09.10.2014

Neuigkeiten aus dem Statistiksumpf

Kurzrezension von Christoph Lövenich

Warum dick nicht doof macht und Genmais nicht tötet von Thomas K. Bauer, Gerd Gigerenzer und Walter Krämer (Campus 2014, S. 211, EUR 16,99)

Seit 2012 krönen der Statistikprofessor Walter Krämer, der Max-Planck-Direktor Gerd Gigerenzer und der Wirtschaftsforscher Thomas K. Bauer auf ihrer gleichnamigen Website die Unstatistik des Monats. Nun haben die drei Professoren eine Vielzahl der dabei aufgetretenen Fälle in einem Buch versammelt, das in zweierlei Hinsicht einen interessanten Überblick gewährt.

Zum einen klären sie auf über die Fallstricke auf, die bei der Erstellung und Interpretation von – meist massenmedial aufbereiteten – Statistiken lauern und über die Methoden der interessengeleiteten Manipulation, mit der bei den Rezipienten ein erwünschter Effekt erzielt werden soll. Hierbei geht es etwa um Fragen der Wahrscheinlichkeitsrechnung, den Unterschied zwischen absoluten und relativen Risiken, statistische Signifikanz und den Fehlschluss, statistische Zusammenhänge unreflektiert als Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu deuten. Dies vermögen die Autoren in auch für Laien anschaulicher Form darzustellen, um so dem weit verbreiteten „Innumeratentum“ − also der Unfähigkeit, Zahlen und Größen richtig einzuordnen − entgegenzuwirken.

Zum anderen lassen sie anhand der konkreten Beispiele eine Fülle von Themen Revue passieren, bei denen einseitige und hysterische „Tartarenmeldungen“ in den Medien oft die Sicht auf die Tatsachen versperren. So zeigt der kritische Blick auf und hinter die Zahlen, dass Atomkraftwerke nicht zu Leukämie in der Umgebung führen, dass das Ruhrgebiet weder Hochburg Deutschlands bei der Armut noch bei Kinderverkehrsunfällen ist und der Sitz des Novo Argumente Verlags, Frankfurt am Main, wohl zu Unrecht den Ruf als Kriminalitätshauptstadt genießt.

Polen sind nicht fleißiger als Deutsche, die in Italien geringeren Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern kein positives Zeichen und an der Sinnhaftigkeit von Brustkrebs-Screening mag man getrost zweifeln. Die Autoren ermuntern uns, „mit Risiken und Ungewissheiten um[zu]gehen, statt sie fürchten zu müssen.“ Alles in allem: eine faktenreiche und augenöffnende Materialsammlung darüber, wie mit schlechter Statistik Politik und Meinung gemacht wird. (Christoph Lövenich)

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