08.10.2015

Den irrationalen Ökomoralisten trotzen

Kurzrezension von Christoph Lövenich

Wider den grünen Wahn. Eine Streitschrift von Horst Demmler (Monsenstein & Vannerdat, 2015, 410 S., EUR 20,40)

Westdeutschland ist nicht seit der Jahrtausendwende versteppt, und das Erdgas ist uns vor über 20 Jahren keineswegs ausgegangen. Das wäre aber der Fall, wenn die Prognosen ‚grüner‘ Weltuntergangspropheten so wie vorhergesagt eingetreten wären. Das Ende diverser Rohstoffe hatte der Club of Rome in seinen einflussreichen Grenzen des Wachstums geweissagt, und hat sich – nicht erst durch die zwischenzeitlich erfolgte krachende Widerlegung – so blamiert wie die Zeugen Jehovas mit ihren immer wieder verschobenen Apokalypsen. Die Versteppung war uns im Waldsterben-Hype der 1980er-Jahre angedroht worden, aber der deutsche Wald, ja, er lebt noch, stirbt nicht. Wenngleich er heutzutage Rodungen für hochsubventionierte Windräder zum Opfer fällt. Hinter der Energiewende steht passenderweise vor allem die Partei, die vor über 30 Jahren nicht zuletzt die Baumsterben-Hysterie in den Bundestag trug: Die Grünen.

In seiner Streitschrift geißelt der frühere Gießener VWL-Professor Horst Demmler denn auch insbesondere diese politische Kraft, bei der „die Moral, die persönliche Betroffenheit und das Gefühl“ über Fakten und ökonomischen wie naturwissenschaftlichen Sachverstand siegen. Dem grünen Wahn verfallen sind, wie er darlegt, aber auch unabhängig von Parteibüchern diverse Verbände, nationale und internationale NGOs, Verfassungsorgane und Behörden sowie nicht zuletzt die „Hilfstruppen der grünen Panikmafia“ in den Mainstreammedien, hier vor allem die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender.

Manchmal zugespitzt, aber immer sachlich, mit einigen Quellen und Tabellen, dabei durchgehend allgemeinverständlich, schlachtet Demmler gleich reihenweise die heiligen Kühe der grünen Ideologen: Der Reaktorunfall von Fukushima wurde in Deutschland zu Unrecht als Anti-Atom-Menetekel missbraucht. Die Künastsche Agrarwende geht fehl, „Bio“ ist entgegen landläufiger Meinung weder umweltfreundlicher noch gesünder noch schmackhafter. Demmler bricht eine Lanze für die grüne Gentechnik, für DDT zur Malariabekämpfung und für Glyphosat, aber auch für Aspekte aus anderen ihn interessierenden Themenbereichen wie Studiengebühren und Ehegattensplitting. An der Energiewende mit ihrer Umverteilungswirkung zulasten der Verbraucher und ihrer klimapolitischen Nutzlosigkeit (für ihn „die größte Verschwendung und die dreisteste Klientelpolitik, die es in der Bundesrepublik je gegeben hat“), lässt er kein gutes Haar.

Wider den grünen Wahn holt die Gutmenschen von ihrem hohen moralischen Ross und zeigt auf, welche fatalen Folgen ihre bevormundende Politik zeitigt. Menschen in Entwicklungsländern sind von der aggressiven Verbreitung der Gentechnikangst in ihrem Überleben negativ betroffen, die DDT-Ächtung hat zu zig Millionen Malariatoten geführt. Wenn hier jemand zutiefst unmoralisch ist, dann sind es die westlichen Ökoimperialisten. Auch im eigenen Land gilt das grüne Motto: „Die Menschen zu bevormunden, ist oberste Pflicht“. Demmlers Buch verdeutlicht in aufwühlender Weise, wie irrationale und obskure – und damit gegenaufklärerische – Ideologien in Deutschland und anderswo in der westlichen Welt längst die kulturelle und politische Hegemonie an sich gerissen haben.

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