27.03.2013

Klima: Bitte jetzt keine Gegen-Paranoia starten!

Von Matthias Heitmann

Die aktuell immer häufiger geäußerten Befürchtungen über den vermeintlichen Beginn einer neuen Kälteperiode sind keine Gegenreaktion auf die Dominanz der Klimaerwärmungs-Apostel, sondern im Gegenteil ein Anzeichen für ihren endgültigen Triumph. Ein Kommentar von Matthias Heitmann

Und wenn wir schon gerade über das Wetter reden: Es gibt eigentlich nur eine Sache, die noch verrückter ist als der Frühlingsbeginn 2013. Und das ist die durch die Ritzen des aufbrechenden Klimakonsenses dringende Angst vor einer neuen Kälteperiode – manche sprechen sogar von einer „neuen Eiszeit“. Nachdem in den letzten Jahrzehnten immer wieder Wellen der Klimawandelangst durch Gesellschaft und Medienwelt schwappten – zumeist regelmäßig vor Beginn einer Klimakonferenz –, erleben wir aktuell ein leicht abweichendes Phänomen. So gibt es einige Schilderungen, die uns wissen lassen, dass die „globale Klimaerwärmung“ zu einem regionalen Absinken der Temperaturen führen könnte – es wird also kälter, weil es wärmer wird. Anderen Berichten zufolge hat nach der Veröffentlichung der Januar-Daten in Forscherkreisen eine Diskussion über die tieferen Ursachen der Kälteperiode eingesetzt. Viele Kritiker der bislang dominierenden Erwärmungsthese sehen die bislang niedrigen Temperaturwerte dieses Jahres sogar als Anzeichen für eine anstehende Phase globaler Abkühlung. Als Ursache wird die verminderte Aktivität der Sonne genannt, mit der auch eine verringerte Energieeinstrahlung auf die Erde einhergehe.

Tatsache ist: Obwohl in Mitteleuropa der Januar überdurchschnittlich warm war, verzeichneten viele andere Regionen der Welt rekordverdächtige Tiefsttemperaturen. Die Daten der vier weltweit wichtigsten Klimaforschungszentren, darunter das US National Climate Data Center sowie das Hadley-Klimaforschungszentrum im britischen Exeter, bestätigen, dass die Temperatur global betrachtet erstmals seit 1982 über Land wieder unter den Mittelwert des gesamten 20. Jahrhunderts gesunken sei. Zudem sei Messungen zufolge die in der Antarktis von Meereis bedeckte Fläche so ausgedehnt wie seit 30 Jahren nicht mehr. Interessant ist zudem, dass, nachdem in vielen Jahren zuvor der Einfluss der Sonnenaktivität auf unser Klima von vielen Klimaforschern eher vernachlässigt wurde, diese plötzlich im Zusammenhang mit den niedrigen Temperaturen wieder zu einem Diskussionsthema geworden ist.

Das Positive an den aktuellen Wetterentwicklungen: Auch wenn sich mancherorts das Eis länger hält als erwartet oder erwünscht, so führt die Kälte doch zum Aufbrechen so manch tiefgefrorener Debatte über die angeblich fortlaufende, unaufhaltsame und globale Klimaerwärmung. Allein, dass selbst Führungspersönlichkeiten des Weltklimarats in den letzten Monaten Zugeständnisse machen und der Erderwärmung bescheinigen mussten, sie nehme wohl gerade eine Auszeit, könnte ein Ansatzpunkt für neue wissenschaftliche Debatten sein. Auch, dass die Sonne als Einflussgröße wieder am Klimahimmel aufgegangen ist, macht Mut.

„Die Tatsache, dass zumindest momentan die Erwärmungspanik durch Ängste vor einer neuen Eiszeit abgelöst wird, ist keine gute Nachricht, sondern ein Indiz dafür, wie tief die Angstkultur verankert ist“

Folgt man jedoch der aktuellen Berichterstattung vieler Medien über die „Rekordkälte“ oder Hintergrundrecherchen über ähnlich verspätete Frühlingsmilde, bekommt man den Eindruck, als laufe das Klimapendel Gefahr, in die entgegengesetzte Richtung auszuschlagen. Die Geschwindigkeit, mit der einige Medien von ihrer jahrelangen Erwärmungs-Paranoia zur nun offensichtlich passender erscheinenden Eiszeit-Angst überwechseln, ist atemberaubender als jeder Wetterwechsel in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen. Verschiedene Medien erinnerten sich angesichts des Schnee-März plötzlich an das letzte „Jahr ohne Sommer“, das Horrorjahr 1816, in dem der Ausbruch des indonesischen Tambora-Vulkans 1815 in Teilen der Nordhalbkugel einen vulkanischen Winter verursachte, und bereiteten die Leser auf Schlimmeres vor.

Man könnte sich erinnert fühlen an die 1970er-Jahre, als in den Medien schon einmal öffentlichkeitswirksam der Beginn einer neuen Eiszeit prognostiziert wurde. 1977 stellte das US-amerikanische Time Magazine auf seinem Titel vor einem putzmunteren Pinguin die Frage, wie man die kommende Eiszeit nur überleben könne. 2008 war das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen: Vor einem auf einer kleinen Eisscholle inmitten Wassers stehenden einsamen Eisbären wurde der Leser aufgefordert, sich zu fürchten: „Be worried. Be very worried“ lautete der Titel.

Sicherlich ist es belustigend, sich die von einem Extrem ins andere taumelnde öffentliche Wahrnehmung der Klimathematik zu vergegenwärtigen. Andererseits ist dies aber auch besorgniserregend: Denn die offensichtlich ausgeprägte Unfähigkeit, tatsächlich hieb- und stichfeste Aussagen über die langfristige Klimaentwicklung zu machen, führt nicht dazu, dass das Thema weniger emotional diskutiert wird, im Gegenteil: Was hängenbleibt, ist die scheinbare Machtlosigkeit des Menschen sowie dessen vermeintliches Unvermögen, sich an das Klima anzupassen. Ebenfalls bedenkenswert ist, dass die Bereitschaft, Klima-Ängste zu stiften und ihnen anzuhängen, offenbar kein schlechtes Wetter kennt. Daher ist die Tatsache, dass zumindest momentan die Erwärmungspanik durch Ängste vor einer neuen Eiszeit abgelöst wird, keine gute Nachricht, sondern vielmehr ein Indiz dafür, wie tief die Angstkultur verankert ist. Um diese zu durchbrechen, sollten wir nicht auf „besseres Klima“ warten – dieses gibt es nicht.

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