08.12.2025

Christenverfolgung: Das Schweigen der C-Parteien

Von Kolja Zydatiss

Keine Religion ist derzeit stärkerer Verfolgung ausgesetzt als das Christentum. Anders als Donald Trump weigert sich die Union aber, die Massenmorde an Christen in Nigeria und anderswo anzusprechen.

Die Bilder aus Nigeria sind erschütternd: Im Juni 2025 verloren allein beim islamistischen Massaker im Dorf Yelwata rund 100 bis 200 Menschen ihr Leben. Nach dem Angriff auf die örtliche katholische Mission mussten sich der nigerianische Katastrophenschutz und Hilfsorganisationen nach eigenen Angaben um rund 3000 Vertriebene kümmern – viele von ihnen bereits Binnenflüchtlinge, die wegen der ständigen Angriffe islamistischer „Todesschwadrone“ auf die christliche Bevölkerung der Region in dem Dorf Schutz gesucht hatten. Beim jüngsten schweren christenfeindlichen Vorfall in dem Land Ende November sollen Bewaffnete mehr als 200 Schüler und Lehrer aus einer katholischen Internatsschule verschleppt haben.

Die US-amerikanische NGO Alliance Defending Freedom (ADF) geht davon aus, dass von Januar bis August 2025 mehr als 7000 nigerianische Christen wegen ihres Glaubens getötet wurden – das sind im Schnitt 35 Menschen pro Tag. Seit Beginn des Aufstands der Terrorgruppe Boko Haram im Jahr 2009 wird die Zahl der getöteten Christen von der nigerianischen NGO Intersociety auf weit über 50.000 geschätzt. Zehntausende Christen sind demnach von islamistischen Gruppen entführt worden. Laut Intersociety werden die Opfer oft sadistisch bei lebendigem Leibe zerstückelt oder zu Tode gefoltert.

„Die Zahl der getöteten Christen wird von der nigerianischen NGO Intersociety auf weit über 50.000 geschätzt.“

Wegen der islamistischen Gräueltaten im sogenannten Middle Belt, wo der mehrheitlich muslimische Norden auf den überwiegend christlichen Süden trifft, sind Tausende Dörfer entvölkert. Intersociety spricht von fast 20.000 zerstörten oder zur Schließung gezwungenen Kirchen, rund 4000 zerstörten oder zu Schließung gezwungenen christlichen Schulen und rund 40 Millionen Binnenflüchtlingen seit Beginn der Angriffe.

US-Präsident Donald Trump hat sich in der ihm charakteristischen Art des Themas angenommen. Ende Oktober 2025 hat das Weiße Haus Nigeria wieder auf die Liste der Staaten gesetzt, in denen massiv gegen die Religionsfreiheit verstoßen werde. Christen sind in dem Land in „existenzieller Gefahr“, stellt Trump richtigerweise fest. Wenn die nigerianische Regierung nicht bereit sei, energisch gegen die Tötung von Christen durch Islamisten vorzugehen, behält er sich vor, die Entwicklungshilfe komplett einzustellen und sogar „mit gezückten Waffen“ militärisch einzugreifen, wie er im November auf seiner Online-Plattform Truth Social drohte. Sollte man angreifen, werde es „schnell und brutal“ sein.

Von Trumps Rambo-Ansatz kann man halten, was man will. Seine Antwort auf die Lage in Nigeria, die selbst der linke, religionskritische Kommentator und Trump-Gegner Bill Maher einen Genozid nennt, ist aber allemal glaubwürdiger als die von CDU und CSU. Hierzulande beschränken sich die bürgerlichen Parteien mit dem C im Namen auf Positionspapiere und Sonntagsreden, in denen die Religionsfreiheit theoretisch als Wert beschworen wird und Missstände in vagen Worten beklagt werden. Verbindliche Programme zum Schutz von verfolgten Christen, ernsthafte Forderungen an Regierungen und außenpolitische Sanktionen fehlen aber – obwohl diese insbesondere im Fall Nigeria dringend notwendig wären. Bei der Online-Recherche für diesen Artikel habe ich keine einzige Rede, Anfrage oder Pressemitteilung von Unionspolitikern aus den letzten zwölf Monaten finden können, die ausdrücklich die Christenverfolgung in Nigeria adressiert.

„Verbindliche Programme zum Schutz von verfolgten Christen, ernsthafte Forderungen an Regierungen und außenpolitische Sanktionen fehlen.“

Trotz einer gewissen „Entmerkelung“ unter Friedrich Merz und zaghaften Versuchen, von der in unseren Institutionen vorherrschenden woken, hyperprogressiven Ideologie abzuweichen, bleibt man in CDU und CSU offenbar stark einem kulturrelativistischen Denken verhaftet. Im Namen einer falsch verstandenen Toleranz beschönigt und leugnet diese Denkweise kulturelle Probleme und Konflikte, insbesondere um zu verhindern, dass sogenannte marginalisierte Gruppen wie Muslime in die Kritik geraten.

„Keine Religion hat derzeit einen so hohen Blutzoll zu zahlen wie das Christentum“, konstatiert der Welt-Kommentator Gideon Böss, der wie Maher von einem Genozid in Nigeria spricht. „Fast alle Länder, in denen Christen unterdrückt werden, verfügen über muslimische Bevölkerungsmehrheiten und definieren sich selbst als muslimisch“, so Böss. Doch davor, die extreme religiöse Intoleranz und Gewalt gegen Andersgläubige in Teilen der islamischen Welt auf die Agenda zu setzen und den Worten Taten folgen zu lassen, schreckt man in den C-Parteien zurück. Lieber lässt man seine vermeintlichen Glaubensbrüder und -schwestern im Stich, als sich den gefürchteten Vorwurf einzuhandeln, einen „islamophoben“ „Kulturkampf“ zu führen. Die Zehntausenden ermordeten Christen in Nigeria und anderen Ländern des globalen Südens zeigen den Preis dieses Versagens.

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