18.02.2015

Durchstarten!

Kurzrezension von Johannes Richardt

Zero To One. Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet von Peter Thiel mit Blake Masters (campus 2014, S. 200, EUR 22,99)

Zero To One. „Von Null auf Eins“, so der leicht kryptische Titel des aktuellen Buchs des deutschstämmigen Silicon-Valley-Milliardärs Peter Thiel. Es basiert auf Aufzeichnungen eines Seminars für Technologie-Start-Ups, das Thiel 2012 an der Stanford-Universität hielt. Dabei ist das lesenswerte Werk viel mehr als ein reines Handbuch für erfolgreiche Unternehmensgründer – es ist auch ein Mix aus Gesellschaftskritik, ökonomischer Theorie und einem leidenschaftlichen Appell für Zukunftsoptimismus, wie man ihn hierzulande kaum finden wird.

Thiel ist ein echter Querdenker, der sich nicht um die Konventionen seiner Branche schert. Der überzeugte Kapitalist singt kein Hohelied auf das Konkurrenzprinzip des Marktes. Im Gegenteil: Echter Fortschritt entsteht gerade nicht dort, wo sich Menschen gegeneinander durchsetzen müssen. Sondern dort, wo Menschen sich dem Wettbewerb entziehen, den Mut zu eigenen, wirklich neuen Ideen haben und Monopole aufbauen.

Dabei ist Thiel beseelt von den Möglichkeiten des technologischen Fortschritts. Der Risikounternehmer zeigt, wie technische Neuerungen in den vergangenen 250 Jahren ein zentraler Motor des Fortschritts waren. Und er zeigt, wie dieser Fortschritt mit Ausnahme seiner Branche, der Informationstechnologie, in den letzten vierzig Jahren in der westlichen Welt weitestgehend zum Erliegen gekommen ist. Zu Recht kritisiert er unsere Zeit als eine von Technik- und Wissenschaftsfeindlichkeit gekennzeichnete Phase der Stagnation und wirft der Politik vor, ohne Richtung zu agieren.

Was den Menschen heute fehlt, sind konkret optimistische Vorstellungen von der Zukunft, wie sie vor allem vom 19. Jahrhundert bis in die 1960er-Jahre in der westlichen Welt weit verbreitet waren und sich etwa in der Philosophie von Karl Marx ausdrücken, so Thiel. Der libertäre Freigeist macht sich für eine Renaissance des fortschrittsoptimistischen Denkens stark. Nicht nur einzelne Unternehmensgründer, sondern die Gesellschaft als Ganzes sollte den Glauben entwickeln, dass es möglich ist, richtig durchzustarten – d. h. die Lebensbedingungen für alle Menschen drastisch zu verbessern. Denn die Zukunft liegt in unseren Händen. Fazit: Trotz seines erratischen Aufbaus und des teilweise etwas nervigen Businessseminartonfalls ein inspirierendes und wichtiges Buch. (Johannes Richardt)

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