Portsmouth ging allen aufgrund der finanziellen Auswirkungen des Abstiegs das Geld aus. Mit Ausnahme von Wimbledon und Portsmouth war keiner dieser Vereine in ausländischem Besitz, als ihre Insolvenzverwalter ernannt wurden. Statt immer nur über die finanzielle Integrität der Offshore-Anleger zu reden, sollten wir lieber die immer größer werdende finanzielle Kluft zwischen der Premier League und der zweiten Liga ins Auge nehmen. Viele Klubs wollen in die höchste Spielklasse aufsteigen und überfordern sich dabei finanziell, während es für Absteiger sehr schwierig ist, mit der doppelten Belastung sinkender TV- und Zuschauereinnahmen fertig zu werden. Es ist daher wenig verwunderlich, dass in der Saison 2009/10, 21 von insgesamt 24 britischen Zweitligaklubs rote Zahlen schrieben.

Der britische Fußballverband verlangt unter den neuen Financial-Fair-Play-Regeln, dass die Fußballklubs im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu leben haben. Das soll das Risiko weiterer Insolvenzen reduzieren. Allerdings würde diese Regel auch die Ungleichheit zwischen der Spitzengruppe und dem Rest verfestigen. Der einzige Weg, diese große Kluft zu verringern, läge darin, die TV-Einnahmen gleichmäßiger in allen vier Profiligen zu verteilen. Aber dafür müssten die großen Klubs der Premier League bereit sein, kleinere Stücke vom Kuchen zu akzeptieren. Das wird natürlich nie passieren. Truthähne sind ja auch keine Fans von Weihnachten.

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