07.09.2010
Sarrazin ist der wahre Klimapessimist
Im Grunde ist Sarrazin ganz Mainstream, sieht man von der Rhetorik ab. Wird er der neue Held unserer Weltanschauung?
Wird Sarrazin der neue Held unserer Weltanschauung? Sogar der SPD Vorsitzende Gabriel, der zuvor seinen Ausschluss aus der Partei gefordert hat, gibt ihm „teilweise Recht“. Es spricht sich herum, dass es falsch war, so schnell mit Maulkorb und Zensur zu drohen. Hätte er die Genetik nicht angesprochen.…, so heißt es.
Das ist interessant, denn im Grunde ist Sarrazin ganz Mainstream, sieht man von der Rhetorik ab. Sarrazin verkörpert den Pessimismus und die Zukunftsfeindlichkeit, die unsere Gesellschaft prägt, besser als der beste Umweltaktivist. Auch für ihn sind Menschen das Problem: Zu viele von der falschen Sorte Mensch belasten das Land und verschwenden dessen Ressourcen. Malthus lässt grüßen!
Hinzu kommt, dass er alles als statisch betrachtet. Wer heute arm ist, wird es morgen auch sein, denn wir sind in unseren Kulturen gefangen. Wir sehen das an den ewig armen Staaten, die gestern arm waren, heute arm sind und morgen auch arm sein werden. Sind nicht die Gene daran schuld, dann eben die Kultur. Dass sich unsere Welt ständig verändert, Länder, die gestern noch arm waren und als verloren galten (Argentinien, China, Brasilien, Südkorea usw.) heute plötzlich zu den Aufsteigern gezählt werden, passt in dieses pessimistische Bild nicht hinein und wird ausgeblendet. Wichtig ist nur: Sarrazin spricht vielen, die schon lange nicht mehr daran glauben, dass sozialer und wirtschaftlicher Fortschritt möglich ist, ganz und gar aus dem Herzen!
Diese statische, rückständige und pessimistische Sicht zeigt sich auch in der Debatte um die Schulversager. Galt eine gute, humanistische Schulbildung einst als Mittel, soziale Grenzen zu sprengen und als Chance, Kindern den Aufstieg zu ermöglichen, haben wir uns heute längst der Kultur der niedrigen Erwartungen angepasst – zumindest, was muslimische Kinder betrifft. Sie werden, wegen ihrer kulturellen (?), genetischen (?) oder sonst wie geerbten Rückständigkeit, so heißt es, immer Schulversager bleiben. Etwa eine selbsterfüllende Prophezeiung?
Frei nach Sarrazin gilt: Deutschland gibt auf. Die Integration ist gescheitert. Bauen wir die chinesische Mauer (das schreibt er im ersten Kapitel wirklich!), um uns wenigsten noch vor den schlimmsten Bedrohungen der Zukunft zu retten!
Mit diesem Welt- und Menschenbild trifft Sarrazin auch bei den Multikultis auf offene Ohren und kommt daher so leicht davon. Schließlich hat auch der Multikulturalismus jahrzehntelang die Unterschiedlichkeit der Kulturen gefeiert, statt daran zu glauben, dass Fortschritt die Menschen eint. Jede ausgestorbene archaische Sprache oder jeder ethnische Tanz, den niemand mehr tanzen wollte, wurde betrauert. Pfui Teufel!
Wie gut, dass so viele türkische, arabische, chinesische oder sonstige Immigranten sich wenig um dieses Weltbild scheren und einfach ihren Weg gehen, ihre Kinder zur Schule schicken, Firmen gründen, Geld in die Heimat schicken usw.