14.05.2009

Rettungsschirme verderben den Unternehmergeist

Von Alexander Horn

Der im Zuge der Finanzkrise von der Bundesregierung aufgespannte Rettungsschirm droht zu einer bequemen Hängematte für die Unternehmen zu werden. Mit jedem Tag, den die Bundestagswahl näher rückt, werden Unternehmen und Banken zunehmend aus der wirtschaftlichen Verantwortung gedrängt.

Seit Wochen tourt Wirtschaftsminister zu Guttenberg durch die Welt und versucht, in Gesprächen mit General Motors, der US-Regierung und potenziellen Investoren eine Lösung für Opel auszuloten - und medienwirksam, die Handlungsfähigkeit des Staats zu demonstrieren. In Anbetracht der anstehenden Wahlen soll der politische Wille zum Erhalt von Arbeitsplätzen auch außerhalb der Finanzwirtschaft unter Beweis gestellt werden.

Problematisch ist hieran nicht nur, dass die staatliche Rolle möglicherweise eine Marktbereinigung und Restrukturierung zum Nachteil der Wettbewerber verhindert. Viel schwerer wiegt, dass General Motors die Verantwortung für die Lösung der selbstverschuldeten Krise einfach aus der Hand genommen wird. Warum belässt man den „Schwarzen Peter“ nicht erst einmal bei GM, das aufgrund der intimen Industriekenntnisse am ehesten in der Lage sein sollte, ein unternehmerisches und langfristig tragfähiges Konzept für die eigenen Europaaktivitäten vorzulegen? GM selbst hat doch ein großes Interesse daran, die europäischen Fabriken – sofern sie (wieder) profitabel arbeiten – zumindest teilweise zu erhalten oder eben selbst einen Investor zu suchen. In diesem Fall eines Verkaufes würde GM wenigstens vom Erlös profitieren. Auch im Falle einer immer näher rückenden Insolvenz bestehen diese Optionen weiter. Die Bundesregierung könnte sich also erst einmal weitgehend im Hintergrund halten, anstatt praktisch die unternehmerische Verantwortung zu übernehmen.

Auch bei den Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung zeigt sich dieser gefährliche Trend, mit dem ordnungspolitische Grundsätze einer funktionierenden marktwirtschaftlichen Ordnung über Bord gehen. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass die Finanzinstitute nicht in der Lage waren, mit einem massiven Zusammenbruch von Teilen ihres Geschäftes zurechtzukommen. Der Staat musste in dieser Situation eingreifen. Anstatt aber jetzt der dringenden Frage nachzugehen, wie und ob zukünftig vermieden werden kann, dass erneut die „Systemrelevanz“ der Banken den Bürger dazu zwingt, für Milliardenverluste aufzukommen, wird mit den gegenwärtig diskutierten Reformen den Akteuren die Verantwortung zur Krisenprävention immer weiter abgenommen. So sind die Forderungen nach einer umfassenden Überwachung des Finanzsystems extrem problematisch, da diese die Verantwortung für die Vermeidung von Finanzkrisen nicht bei den Banken, sondern beim Staat verankern.

Auch die Eingriffe in die Art und Weise, wie die Aufsichtsgremien und die Vorstände der Unternehmen in die Pflicht genommen werden sollen, sind in dieser Hinsicht kontraproduktiv. Unternehmern und deren Vertretern muss die Chance gegeben werden, aus Fehlern zu lernen. Wenn das in dieser Krise nicht durch den Bankrott erfolgt ist, so muss die glaubwürdige Drohkulisse entstehen, dass beim nächsten Mal die Devise: „Ich bin systemrelevant. Holt mich hier raus!“ nicht mehr funktionieren wird. Es ist Aufgabe der Unternehmen, sich selbst vor einem Zusammenbruch zu schützen.

Die Aufgabe der Regulierung sollte daher darin bestehen, einen Ordnungsrahmen zu setzen, durch den vermieden wird, dass sich Unternehmen im Falle einer Krise auf Systemrelevanz berufen können. Dazu könnten entsprechend hohe Eigenkapitalvorschriften gehören. Verantwortung ist Teil des marktwirtschaftlichen Prinzips und auch unabhängig davon eine elementare Basis humanen Handelns, die wir unbedingt hochhalten sollten.

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