20.01.2011

Gutes Buch, schlechtes Fleisch – oder eher umgekehrt?

Kommentar von Georg Keckl

Verteidigung der Landwirtschaft gegen ihre „Besucher“.

Insbesondere Stadtbewohner aus gut situierten Schichten entwickeln seit geraumer Zeit einen neuen Ritus des Dankes beim Essen: Sie quälen sich mit Gedanken, ob denn die Kuh im Leben glücklich war, das Huhn einen würdigen Tod starb, Butter die Klimakatastrophe beschleunigt etc. Das verlangt nach neuen Regeln und Ablassgesten, etwa Bio-Lebensmitteln, Enthaltsamkeit beim Fleisch, gar den Verzicht auf alle tierischen Produkte, zumindest ein schlechtes Gewissen beim nicht-vegetarischen Essen und unterm Weihnachtsbaum das Buch Tiere Essen des Bestsellerautoren Jonathan Safran Foer, das die Erfahrungen eines Großstadtmenschen aus der New Yorker Oberschicht beschreibt, der auszog, den Ursprung seiner täglichen Speisen zu entdecken, sich dabei aber leider häufig in den Spuren der Tierrechtsbewegung PETA bewegt. Foer liefert (trotz ausuferndem Quellenverzeichnis) keine statistische oder wissenschaftliche Erhebung über das Wohlbefinden des deutschen oder amerikanischen Nutztierbestandes, sondern eine Mischung aus Sachbuch und Biografie mit sehr persönlichen Elementen.

Emotionale Achterbahnfahrt zum Fleischverbot

Der Autor beschreibt auf den ersten Seiten seines Buches in sanften Worten seine schrittweise Wandlung zum Vegetarier. Es folgt ein Wechselbad der Emotionen: Grauenhafte Passagen über sadistische Tierhalter und Schlachter wechseln sich ab mit tiefsinnigen Familiengeschichten und Reflexionen über Themen rund um unsere Nahrung. Den Schluss bildet ein Plädoyer gegen unser aller Freiheit, umweltschädliche, gesundheitsschädliche, grausame Nahrungsmittel zu kaufen. (1) Die Freiheit, Fleisch aus Massentierhaltungen zu kaufen, brauchen wir nicht, sagt der Autor. Dem Verbraucher sollte vielmehr die Entscheidung, was grausam, was gut, was umweltschädlich ist, abgenommen werden. Er sollte nur noch das kaufen dürfen, was zuvor von einer höheren moralischen Instanz als unbedenklich freigegeben wurde.

Eine so weitgehende Gängelung der Fleischerzeugung wäre ohne Frage ein schwerer Eingriff in die Lebensweise vieler Menschen, in das Landschaftsbild und in die Lebensmittelwirtschaft. Ist die Analyse von Foer so stichhaltig, dass sie als Begründung hierfür taugen würde? Wem würde man eine solche Zertifizierung der Produkte übertragen wollen? Foer geht derlei Fragen lieber aus dem Weg. Stattdessen berichtet er über seinen Hund „George“ und darüber, weshalb man Hunde so wenig wie Schweine essen sollte. Offen lässt er die Frage, ob sein Hund auch vegan lebt. Dabei sollte er wissen, dass Hunde und Katzen längst eine wichtige Konsumentengruppe für die Schlachthöfe sind. Immer mehr der weniger edlen Teile der Schlachtkörper werden in einer Wohlstandsgesellschaft zu Tiernahrung. Ein Hund wie George, den Foer auch in Werbefilmen für das Buch zeigt, frisst im Jahresdurchschnitt etwa 150 Kilogramm Fleisch (2) – mehr als ein Durchschnittsmensch. Von derlei Ungereimtheiten strotzt das Buch. Dennoch hat es das Potenzial, zum neuen moralischen Manifest der Tierrechtsbewegung zu werden.

Foer vermeidet die prinzipielle Auseinandersetzung mit dem Recht des Menschen, Tiere zu töten. (3) Er hat offenbar Abgrenzungsschwierigkeiten, welche Tiere diesem Recht unterzuordnen seien. Auch nimmt er manche zuvor kritisierten Mängel in der Tierhaltung hin, weil er auf Milchprodukte und Eier nicht verzichten möchte. Eine konsequentere, vegane Lebensweise ist in seinen Augen schwierig zu organisieren. (4) Das klingt schon so, als ob vegetarisch mittlerweile ein moralisch fragwürdiger Kompromiss auf dem Weg zu vegan sei.

Manipulative Zahlen und Aussagen

Massentierhaltung ist organisierte Tierquälerei. Sie erbringt 98,5 Prozent unseres Fleisches. Verbietet sie, oder ihr werdet mitschuldig an großen Verbrechen! So in etwa lässt sich die Botschaft des Buches zusammenfassen. Wenn aber der Großstädter Jonathan Safran Foer die These aufstellt, „dass eine gründliche Erforschung der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung unweigerlich vom Fleischessen wegführt“ (5) , so hat er gewiss die Tierhalter und viele andere Menschen bei seinen Forschungen übergangen. Menschen, die Tiere schlachten, die Tiere in Buchten oder Käfige sperren, sind keine Gewohnheitssadisten. Bei Foer werden extreme Missstände verallgemeinert, obwohl sie mit dem Leben normaler Bauern und ihrer Tierhaltung wenig zu tun haben und diese selbst am meisten empören. Foer vermeidet den Begriff „Bauer“, er spricht vom „Massentierhalter“, meint damit aber offenbar jeden Nutztierhalter. Im Vorwort des Buches spricht er noch etwas vorsichtig davon, dass 98 Prozent aller für den Verzehr bestimmten Hühner und Schweine in Deutschland aus Massentierhaltungen („Factory Farms“) stammten. Die Rinder sind hier noch außen vor. In verschiedenen seiner Interviews werden daraus 98 Prozent oder 98,5 Prozent allen konsumierten Fleisches. (6) Die Verhältnisse in Deutschland seien dabei mit denen in den USA sehr gut vergleichbar. Der Begriff „Massentierhaltung“ ist so zum Kampfbegriff gegen jede Form der bäuerlichen Tierhaltung geworden, zum Mantra der Tierrechtler beim Anblick jedes Stalles.

Einen Hinweis auf seine Definition von Massentierhaltung gibt Herr Foer auf Seite 45: Demnach haben wir es mit Massentierhaltung zu tun, wenn Tiere züchterisch optimiert und in ihren Bewegungsmöglichkeiten einschränkt werden und „unnatürliches“ Futter erhalten. Nutztiere wurden jedoch zu allen Zeiten in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und bekamen oft Futter, das sie draußen nicht fanden, z.B. Tischabfälle. Unsere heutigen Tiere bekommen kein unnatürliches Futter, sie bekommen vielfach ein Futter, das sie sich in der Natur am liebsten suchen würden. Natürlich sind die Haltungsbedingen und die Futterrationen so abgestimmt, dass z.B. hohe Gewichtszunahmen möglich sind. Mehr und schneller zunehmen, als es die Genetik erlaubt, geht aber nicht. Hühner und Schweine nehmen deshalb so schnell zu, weil sie in der Natur so am schnellsten dem Beuteschema vieler Räuber entwachsen.

Ging es den Tieren früher besser? Sind Kleinbetriebe tierfreundlicher?

Nur 37 Prozent der deutschen Kühe und 35 Prozent der Rinder standen 2007 in Betrieben mit mehr als 100 Tieren, wobei das auch keine Massentierhaltungsbetriebe in dem Sinne sind, dass es die Tiere dort schlecht hätten. Zu glauben und im Buch zu behaupten, dass in Deutschland die Rinder zu 95,7 Prozent in Massentierhaltungsbetrieben stehen, ist, um es mit Herrn Foers Worten zu sagen: „Bullshit“. (7) Foer übernimmt sein Urteil umstandslos von PETA: „Die meisten kleinen Bauernhöfe sind durch eine industrialisierte Intensivtierhaltung ersetzt worden. Kühe werden meist in riesigen, verdreckten Hallen auf Spaltenböden gehalten, auf denen sich Krankheiten schnell ausbreiten.“ (8) Tatsache ist, dass die Rinder heute im Schnitt mit einem wesentlich höheren „Kuhkomfort“ gehalten werden als vor 50 oder 100 Jahren. Die vielen feuchten, dunklen Anbindeställe (die Kühe werden dauernd an einen Platz am Futtertisch angebunden) vom Beginn des 20. Jahrhunderts wurden und werden abgelöst von hellen, luftigen Laufställen mit gesünderen Tieren. Früher wurden die Kälber nach der Geburt mit Kälberstricken in die Gänge gebunden. Heute haben sie kleine Einzelappartements („Kälberiglus“) an der frischen Luft. Dass es früher alle Nutztiere besser hatten, ist ebenso ein Vorurteil wie die Vorstellung, dass es Tiere in Großbeständen generell schlechter gehe als in Kleinbeständen. Die Haltungsbedingungen des Federviehs waren vor 50 oder 100 Jahren romantischer, die der Rinder und Schweine waren im Schnitt schlechter als heute. Ställe des Jahres 1900 wären heute überwiegend nicht mehr erlaubt, weil sie den heutigen Tierschutzstandards nicht mehr entsprächen.

Die Landwirtschaft kann nicht gleichzeitig „bio“, vegetarisch und klimafreundlich sein

Foer kauft „bio“, fordert flächenverzehrende Weide-Tierhaltungsformen für die verbleibenden Fleisch-, Milch- und Eierproduzenten und kritisiert die Klimabilanz der Landwirtschaft. Diese drei Dinge lassen sich in der Praxis der Landwirtschaft nicht miteinander kombinieren. Eine Bio-Produktion auf dem Acker geht nicht ohne den Dung der Tiere. Wer will denn noch Tiere halten, wenn er sie nicht verkaufen kann? Woher dann der Bio-Dung für den Acker? Viehlose Bauernhöfe und Güter wurden erst mit dem Kunstdünger, Gründüngungspflanzen und Traktoren möglich. All diese einfachen Erfahrungen, wie eine Landwirtschaft funktioniert und funktionierte, werden gerne ignoriert. Als halbwegs anständige Alternative für den heutigen Fleischesser schlägt Foer extensive Weidehaltungsformen vor. Die Tierhaltung soll zurück zur historischen Weidewirtschaft, wie sie im Amerika vor dem 20. Jahrhundert gewesen sein soll. Diesen Test bestehen weder traditionelle noch moderne Formen der Tierhaltung in Deutschland. Extrem viel Freilandplatz für die Tiere liefert nicht genügend Bio-Dung für die Äcker.

Diese uralten Zusammenhänge sind bei manchen städtischen Idealisten verloren gegangen. Eine extensive Weidehaltung produziert viel mehr Klimagase als eine Stallhaltung. Eine von Foodwatch initiierte Studie schlug hohe Wellen, weil Bio-Rindfleisch mit Weide eine schlechtere Klimabilanz als konventionelles Stall-Rindfleisch hat. (9) „Tierfabriken“ sind klimafreundlicher als extensive Weidewirtschaft, gibt sogar die FAO zu bedenken. (10) Foodwatch spielte mehrere Szenarien durch, was wäre, wenn man die deutsche Landwirtschaft komplett auf „bio“ umstellte. Würde man die heutigen Produktionsmengen als „bio“ erzeugen wollen, ergäbe das einen Flächen-Mehrbedarf von 87 Prozent (11), da ist ein inflationärer Mehrbedarf für eine Extensiv-Weidehaltung aller Tiere, wie sie Foer fordert, noch nicht enthalten.

Aufklärung statt Aufheizung

Foers Buch wird die nächtlichen Besuche von Tierrechtsaktivisten in Ställen fördern, sie sehen sich durch das Buch angespornt. Man wird auch wieder Missstände finden oder Dinge, die sich als Missstände interpretieren lassen, denn die sucht man. Wenn sich Foer wundert und beklagt, dass er kaum Gesprächspartner in der Landwirtschaft gefunden habe, so liegt das an der Erfahrung, die diese mit PETA gemacht hat, von der er sich viel über die landwirtschaftliche Tierhaltung hat erklären lassen. Foers Schilderung eines nächtlichen „Besuchs“ eines Geflügelstalls in Begleitung einer PETA-Tierrechtsaktivistin ist skurril. Wenn die Tierrechtsaktivistin schlecht aussehenden, faustgroßen Küken als Labsal Wasser gibt, ist das pure Theatralik, denn Wasser haben die Küken in jedem Stall genug. Jede Kükenaufzucht in jeder Stallform und überall in der Natur ist mit Verlusten verbunden. In der Natur würden mehr Küken sterben als im Stall. Jeder Farmbetreiber sollte am Morgen durch den Stall gehen, eventuell tote Küken einsammeln, leidende erlösen und kranke, drangsalierte oder ausgestoßene in Krankenbuchten bringen. Hier als dramatischen Höhepunkt und sozusagen als Legitimation des „Besuches“ zu schildern, wie die Tierrechtsaktivistin einem kranken Küken den Hals durchschneidet, um es zu erlösen, ist grotesk. Es zeigt die Konfrontation eines Menschen, der fern von der Landwirtschaft mit Tierbilderbüchern, Tiercomics und Tier-Fernsehserien aufgewachsenen ist, mit der Realität der Stallhaltung und der Natur seit Jahrtausenden.

Die Bauern lieben PETA-Methoden nicht, die aus der Tatsache Profit schlagen, dass die meisten Menschen heute mit dem Landleben nicht mehr vertraut sind. Um dem Zerrbild entgegenzuwirken, müssen wir Besuchern wieder Einblick in die Produktionsverhältnisse geben. Die Fronten müssen aufgelöst werden. Schlachthöfe müssen um Besuchergruppen werben. Ein Schlachthofbesuch sollte, wie zu meiner Schulzeit, auf dem Lehrplan stehen.

Scheiße ist kostbar, Scheiße ist Natur

Ab Seite 200 befasst sich Herr Foer mit der „Scheiße“ aus Massentierhaltungen, der Gülle. Auch hier zeigt er wenig Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse. Scheiße ist kein Umweltproblem. Scheiße ist Dünger, ist ein Segen, wenn man sie sinnvoll in der Landwirtschaft einsetzt. Und Deutschland hat in der Tat eine hervorragende Gülle-Kultur. Hauptsächlich durch die genau vorgeschriebene Dosierung der Gülle ist es gelungen, den Einsatz von Phosphat- und Kalidünger seit 1980 um knapp 90 Prozent zu drücken (12), ohne die Erträge zu senken. Die enormen Preissteigerungen für den Industriedünger machen die Gülle immer wertvoller, lohnen immer weitere Transportwege, eine immer nährstoffschonendere Behandlung. Schweinegülle enthält viel Phosphor und wird per LKW auch in Gebiete mit mehr Rindern transportiert, da deren Gülle wenig Phosphor und mehr Kali enthält. Insgesamt wird die Gülle aus den Gebieten, wo mehr als erlaubt (das ist in Deutschland alles genau geregelt) anfällt, in die Gebiete verfrachtet, wo sie energieintensiv hergestellten Kunstdünger sinnvoll ersetzen kann. Jeder Tierhalter in Deutschland unterliegt einer Kontrolle seiner Güllemengen. Als die Tierhaltungen sich in einzelnen Gebieten konzentrierten und es zu umweltschädlichen Anwendungen kam, wurden gesetzliche Regelungen getroffen, die das korrigierten. Überall in Deutschland kann heute jeder Bürger unbedenklich Wasser aus dem Hahn trinken. Es schmeckt nach Wasser, nicht nach Chlor.

Methan, die neue Umwelt-Wunderwaffe gegen Rindfleisch und Milch

Besonders in der Klimakritik steht momentan das Methan, das die Kühe rülpsen. Doch dass Methan 21-mal klimaschädlicher als das CO2 ist, ist eine temporäre Tatsache, denn Methan oxidiert in der Atmosphäre zu CO2 und Wasser (CH4+2 O2 =CO2+2 H2O) und löst sich innerhalb von zehn Jahren nach Freisetzung in die Atmosphäre auf. (13) Das Methan, das die Kühe ausscheiden, enthält den Kohlenstoff, der vorher der Atmosphäre von den Futterpflanzen entzogen wurde – es handelt sich also um einen Kreislauf und nicht um eine Anreicherung. Der Kohlenstoff (C) im Methan (CH4) der Kühe kommt aus dem Kohlenstoff (C) der Pflanzen, die eine Kuh frisst. Die Pflanzen wiederum haben den Kohlenstoff mittels Photosynthese aus dem CO2 der Luft entnommen. Nach dem Tod einer Kuh ist nach zehn Jahren das von ihr produzierte Methan verschwunden, das CO2 der Autos noch lange nicht. Der Methanausstoß der Rinder in Deutschland sinkt mit dem Rückgang der Rinderbestände und den höheren Kraftfuttergaben seit 60 Jahren. Deutschland hatte 1900 insgesamt 56 Mio. Einwohner und 19 Mio. Stück Rinder. Heute hat Deutschland 82 Mio. Einwohner und 13 Mio. Stück Rindvieh, und dies bei besserer Versorgung der Bevölkerung. Die höhere Leistung pro Tier in der modernen Landwirtschaft reduziert die Anzahl der Tiere. Das ist Umweltschutz durch moderne Tierhaltung.

Waren früher die Tiere gesünder?

Die Massentierhaltung soll an der Vogelgrippe schuld sein (S. 145, 166). Foer weist als Vegetarier darauf hin, dass von einer Nutztierhaltung Krankheitserreger auf den Menschen überspringen können und deshalb keine Nutztierhaltung besser wäre. Wenn man davon ausgeht, dass die Tierhaltung nicht abgeschafft wird, bietet die Massentierhaltung einen größeren Schutz vor Epidemien als viele kleine, unkontrollierbare Bestände. Die Schweinegrippe und die Vogelgrippe sprangen dort auf Menschen über, wo diese auf engstem Raum mit den Tieren zusammenleben (China, Mexiko). Die Quellen der Maul- und Klauenseuche liegen z.B. seit Jahrzehnten in Gebieten mit einer „traditionellen“, einer rückständigen Tierhaltung. Die Tierhaltung armer Menschen, mit Mensch und Tier auf engem Raum und in unhygienischen Verhältnissen, förderte die Entstehung der Vogel- und Schweinegrippe. Die „Massentierhaltung“, die die westliche Geflügelhaltung dominiert, bietet durch sehr strenge Hygienevorschriften und Abschottung der Ställe den Menschen dagegen Schutz. Die Vogelgrippe wird bei uns hauptsächlich durch Wildvögel und Menschen verbreitet. Zurzeit des Vogelfluges musste während der Pandemie in Deutschland alles landwirtschaftliche Federvieh eingesperrt werden, damit jeder potenzielle Kontakt mit Zugvögeln oder deren Kot vermieden wurde. Bei einer Tierhaltung nach Foers Idealvorstellung, riesige Freilandflächen mit Tieren, wäre die Vogelgrippe nicht zu stoppen gewesen.

Vor 40 Jahren gab es in Deutschland eine große Kampagne, um die Tuberkulose aus den Kuhställen zu vertreiben. Das Geflügel musste aus hygienischen Gründen aus den Kuhställen verschwinden und wurde eingesperrt. Infektionskrankheiten spielten früher eine viel größere Rolle als heute. Man wollte immer eine Trennung der Tierarten, um Infektionsketten zu unterbrechen, Krankheitsherde zu löschen, forderte immer sehr hohe hygienische Standards zum Wohle der Tiere, der Betreuer und der Kunden. Nur weil man die großen Infektionskrankheiten mühsam aus den Ställen verbannt hat, sollte man die Bedingungen, die damals bei uns und heute noch in den Entwicklungsländern zu Infektionskrankheiten geführt haben, nicht aus falscher Romantik wiederbeleben. Ein Huhn im Futterbarren der Rinder mag romantisch aussehen, Hühnerdreck an jedem Schuh mag einmal zum Landleben gehört haben, die Tierärzte waren hier aber immer anderer Meinung.

Tierhaltung ist multifunktional

Die Tierhaltung in der Landwirtschaft ist multifunktional und dient nicht nur dem Genuss. In vielen Regionen ist sie das Rückgrat der Landwirtschaft. Das Fleisch auf dem Teller fördert nebenbei die Fruchtbarkeit der Äcker, ist der Lohn für die harte Arbeit vieler Menschen. Aus der Tierhaltung stammten 2008 rund 58 Prozent der Verkaufserlöse der Landwirtschaft. (14) Der modernen Landwirtschaft ist es gelungen, mehr Menschen als jemals zuvor gut zu ernähren. Aufgrund der hohen Erträge werden dafür so kleine Flächen wie niemals zuvor benötigt. Trotz des gestiegenen Fleischkonsums konnten immer mehr Deutsche von immer weniger Anbaufläche ernährt werden, wurde Deutschland 1986 erstmals zum Netto-Exporteur von Getreide. Würden alle Nutztiere der Welt in modernen Ställen mit hoher Leistung gehalten werden, könnte die Anzahl der Tiere bei gleichem Fleisch-, Eier- und Milchertrag wesentlich reduziert werden. Um 44 Prozent könnte z.B. der Schweinebestand reduziert werden, wenn alle Schweine der Welt nach modernen Stallmaßstäben gehalten würden. (15) Diesen Weg geht die Landwirtschaft, eine konstruktive, intelligente Landwirtschaft, die Menschen ernährt statt belehrt.

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