20.10.2025
Deutsche Staatsbürgerschaft – ein Pass ohne Schutz?
Zu den Hamas-Geiseln im Gazastreifen – ermordeten wie den freigelassenen – zählten auch Deutsche. Der deutsche Staat verhielt sich beschwichtigend und passiv statt um seine Bürger zu kämpfen.
Während die deutsche Presse im Oktober die Freilassung einiger von der Hamas verschleppter Geiseln feierte, blieb eine zentrale Frage weitgehend unbeantwortet – und wurde stillschweigend alternativen Medien überlassen: Warum waren unter den Opfern so viele deutsche Staatsbürger – und warum war ausgerechnet Deutschland so spektakulär unfähig, deren Freiheit zu sichern?
Vier befreite Geiseln – Alon Ohel, Rom Braslavski und die Brüder Gali und Ziv Bergman – besaßen die deutsche Staatsbürgerschaft. Drei weitere Geiseln – Itay Chen, Tamir Nimrodi und Tamir Ada – wurden ermordet. Auch sie waren Deutsche.
Trotz aller Sonntagsreden über den Schutz „jüdischen Lebens“ blieb am Ende die bittere Wahrheit: Deutschland war das einzige westliche Land, dessen Bürger noch über zwei Jahre nach dem 7. Oktober in Hamas-Gefangenschaft saßen. Der Journalist Julian Reichelt brachte es auf den Punkt: „Wenn die israelischen Geiseln – darunter deutsche Staatsbürger – endlich befreit sind, wird deutlich, wie gewaltig das außenpolitische Versagen Friedrich Merz’ war.“ Deutschland kapitulierte vor dem islamistischen Mob auf der Straße – und wählte die falsche Seite der Geschichte.
Am 7. Oktober 2023 griff die Hamas Zivilisten aus über 40 Ländern an. Mindestens 43 Amerikaner, 43 Franzosen, 14 Briten und 10 Deutsche wurden getötet – darunter Shiri Bibas mit ihren beiden kleinen Söhnen. Während andere Staaten Druck auf die Hamas ausübten, duckte sich Deutschland weg – trotz der viel beschworenen „Staatsräson“ gegenüber Israel. Von Anfang an war die Haltung der Bundesregierung geprägt von beschwichtigender Passivität, verpackt in moralischer Überlegenheit. Die deutschen Medien spielten mit. Als Donald Trump auf seiner Plattform forderte: „LASST DIE GEISELN JETZT FREI, ODER IHR ERLEBT DIE HÖLLE“, kritisierten Medien wie der Spiegel nicht die Hamas, sondern Trump – und verbreiteten gleichzeitig unkritisch deren Propaganda, Eskalation würde zur Ermordung von Geiseln führen.
„In Frankreich gab es eine offizielle Zeremonie für die ermordeten Geiseln. In Deutschland? Schweigen.“
Doch am Ende waren es nicht Berliner Appelle, sondern Israels Militär und US-Druck, die zur Freilassung führten. Deutschland blieb Zuschauer. Und das war kein Zufall – es war Ergebnis einer ängstlichen, orientierungslosen Außenpolitik. Wo blieb die Solidarität?
In Frankreich gab es eine offizielle Zeremonie für die ermordeten Geiseln. In Deutschland? Schweigen. Keine zentrale Gedenkveranstaltung. Keine öffentliche Plakatkampagne mit Gesichtern der Entführten. Ingo Way fragte im Cicero richtig: Warum war kein Geld für diese Kampagne da, während andere politische Anliegen großflächig plakatiert werden? Die Botschaft war eindeutig: Man wollte die pro-palästinensischen Wählergruppen nicht verprellen – weder Islamisten noch Teile der Kulturlinken. Bei den Familien der Geiseln verstärkte diese Feigheit das Gefühl des Alleinseins.
Am 14. Oktober 2023 warf Ricarda Louk, Mutter der entführten Shani Louk, den deutschen Behörden öffentlich Untätigkeit vor. Ihre Tochter wurde beim Nova-Festival verschleppt, ein Video zeigte sie – verletzt, mit dem Gesicht nach unten – auf einem Pickup-Truck in Gaza. Menschenmengen bejubelten die Szene. Außenministerin Baerbocks Besuch in Israel blieb wirkungslos. Leere Worte, keine Taten.
Im August 2024 dann der Tiefpunkt: Die Eltern des getöteten IDF-Soldaten Itay Chen schrieben einen offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz – nachdem dieser öffentlich angekündigt hatte, Waffenlieferungen an Israel einzuschränken. Offiziell „zum Schutz der Geiseln“. Tatsächlich: ein Zugeständnis an die anti-israelische Lobby in Deutschland. Die Eltern durchschauten das Manöver: „Wie soll diese Maßnahme zur Freilassung von Itay und den anderen sechs deutschen Geiseln beitragen?“, fragten sie.
„Deutschland hat mit dieser Politik ein gefährliches Signal gesendet: Der deutsche Pass schützt nicht.“
Während Prominente in Briefen an den Kanzler politische Symbolik einforderten, flehte Rom Braslavski aus den Hamas-Tunneln um sein Leben. Ein ausgemergelter deutscher Staatsbürger, weinend, bettelnd – während Deutschland längst kapituliert hatte. Was ist ein deutscher Pass noch wert?
Deutschland hat mit dieser Politik ein gefährliches Signal gesendet: Der deutsche Pass schützt nicht. Er droht, an symbolischer Bedeutung zu verlieren. „Civis Romanus sum“ – „Ich bin römischer Bürger“ – war einst ein Versprechen staatlicher Loyalität, sogar jenseits der Landesgrenzen. Heute fragen sich deutsche Staatsbürger: Was bedeutet „Civis Germanus sum“ noch, wenn der Staat nicht bereit ist, für seine Bürger zu kämpfen? Ein Pass ist mehr als ein Dokument. Er ist Ausdruck von Zugehörigkeit, Schutz, Verantwortung und gegenseitiger Solidarität. Doch all das wurde in der Geiselfrage verspielt.
Die Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft ist kein Zufall – sie ist Teil einer breiteren Entwicklung: Allein 2023 wurden über 75.000 Syrer eingebürgert, viele im Rahmen der umstrittenen „Turbo-Einbürgerung“ nach nur drei Jahren Aufenthalt. 2024 stieg die Zahl der Einbürgerungen auf ein Rekordhoch von 292.000 – erneut waren Syrer die größte Gruppe. Es geht dabei nicht darum, Einbürgerung grundsätzlich abzulehnen. Jede Gesellschaft darf neue Mitglieder aufnehmen.
Aber wenn Staatsbürgerschaft zum reinen Verwaltungsakt wird – ohne echte Integrationsanforderung, ohne Pflichtgefühl gegenüber der neuen Gemeinschaft –, wird sie bedeutungslos.
„Verstehen wir als Gesellschaft, was gerade auf dem Spiel steht? Was bedeutet die deutsche Staatsbürgerschaft heute?“
Gleichzeitig bejubeln Medien wie der Spiegel den deutschen Pass als „das mächtigste Reisedokument“ der Welt. Die Schlagzeile dazu lautete 2024: „Deutschland ist wieder Weltspitze“. Grund? Visumfreies Reisen in 194 Länder. Aber: Ist das wirklich alles, wofür unsere Staatsbürgerschaft noch steht – als eine Art First-Class-Ticket fürs globale Reisen? Wenn der deutsche Pass nur noch als praktisches Reisedokument gilt, verliert er seine tiefere Bedeutung: Er wird zu einem Reisescheck – bequem, aber inhaltsleer.
Die beschämende Aufgabe der deutsch-israelischen Geiseln war kein Betriebsunfall. Sie ist Symptom einer gefährlichen Entwicklung: Ein Staat, der seine Bürger nicht mehr schützen will, verliert ihren Respekt – und wird von seinen Gegnern verachtet. Die Hamas hat das verstanden. Sie hat gesehen, was Deutschland nicht sehen wollte: Ein Staat, der nicht kämpft, wird nicht geachtet. Ein Staat, der kapituliert, wird ausgenutzt. Diejenigen, die starben oder litten, haben den Preis dafür bezahlt.
Doch die größere Frage bleibt: Verstehen wir als Gesellschaft, was gerade auf dem Spiel steht? Was bedeutet die deutsche Staatsbürgerschaft heute? Was hält uns als Bürger noch zusammen? Und wird Deutschland seine Fehler erkennen – bevor es zu spät ist?