17.07.2024

Die Wahrheit über Trump? Er ist ziemlich gemäßigt

Von Batya Ungar-Sargon

Titelbild

Foto: Michael Vadon via Flickr / CC BY 2.0

Donald Trump, auf den kürzlich geschossen wurde, ist moderater, als seine Gegner ihn darstellen. Das Wahlprogramm des Präsidentschaftskandidaten spricht die Mitte an, nicht konservative Scharfmacher.

Wer seine Nachrichten aus den linken Medien bezieht, hält den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wahrscheinlich für einen Rechtsextremisten. Angeblich will er ein Diktator werden, der Journalisten ins Gefängnis steckt. Er sei ein „Hitler im Weißen Haus", wie einige Medienvertreter behaupten. „Demokratie und Freiheit stehen auf dem Spiel", heißt es jeden Tag im Vorfeld der diesjährigen Wahl.

Und doch gilt in Wahrheit fast das Gegenteil, zumindest wenn man sich seine Politik ansieht. Trump ist weit davon entfernt, rechtsradikal oder extremistisch zu sein, seine politische Agenda ist äußerst gemäßigt. Vieles darin wäre einem Demokraten aus den 1990er Jahren nicht fremd. Er ist der Meinung, dass Abtreibung bis zur 15. Woche legal sein sollte. Er unterstützt die Homo-Ehe. Er umwirbt die Gewerkschaften. Er glaubt, dass Einwanderung die Löhne der Arbeiterklasse drückt. Er wirbt um die Stimmen der Schwarzen. Er will, dass der Handel mit China die amerikanischen Arbeiter begünstigt – und nicht die chinesischen Eliten – und hat einen generellen Zoll von 10 Prozent auf alle ausländischen Importe vorgeschlagen.

In der Tat haben seine Gegner nicht etwa trotz Trumps gemäßigter Agenda versucht, ihn als extremistisch darzustellen. Sondern weil er sich Teile der längst aufgegebenen arbeitnehmerfreundlichen Politik der Demokraten zu eigen gemacht hat. Nirgendwo ist das deutlicher geworden als beim jüngsten Streit um das „Projekt 2025". Das „Project 2025/Presidential Transition Project" ist eine politische Agenda und eine Personaldatenbank, die von der Heritage Foundation, einem konservativen Think-Tank, organisiert wird. Ihr Ziel ist es, „das Land aus dem Griff der radikalen Linken zu befreien". Dies soll durch die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen sowie durch Kürzungen bei Medicare, Medicaid und der Sozialversicherung geschehen. Außerdem wird empfohlen, dass die Food and Drug Administration ihre Zulassung der Abtreibungspille Mifepriston rückgängig macht und dass „die nächste konservative Regierung" eine „Pro-Life-Taskforce" einrichten sollte, „um sicherzustellen, dass alle Abteilungen des [Gesundheits-)Ministeriums ihre Befugnisse zur Förderung des Lebens und der Gesundheit von Frauen und ihren ungeborenen Kindern nutzen". Der Text spricht sich auch gegen die Homo-Ehe aus und betont, dass „verheiratete Männer und Frauen die ideale, natürliche Familienstruktur sind, weil alle Kinder ein Recht darauf haben, von den Männern und Frauen aufgezogen zu werden, die sie gezeugt haben".

Die linken Medien versuchten sofort, Trump das Projekt 2025 in die Schuhe zu schieben, indem sie es pausenlos zu seiner Blaupause für eine zweite Amtszeit hochjubelten. Zu ihrem Leidwesen hat sich Trump umgehend von dem Projekt distanziert. „Ich weiß nichts über das Projekt 2025", schrieb er auf seiner Social-Media-Seite Truth Social. „Ich habe keine Ahnung, wer dahintersteckt", fügte er hinzu. „Ich befürworte einige der Dinge, die sie sagen, nicht, und einige der Dinge, die sie sagen, sind absolut lächerlich und grauenvoll. Was auch immer sie tun, ich wünsche ihnen Glück, aber ich habe nichts mit ihnen zu tun." Uff.

„Indem es sich bei Abtreibung und Homo-Ehe mäßigt, hat das Republikaner-Wahlprogramm – wie Trump selbst – die Ziele der rechten Denkfabriken aufgegeben."

Natürlich bezeichneten die Medien Trump als Lügner. Aber jeder ehrliche Zweifel an der Diskrepanz zwischen Trumps tatsächlicher Agenda und dem Projekt 2025 sollte durch das Wahlprogramm des Republican National Committee, das Anfang Juli veröffentlicht wurde, schnell ausgeräumt werden. Das neue Programm spiegelt die totale Eroberung der Republikanischen Partei durch Trumps eigene Version der Dinge wider – nicht die von den Medien herbeiphantasierte rechtsextreme Version der Phantasie der Medien, sondern das, was Trump tatsächlich denkt und vorschlägt.

Beginnen wir damit, was das Wahlprogramm nicht enthält. Ein nationales Abtreibungsverbot wird nicht erwähnt. Das ist das erste Mal seit 40 Jahren, dass die Republikaner in ihrem Programm kein solches Verbot fordern. Stattdessen soll die Entscheidung über die Abtreibung den einzelnen Bundesstaaten überlassen werden, was Trumps eigene Präferenz widerspiegelt. Dies ist eine erstaunliche Entwicklung. Das ist, als würden die Demokraten die Bekämpfung des Klimawandels aus ihrem Programm herausnehmen. Es überrascht nicht, dass dieser Verzicht die Rechten, die ein nationales Abtreibungsverbot anstreben, vor den Kopf gestoßen hat. Der ehemalige Vizepräsident Mike Pence nannte dies eine „tiefe Enttäuschung". Auch die traditionelle (und vom Projekt 2025 unterstützte) Definition der Ehe als „ein Mann und eine Frau" fehlt im Programm. Indem es sich bei Abtreibung und Homo-Ehe mäßigt, hat das Republikaner-Wahlprogramm – wie Trump selbst – die Ziele der rechten Denkfabriken aufgegeben. Stattdessen nimmt es eine gesellschaftlich gemäßigte Position ein, die widerspiegelt, wo sich die Mehrheit der Amerikaner befindet – gegen ein Abtreibungsverbot und für die Homo-Ehe.

Der Rest des Programms folgt diesem Beispiel und fordert z.B. „die Sicherung der Grenze und die Beendigung der Migranteninvasion" – eine Sprache, die viel schärfer klang, bevor Präsident Biden den illegalen Grenzübertritt effektiv entkriminalisierte und die amerikanischen Städte von Millionen illegaler Migranten überrannt wurden. Trump verspricht, „die größte Abschiebeaktion in der amerikanischen Geschichte durchzuführen", eine Ansicht, die ebenfalls von der Mehrheit der Amerikaner unterstützt wird.

„Trump hat sich ein Programm zu eigen gemacht, das einem Demokraten vor 50 Jahren gut zu Gesicht gestanden hätte."

Im Großen und Ganzen spiegelt das Programm einen Großteil dessen wider, was sich normale arbeitenden Mensche wünschen. Es verspricht, die Inflation und die Auslagerung der Produktion zu beenden. Es will „Amerika zum mit Abstand führenden Energieproduzenten der Welt machen". Es fordert „umfangreiche Steuersenkungen für Arbeitnehmer", den Wiederaufbau der amerikanischen Städte, den Ausschluss von Trans-Athleten aus dem Frauensport und die Abschaffung der verpflichtenden Nutzung von Elektroautos – alles politische Vorschläge, die bei den meisten Amerikanern Anklang finden. Vor allem aber wird versprochen, „für Renten- und Krankenversicherung zu kämpfen und diese zu schützen, ohne Kürzungen und ohne Änderung des Rentenalters". Auch hier weicht man vom Projekt 2025 ab, zugunsten von Trumps Wählern aus der Arbeiterklasse.

Jenseits der linken Behauptungen ist dies das Programm eines Kandidaten der Einheit. Es ist klar, dass Trump sowohl Demokraten als auch Republikaner mit einer Politik ansprechen will, die über die politische Kluft hinweg großen Anklang findet. Es ist ein Konsensprogramm, das widerspiegelt, wo sich die Mehrheit der Amerikaner befindet. Sie lehnen das von den konservativen Eliten vorgeschlagene Abtreibungsverbot ab. Sie steht zwischen der schwulenfeindlichen Rechten und der für die Geschlechtsveränderung von Kindern eintretenden Linken. Und sie wurde sowohl von der konzernfreundlichen Rechten, die Steuersenkungen befürwortet, als auch von der woken, konzernorientierten Linken im Stich gelassen.

Die linken Medien haben Trump als Extremisten dargestellt, weil die Wahrheit für sie viel gefährlicher ist. In politischer Hinsicht ist er ein Gemäßigter, ja sogar mit linken Zügen, der sich ein Programm zu eigen gemacht hat, das einem Demokraten vor 50 Jahren gut zu Gesicht gestanden hätte. Seine Basis sind keine rechtsgerichteten Fanatiker, es ist die große, multirassische, zutiefst tolerante Arbeiterklasse, von der viele in der jüngeren Vergangenheit – in einigen Fällen sogar in der jüngsten Vergangenheit – Demokraten waren. Das ist der eigentliche Affront, den die demokratischen Eliten ihm nicht verzeihen können.

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