19.12.2016

Editorial

Von Novo-Redaktion

Trump-Wahl in den USA, Brexit-Entscheidung in Großbritannien – wer mit den Ergebnissen unzufrieden ist, zweifelt an der Demokratie. Man stellt lieber den Verstand der Wähler in Frage, als sie ernst zu nehmen und zu versuchen, ihre Beweggründe zu verstehen. Die undemokratische EU und die amerikanische politische Elite müssen sich auf eine Auseinandersetzung mit dem Volk einstellen. Wer nicht in einer Filterblase verharren will und die Debatte sucht, wird in der neuen Novo-Ausgabe mit Anstößen zu vielen Themen gut bedient.

Mancher wird sich dieser Tage die Politikverdrossenheit der 1990er Jahre zurück wünschen. Das Volk hatte sich von Erwartungen an Politiker verabschiedet, blieb der Wahlurne fern und wandte sich dem Privaten zu. Ständig war der Appell zu hören, doch bitte unbedingt wählen zu gehen. Denn ohne wählende Bürger funktioniere die Demokratie nicht. Heute scheint es andersherum zu sein. Die Demokratie ist angeblich in Gefahr, eben weil die Bürger wählen gehen. Denn nach einhelliger Meinung sind es die Falschen, die wählen gehen – und was sie wählen, ist auch das Falsche. Wütende weiße Männer wählen andere wütende weiße Männer. Die sogenannten Rechtspopulisten sind auf dem Vormarsch. Spätestens seit der Wahl von Donald Trump ist in sich aufgeklärt wähnenden Kreisen das Entsetzen groß.

Die Gegner der Demokratie sind heute jene, die sich selbst als linksliberal bezeichnen würden. Sie begreifen Politik nur noch als eine technische Tätigkeit, die von Experten ausgeführt werden sollte. Es ist ein Handwerk, von dem das gemeine Volk nichts versteht, weil es stets nur aus Impulsen handelt und nur auf den eigenen kurzfristigen Vorteil aus ist. Deswegen stört das Volk, wenn die wenigen zur Politik befähigten ihre komplizierten Entscheidungen treffen.

Demokratie ist das Gegenteil. Demokratie besagt, dass jeder befähigt ist, politische Zusammenhänge zu begreifen und deshalb auch mitentscheiden darf – und soll.

Demokratie ist ein Kampf um Meinungen, Stimmen, Stimmungen, Herzen. Wer Leuten wie Trump etwas entgegen setzen will, muss selbst beginnen, um die Herzen der Wähler zu kämpfen und das vermeintliche Expertenhandwerk Politik zurück zu den Menschen bringen.

In dieser Ausgabe von Novo geben wir genügend Ansatzpunkte zum Streit um Meinungen. Sei es über die Zukunft der Rente, über Innovation oder über die Frage, was von den Mythen des Ökologismus übrig geblieben ist.
 

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