10.06.2009

Über den Irrsinn der Lebensmittel-Ampel

Von Thilo Spahl

Der Tiefkühlkosthersteller FRoSTA, der sich marketingtechnisch schon einen Namen machte, als er unter der der Trägerschaft von WWF, Öko-Institut und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung den CO2-Fußabdruck von „Tagliatelle Wildlachs“ und „Gulasch Pfanne“ berechnete, ist nun das erste deutsche Unternehmen, das die Ampel einführt. Und zwar gleich für vier köstliche Gerichte: Bami Goreng, Hähnchen Geschnetzeltes, Wok Mango-Curry und Wildlachs Blattspinat in Butterblätterteig. Da freut sich der Verbraucherschützer und fordert lautstark mehr.

Die Frage ist, ob diese Ampel, die nun den FRoSTA-Kunden ab August zu mehr Gesundheit verhelfen soll, für alle Zielgruppen so geeignet ist. Sind wir wirklich alle ein bisschen FRoSTA, oder darf ich hoffen, dass dem nicht so ist?

Manch einer, der sich von dem ernährt, was ihm einmal die Woche in die Tiefkühltruhe geladen wird, neigt vielleicht zu bequemen Lösungen. Genauso, wie er nicht kochen will, will er auch nicht darüber nachdenken, was er gerne isst oder was seiner Gesundheit zuträglich sein könnte. Er will, dass man es ihm nahe bringt – mit dem Lieferservice „FRoSTA Büro Bistro“, in einfachen Worten, oder noch besser mit bunten Punkten: rot, gelb, grün für „Finger weg“, „geht so“ und „gesund“.

Jetzt sieht er auf einen Blick, dass es sich bei Bami Goreng, Hähnchen Geschnetzeltem, Wok Mango-Curry und Wildlachs Blattspinat in Butterblätterteig nicht um Süßigkeiten handelt. Alle haben einen grünen Zuckerpunkt. Er sieht sofort, dass sie alle weder versalzen, noch ganz fade schmecken dürften: gelber Salzpunkt. Er sieht, dass er bei Wok Mango-Curry noch etwas Öl in die Pfanne geben sollte, da das Gericht nicht wie die drei anderen einen gelben, sondern nur einen grünen Fettpunkt hat. Und er muss sich beim Wildlachs Blattspinat wundern, dass da ein roter Punkt für gesättigte Fettsäuren vergeben wurde, wo er doch in all den Illustrierten immer gelesen hat, dass Lachs wegen des hohen Anteils an Omega-3-Fettsäuren besonders gesund sein soll.

AOK und foodwatch, den Werbepartnern (Kampfgefährten? Gesinnungsfreunden?) der Tiefkühlfirma, gelang es auf der Pressekonferenz am 3.Juni offenbar, auch die kritischen Medien zu begeistern. Bild jubelte „Endlich kommt die Lebensmittel-Ampel“ und präsentierte foodwatch-Chef, Thilo Bode, im Bild-Video. Besser als der bringt ein befragter Supermarktkunde zustimmend auf den Punkt, worum es geht: „Solche einfachen Regelungen sind natürlich am einfachsten.“

Was bin ich froh, dass ich kein Verbraucher bin! Doch, doch, ich esse regelmäßig. Und ich kaufe auch das eine oder andere non-food Produkt. Aber ich lehne es ab, mich zum Schutzbefohlenen von Warenwächtern und zum Zögling von Volkserziehern machen zu lassen. Wenn Bürger zu Verbrauchern verkommen, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn sich genug Wichtigtuer finden, die sie nur zu gerne bevormunden.

Wenn die Ampel erstmal für Lebensmittel eingeführt ist, dann ist der Weg frei, auch den Rest der Warenwelt damit zu bedrucken. Ich empfehle insbesondere Bücher. Da stehen oft viele ungesunde Sachen drin.

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