18.02.2008

Seehofer, Schmeiser und Alkoholkonsum

Von Matthias Heitmann

Novo-Artikel von damals, heute wieder aktuell. Ausgewählt von Matthias Heitmann.

Deutsche Fortschrittsmuffel inspirieren Europa

Die Grüne Gentechnik ist in Deutschland zur politischen Manövriermasse degradiert worden. Unter Altkanzler Schröder (SPD) durften die Grünen diese „Zukunftstechnologie“ (wie auch die Atomkraft) ausbremsen. Ex-Verbraucherschutzministerin Künast zettelte „Diskurse“ an, um die Umsetzung von EU-Gesetzen auf immer längere Bänke zu schieben. Entgegen anderslautender Versprechungen wurde sie nach dem Regierungswechsel von ihrem Nachfolger Seehofer (CSU) in puncto populistischer Fortschrittsmuffelei übertroffen. Der Minister merkte, dass es in Deutschland nicht leicht ist, für vernünftige Positionen seinen Mann zu stehen. Einfach hingegen ist es geworden, „nachhaltige“ Allgemeinplätze zu formulieren. Seehofer wurde zum neuen obersten Gentechnikverhinderer der Nation. Im Kabinett wiederholt sich seither das schrödersche Spiel in neuer Besetzung: Nun lässt Bundeskanzlerin Merkel ihren Angstmach-Minister gewähren, streichelt er doch die in anderen Fragen erregten Gemüter vieler Sozialdemokraten. Die Grüne Gentechnik ist ein dickes deutsches Bauernopfer.
Vor diesem Hintergrund ist auch die x-te Novelle des Deutschen Gentechnikgesetzes zu bewerten, die zurzeit durch die Instanzen geht. Dieses Gesetz blockiert weiterhin die Wahlfreiheit bei der Nutzung landwirtschaftlicher Anbausysteme, verkompliziert das Regelwerk zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und trägt dazu bei, dass sich Deutschland von globalen Innovationstrends weiter isoliert (die Grüne Gentechnik boomt auf den Weltmärkten). Die FDP-Bundestagsabgeordnete Happach-Kasan spricht aus diesen und anderen Gründen von einem „Wahlbetrug an Landwirten und Verbrauchern, an Wirtschaft und Forschung“.
Doch dieses Spiel ist zu einem Exportschlager geworden. Zuletzt gab sich der französische Präsident als Künast- und Seehofer-Imitator. Um seine neue Regierungsmannschaft und sein Wahlvolk bei Laune zu halten, schlug er einen Anbaustopp für gentechnisch verbesserte Pflanzensorten vor – obwohl französische Bauern deren Vorteile in Regionen mit starkem Fraßschädlingsbefall längst zu schätzen wissen. Auch in Deutschland ist das Interesse an diesen Kulturen für die Anbausaison 2008 weiter gewachsen. Doch die Karawane der europäischen Angstindustrie scheint auch das nicht wahrzunehmen. (td)

>   Thomas Deichmann: „Von Kennzeichnung und Volksverdummung“ in: Novo70, novo-magazin.de/70/novo7017.htm >   Thomas Deichmann: „Wenig Innovatives an der Gentechfront“ in: Novo69, novo-magazin.de/69/novo6914.htm

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