07.08.2020

Brüssel will Raucher und Dampfer wieder zur Kasse bitten

Von Bill Wirtz

Titelbild

Foto: Vaping360.com (CC BY 2.0 / barbeitet)

Die EU-weite Tabakmindeststeuer soll erhöht werden, auch das ‚Dampfen‘ betreffend. Geht gegen Einkaufstourismus, der durch noch höhere Steuern aber höchstens auf den Schwarzmarkt abgedrängt würde.

Im Juni billigte der Europäische Rat einen neuen Konsens über Verbrauchssteuern auf Tabakwaren. Die Mitgliedstaaten schlagen Änderungen vor, die den Tabakpreis erhöhen und auch Nicht-Tabakprodukte wie E-Zigaretten betreffen würden.

Seit 2011 gibt es in der Europäischen Union eine gemeinsame Mindestverbrauchssteuer auf Tabakwaren, wodurch sich die Zigarettenpreise in den europäischen Ländern mit vergleichsweise niedrigen Steuer deutlich erhöht haben. Nachbarländer mit höheren Steuern behaupteten, dass grenzüberschreitende Käufe ihre eigenen Ziele in der Gesundheitspolitik untergraben würden. Beispielsweise kaufen deutsche Pendler Tabak in Luxemburg, da der Preis dort niedriger ist als in ihren heimischen Geschäften.

Jetzt, da die Richtlinie von 2011 nicht die Ergebnisse gebracht hat, die einige Mitgliedstaaten erwartet hatten, oder, was eher anzunehmen ist, Steuereinnahmen nicht in der Höhe, die die Staaten in der aktuellen wirtschaftlichen Situation benötigen, wünschen sie eine Revision. Auch wenn Mitgliedstaaten Tabakpreise selbst erhöhen können, bringt jede Erhöhung auch eine Steigerung der Pendlerkäufe mit sich: Besonders deshalb will man höhere Mindeststandards. Hinzu kommt, dass politische Entscheidungsträger bei Kritik zu den neuen Preisen einfach auf Brüssel verweisen können.

„Illegaler Handel korreliert mit einer erhöhten Steuerbelastung.“

Diese Revision bezieht sich nicht nur auf konventionelle Tabakprodukte wie Zigaretten, Schnupftabak, Shisha oder Zigarren und Zigarillos. Zum ersten Mal fordert der Europäische Rat, dass auch Nicht-Tabakprodukte in die Tabakverbrauchsteuer-Richtlinie aufgenommen werden. E-Zigaretten oder Heat-Not-Burn-Geräte stellen Alternativen für Konsumenten von konventionellen Tabakprodukten dar. Einer offiziellen Untersuchung in Großbritannien zufolge sei der Konsum dieser Produkte 95 Prozent weniger schädlich als das Rauchen von Zigaretten. Der Europäische Rat kommt zu dem Schluss, „dass es daher dringend erforderlich ist, den Rechtsrahmen der EU auszubauen, um derzeitige und künftige Herausforderungen in Bezug auf das Funktionieren des Binnenmarkts zu bewältigen, indem die Begriffsbestimmungen und die steuerliche Behandlung von neuartigen Erzeugnissen (wie Flüssigkeiten für E-Zigaretten und erhitzte Tabakerzeugnisse), einschließlich nikotinhaltiger oder anderer Erzeugnisse, die Tabak ersetzen, harmonisiert werden, damit Rechtsunsicherheit und regulatorische Unterschiede in der EU vermieden werden". Eine umständliche Formulierung für „mehr Steuern".

Wie ernst ist es den EU-Mitgliedsstaaten mit der Verbesserung der Gesundheit, wenn sie mit ihrer Präventionspolitik die Steuerlast der Verbraucher erhöhen? Eine Untersuchung aus den Vereinigten Staaten zeigt, dass jede zehnprozentige Erhöhung des Preises von E-Zigaretten-Produkten zu einem elfprozentigen Anstieg der Zigarettenkäufe führt.

E-Zigaretten sind eine Sache, aber wir sollten uns nicht von der Vorstellung täuschen lassen, dass eine höhere Besteuerung von Zigaretten jemandem nützt. In den Schlussfolgerungen des Rates selbst wird anerkannt, dass Europa mit einer Welle des illegalen Tabakhandels konfrontiert ist, und es werden mehr Lösungen zu dessen Bekämpfung gefordert. Illegaler Handel korreliert mit einer erhöhten Steuerbelastung: Indem wir einkommensschwache Haushalte mit Zigaretten besteuern, die dennoch ein legales Produkt bleiben, drängen wir sie auf den Schwarzmarkt, wo kriminelle Elemente von einer solchen Gesundheitspolitik profitieren. In Frankreich zum Beispiel wurde in einem Bericht aus dem Jahr 2015 festgestellt, dass das Land mit einem Marktanteil von 15 Prozent Europas größter Konsument von gefälschten Zigaretten ist.

„Wir müssen Gesetzesänderungen nicht nur auf ihre erklärten Absichten hin analysieren, sondern auch auf ihre voraussichtlichen Ergebnisse.“

Da es keine Qualitätskontrolle gibt, stellen diese illegalen Zigaretten eine viel größere Bedrohung für die Gesundheit der Verbraucher dar. Hinzu kommt, dass die Einnahmen aus dem Verkauf dieser Zigaretten dem Terrorismus zugutekommen können – dem französischen Zentrum für Terrorismusanalyse zufolge finanziert der illegale Tabakverkauf sogar 20 Prozent des internationalen Terrorismus. Organisationen wie Al-Qaida und ISIS finanzieren ihre Aktivitäten auf diese Weise.

Die vom Europäischen Rat vorgeschlagenen Änderungen an der Richtlinie über Tabakverbrauchsteuern sind kontraproduktiv. Sie werden die Wahlmöglichkeiten einschränken und die Gesundheit der Verbraucher negativ beeinflussen. Wir müssen Gesetzesänderungen nicht nur auf ihre erklärten Absichten hin analysieren, sondern auch auf ihre voraussichtlichen Ergebnisse.

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