14.08.2024
Terror und Gewalt als ‚neue Normalität‘?
Der geplante Anschlag gegen ein Konzert der Sängerin Taylor Swift in Wien und die Reaktionen darauf zeigen, dass die Eliten den Populismus mehr fürchten als den islamistischen Terrorismus.
Der vereitelte Terroranschlag in Wien von letzter Woche – Ziel war die Konzerttournee von Taylor Swift – hat in Teilen der Medien eine leider allzu vorhersehbare Reaktion hervorgerufen. In einem Tagesschau-Kommentar hieß es, warnend: „Rechtspopulisten nutzen den Fall für Stimmungsmache“. Ende September, so der ergänzende Hinweis, wird in Österreich gewählt.
Ja, in den Augen der Kommentatoren haben wir weniger vom islamistischen Terrorismus zu befürchten als vom Aufstieg des Populismus. Es sind nicht nur die österreichischen Wahlen, die diesen Leuten Sorgen bereiten, sondern natürlich auch die bevorstehenden Wahlen in Brandenburg, Sachen und Thüringen.
Die Konzerte von Taylor Swift wurden abgesagt, nachdem die österreichischen Behörden vier Teenager festgenommen hatten, die verdächtigt wurden, einen von der Isis inspirierten Selbstmordanschlag geplant zu haben. Die Konzertkarten waren längst ausverkauft. Die Veranstalter rechneten nicht nur mit Zehntausenden von Fans im Stadion, sondern auch mit fast ebenso vielen Schaulustigen, die sich außerhalb versammeln wollten.
Den Burschen war es ernst. Wie ein Verdächtiger zugegeben haben soll, wollten die mutmaßlichen Attentäter „so viele Menschen wie möglich" töten. Vier Teenager im Alter von 19, 18, 17 und 15 Jahren wurden letzte Woche festgenommen, wobei der 15-Jährige nach seiner Vernehmung wieder auf freiem Fuß ist. Ein Foto des 19-Jährigen wurde von der Polizei veröffentlicht. Es zeigt einen muskulösen Mann in schwarzer Isis-Kleidung, der zwei Dolche mit langen Klingen überkreuzt vor der Brust hält. In seiner Wohnung wurde auch ein Vorrat an Chemikalien und Zündern gefunden. Wir können froh sein, dass er sich in Polizeigewahrsam befindet.
Der geplante Terror führt uns eindringlich vor Augen, welche Bedrohung der islamistische Extremismus in Europa nach wie vor darstellt. Obwohl der Anschlag von den österreichischen Sicherheitsbehörden vereitelt wurde, waren es offensichtlich die Behörden der USA, die rechtzeitig vor ihm gewarnt hatten. Die österreichischen Behörden wurden heftig dafür kritisiert, dass sie nicht früher auf die Bedrohung aufmerksam geworden waren. In einem Artikel der Zeitung Die Welt wird auf Versäumnisse hingewiesen. Ähnliche Kritik wurde an den Sicherheitsdiensten nach einem tödlichen islamistischen Anschlag in Wien im Jahr 2020 geübt, bei dem vier Menschen getötet und viele weitere verletzt wurden.
„Es ist richtig, dass sich die Bürger – auch hierzulande – fragen, wie gut die Behörden in der Lage sind, sie zu schützen.“
Es ist richtig, dass sich die Bürger – auch hierzulande – fragen, wie gut die Behörden in der Lage sind, sie zu schützen. Der Anschlag auf das Taylor-Swift-Konzert hat wieder Fragen zur Bedrohung durch den islamistischen Terror aufgeworfen und andere, weniger prominente Fälle zurück ins Bewusstsein gerückt.
Im Juli begann z.B. in Düsseldorf die Gerichtsverhandlung gegen sieben Männer, denen vorgeworfen wird, eine „dschihadistische Terrororganisation" gegründet zu haben. Die Männer im Alter zwischen 21 und 47 Jahren sind im Jahr 2022 über die Ukraine als Flüchtlinge oder mit einem Studentenvisum nach Deutschland eingereist. Sie stammen hauptsächlich aus Tadschikistan und werden beschuldigt, eine Isis-Zelle gegründet zu haben. Ihr Plan war es angeblich, mehrere spektakuläre Anschläge zu verüben. Eines ihrer Ziele soll auch eine liberale Moschee in Berlin gewesen sein.
Anfang dieses Monats wurde ein 17-Jähriger verurteilt, weil er ein islamistisch motiviertes Attentat auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen-Opladen geplant hatte. Er und ein weiterer junger Mann wollten mit einem Lastwagen in den Markt fahren und dann so viele Überlebende wie möglich abstechen.
Selbst wo kein islamistisches Motiv vorzuliegen scheint, ist die zunehmende Regelmäßigkeit extremer Gewalttaten zutiefst beunruhigend. Erst letzte Woche hat ein jordanischer Taxifahrer in Köln Frauen mit seinem Auto verfolgt und angegriffen. Mehrere Frauen wurden verletzt, mindestens eine davon schwer. Nur das erstaunlich mutige Handeln eines Kellners, dem es gelang, den Mann zu stoppen und der sich dabei selbst verletzte, verhinderte, dass der Fahrer noch mehr Schaden anrichtete. Obwohl der Prozess noch nicht begonnen hat, geht die Polizei davon aus, dass dieser Amoklauf wahrscheinlich keinen terroristischen Hintergrund hat, sondern auf eine Psychose zurückzuführen ist.
Das Gleiche gilt für einen Messerangriff auf ein vierjähriges Mädchen in einem Supermarkt in Wangen im Allgäu im April dieses Jahres. Ein 35-jähriger niederländisch-syrischer Mann soll das Mädchen, zu dem er in keiner Beziehung stand, völlig aus heiterem Himmel heraus angegriffen haben. Das Mädchen musste notoperiert werden. Vergangene Woche ordnete ein Gericht die Sicherungsverwahrung des Täters an. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass er der deutschen Polizei bereits vor dem Vorfall im Supermarkt bekannt war.
„Die Angst der Eliten, dass sich immer mehr Menschen den Populisten zuwenden, ist durchaus begründet. Aber das haben sie sich selbst zuzuschreiben.“
Das Gefühl, dass der Staat sich schwer tut, die Sicherheit der Menschen zu garantieren, ist inzwischen weit verbreitet. Dies wurde unterstrichen, als sich letzte Woche die Nachricht verbreitete, dass ein verurteilter „extrem gefährlicher Mörder" in Bayern entkommen konnte. Der Mörder, ist ein an Schizophrenie erkrankter Somalier, der Im Jahr 2021 einen Mitbewohner in einer Obdachlosenunterkunft tötete. Der Fall sorgte damals wegen seiner Brutalität – der Mörder stach 111 Mal auf sein Opfer ein und enthauptete es anschließend – für große Empörung. Dem Mörder gelang die Flucht während eines Besuchs in einem örtlichen Kino mit seinen Pflegern während einer Vorführung von „Alles steht Kopf 2“. Obwohl er glücklicherweise später am Abend, nach acht Stunden, von der Polizei gefasst wurde, sind die meisten normalen Menschen verblüfft darüber, warum sich ein so gefährlicher Mann überhaupt in der Öffentlichkeit bewegen durfte. Die Bild-Zeitung titelte: „Kopf-ab-Killer darf ins Kino“.
Natürlich ist es wichtig zu betonen, dass nicht alle diese Fälle gleich gelagert sind. Doch in jedem Fall war die Hauptsorge vieler Kommentatoren nicht die Bedrohung, die diese Männer für die Allgemeinheit darstellen. Stattdessen befürchten sie, dass jeder Fall von „rechten Kräften“ (womit sie in der Regel nur Populisten meinen) ausgenutzt werden könnte. Oft stehen die psychischen Probleme der Täter im Vordergrund der Medienberichte. Sehr wahrscheinlich haben viele dieser Angreifer schwere psychische Probleme – wer Frauen mit einem Auto überfahren will, muss wohl ziemlich gestört sein. Trotzdem werden die Menschen immer misstrauischer, wenn man ihnen nahelegt, dass sie diese Verbrecher als bedauernswerte „Opfer vergangener Traumata" und nicht als gefährliche Individuen betrachten sollen. Die überwältigende Botschaft der Medien lautet, Ruhe zu bewahren und sich nicht zu sehr über diese brutalen und gewalttätigen Verbrechen aufzuregen. Dennoch herrscht in der Öffentlichkeit das Gefühl vor, dass die Dinge außer Kontrolle geraten sind. Die meisten Menschen sind verständlicherweise der Meinung, dass die Bedrohung durch Gewaltverbrechen und Terrorismus nicht zur ‚neuen Normalität‘ werden sollte.
Die Angst der Eliten, dass sich immer mehr Menschen den Populisten zuwenden, ist durchaus begründet. Aber das haben sie sich selbst zuzuschreiben. Ihre ständigen Warnungen vor einer populistischen Radikalisierung nach gewalttätigen Gräueltaten, tragen nicht dazu bei, die Meinung der Menschen zu ändern. Schlimmer noch, potenzielle Angreifer sind sich sicher bewusst, dass sie es mit einem ziemlich schwachen, schwankenden Staat zu tun haben, der es allzu oft vorzieht, gegenüber dem islamistischen Extremismus ein Auge zuzudrücken – aus Angst, die Bevölkerung zu beunruhigen. Anstelle islamistische Narrative in Frage zu stellen, lautet die ständige Botschaft, die normalen Bürger seien tendenziell eingefleischte Rassisten oder islamophob.
Es wurde viel über das sehr junge Alter der in Wien Verhafteten gesprochen. Und das ist in der Tat besorgniserregend. Diejenigen, die sagen, es sei viel zu einfach, dies auf ein Einwanderungsproblem zu reduzieren, haben Recht. Zumindest drei der Verdächtigen leben seit langem in Österreich, zwei hatten sogar die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, sind mindestens so hausgemacht wie importiert.
„Selbst angesichts schrecklicher Terroranschläge kann das Establishment der Versuchung nicht widerstehen, eine ‚Woke‘-Agenda voranzutreiben.“
Eines dieser Probleme ist die zunehmende Weltfremdheit unserer von Vielfalt besessenen Eliten. Die Frage, warum ein Taylor-Swift-Konzert angegriffen wurde, beantwortet eine österreichische Journalistin damit, diese Konzerte seien ein „Safe Space“ für queere Personen. „Dass uns das jetzt genommen wurde, tut besonders weh", so die Frau. Selbst angesichts schrecklicher Terroranschläge kann das Establishment der Versuchung nicht widerstehen, eine „Woke"-Agenda voranzutreiben.
Die Realitätsflucht der Eliten wird wirklich gefährlich. Kürzlich erschien in der F.A.Z. ein Beitrag über Mannheim, acht Wochen nach dem schrecklichen islamistischen Messerangriff, bei dem ein Polizist starb. Interessanterweise teilten sowohl Zuwanderer als auch Einheimische das Gefühl, dass etwas schief läuft. Ein Mann, Besitzer eines Döner-Ladens, schimpft auf die, denen Deutschland Freiheit gegeben habe und die damit nichts anfangen könnten. Eine andere Frau, die vor 50 Jahren aus Brasilien kam, sagte, das Land sei früher ein kleines Paradies gewesen, Deutschland wolle sich weltoffen zeigen, vielleicht sei es zu liberal geworden. Nun, so fügte sie hinzu, beklage sie die Entwicklung.
Wären die Eliten ehrlicher, kompetenter und hätten weniger Angst vor den Wählern, würden sie zugeben, dass es viele gute Gründe gibt, warum die Menschen zunehmend Angst um ihre Sicherheit haben. Sie würden auch verstehen, weshalb es richtig ist, wütend auf Entscheidungsträger zu sein, die so tun, als müssten wir uns eben an all das gewöhnen – so als wäre das die neue Normalität.