28.09.2010

Rechnung ohne Wirt – Klimaberechnung ohne Sonne

Kommentar von Matthias Heitmann

Früher schloss man die Türen, damit es drinnen warm bleibt - verrammelt man sie heute, damit sich der Vorgarten nicht erwärmt?

Neulich war ich bei einem Bekannten zu Besuch. Es war einer der ersten Herbsttage, und in der Wohnung meines Gastgebers wurde ordentlich geheizt. Nachdem ich wohlerzogen auf dem Balkon eine Zigarette geraucht hatte und beim Wiederbetreten der Wohnung vergaß, die Balkontür zu schließen, ereilte mich ein Satz, der mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben dürfte, zeigt er doch, wie sehr heute die Welt in der Wahrnehmung vieler Menschen auf dem Kopf gestellt wird. Peter (Name geändert) wies mich freundlich auf mein Versäumnis hin, und zwar mit den Worten: „Mach bitte die Tür zu, sonst wird es draußen noch wärmer.“

Ich schaute ihn breit grinsend an, da ich von einem Scherz ausging. Doch er verteidigte seine Überzeugung: Man müsse schon darauf achten, Energie zu sparen und die Erderwärmung zu stoppen, da müsse jeder vor der eigenen Haustüre kehren. Aber nicht, ohne diese dabei verschlossen zu halten, sagte ich leise zu mir. Es ist schon seltsam: Früher schloss man die Türen, damit es drinnen warm bleibt - verrammelt man sie heute, damit sich der Vorgarten nicht erwärmt?

Ein paar mehr offene Wohnzimmertüren könnte das Weltklima in den nächsten Jahren wohl durchaus verkraften. Zumindest, wenn man den US-Forschern glaubt, die laut Spiegel Online eine Sonnenschwäche prognostizieren, die in den nächsten Jahrzehnten zu einer Abkühlung des Klimas führen werde. Dass solche Aussagen nicht gänzlich von der Hand zu weisen sind, scheinen die Zahlen des Deutschen Wetterdienstes zu bestätigen. Ihnen zufolge sind die Temperaturen in Deutschland bereits zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2009 trotz wachsender Klimaangst um 0,7°C gesunken. Und auch das Jahr 2010 hat bisher keine Trendwende gebracht.

Was tun mit so ungehorsamen Fakten, die so gar nicht in das Bild des sich immer stärker aufheizenden Planeten passen? Wahrscheinlich ist schon viel geholfen, einfach dafür zu sorgen, dass sie nicht vergessen werden. Denn das Vergessen und Ausblenden ist eine der Kernkompetenzen der Klimawandelbekämpfer. Doch zum Glück gibt es immer noch – vielleicht sogar immer mehr? – Menschen, die trotz aller Klimatologen-Computermodell-Wissenschaft den gesunden Menschenverstand noch nicht gänzlich verkompostiert haben. Das äußert sich zuweilen in scheinbar banalen Sätzen. Holger Dambeck begann seinen oben genannten Artikel in Spiegel Online mit einem solchen: „Die Sonne bestimmt das Klima auf der Erde.“ Ein Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen und langsam und laut vorlesen sollte! Er deutet in seiner subversiven Banalität auf einen zentralen Geburtsfehler der Klimadebatte hin: Sie vergisst die natürlichen Schwankungen unserer zentralen Wärmequelle – und ist damit deutlich weiter neben der Spur als mein Bekannter Peter.

Peter weiß, dass Gleichungen mit zwei Unbekannten für ihn (und mich) nicht eindeutig lösbar sind. Er weiß, dass, wenn er nach den Ursachen für die wohlige Wärme in seinem Wohnzimmer suchen würde, er nicht nur über geschlossene Fenster und Türen und die Wärmedämmung seines Einfamilienhauses, sondern früher oder später auch darüber nachdenken müsste, ob vielleicht seine Heizung auf Hochtouren läuft. Er würde auch nicht auf die Idee kommen, seinen Teppichboden dafür verantwortlich zu machen, dass ich im Verlauf des Nachmittags versehentlich meinen Kaffee darauf verschüttete. Er hat mich dafür nicht gerügt, obwohl dies berechtigt gewesen wäre, aber immerhin hat er auch nicht Isaac Newton dafür verantwortlich gemacht, dass es Gravitationskräfte gibt.

Es ist ratsam, auch in Herbst und Winter zuweilen Türen und Fenster zu öffnen. Die Strahlen der flackernden Sonne kommen herein, und frischer Wind tut gut, um vernebelte Blicke aufzuhellen. Und dem Klima schadet es auch nicht.

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