01.11.2008

Nachhaltigkeit - Vision oder Chimäre?

Essay von Hubert Markl

Wirkliche Nachhaltigkeit braucht forschende Naturwissenschaftler, entwicklungsfähige Ingenieure sowie genügend Techniker und Facharbeiter. Der wichtigste nachwachsende Rohstoff ist der vernünftige Mensch selbst.

Wenn nicht alles täuscht, wird „Nachhaltigkeit“ zum neuen buzz word – auf Deutsch wohl am besten: Gesumms oder auf Englisch weasel word –, also zu einem begrifflichen Passepartout, das bald leer genug geschwätzt sein wird, sodass jeder hineinstecken kann, was er will. Heute reden selbst schon Personalberater über „die nachhaltige Besetzung von Vorstandspositionen“, wenn sie meinen, dass einer seinen Vertrag erfüllen soll oder darf. Vormals waren solche buzz words vielleicht „Reform“ oder „Werte“, aber damit wird sich bald niemand mehr erwischen lassen wollen, zumal manche, die immerzu über Werte und ihre Bedeutung große Reden schwangen, selber bei der Werthaltigkeit ihres Tuns etwas zu wünschen übrig zu lassen scheinen. Aber Nachhaltigkeit, das klingt so natürlich, so biologisch, so ökologisch. Da es unklar genug ist, was es eigentlich bedeuten soll, können sich von Wirtschaft und Wissenschaft bis zu Politik und Kirchentagen (und Politik auf Kirchentagen) alle darauf einigen – und die Medien sowieso. Besonders eindrucksvoll ist dabei die Rede vom „nachhaltigen Wachstum“. Alle reden nachhaltig von Nachhaltigkeit: das Ergebnis nachhaltiger Gehirnwäsche, will mir scheinen.

Dies ist nicht etwa nur so, weil der Mensch nun einmal keine nachhaltige Art ist; nicht erst seit etwa 1780 und dem Beginn der industriellen Revolution oder seit etwa 10.000 Jahren und dem Beginn der neolithischen, agrarischen Revolution. Sondern deshalb, weil es in der Natur auf lange Frist überhaupt keine nachhaltigen Arten von Lebewesen gibt. Die allermeisten davon – wohl mehr als 99 Prozent – sind längst ausgestorben, so wenig konnten sie sich erhalten. Das einzig Nachhaltige in der Natur scheint der ständige Wandel zu sein, dafür sorgt schon der evolutionäre Wettbewerb um Ressourcen. Unaufhaltsame Veränderungen der Lebensbedingungen kommen hinzu. Auch die menschliche Kultur ist alles andere als nachhaltig – gäbe es denn sonst überhaupt einen kulturellen Fortschritt? Welcher Künstler könnte heute davon leben, wie Mozart und Bach zu musizieren oder wie Leonardo da Vinci zu malen? Ich habe als junger Wissenschaftler Tierstimmen auf Tonband aufgenommen. Heute gibt es kaum mehr Geräte, auf denen ich sie abspielen könnte. Vielleicht sind seit Gutenbergs Tagen Bücher ziemlich zuverlässig nachhaltige Werke. Aber wer würde das über CDs oder Festplatten behaupten? Entweder haben sich die Aufnahmenormen geändert oder die Geräte oder die Softwareprogramme – versprochen wird eine 50 Jahre andauernde Haltbarkeit der aktuellen Speichermedien – ist das genug für eine nachhaltige Sicherung des Wissens der Menschheit?

Wenn ich von nachhaltig rede, meine ich nicht die nächste Legislaturperiode, auch nicht die Sicherheit des Rentensystems oder das Wohlergehen unserer Urenkel. Ich rede nicht von hundert oder ein paar tausend Jahren – immerhin existiert der Mensch, so wie er heute ist, schon 100.000 Jahre oder mehr. Nachhaltig ist noch nicht einmal die Biosphäre unseres Planeten: In einigen Milliarden Jahren wird – so meinen Astronomen – die Sonne sich zum roten Riesen aufblähen und das ganze Sonnensystem mit ihrem Gluthauch verschlingen, nachdem eine Milliarde Jahre zuvor die Ozeane zu kochen begonnen haben werden. John Maynard Keynes hatte demnach recht, wenn er sagte „On the long run we are all dead“ – und zwar nachhaltig! Dies mag übertrieben wirken, denn wer wird gleich so weit vorausblicken wollen, wie wir bis Babylon oder bis gar zu Lucy zurückblicken? Aber dies ist die Perspektive, und dies muss die Perspektive sein, wenn wir über Rohstoffe, zumal auch über solche, die von selbst nachwachsen sollen, über den Horizont einiger Jahre und Legislaturperioden hinaus denken wollen – für dann fast zehn Milliarden Menschen, wohlgemerkt. Wobei noch nicht berücksichtigt wird, dass diese Menschen, wenn es denn so viele bleiben sollten, über viele Jahrtausende hinweg freie, arbeitsfähige Energie benötigen, und zwar reichlich davon. Und dass diese Energie nicht nachhaltig selbsterneuernd bereitstehen wird. Dafür sorgt zuverlässig – nachhaltig - der Dritte Hauptsatz der Thermodynamik. Man kann zwar schon fast alle Rohstoffe regenerieren oder durch andere substituieren – aber nur mit ausreichender Energie. Gleichzeitig CO2 senken zu wollen und den Strom abzuschalten (sei es aus Kohle- oder Kernkraftwerken), das funktioniert nicht – höchstens politisch! Vergessen Sie deshalb bei der teils bestürzenden, teils beruhigenden Vorausschau auf die wahrscheinlichen Reichweiten der wichtigsten zivilisatorischen Rohstoffe nicht, dass sie zwar noch einige Jahrzehnte, manche vielleicht auch Jahrhunderte lang ausreichen mögen, nachdem die Menschheit sie allüberall auf und aus dem Planeten Erde herausgewühlt hat. Aber damit hat es sich dann auch mit dem free lunch der ganzen Biosphäre für unsere Spezies – ein lunch, der im Übrigen nicht frei von Mühen, glücklichen Zufällen, Kosten und Risiken zu haben ist.

Es wird folglich auf lange Sicht überhaupt keine Alternative zur Kreislaufwirtschaft wichtiger Rohstoffe, zu immerwährender wirkungsvoller und teurer Energieversorgung geben. Deshalb kommt es heute, da sie uns noch einige Jahrzehnte aus nicht regenerativen Quellen zur Verfügung stehen, darauf an, Forschung und Entwicklung in Forschungsstätten und Unternehmen darauf auszurichten, gewiss sparsamer, effizienter und umweltverträglicher mit dem Vorhandenen umzugehen, aber v. a vor allem jene Prozesse zu entwickeln, die es künftig und auf sehr lange Zeit ermöglichen werden, erschwingliche Versorgungssicherheit regenerativ zu gewährleisten. Dabei sollte es nicht darauf ankommen, durch überhastete Alkoholbeimischungsvorschriften die politische CO2-Bilanz einer EU-Kommission oder eines deutschen Ministers aufhübschend zu verbessern – ohne Rücksicht darauf, was die Folgen für Naturverbund, Nahrungsmittelversorgung, Pflanzenschutzmittel, Landnutzung, Wasserbedarf und Energie für Kunstdünger und Landbewirtschaftung sind. Gefragt sind vielmehr jene behutsamen Schritte, die der Natur – also der ganzen Biosphäre – und der Menschheit zugleich langfristig den Erhalt ihrer Daseinsvoraussetzungen sicherstellen können. Wenn z.B. erst die Böden verkarstet sind, weil man die Wälder, die sie schützten, weggerodet hat, um dort mehr Mais oder Zuckerrohr für Alkohol anzubauen oder noch mehr Rinder halten zu können, soll man sich nicht darüber beklagen, dass kein CO2 mehr gespeichert werden kann. Wir werden vielleicht noch froh sein, dass wenigstens die Inder vorwiegend hinduistisch sind und daher Rindfleisch verabscheuen. Sinnvoller erscheint es auch, Schweine oder Hühner als Allesfresser zu halten, statt immer mehr Weideland für Huftiere zu nutzen.

Wie sieht es mit Biokraftstoffen aus, die seit einiger Zeit in aller Munde sind – buchstäblich, denn aus Brotgetreide werden bereits Millionen Liter Alkohol hergestellt? Man fragt sich, ob Hungernde vielleicht künftig Benzin trinken sollen. Man hat uns schon dazu gebracht, für Omas Rente zu rauchen und zu rasen. Sollen wir nun vielleicht auch noch für Omas Essen fahren: Essen auf Rädern in einem ganz anderen Sinn sozusagen? In gewisser Hinsicht waren zwar Erdöl und Benzin immer schon die Nahrung unseres Wohlstandes. Nur drohen sie bald auch tatsächlich an ihre Stelle zu treten. Dieser Ersatz von Nahrungsmitteln durch Kraftstoffe ist nur ein höchst unbekömmlicher Aspekt der Angelegenheit, die übrigens ganz zu Unrecht mit „bio“ verbunden wird. Denn aus organischen Lebensmitteln soll etwas durchaus Lebensfeindliches hergestellt werden, nämlich Alkohol-Benzin. Erst verteuern sich Mais, Weizen und Reis, weil sie durch Mehrverbrauch knapp werden und weil die Gewinnerwartungen der Spekulation geweckt werden. Dann wird Sojaschrot für Tierfutter knapp. Dann steigen mit veränderten Konsumgewohnheiten – vor allem in Asien – die Preise für Brot und Fleisch. Müssen wir auf Hungerrevolten in Entwicklungsländern warten, wie man sie im Mittelalter und vor der Französischen Revolution kannte? Gewiss wird die Landwirtschaft in armen Regionen mehr erwirtschaften können und durch Pflanzenschutzmittel, Kunstdünger und hoffentlich auch durch die Grüne Gentechnik ertragreicher werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass wir sie nicht mehr mit Agrarexporten unterbieten. Aber es ist nicht nur das Land oder das Süßwasser für die Bewässerung der Kulturen, das dabei immer knapper wird.

Joseph Fargione von der Universität von Minnesota und andere Forscher haben den tatsächlichen ökologischen Beitrag von Biokraftstoffen quantitativ nachgeprüft. Fargione kam zu folgendem Schluss:

„Angesichts des steigenden Energieverbrauchs und Klimawandels sowie der CO2 -Emissionen fossiler Brennstoffe hat der Umstieg auf Brennstoffe mit geringem Kohlenstoffgehalt hohe Priorität. Biokraftstoffe sind eine mögliche Quelle kohlenstoffarmer Energie, aber ob sie tatsächlich die CO2-Emissionen senken, hängt davon ab, wie sie hergestellt werden. Die Umstellung von Regenwäldern, Torfböden, Savannen oder Weideland auf die Herstellung von auf Feldfruchtanbau basierenden Biobrennstoffen in Brasilien, Südostasien und den Vereinigten Staaten schafft einen Kohlenstoffaustrag durch CO2-Emissionen, der 17 bis 420 Mal höher ist als die durch den Ersatz fossiler Brennstoffe durch diese Bioenergieträger ermöglichte Reduzierung des Treibhauseffekts. Demgegenüber erzeugen Bioenergieträger, die aus Abfallbiomasse oder auf degradierten und landwirtschaftlich nicht mehr genutzten Flächen angebauten perennierenden Pflanzen hergestellt werden, keinen oder einen nur geringen Kohlenstoffaustrag und bieten daher umgehende und nachhaltige Vorteile in Hinblick auf den Treibhauseffekt.“1

Man möchte hinzufügen, dass dies auch für Europa gilt. Und wenn dabei gentechnisch veredelte Energiepflanzen angebaut und geerntet werden, kann daraus von Algen bis zu Schilf und Pappelholzschnitzeln tatsächlich Biokraftstoff enzymatisch gewonnen werden, der die Atmosphäre von fossilem Kohlendioxid entlasten kann. Zu bedenken ist allerdings, dass für Bewässerung, Pflanzenschutzmittel, Kunstdünger, Verfahrensprozesse und Transport reichlich Energie verfügbar sein muss – was meist verschwiegen wird. Wer also die Grüne Gentechnik für leistungsfördernden Agraranbau verteufelt oder mit unbegründeten und Angst machenden Verdächtigungen behindert, weil dies vielleicht augenblicklich populär ist, bremst nicht nur die notwendige Versorgung der wachsenden Menschheit mit Nahrungsmitteln, er macht auch eine Treibhausreduktion bei Gewährleistung individueller Mobilität unmöglich. Menschenfreundlich ist das nicht, selbst wenn Pfarrer dies predigen – und, wohlgemerkt, nicht einmal nachhaltig. Die Minderung der CO2-Belastung der Atmosphäre – und diese ist sicherlich nur eine Ursache des augenblicklichen Klimawandels – wird also durch unbedachte Biokraftstoffverwendung möglicherweise durch eine viele Jahrzehnte lange andauernde Kohlenstoffschuld erkauft. Bevor wir mit dem Bauernverband „Kornkraft statt Kernkraft“ hinaustrompeten und ehe neue Subventionsquellen für den Agrarsektor, die Biokraftstoffindustrie, Windmühlen oder Solarpaneele in unseren eher schattigen Breiten erschlossen werden, sollten wir gründlich nachdenken.

Wer das Problem der anthropogenen CO2-Anreicherung in der Atmosphäre und den in der Tat möglicherweise drohenden Klimawandel in dessen Folge wirklich ernst nimmt, kann bei einer energiehungrigen und tatsächlich energiebedürftigen Vielmilliardenmenschheit, wenn sie nicht nur in bitterster Not dahindarben soll, weder auf die sichere Nutzung gentechnischer Möglichkeiten zur Gewinnung nachwachsender Rohstoffe noch auf CO2-freie oder CO2-arme Energiegewinnungstechnologien verzichten, wie sie zurzeit Kernkraftwerke liefern, die hoffentlich so bald wie möglich durch andere alternative Energiegewinnungsmethoden ergänzt und ersetzt werden können. Hierzu kann Solarenergie aus sonnigeren Zonen unserer Erde aus Photovoltaik oder zur Wasserspaltung oder etwa Fusionskraftwerke, die ja auch nur die physikalischen Prinzipien der Solarenergieentstehung nutzbar machen wollen, dienen. Auf moderne Technologien aus ängstlich herbeifantasierten Gründen zu verzichten, ohne die gentechnischen und alternativen Methoden überhaupt erst einmal zu erforschen und zu entwickeln, was Jahrzehnte harter Arbeit von Forschungsinstituten und Forschungsabteilungen von Unternehmen erfordern wird, wäre eine gefährliche theologisch-politische Traumtänzerei. Der Wandel ist zwar sicher dringend nötig, aber er will beherrscht sein, und Panikmache ist der denkbar schlechteste Ratgeber. Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeiten von Naturwissenschaften und Technik lassen dafür viel eher Erfolge erwarten, die gewiss auch nicht ohne gelegentliche Misserfolge und Enttäuschungen zu haben sein werden. Aber wer möchte, um solche ganz zu vermeiden, zurück zu einer angeblich nachhaltigen Natürlichkeit, in der das Leben, um Thomas Hobbes zu zitieren, „brutish, nasty and short“ gewesen ist?

Wer wirklich für mehr Nachhaltigkeit sorgen will, muss vor allem dafür Sorge tragen, dass der sich schnell globalisierenden Wirtschaft in unseren hoch entwickelten Volkswirtschaften nachhaltig genügend forschende Naturwissenschaftler und entwicklungsfähige Ingenieure zur Verfügung stehen – und genügend Techniker und Facharbeiter dazu. Es wäre eine seltsame Kurzsichtigkeit, in der Forderung von Nachhaltigkeit nur Ökologie und sonst nichts zu sehen. Das wäre vielleicht noch möglich gewesen, als vor einigen Jahrtausenden nur ein paar Millionen Menschen die ganze Biosphäre besiedelten. Für eine milliardenfache Kultur- und Zivilisationsmenschheit gibt es diesen Ausweg bei Androhung der Todesstrafe nicht mehr. Sie muss auf ihre Talente zur Problemlösung setzen, und diese sind heute nun einmal die Wissenschaften in ihrer ganzen Spannweite, insbesondere aber die Natur- und Technikwissenschaften. Bildung von Wissenschaftseliten und Ausbildung von technisch hoch leistungsfähigen Arbeitskräften ist daher das A und O einer wirklichen Nachhaltigkeit der Menschheit. Dabei werden die Geistes- und Sozialwissenschaften nicht weniger benötigt, um neues Denken zu ermöglichen. Denn gerade sie lehren – allen voran Mathematik und Ökonomie, aber nicht weniger Wissenschaftsphilosophie oder Erkenntnistheorie – das vorurteilsfreie, klare Denken in verlässlich gebrauchten Begriffen, Maßgrößen und Beziehungen unter diesen. Man mag vielleicht Ethik und Religion unter den notwendigen Voraussetzungen und Beiträgen vermissen. Zu Unrecht, denn was diese wirklich an verlässlichen Lebensvoraussetzungen liefern, müsste wohl viel eher befolgt als mit beflissener Gelehrsamkeit zerredet werden. Wichtig wird jedoch sein, die komplexe Konkurrenz aller zu bedenkender Prozesse und Abhängigkeiten voneinander so klar wie möglich – und das heißt nun einmal meist: so quantitativ wie möglich – zu erkennen und zu berücksichtigen, wenn die Menschheit unter dem Zwang zu Substitution und Regeneration, also in Nachhaltigkeit, überleben soll. Da darf es eben nicht nur um das Klima gehen. Da geht es gleichzeitig um Menschenvermehrung, um Nahrung, um Trinkwasser, um Energieversorgung, um Mobilität, um Transport, um Klimawandel, um Walderhaltung, um Biodiversität und mehr.

Das erfordert jedoch eine letzte, für viele vielleicht etwas schwierige (vielleicht sogar, weil anscheinend so völlig antinatürliche, antievolutionäre, antidarwinische) Ergänzung. Machen wir uns nichts vor – wirkliche Nachhaltigkeit benötigt vor allem eines: Kinder und Enkel und Urenkel, die die Fackel des Daseins weitertragen können. Aber sie benötigt – in Anbetracht der schon fast Sieben-, vielleicht bald Zehnmilliardenzahl an Menschen – ebenso die willentliche Begrenzung der Vermehrung dieser Menschheit, soll sie nicht am Ende unter ihrem eigenen Massendruck zusammenbrechen – implodieren, fast wie ein Stern, der zu einem schwarzen Loch kollabiert. Ich weiß, dass ich damit zwei geradezu konträre Botschaften aussende, kontrovers auch deshalb, weil sich ihr Gehalt so völlig unterschiedlich bei höher und weniger entwickelten Völkern dieser dennoch zu einer Schicksalsgemeinschaft verpflichteten (oder sogar verdammten?) globalen Menschheit auswirken muss. „Vermehrt euch gefälligst, wenn ihr nicht noch viel mehr Fremde aus aller Welt aufnehmen wollt, als ihr integrativ verkraften zu können meint!“,möchte man den einen nämlich zurufen, mit schon fast alttestamentarisch-biblischem oder auch biologisch-darwinistischem Imperativ! „Lasst endlich ab von ungezügelter Vermehrung, denn ihr werdet uns bei fortwährender Massenvermehrung alle in den Untergang treiben!“, möchte man den anderen zugleich sagen. Und beides ist ebenso richtig wie wichtig.

„Die einen sagen, dass Gott existiert; die anderen, dass Gott nicht existiert. Die Wahrheit wird, wie so oft, in der Mitte liegen“, möchte man da fast verzweifelnd-ironisch mit dem Kabarettisten Matthias Beltz ausrufen. Die Mitte, das könnte z.B. bedeuten, dass Gott zwar vielleicht nicht existieren mag, dass es aber dennoch hilft, fest an ihn zu glauben. Diese Mitte zu suchen, den Mittelweg also, zu dem uns schon die Nikomachische Ethik des Aristoteles ermahnte, wird wohl die größte Kunst der wahren Nachhaltigkeit sein, den einzuhalten der Menschheit aufgegeben bleibt. Nachwachsende Rohstoffe sind nur ein kleiner Teil dieser Herausforderung. Denn der wichtigste, der tatsächlich völlig unentbehrliche nachwachsende Rohstoff ist der vernünftige Mensch selbst, der die Mitte forschend sucht und sie findet oder erfinden muss. Darauf wird es bei allem unvermeidbaren Streit um Begriffe und Tatsachen ganz besonders ankommen. Denn wenn wir dabei nicht erfolgreich sind, ist der Untergang der Menschheit die wahrscheinlichste und dann wirklich endgültige Lösung all unserer Probleme und derer der Biosphäre dazu. Was dann übrig bleibt, könnte in der Tat nachhaltig genannt werden!

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