07.02.2020

Die Fesseln der europäischen Demokratie

Von Daniel Ben-Ami

Titelbild

Foto: Kiefer via Flickr / CC BY-SA 2.0

Unabhängige Zentralbanken und Verfassungsgerichte schränken demokratische Souveränität ein. Die EU-Ebene ist noch weiter von den Bürgern entfernt.

Der Begriff „repräsentative Demokratie“ bringt das Wesen der Regierungsform, die sich im Laufe des letzten Jahrhunderts in einem Großteil Europas entwickelt hat, nicht auf den Punkt. „Eingeschränkte Demokratie“ wäre viel passender, denn das drückt aus, dass die Öffentlichkeit und manchmal sogar Parlamentarier von der Entscheidungsfindung ferngehalten werden. Wie sich diese limitierte Form der Demokratie herausgebildet hat, zeigen Autoren des Politikmagazins Novo im Buch „Experimente statt Experten“. Sie schreiben, dass „diejenigen staatlichen Institutionen, die am Weitesten von der demokratischen Kontrolle durch den Bürger entzogen sind, die größten Machtzuwächse verzeichnen“ und diese Entwicklung echte Volkssouveränität vereitelt.1

Wie die Brexit-Abstimmung gezeigt hat, hat die britische Öffentlichkeit überwiegend erkannt, dass es im Wesentlichen die EU ist, die die Demokratie einschränkt. Die Sache mit der eingeschränkten Demokratie ist allerdings komplizierter und sie existiert auch schon viel länger als viele glauben. So ist zum Beispiel kaum untersucht, wie „unabhängige“ Zentralbanken der demokratischen Rechenschaftspflicht entgehen. Sie gelten eher als Teil der Wirtschaft denn als Teil der Politik. Ihre „Unabhängigkeit“ bedeutet aber gerade, dass mächtige Wirtschaftsinstitutionen von demokratischer Kontrolle abgeschirmt sind. Das betrifft Einzelstaaten (siehe die Bank of England) und, mit der EZB, mehr noch die überstaatliche Ebene.

Paul Tucker, früher Vizepräsident der Bank of England, ist einer der wenigen, die bei der Unabhängigkeit der Zentralbanken Bedenken anmelden. In „Unelected Power“ zeigt er, dass die Zentralbanken inzwischen einen großen Teil dessen ausmachen, was er den Verwaltungsstaat nennt, und wie es dazu kommen konnte. Sie können nach Legislative, Exekutive und Judikative sogar als vierte Macht im Staat gesehen werden. Damit verbindet sich eine Vielzahl an Problemen: Entscheidungen über wirtschaftliche Werte und Ziele werden einem Gremium ohne Rechenschaftspflicht übertragen, der Austausch darüber ist einer abgeschotteten Elite vorbehalten und den Wahlberechtigten haben Probleme, bei Wahlen ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen.2

Die EU mag als Paradebeispiel der eingeschränkten Demokratie gelten. Doch die eingeschränkte Demokratie hat viele Gesichter. Auf einzelstaatlicher Ebene gab es das Modell der beschränkten Demokratie außerdem bereits vor der EU-Gründung. Im Grunde lässt sich die EU als die absurde Erweiterung eines defekten Systems betrachten, das nach dem Ersten Weltkrieg erstmals innerhalb von Einzelstaaten entstanden ist. Beispielsweise wurde in Deutschland der Weg für die unabhängige Zentralbank geebnet, später wurde das Modell auf die EU übertragen. Es ist kaum bekannt, dass die Schlüsselrolle der Verfassungsgerichte auf Österreich im Jahr 1920 zurückgeht. Diese Institutionen können demokratisch gewählte Parlamente in vielen Fällen außer Kraft setzen.

„Im Grunde lässt sich die EU als die absurde Erweiterung eines defekten Systems betrachten.“

Großbritannien hat zugegebenermaßen sein eigenes System der gegenseitigen Kontrolle, um demokratische Macht einzudämmen. Die Monarchie und das Oberhaus beschränken die Macht des gewählten Unterhauses. Mit Großbritanniens EU-Mitgliedschaft wurden weitere Möglichkeiten hinzugefügt, mit denen sich die Verbindung zwischen der Öffentlichkeit und politischen Institutionen stören lässt. Dies ließe sich ebenso über die Verankerung der Menschenrechte in Europa sagen. Dieser Vorgang weist in vielerlei Hinsicht Parallelen zum Aufstieg der EU auf, auch wenn beides sich freilich technisch unterscheidet. Ich werde hier die weniger bekannten Erscheinungsformen der eingeschränkten Demokratie in den Mittelpunkt stellen und beginne mit ihrer Entstehung in den Turbulenzen nach dem Ersten Weltkrieg.

Rückzug aus dem Imperium

Im Anschluss an den Ersten Weltkrieg brachen die alten Reiche zusammen. Neue Staaten entstanden und Revolutionen erfassten weite Teile der Welt. Rückblickend kann diese Zeit auch als diejenige betrachtet werden, in der einige wesentliche Elemente von eingeschränkter Demokratie entstanden. Ganze vier Imperien verschwanden nach Kriegsende von der Bildfläche: Russland, das Osmanische Reich, Österreich-Ungarn und Deutschland. Sie unterschieden sich zwar voneinander, hatten aber einige gemeinsame Eigenschaften. Sie waren autoritär, angeführt von Monarchen und Adel, und boten wenig oder gar keinen Raum für demokratische Mitwirkung. Außerdem waren sie gewissermaßen multinational, weil viele verschiedene Nationen unter der Herrschaft eines großen Reichs zusammengefasst waren.

Mit der starken Verlagerung, die durch den Krieg entstanden war, veränderte sich das politische Gesicht Europas. Die alten Monarchen wurden hinweggefegt, womit der Weg frei war für die Errichtung von Republiken und die massenhafte politische Beteiligung der Öffentlichkeit. So wurden auch die Voraussetzungen für die Gründung von viel mehr Nationalstaaten geschaffen, darunter Österreich, die Tschechoslowakei, Ungarn, Polen und Rumänien. Zwar änderte sich die Verfasstheit einiger dieser Nationalstaaten danach noch einmal. Sie waren dennoch wichtig für die Verwirklichung nationaler Selbstbestimmung in Europa.

Wie Frank Furedi in „First World War: Still no End in Sight“ anführt, war das die Zeit, als die westlichen Gesellschaften vor der Frage standen, wie sich in Krieg und Frieden die Ordnung aufrechterhalten lässt, wenn dafür die Zustimmung der Massen erforderlich ist.3 Die Massen waren in großem Umfang politisch geworden. Die Eliten sahen sich der Aufgabe gegenüber, die Legitimität zu behalten, obwohl die alte Ordnung zusammengebrochen war. Das Russische Reich war 1917 das erste der großen Imperien, das sich verabschiedete. Auch wenn dieser Text sich nicht in erster Linie mit Russland befasst, ist der Hinweis wichtig, dass von der Oktoberrevolution ein radikaler Schwung in Europa ausging, der von der Münchner Räterepublik bis zur Föderativen Ungarischen Sozialistischen Räterepublik reichte, die 1919 beide brutal niedergeschlagen wurden.

Diese und andere militante Ausbrüche in ganz Europa bildeten den Hintergrund für die Entstehung einer eingeschränkten Demokratie. Die herrschenden Eliten in ganz Europa spürten den enormen Druck einer aufsteigenden Arbeiterklasse. Die Herrscher Europas waren nicht abgeneigt, in hohem Maße Gewalt einzusetzen, um diese Militanz zu bremsen. Die physische Kraft allein reichte allerdings nicht aus. Die europäische Elite stand unter starkem Reformdruck. Dies betraf die Ausweitung des Wahlrechts und die Gewährung einer größeren Rolle für die Parlamente. Gleichzeitig wurde nach Wegen gesucht, die Artikulation des Bevölkerungswillens zu bremsen.

„Die herrschenden Eliten in ganz Europa spürten den enormen Druck einer aufsteigenden Arbeiterklasse.“

Diese Entwicklung begann aber nicht mit dem Zusammenbruch des Russischen Reichs, sondern mit dem Zusammenbruch sowohl des Deutschen Reichs (1871–1918) als auch von Österreich-Ungarn (1867–1918). In diesen Gebieten wurde der Adel beiseitegeschoben, um durch nationalstaatliche Regierungsformen ersetzt zu werden, die zumindest dem Namen nach demokratisch waren.

Kelsen und Schmitt

Im Mitteleuropa der Nachkriegszeit ist dann die eingeschränkte Demokratie entstanden. Wichtig ist: Dabei waren zwei parallele, aber in gewisser Hinsicht auch widersprüchliche Kräfte am Werk. Einerseits war es allgemein anerkannt, dass die Öffentlichkeit bei der Frage, wie ihr Staat geführt wird, entscheidendes Mitspracherecht haben sollte. Deshalb gab es das Parlament, mit dem die Öffentlichkeit mehr oder weniger die politischen Angelegenheiten beeinflussen konnte, und das Wahlrecht wurde, wenn auch langsam, ausgeweitet, so dass es auch für Frauen galt und für Männer ohne Eigentum. Andererseits war nach dem Krieg innerhalb der Eliten die Meinung verbreitet, dass die Parlamente neuen Restriktionen unterworfen werden mussten, um die Souveränität der Bevölkerung zu begrenzen. Im deutschsprachigen Raum gab es eine intensive intellektuelle Debatte über das Wesen der Demokratie, bei der Hans Kelsen und Carl Schmitt federführend waren. Kelsen war der Auffassung, dass die Demokratie durch Verfassungsgerichte eingeschränkt werden sollte, Schmitt zufolge sollte dies ermöglicht werden, indem ein Präsident eingesetzt wird. Beide waren jedoch der Ansicht, dass die Demokratie institutioneller Einschränkungen bedarf.

Die Verfassung der Weimarer Republik von 1919 veranschaulicht die widersprüchlichen Tendenzen, die der Entstehung der eingeschränkten Demokratie zugrunde liegen. Ihr erster Artikel legt Deutschland als Republik fest und stellt klar: „Die Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Es gab erstmalig freie Wahlen, eine nominell freie Justiz und eine freie Presse. Die Weimarer Republik war auch eines der ersten Länder, die ein allgemeines Wahlrecht für alle Männer und Frauen über 20 Jahren einführten.

Der Vielzahl von Erklärungen grundlegender Rechte in der Verfassung folgten typischerweise Vorbehalte. So legt beispielsweise Artikel 114 fest: „Die Freiheit der Person ist unverletzlich“ und fügt hinzu, dass die „Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt“ lediglich „aufgrund von Gesetzen zulässig“ ist. Artikel 118 räumt jedem Deutschen das Recht ein, „seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern“, allerdings nur „innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze“. In dieser Weise wird jedes Recht gleichzeitig wieder eingeschränkt.

Am bekanntesten ist sicherlich Artikel 48, der dem Präsidenten weitreichende Befugnisse einräumte, per Dekret zu entscheiden und Gesetze wie Bürgerrechte für ungültig zu erklären, und zwar „zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Während die Weimarer Verfassung also erhebliche Freiheiten zusicherte, darunter vertrauliche Kommunikation, Rede- und Versammlungsfreiheit, schuf sie gleichzeitig den Rahmen dafür, diese Rechte außer Kraft zu setzen. Diese ambivalente Haltung zu demokratischen Rechten hatte erhebliche Auswirkungen auf die Weimarer Republik. Sie wurde nach der Zeit des Nationalsozialismus in die Bundesrepublik übernommen. Zur selben Zeit sollte im benachbarten Österreich mit einem Verfassungsgericht ein Modell für eine eingeschränkte Demokratie geschaffen werden, das Deutschland und andere europäische Länder später nachahmten.

„In gewisser Weise ähnelt die Rolle eines Verfassungsgerichts der eines Monarchen, da beide die letzte Gewalt ausüben.“

In eingeschränkten Demokratien spielen Verfassungsgerichte eine wichtige Rolle. Sie haben die Macht, die Entscheidungen demokratisch gewählter Parlamente zu kippen oder für unanwendbar zu erklären. Deshalb werden sie manchmal als „Wächter“ der Verfassung bezeichnet. So gesehen behandeln Verfassungen und Gerichte die Volkssouveränität als nachgeordnet. In gewisser Weise ähnelt die Rolle eines Verfassungsgerichts der eines Monarchen, da beide die letzte Gewalt ausüben.

Gerade im englischsprachigen Raum wird oft einfach davon ausgegangen, dass Verfassungsgerichte wie der Oberste Gerichtshof in den USA funktionieren. In der Tat trifft zu, dass dieser Gesetze für verfassungswidrig erklären kann. Die ersten Gerichte mit Aufgaben, die spezifisch im Bereich der Verfassung lagen, gab es jedoch in Europa und nicht in den USA. Der Oberste Gerichtshof der USA hat sich freilich weiterentwickelt, um eine auf die Verfassung gerichtete Rolle zu übernehmen. Wie sein Name schon sagt, war sein Aufgabenbereich immer allgemeiner gehalten, nämlich als das höchste Gericht der US-Justiz.

Vor und nach 1945

Im Gegensatz dazu entstanden in Europa nach dem Ersten Weltkrieg Gerichte mit spezifisch verfassungsrechtlichen Aufgaben. Meist heißt es, dass es das erste Verfassungsgericht 1920 in Österreich gab, wobei auch darauf verwiesen wird, dass das in der Tschechoslowakei bereits ein wenig früher eingerichtet wurde. Das österreichische Verfassungsgericht war aber sicherlich am einflussreichsten. Von Hans Kelsen kam ein wichtiger gedanklicher und praktischer Impetus hinter der österreichischen Verfassung. 1918 bat ihn der Sozialdemokrat Karl Renner, erster Kanzler der Republik Österreich, bei der Ausarbeitung der Verfassung des Landes in zentraler Rolle mitzuwirken. Von 1921 bis 1930 gehörte Kelsen auch dem Verfassungsgerichtshof an. Kelsen war wesentlich für den Abschnitt der österreichischen Verfassung verantwortlich, der dem Verfassungsgericht die Macht gab, die Gesetzgebung für verfassungswidrig zu erklären.

Obwohl die Verfassungsgerichte Zeit brauchten, um sich durchzusetzen, wurden sie schließlich zum vorherrschenden Modell der eingeschränkten Demokratie in Europa. Es wurde 1921 in Liechtenstein und 1931 in Spanien übernommen und nach dem Zweiten Weltkrieg europaweit verbreitet. Zum Beispiel wurde 1948 ein Verfassungsgericht nach der italienischen Verfassung und 1958 im Frankreich der Fünften Republik eingerichtet. Das wichtigste Beispiel für ein Verfassungsgericht nach dem Zweiten Weltkrieg ist jedoch das der Bundesrepublik Deutschland, das Bundesverfassungsgericht. Es wurde 1951 gegründet, arbeitet gemäß dem Grundgesetz von 1949 und sitzt in der vergleichsweise kleinen Stadt Karlsruhe, womit bewusst eine geografische Distanz zur politischen Hauptstadt Deutschlands hergestellt werden sollte, das heißt zunächst zu Bonn und dann zu Berlin.

Obwohl das deutsche Verfassungsgericht im englischsprachigen Raum selten Thema ist, hat es erheblichen internationalen Einfluss gehabt. Der Deutsche Bundestag prahlt: „Nicht nur in Europa hat man sich daran orientiert. Auch in asiatischen Staaten wie Japan, Südkorea und Taiwan, auf dem afrikanischen Kontinent, vor allem in Südafrika, sowie in Staaten Lateinamerikas wurden Grundgesetzartikel, -strukturen und -prinzipien zum Vorbild.“ Das heutige Bundesverfassungsgericht hat weitaus mehr Befugnisse als der Staatsgerichtshof, das oberste Gericht der Weimarer Republik. Es kann Grundrechte durchsetzen und gesetzliche Bestimmungen für ungültig erklären. Trotz wesentlicher Unterschiede in den Institutionen gibt es eine starke politische Kontinuität zwischen der eingeschränkten Demokratie von heute und ihrer früheren Form in der Weimarer Republik.

Wehrhafte Demokratie

Ein zentrales Merkmal der eingeschränkten Demokratie ist die Annahme, dass die Meinungsfreiheit Grenzen haben muss. Manchmal geht diese Annahme mit der Bezeichnung „militante Demokratie“ einher, gerne auch als streitbare Demokratie oder manchmal als wehrhafte Demokratie bezeichnet. Die Idee ist denkbar einfach: Demokratien müssen in der Lage sein, sich mit militanten, undemokratischen Maßnahmen zu verteidigen. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die Einschränkungen der Meinungsfreiheit, von denen hier die Rede ist, nicht nur diejenigen betreffen, die die Regierung mit Waffengewalt stürzen wollen. Sie zielen auch auf manche Vorstellung ab, die für sich genommen schon so extrem sei, dass es verboten werden müsse, sie überhaupt zu formulieren. Deshalb ist es möglich, politische Organisationen mit der Begründung zu verbieten, dass ihre Sichtweise verfassungsfeindlich ist.

Vieles davon beruht auf dem Gegensatz von Liberalismus und Demokratie. Das bedeutet, dass individuelle Rechte vor dem potenziell bösartigen Handeln der Öffentlichkeit geschützt werden müssen. Die Argumentation dahinter lautet, dass die Demokratie manchmal geopfert werden muss, um die Freiheit zu schützen. Natürlich besteht die theoretische Möglichkeit, dass eine autoritäre Öffentlichkeit individuelle Rechte unterdrückt. Aber während diese Möglichkeit aufgebauscht wird, wird der Umstand, dass liberale Werte genutzt werden, um Freiheiten zu beschränken, zu oft heruntergespielt. Das Problem geht teilweise noch tiefer. Wenn selbsternannte Liberale betonen, wie wichtig die Verteidigung von Minderheitenrechten ist, scheint ihr Anliegen oft im Recht einer technokratischen Elite zu bestehen, über die Mehrheit zu regieren. Die Demokratie, der kein Eigenwert zuerkannt wird, wird als politisches Problem hingestellt, das es zu bewältigen gilt.

Die wehrhafte Demokratie hat in Deutschland ihre höchste institutionelle Form erhalten. Zahlreiche politische Organisationen wurden verboten, etwa 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). In jüngerer Vergangenheit wurden 2016 die Rechtsaußen-Website Altermedia Deutschland und 2017 die Linksaußen-Webseite Indymedia Linksunten verboten. Einer Untersuchung des Innenministeriums aus dem Jahr 2017 zufolge gab es seit 1990 17 Verbote bei Rechtsextremismus, eines für Linksextremismus und 21 für islamistischen oder ausländischen Extremismus. Diesen Fällen liegt die Annahme zugrunde, dass die Öffentlichkeit vor der Artikulation bestimmter Ansichten abgeschirmt werden muss.

„Die wehrhafte Demokratie hat in Deutschland ihre höchste institutionelle Form erhalten.“

Die wehrhafte Demokratie findet Anerkennung, sie wird aber oft missverstanden. Viele halten sie für notwendig, weil es in der Weimarer Republik nicht gelungen ist, Extremismus einzudämmen. Das Argument lautet: Wenn Weimar weniger liberal gewesen wäre, weniger Respekt vor demokratischen Rechten gehabt hätte, hätte es den Aufstieg der Nazis verhindern können. Eine einflussreiche Version dieses Arguments kam in den 1930er Jahren von Karl Loewenstein, einem deutsch-jüdischen Flüchtling. Im Artikel „Militant democracy and fundamental rights“, der im Juni 1937 in der American Political Science Review erschien, schrieb er:

„Die mangelnde Militanz der Weimarer Republik gegen subversive Bewegungen, auch gegen solche, die eindeutig als subversiv verstanden werden, bildet im Nachkriegsdilemma der Demokratie Beispiel wie Warnung […]. Es muss offen gesagt werden, dass der Nationalsozialismus von der katastrophalen Erfahrung der Weimarer Republik zu profitieren wusste. Das Einparteiensystem war die logische Antwort auf die demokratische Toleranz der zerstörten Republik.“

Solche Argumentationen sind einseitig. Die Weimarer Republik war von Anfang an durchaus bereit, demokratische Rechte zu beschneiden. Es mag vielleicht kein Verfassungsgericht gegeben haben. Das bedeutete aber lediglich, dass die demokratischen Einschränkungen eine andere Form hatten als in der späteren Bundesrepublik. So war es in der Weimarer Republik der Präsident, der die Funktion des Verfassungswächters innehatte, und nicht das Verfassungsgericht. Es stimmt zwar, dass der Präsident direkt gewählt wurde, aber er konnte per Erlass regieren und nach Belieben Regierungen entlassen. Tatsächlich war dies während der meisten Zeit des Bestehens der Weimarer Republik der Fall, wenn der Präsident, wie der alte Kaiser, im Sinne höherer Interessen der gesamten Nation intervenierte.

Friedrich Ebert, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und erster Präsident der Republik, hat sich schwerer Eingriffe in die Demokratie schuldig gemacht. Richard Evans beschreibt in „The Coming of the Third Reich“, dass Ebert seine Macht nutzte, um 136 Mal per Erlass zu regieren4, was auch die Absetzung der rechtmäßig gewählten Regierungen Sachsens und Thüringens beinhaltete. Während des Ruhraufstands 1920 datierte er einen Erlass zurück, der für Verletzungen der öffentlichen Ordnung die Todesstrafe vorsah.

Die Zensur liefert ein gutes Beispiel dafür, wie leicht die angeblich hehren Prinzipien der Weimarer Verfassung umgangen werden konnten. Artikel 118 erklärte geradeheraus, dass es „keine Zensur“ gibt, außer „für Lichtspiele“, für die „durch Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen werden“ dürfen. Es überrascht nicht, dass 1920 die Filmzensur eingeführt wurde.

Die Rolle des Präsidenten als Verfassungshüter wurde von Carl Schmitt, einem konservativen Juristen und Politologen, vor und während der Weimarer Zeit reflektiert. Für ihn war es wesentlich, dass der Präsident über der Tagespolitik steht, das deutsche Volk als Ganzes vertritt und, in einem Ausnahme- oder Notfall, nach Belieben direkt eingreift. Schmitt ist heute relativ bekannt, weil er NSDAP-Mitglied war. Seine Beiträge zur Idee der „wehrhaften Demokratie“ – einem Begriff, den er selber nie verwendet hat –, sollten nicht unterschätzt werden. Immerhin geht er davon aus, dass demokratische Rechte im Namen einer höheren Sache zeitweilig aufgehoben werden können. Im Nachhinein ist klar, dass Kelsen historisch über Schmitt gesiegt hat. Schmitts Vorstellung von einem Präsidenten, der die Rolle des Verfassungswächters spielt, wurde sowohl durch die Schrecken des Dritten Reichs als auch durch seine persönliche Verbindung zum Nationalsozialismus diskreditiert. Kelsens Vorstellung eines Verfassungsgerichts hingegen wurde von vielen europäischen Nationen übernommen. Beide waren sich jedoch dahingehend einig, dass das politische System vor öffentlichen Einflüssen bewahrt werden muss.

Unabhängige Notenbanken

Zentralbanken nehmen in den heutigen Gesellschaften einen hohen Stellenwert ein, denn sie legen Zinssätze fest, geben Geld aus, erhalten das Finanzsystem und regulieren es. Dennoch sind sie selten Gegenstand politischer Debatten. Außerhalb von Fachkreisen besteht kaum ein Bewusstsein dafür, wie mächtig die Zentralbanken geworden sind. Tucker schreibt dazu:

„In einer gewaltigen Entwicklung zur modernen Regierungsform sind sie mit ihren neuerlich verstärkten Befugnissen zur Überwachung und Festlegung der Handelsbedingungen für Banken und andere Teile der Finanzwirtschaft eindeutig Teil des ‚regulierenden Staats‘. Dies ist ein charakteristischer Teil des modernen Staatsapparats, der sich im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelt hat.“5

Es lässt sich leicht erkennen, warum es im Allgemeinen kein Thema ist, welche politischen Folgen die zunehmende Wirtschaftsmacht der Zentralbanken hat. Politische Kommentatoren neigen dazu, sich unwohl zu fühlen, wenn sie sich gründlicher mit einem solchen technischen Bereich befassen müssen, während Wirtschaftsexperten sich eher nicht um allgemeinere Fragen der Demokratie kümmern. Jede Betrachtung zeitgenössischer Demokratie muss sich aber zumindest der immensen Macht der Zentralbanken bewusst sein.

Es sei außerdem daran erinnert, dass die Bank of England von gewählten Politikern kontrolliert wurde, bis die Labour-Regierung sie 1997, gerade neu im Amt, für unabhängig erklärte. Bis dahin wurden die Zinssätze vom Schatzkanzler, einem gewählten Politiker, festgelegt. Zweifelsohne hat dieser auf den Rat der Bank of England gehört, aber bis Ende der 1990er Jahre war die Festlegung politischer Natur. Verteidiger der Bank of England vertreten oft die Auffassung, dass ihre Unabhängigkeit operativer Natur sei und nicht allumfassend. Sie legt beispielsweise die Zinssätze fest, während die Regierung das Inflationsziel bestimmt. Die Ernennung des Präsidenten der Bank of England ist ebenfalls eine politische Entscheidung.

Aber solche Behauptungen sind unredlich. Tatsächlich geht die Fahrt, wenn überhaupt, in die andere Richtung. Zentralbankpräsidenten sind zu profilierten Persönlichkeiten geworden, die sich nun nicht mehr nur zu Finanzfragen, sondern auch zu so politischen Themen wie Brexit und Klimawandel äußern. Sie sind der Archetyp des nicht gewählten Technokraten, der über viel Macht verfügt, sich aber niemals in einer Wahl stellen muss.

„Erst in den 1990er Jahren kam die Idee wieder auf, dass die Zentralbanken unabhängig von politischem Druck agieren sollten.“

Das Konzept der unabhängigen Zentralbank geht mindestens bis zur Mitte der 1920er Jahre zurück. Dem Völkerbund zufolge, der damals die Pläne für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem Ersten Weltkrieg machte, sollten die Zentralbanken „frei von politischem Druck sein und ausschließlich nach dem Prinzip der vorsichtigen Finanzierung geführt werden. In Ländern ohne Zentralbank sollte eine eingerichtet werden.“6 Tucker weist jedoch darauf hin, dass Macht und Status der Banken durch eine Reihe von Ereignissen geschmälert wurden, vom Börsenkrach 1929 über die Aufhebung des Goldstandards bis hin zur Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Erst in den 1990er Jahren kam die Idee wieder auf, dass die Zentralbanken unabhängig von politischem Druck agieren sollten.

In Deutschland war das nicht der Fall. Dort wurde nach dem Zweiten Weltkrieg für die Unabhängigkeit der Banken plädiert, als die soziale Marktwirtschaft beschlossen wurde. Diese könnte als „dritter Weg“ zwischen freier Marktwirtschaft und Sozialismus verstanden werden. Damit hätte man nach wie vor eine wettbewerbsfähige Marktwirtschaft, würde aber im starken, wenn auch begrenzten Rahmen staatlicher Institutionen operieren. Die Wurzeln der sozialen Marktwirtschaft reichen bis in die Weimarer Zeit zurück, wo sie Teil der Reaktion auf die finanziellen und politischen Turbulenzen der frühen 1920er Jahre waren. Alexander Rüstow, prominenter Ökonom und sogenannter Ordoliberaler, sollte bei ihrer Entstehung eine Schlüsselrolle spielen. Im Jahr 1932 hielt er eine bahnbrechende Rede mit dem Titel „Freie Wirtschaft, starker Staat“.

Obwohl die Deutsche Bundesbank erst 1957 gegründet wurde, war das Konzept der Unabhängigkeit von Zentralbanken bereits in ihrer unmittelbaren Vorgängerin verankert, der Bank deutscher Länder. Wilhelm Vocke, der erster Direktoriumspräsident, erklärte am 1. Juni 1948: „Die Unabhängigkeit der Bank und ihrer Leiter ist eine unabdingbare Notwendigkeit. Nur wenn diese, der Verantwortung der Bank entsprechende Unabhängigkeit nach allen Seiten gewahrt wird, wird die Notenbank das Gut erwerben, das wichtiger ist als Popularität und Beifall, ja sogar wichtiger als Gold und Devisen: Vertrauen im In- und Ausland.“

Dieses Unabhängigkeitsprinzip wurde später in der Deutschen Bundesbank verankert. Seit Beginn der Bundesrepublik galt sie als relevant für die Stabilität der Geld- wie auch der Sozialordnung. Schon Konrad Adenauer, der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, sagte 1957, als das Gesetz über die Deutsche Bundesbank verabschiedet wurde: „Die Sicherung der Währung ist die wichtigste Voraussetzung für den Erhalt einer Marktwirtschaft und letztlich einer freien Verfassung für Gesellschaft und Staat.“7 Mitunter verstand man das Bundesbankgesetz als Teil der Stabilitätspolitik. Ludwig Erhard, Adenauers Wirtschaftsminister und Architekt des Wirtschaftswunders der 1950er und 1960er Jahre, zufolge gehöre die Währungsstabilität „in die Reihe der menschlichen Grundrechte“8. Für Karl Schiller, den sozialdemokratischen Bundeswirtschaftsminister von 1966 bis 1972, ist „Stabilität [...] nicht alles, aber ohne Stabilität ist alles nichts“.9

David Marsh legt in seiner einflussreichen Studie zur Bundesbank von 1992 dar, dass sich die Ursprünge dieses Fokus auf Stabilität der deutschen Vorstellung von Ordnung als Fundament staatlicher Macht verdanken.10 Die Erhaltung von Stabilität hat bei dieser Konzeption des Zentralbankwesens sicherlich Vorrang vor demokratischer Kontrolle. Marsh erklärt, weshalb sowohl Politiker als auch Zentralbanken daran interessiert waren, den antidemokratischen Charakter einer unabhängigen Zentralbank herunterzuspielen: „Beide Seiten haben ein gemeinsames Interesse daran, die Stärke der Bundesbank zu erhalten. Die Zentralbanken möchten ungern den übertriebenen Eindruck von Dominanz erwecken, während die Politiker ihre Verwundbarkeit nicht zeigen wollen.“11 Über ein Vierteljahrhundert später spielen Politiker die Macht der Zentralbanken immer noch herunter. Die Zentralbanker sind jedoch offener geworden, wenn sie öffentlich ihre Meinung zu einer breiten Palette von Themen äußern, während Politiker öfter die Grenzen ihrer Macht betonen.

Die Wiederherstellung der Imperien

Eine eingeschränkte Demokratie wäre auch ohne die EU ein Problem. Gesetze, die demokratische Parlamente verabschieden, können immer noch von nicht gewählten Verfassungsgerichten für ungültig oder nicht anwendbar erklärt werden. Die Meinungsfreiheit ließe sich ebenfalls mit Verweis auf die Verteidigung der Verfassung einschränken. Mächtige Wirtschaftsinstitutionen könnten in demokratischer Hinsicht sogar noch unberechenbarer werden. Aber die EU verschlimmert all das. Sie stellt sicher, dass die Öffentlichkeit von der politischen Macht noch weiter ferngehalten wird, indem sie auf paneuropäischer Ebene neue Beschränkungen für die Demokratie schafft.

In gewisser Hinsicht handelt es sich bei der EU um eine Neubelebung der alten multinationalen europäischen Imperien. Als „Mitgliedstaaten“ gibt es die Nationalstaaten noch, aber sie werden zunehmend im supranationalen Gefüge der Institutionen zusammengefasst. Diese Institutionen bieten eine Art imperiale Deckschicht, die über den einzelstaatlichen Institutionen sitzt und die demokratische Rechenschaftspflicht weiter einschränkt. Wie James Heartfield in „The European Union and the End of Politics“ ausführt, handelt es sich dabei nicht um das Ergebnis einer EU-Machtergreifung. Vielmehr wird „die Dynamik der europäischen Integration vom Niedergang der Nationalstaaten und vor allem vom Rückgang des politischen Lebens der öffentlichen Demokratie in diesen Nationalstaaten getrieben“12.

„In gewisser Hinsicht handelt es sich bei der EU um eine Neubelebung der alten multinationalen europäischen Imperien.“

Viele Aspekte des antidemokratischen Wesens der EU sind wohlbekannt, angefangen bei der mangelnden Rechenschaftspflicht der Europäischen Kommission bis hin zum demokratischen Schwindel des Europäischen Parlaments. Zumindest im englischsprachigen Raum jedoch weniger bekannt ist die germanische Prägung der EU (siehe das Spiked-Interview mit einem ehemaligen britischen Botschafter in Deutschland). Sie ist germanisch insofern, weil die EU zu einem großen Teil auf dem Modell der eingeschränkten Demokratie basiert, das vor einem Jahrhundert in Deutschland und Österreich entstand.

Auch der antidemokratische Charakter der Europäischen Zentralbank (EZB) erhält nur unzureichende Aufmerksamkeit. Die EZB ist ein archetypisches Beispiel dafür, wie die EU-Institutionen die eingeschränkte Demokratie verstärken. Nicht nur die Zentralbanken der Mitgliedstaaten sind von der nationalen Politik unabhängig, die EZB ist es ebenfalls. Das bedeutet, dass sie wichtige Entscheidungen zur Wirtschaft Europas trifft, ohne sich tatsächlich demokratisch verantworten zu müssen.

So war die Schaffung der EZB ein wichtiger Bestandteil des Maastrichter Vertrags, mit dem die EU 1992 gegründet wurde. Ihr Hauptziel ist, wie bei der Bundesbank, die Gewährleistung der Preisstabilität. EZB-Präsident Mario Draghi bestätigte in einer Rede im Jahr 2013, dass die EZB auf dem deutschen ordoliberalen Modell basiert. Die EZB hat außerdem Ziele, was die Gewährleistung der Finanzstabilität und der Finanzregulierung betrifft.

Dass die demokratische Rechenschaftspflicht nicht greift, ist im Vertrag von Maastricht klar geregelt, nämlich „darf“ gemäß Artikel 107 „weder die EZB noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen“. Außerdem gilt: „Die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlussorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.“

Die Unabhängigkeit der Zentralbanken ist auf nationalstaatlicher Ebene so problematisch wie auf supranationaler Ebene. Tucker stellt fest, dass die „Unabhängigkeit der EZB in einem Vertrag verankert ist, der von den EU-Mitgliedstaaten nur einstimmig geändert werden kann“. Er merkt weiterhin an, dass die EZB angesichts der Tatsache, dass ihre Ressourcen zur Unterstützung der Eurozone verwendet werden, als „Wächterin des EU-Projekts selbst“ verstanden werden sollte13.

„Die EU ist also wahrscheinlich die am weitesten entwickelte Form der eingeschränkten Demokratie.“

Darüber hinaus hat die EZB mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) eine Schwesterinstitution. Diese fungiert als Kreditgeberin der EU, hat aber gegenüber der Öffentlichkeit keine Rechenschaft abzulegen. Der Financial Times zufolge ist die EIB „eine riesige, unbeaufsichtigte Hebelmaschine für europäische Politiker“. Ihre Bilanz ist doppelt so hoch wie die der Weltbank, und doch „macht sie um Kontrolle weitgehend einen Bogen“.

Obwohl die EU weder über eine kodifizierte Verfassung noch über ein Verfassungsgericht verfügt, lassen sich viele imperiale Komponenten feststellen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) handelt in jeder Hinsicht wie ein Verfassungsgericht. Und die wichtigsten Verträge der Europäischen Union und ihrer Vorgängerinstitutionen – wie der Vertrag von Rom (1957), der Vertrag von Maastricht (1992) und der Vertrag von Lissabon (2007) – haben die Funktion von Verfassungsdokumenten.

Diese Kombination verleiht dem EuGH große Macht. Er fungiert mehr oder weniger als Verfassungsgericht nach dem Kelsenschen Modell. So hat er beispielsweise die Macht, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen aus den Verträgen nachkommen, auch wenn die Wählerschaft eines Einzelstaats oder eine gewählte Regierung etwas anderes anstreben. Der Vorrang des EU-Rechts (und seiner Vorläufer) ist ein seit Langem bestehendes Prinzip europäischen Rechts. Es lässt sich bis zur Costa-/Enel-Entscheidung (1964) zurückverfolgen, bei der europäisches Recht Vorrang vor nationalem Recht hatte.

Die EU ist also wahrscheinlich die am weitesten entwickelte Form der eingeschränkten Demokratie. Ein System von Zwängen, das nach dem Ersten Weltkrieg angefangen hat, sich auf nationaler Ebene herauszubilden, stützt heute ein multinationales Imperium. Um in Europa echte Demokratie zu erreichen, müssen die der Demokratie angelegten Ketten sowohl auf staatlicher als auch auf EU-Ebene gesprengt werden.

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