30.09.2020

Die Schweden haben Corona hinter sich

Von Christian Saalberg

Titelbild

Foto: Sabine Beppler-Spahl

Durch seine weniger repressive Politik steht Schweden in Sachen Covid jetzt besser da als Länder wie Deutschland.

Ist es Ihnen aufgefallen? Halb Europa ist wieder zum Gefahrengebiet geworden – aber einer ist nicht dabei. Täglich wird eine neue Region oder ein ganzes europäisches Land vom Robert-Koch-Institut als hochbelastetes Corona-Gebiet gekennzeichnet, tabu für die Deutschen. Die europäische Reisefreiheit ist diesen Herbst wieder verloren gegangen, denn Quarantäne droht dem Rückkehrer. Doch einer kommt auf der Gefährderliste nicht vor: Schweden!

Gerade sie, die keinen „Lock Down“ machten, die die Seuche einfacher zirkulieren ließen als anderswo, gerade dort ist keine einzige Region betroffen? Ja, Schweden hat fertig. Der Rest der Welt muss Respekt zollen. Anders Tegnell, der Staatsepidemiologe, hat das High-Risk/ High-Gain-Spiel gespielt und das Land geht ohne Beschränkungen und ohne zweite Corona-Welle in den Herbst und Winter.

Werfen wir einen Blick auf die aktuellen Zahlen. Mal abgesehen von der müßigen Diskussion, ob die Tests immer die richtigen Ergebnisse liefern oder ob jemand mit oder an Corona starb, nehmen wir die offiziellen Zahlen einfach als gegeben an und vergleichen die Länder miteinander. Die Fälle einer nachgewiesenen Coronainfektion in den vergangenen Tagen (ich nehme die verfügbaren Zahlen vom 15. bis 23.9.) auf eine Million Menschen heruntergerechnet, sind durchschnittlich, täglich: in Schweden 32, in Deutschland 21 und in Österreich 81.

Durch freiwilliges Abstand halten, Verzicht auf Großveranstaltungen und Empfehlungen zur Nutzung des Home Office hat Schweden die Zahlen auf ein erträgliches Niveau gebracht, das mittlerweile unterhalb der meisten europäischen Länder liegt. Ganz ohne Maskenzwang oder Geschäftsschließungen. Todesfälle gibt es mittlerweile kaum – solange die Pflegeheime gut geschützt sind, was die oberste Prämisse Tegnells ist. Die Zahlen der Toten aus dem gleichen Zeitraum, umgerechnet auf 10 Millionen Einwohner: in Schweden 9, in Deutschland 7,1 und in Österreich 23.

„Schweden bleibt nun ohne Mühen infektionsarm.“

Wir, Deutschland, der gefühlte Klassenprimus, befinden uns also mittlerweile beim Notendurchschnitt des Klassenflegels. Wir können zwar auf die vielen Einser aus dem Frühjahr verweisen, die wir mit Fleiß und „Lock Down“ erwarben, aber auch im Herbst müssen wir uns anstrengen, den Stand zu halten. Der Flegel Schweden bleibt nun ohne Mühen infektionsarm.

Was kann die niedrigen Zahlen begründen? Die Sommerferien in Schweden sind seit über einem Monat vorbei und es gab keinen Anstieg der Zahlen. Es muss von einer wachsenden Grundimmunität in der schwedischen Bevölkerung ausgegangen werden. Die tatsächliche Zahl der im Frühjahr mit Corona Infizierten ist viel höher als die offiziellen Zahlen, denn es wurde wenig getestet. Außerdem besitzt ein Teil der Bevölkerung – wie überall – bereits eine Immunität aus anderen Erkrankungen. Und besonders sinkt die Ansteckung, wenn die sogenannten Superspreader einer Gesellschaft einmal durchinfiziert sind. Dann gibt es kaum noch Möglichkeiten für das Virus, sich anständig zu verbreiten. Kim Sneppen, Professor am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen und Mitglied der königlichen dänischen Wissenschaftsgesellschaft sprach nun angesichts der deutlichen Zahlen öffentlich gegenüber der Zeitung Politiken davon, dass Schweden wohl eine „Art Immunität gegen die Krankheit erlangt hat“. Damit sind auch die Älteren nun so gut geschützt, dass Schweden wieder mehr Besuche in Pflegeheimen zulassen kann.

Was kann Deutschland hieraus lernen? Erst einmal nichts, denn wir warten geduldig auf den Impfstoff. Sollte aber bis nächstes Frühjahr keine taugliche Impfung bereitstehen, müssen wir den anderen Weg gehen und die langsame Ansteckung in der jungen Bevölkerung akzeptieren. Am besten in den warmen Monaten, da die Infektionen dann langsam laufen. Eine unbegrenzte Quarantäne des Lebens hält die Gesellschaft und die Wirtschaft, unsere Lebensgrundlage, nicht aus.

Etwas Praktisches für uns können wir aber auch mitnehmen. Verspüren Sie Unsicherheit ob wieder Corona einen Strich durch Ihre Urlaubsplanung macht und fragen Sie sich, wo man gefahrlos zu Weihnachten shoppen, in den Winterferien Ski fahren oder im Frühjahr flanieren könnte? Nehmen Sie Schweden. Dort bleiben die Zahlen auch in Zukunft unten und werden ab Ende März nächsten Jahres gegen 0 steuern. Egal ob eine Impfung kommt oder nicht. Außerdem ist es das einzige Land, in dem sich das Leben noch wie früher anfühlt, also vor Corona. Die Kneipen sind nicht pleite, die Geschäfte nicht insolvent und die Stimmung der Bevölkerung entspannt. Reisen Sie nach Schweden, tauchen Sie ein in alte Zeiten. Und noch ein Tipp, die Schwedische Krone entwickelt sich positiv gegenüber dem Euro und das wird sich fortsetzen. Vielleicht sollte man jetzt schon die Unterkunft buchen.

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